Die Schriftstellerin Christa Wolf ist heute morgen im Alter von 82 Jahren in Berlin gestorben. FemBio nennt Wolf neben Günter Grass „Deutschlands renommierteste Schriftstellerpersönlichkeit“. Eines ihrer bekanntesten Bücher (wenn nicht sogar das bekannteste) ist „Der geteilte Himmel“, ein Buch über eine Liebe, die schließlich an der Teilung Deutschlands scheitert. „Der geteilte Himmel“ war für Wolf auch über die deutschsprachigen Grenzen hinaus ein Erfolg.
diestandard.at schreibt in ihrem Nachruf:
In ihren Büchern griff die DDR-Autorin immer wieder Schicksale von Menschen auf, die von der deutschen Teilung gezeichnet waren. […] Für viele Menschen in der DDR galt sie auch als eine moralische Instanz.
Wolf hatte sich lange für gesellschaftliche Reformen in der DDR eingesetzt und als SED-Mitglied gegen Willkürmaßnahmen der Staats- und Parteiführung und gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann protestiert. Zeitweise arbeitete sie aber auch mit der Stasi zusammen.
Über ihr Buch „Kassandra“ schreibt Die Zeit:
Im Roman Kassandra versteckte sie eine Botschaft für den Zensurapparat der DDR. „Ich wartete gespannt, ob sie es wagen würden, die Botschaft der Erzählung zu verstehen, nämlich dass Troja untergehen muss. Sie haben es nicht gewagt und die Erzählung ungekürzt gedruckt. Die Leser in der DDR verstanden sie.“ Sie habe dieses Land DDR einmal geliebt, schrieb Wolf nach dem Ende der DDR an ihren Kollegen Günter Grass. Sie meinte damit die Menschen, nicht den Machtapparat.
Und FemBio zum gleichen Werk:
In Kassandra (1983) griff Wolf auf den antiken Mythos zurück, um die Anfänge des Krieges in der patriarchalischen Kultur der Griechen zu untersuchen. Wolfs schon längst feministische Ansätze werden durch Auseinandersetzungen mit Schriften der »westlichen« Frauenbewegung vertieft und erweitert; sie wird jetzt als gesamtdeutsche Schriftstellerin anerkannt.
1989 gehörte sie zu jenen Intellektuellen, die sich für den Fortbestand einer vom Westen unabhängigen DDR einsetzen. 2003 erschien ihr Buch „Ein Tag im Jahr. 1960-2000“, ein Protokoll persönlicher Notizen, die sie jedes Jahr am 27. September niedergeschrieben hatte: „Entstanden ist ein beeindruckendes Zeugnis ihrer Existenz aus Autorin, als Zeitgenossin, als Frau, Mutter, als Bürgerin der DDR und schließlich der BRD“ (Klappentext).
Wolf wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wie dem Bremer Literaturpreis, dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur, dem Geschwister-Scholl-Preis und dem Deutschen Bücherpreis.
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Ihr literarisches Werk hat für mich eine große persönliche Bedeutung. In der Schule habe ich sie durch „Kassandra“ schätzen gelernt (wo sie mein erster Berührungspunkt mit so etwas wie feministischer Literatur und weiblichen Schreiben war) und ich denke, sie hat nicht zuletzt auch ihren Teil dazu beigetragen, dass ich jetzt Deutsche Philologie studiere.
Ich bewundere es immer wieder, wie sie mit Sprache umgegangen ist und wie dicht ihre Erzählungen sind. Bei ihren Poetikvorlesungen in Frankfurt wäre ich wirklich gerne selbst dabei gewesen. Für mich war sie einfach eine großartige Schriftstellerin und Künstlerin. Ihre Worte bleiben…
Da kann ich dir nur zustimmen, Verena. Diese Sprache! Der Hammer! Schade, dass da nun nix neues mehr nachkommt. Ich hatte auch keine Ahnung, dass sie doch schon so ein stattliches Alter hatte. Musste gestern spontan meine Gedanken dazu niederschreiben: http://lastmagister.wordpress.com/2011/12/02/aber-wirklich-geglaubt-haben-wir-nicht-dass-unsere-zeit-begrenzt-war/
mich hat christa wolfs tod auch sehr niedergeschlagen. besonders hat mich dann übrigens der spiegel.de-nachruf geärgert, der wieder den menschen durchs dreckwasser zog, um sie einlaufen zu lassen, statt das werk zu würdigen.
der text, der mich am meisten beschäftigt, sind die kindheitsmuster, den habe ich geradezu verschlungen.