Immer schon gern von uns verlinkt, nun mit eigenem Logenplatz: Ab sofort werden wir – mehr oder weniger – regelmäßig die Beiträge von Fuckermothers crossposten. Das Blog hat das Ziel, feministische Perspektiven auf Mutterschaft zu werfen, insbesondere auf das momentan in euroamerikanischen Gesellschaften herrschende Mutterschaftsideal. Um dieses Ideal zu verunsichern und destabilisieren, möchte Fuckermothers die Perspektive, wie man/frau heute Mutter sein kann, erweitern und die Vielfalt an möglichen Lebens-, Körper- und Gefühlsentwürfen zeigen. Fuckermothers möchte deswegen auch nach den verschiedenen Möglichkeiten feministischer Mutterschaft(en) fragen, nach den queeren Müttern, den hetero-Müttern, den hippen Müttern, den nicht-Müttern, den Anti-Müttern, den Anti-Anti-Müttern, den pro-Mutterschafts Müttern, den Teilzeit-Müttern, den Polit-Müttern, den rassistisch diskriminierten Müttern, den trans_Müttern, den VäterMüttern, den sexy Müttern, den marginalisierten Müttern, den pro-sex Müttern, den cripple moms, den traditionellen Müttern, den kritischen-Müttern-die-trotzdem-in-traditionellen-Beziehungen-leben, den männlichen Müttern, den mütterlichen Männern, den alleinerziehenden, den dicken, dünnen, jungen, alten, faulen und fleissigen Müttern, allen dazwischen und den fuckermothers allgemein. Yay!
Das weiße Mutterideal Beleidigungen wie etwa ‚Schlampe‘ oder ‚Rabenmutter‘ treffen nicht alle Frauen gleich. Denn sexistische Zuschreibungen sind nicht nur vom Geschlecht abhängig, sondern auch von anderen sozialen Kategorien – etwa von Bildungszugang, Alter, Nationalismen und Rassismen. Deswegen gab es bereits bei den Slutwalks – die ja eine feministische Aneignung des Begriffs Slut/ Schlampe darstellen sollten – die Kritik, dass sich keineswegs alle Frauen diesen Begriff aneignen wollen oder können. Denn beispielsweise können weiße Frauen entscheiden, sich mehr oder weniger als (vermeintliche) Schlampe zu kleiden. Dahingegen sind Schwarze Frauen und Women of Colour ganz unabhängig von ihrer Kleidung stärker von Sexualisierungen, Beleidigungen und Gewalt betroffen. Nachzulesen ist diese Kritik genauer etwa in An Open Letter from Black Women to the SlutWalk oder in Women of Color Respond to SlutWalk (Links über Der braune Mob).
Ähnliches gilt für das Mutterideal, das von zahlreichen Feminist_innen wegen der damit verbundene Normen, Einschränkungen und Rollenerwartungen kritisiert wurde. Es entstand im 18. Jahrhundert innerhalb des weißen, westlichen Bürgertums. Die Idee der liebenden, aufopfernden und guten Mutter war Teil bürgerlicher Identitätsbildung. Sie formte sich in Abgrenzung zu den ‚Anderen‘: zum Adel, zur bäuerlichen Landbevölkerung und zu nicht-europäischen und rassifizierten Menschen.
Entsprechend ist es in gewisser Weise ein Privileg, das Mutterideal zugeschrieben zu bekommen, es aber für sich abzulehnen. Denn Schwarze Frauen und Frauen of Colour werden oft nicht mit derartig positiven (wenn auch restriktiven) Vorstellungen in Verbindung gebracht. Dies war etwa Teil der Diskussion um Michelle Obama, die sich in einer Rede als Mom-in-Chief bezeichnete. Viele weiße Feministinnen kritisierten, dass sie sich damit allein auf ihre Mutterrolle reduzierte und so ein konservatives Frauenbild bediene. Dies kritisierte die Schwarze Feministin Tami Winfrey Harris in ihrem Text A Black Mom-in-Chief is Revolutionary: Schwarze Frauen wären keineswegs von demselben Mutterideal wie weiße Frauen betroffen, sondern würden durch spezifische rassistische Stereotype diskriminiert. Zudem hätten sie historisch kaum die Gelegenheit gehabt, Mutterschaft anstellte einer ‚Karriere‘ zu wählen.
Die verschiedene Verbindung von sexistischen und rassistischen Vorstellungen betrifft selbstverständlich auch den deutschen Kontext. Hier bietet Noah Sows hervorragendes Buch ‚Deutschland Schwarz Weiss‘ einige Beispiele: Sie berichtet davon, dass viele Schwarze Mütter, die in der Öffentlichkeit mit ihren Kindern unterwegs sind, nicht für die ‚Mutter‘, sondern allenfalls für das ‚Kindermädchen‘ gehalten wurden. Ich zitiere: „Weiße schätzen gelegentlich die Familie falsch ein und ordnen Kinder nicht als der Schwarzen Mutter zugehörig ein, wenn sie viel ‚heller‘ sind als die Mutter. Das mag an einem Informationsdefizit liegen oder an rassistischer Prägung, in jedem Fall wird erschreckend oft erzählt, dass Weiße sich in solchen Situationen oft als ‚Beschützer‘ des vermeintlich weißen Kindes vor der bösen Schwarzen Frau aufspielen und ihr vorschreiben wollen, was sie zu tun und was sie zu lassen habe. Von ‚Reden Sie nicht so mit dem Kind‘ (…) bis hin zu ‚Gleich ho l ich die Polizei, Sie …‘ wurden schon alle möglichen Frechheiten berichtet. Dieses Verhalten ist natürlich grenzüberschreitend und rassistisch“ (S. 260/261). Besonders drastisch zeigt der Fall Mareame Sarr eine weitere Facette: nämlich dass viele Schwarze Mütter keineswegs von dem Ideal der ‚guten, friedfertigen Mutter, die das beste für das Kind will‘ profitieren, sondern dass sie vielmehr mitunter als (tödliche?) Gefahr betrachtet werden. Die unbewaffnete Frau wurde im Juli 2001 in Aschaffenburg von einem Polizisten erschossen, als sie ihren zweijährigen Sohn aus der Wohnung des deutschen Ehemannes hohlen wollte, der ihn einige Tage zuvor entführt hatte. Wie Sow berichtet: „Die deutsche Presse, Fernsehen und Radio berichteten über den Fall so gut wie gar nicht. Die Frage, warum sich zwei Polizisten und ein Ehemann gegen eine einzelne Frau nur wehren konnten, indem sie sie töteten, ist bis heute unbeantwortet“ (S. 137).