Weg von den ewig Gestrigen

Manche Männer kann man einfach nicht ernst nehmen. Den Papst zum Beispiel. Bevor er vergangene Woche zu seiner Afrika-Reise aufbrach, erklärte Vatikanchef Benedikt, Kondome verschlimmerten das AIDS-Problem. Auf dem schwarzen Kontinent angekommen, spricht er sich gegen Abtreibung aus – auch bei akuter Gefahr für die werdende Mutter. Naja, vielleicht sei dem heiligen Vater da eine Bemerkung falsch in den Mund gelegt worden, mutmaßt Johannes B. Kerner in seiner Talkshow. Und wenn schon, die Meinung der katholischen Kirche zu Verhütung, Geburtenregelung und Abtreibung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht eine Rosenkranzperle weit fortbewegt.

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Ich weiß nicht, wie oft ich mich in den vergangenen Jahren über die Position der katholischen Kirche gegenüber Frauen, Safer Sex, Empfängnisverhütung und Abtreibung aufgeregt habe… und ich finde, es lohnt sich auch nicht mehr. Vegangene Woche bin ich aus dem Verein namens Kirche ausgetreten, eine vor allem von Wut und Entrüstung geprägte Entscheidung.

Weil ich aber finde, dass diese Wut in etwas Positives umgewandelt werden sollte und auch den ewig gestrigen Äußerungen des Papstes und ähnlicher Kirchenvertreter mit Aktivismus statt mit Kopfschütteln begegnet werden sollte, hier mal einige Moralapostel, die auch anders können:

Zum Beispiel die Theologin Uta Ranke-Heinemann, die sich schon 1987 mit der Kirche überwarf, als sie der Jungfräulichkeit Marias genauer aufs Laken gucken wollte. Fazit: Entzug der Lehrerlaubnis. Seitdem meldet sich die 81-Jährige immer wieder streitbar zu Wort, schimpft den Papst einen Verbrecher und klagt seine rückwärtsgewandte Sexualmoral als verantwortlich für Krankheit und Tod zahlloser Menschen an.

Gemäßigter, aber nicht weniger entschieden tritt der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke auf. In der Zeit spricht sich der Katholik für den Gebrauch von Kondomen zum Schutz gegen AIDS aus:

„Kein Tabu beim Thema Kondom, aber auch keine Mythen und Verharmlosungen, als sei damit die Welt in Ordnung“, sagte Jaschke. „Kondome können schützen, aber oft lehnen Männer sie ab.“ Deshalb bräuchten Frauen Hilfe, zum Beispiel durch eigne Kondome für Frauen.

Zwar widerspricht der Bischof dem Vorwurf, die Kirche versuche die Menschen einzuschüchtern, aber endlich mal jemand aus den katholischen Reihen, der nicht das folgsame Lamm gibt.

Eine Aktion ohne große Worte leistet sich die spanische Regierung. Spanien, sonst erzkonservativ und katholisch bis aufs Stierblut, schickt eine Million Kondome nach Afrika, ließ das Gesundheitsministerium verlautbaren.

Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Hilfsorganisationen wie die Deutsche Aidshilfe, Unicef oder unaids.org, die lautstark gegen die Papstäußerungen protestierten. Schließlich macht so ein Satz deren intensive Arbeit dort zunichte, wo Menschen sich, statt auf praktische Aufklärung, auf den vermeintlichen Trost ihrer Kirche verlassen.

Wer sich jetzt mal wieder fragt, was das hier mit wilden Mädchen zu tun hat, der denkt bitte daran, dass sich vor allem Frauen schnell mit HIV infizieren können und dass es oft besonders an uns liegt, Kondome zu nutzen. Denn wer kennt sie nicht die Situation, in der der One-Night-Stand darauf drängt, aufs Kondom zu verzichten, weil es viel geiler sei, er ohne besser könne, mehr spüre und sie sich mal nicht so anstellen soll. Da muss Frau sich durchsetzen und auf das mit bestehen, sonst bleiben die Hosen eben oben. Denn im Ernst, wer will es schon mit dem Papst und der katholischen Kirche halten und auf deren Empfehlung, Enthaltsamkeit genannt, setzen? Eben!

28 Kommentare zu „Weg von den ewig Gestrigen

  1. verena, du sprichst mir absolut aus der seele. mich hat die kirche in den vergangenen wochen zur weißglut getrieben und der ausspruch des papstes hat allem nur noch die krone aufgesetzt. wäre ich jemals mitglied der katholischen kirche gewesen, wäre ich spätestens jetzt ausgetreten.
    hab auch schon oft überlegt, wie man gegen diese übermacht der kirche, gerade auch in afrika aktiv vorgehen könnte.. aber da hilft wohl im bereich hiv/aids nur gegenarbeiten und das ist sowieso mein zukünftiger job.

  2. hab auch schon oft überlegt, wie man gegen diese übermacht der kirche, gerade auch in afrika aktiv vorgehen könnte..

    Zwar nicht in Afrika, aber in Europa/Nordamerika gibt es eine atheistische Gegenbewegung, die gerade ziemlich für Aufsehen sorgt:
    http://www.atheistbus.org.uk/

  3. Ich war, als ich das gelesen hatte, wirklich froh, schon ausgetreten zu sein – spätestens bei dieser Sache wäre das Maß dann endgültig voll gewesen!
    Erschwerend kommt ja noch hinzu, dass der katholische Glaube in Afrika unterm Strich nicht so liberal daherkommt wie hier in Westeuropa und man noch eher an das Wort des Papstes glaubt. Hier lässt man (auch unter gläubigen Katholiken) den Papst ja eher mal reden, aber es gibt Teile der Welt, da gilt das Wort eines Priesters oder eben eines Papstes noch mehr. Umso zynischer finde ich sowas!
    Die katholische Kirche fällt in letzter Zeit NUR noch negativ auf (ich lasse mir gerne das Gegenteil beweisen), und dann wundert sie sich über Kirchenaustritte? Da helfen auch keine „coolen“ Jugend- und SMS-Gottesdienste mehr, sorry. Das ist einfach nur zum Kotzen.

  4. Im wesentlichen Zustimmung, aber –

    „Eine Aktion ohne große Worte leistet sich die spanische Regierung. Spanien, sonst erzkonservativ und katholisch bis aufs Stierblut, schickt eine Million Kondome nach Afrika, ließ das Gesundheitsministerium verlautbaren.“

    Stimmt so nicht ganz, die sozialistische Regierung betreibt geradezu einen Kulturkampf gegen das konservative Establishment. Wenn man also Kondome nach Afrika schickt, verbindet man das Gute mit dem Nützlichen (Provokation).

    „Seitdem meldet sich die 81jährige immer wieder streitbar zu Wort, schimpft den Papst einen Verbrecher und klagt seine rückwärtsgewandte Sexualmoral als verantwortlich für Krankheit und Tod zahlloser Menschen an.“

    In institutionell festgezurrten Bahnen zu denken, macht den Papst sicher nicht zu einem Verbrecher. Aus Sicht der Kirche finde ich es auch nicht völlig unlogisch zu fragen, warum denn davon ausgegangen wird, daß päpstliche Aufrufe zur Kondomnutzung helfen würden, wenn päpstliche Aufrufe zur Enthaltsamkeit offensichtlich nicht so wirksam sind. Da wird aus meiner Sicht oft mit zweierlei Maß gemessen, was auch nicht so wirklich fair ist. Und daß die deutsche Katholiken in ihrer Mehrheit anders denken, als die Mehrheit der Katholiken in – vor allem – Entwicklungsländern, zeigt sich ja immer wieder…

    „Denn wer kennt sie nicht die Situation, in der der One-Night-Stand darauf drängt, aufs Kondom zu verzichten, weil es viel geiler sei, er ohne besser könne, mehr spüre und sie sich mal nicht so anstellen soll.“

    Ahm, sorry, aber ich kenne die Situation anders herum. Auch Frauen machen also diese Art von Fehler, wenn sie sich verhütungstechnisch sicher fühlen… nur mal, weil wieder der Eindruck entstehen könnte, nur Männer würden Frauen zu unsachgemäßem Sex drängen. Passiert auch andersherum.

  5. jj: niemand hat davon gesprochen dass der papst zur kondomnutzung aufrufen soll (soweit träumt ja wohl keiner, oder?) oder ob das etwas nutzen würde. soweit das, was von seiner bemerkung öffentlich gemacht wurde stimmt, hat er gesagt das kondome das problem (hiv/aids) verschlimmern würde.. mal davon abgesehen dass das quatsch ist, ist diese aussage für gesellschaften oder teile davon, in denen kondombenutzung eben nicht gang und gäbe ist auch höchstgefährlich.

  6. Erna,

    statistisch hat er mit der Aussage vermutlich noch nicht mal so völlig unrecht – denn die Verteilung von Kondomen ist dann problematisch, wenn sie nicht falsch verwendet werden und die vermeintliche Sicherheit Einfluß auf das Verhalten hat. Und in Afrika besteht scheinbar immer noch ein ziemliches Unwissen in Bezug auf Kondome und ihre Verwendung. Insofern ist es daher zwar nicht ganz falsch zu behaupten, daß Kondome nicht das Problem lösen können, sondern unter Umständen vergrößern – aber man muß halt auch dazu sagen, daß das dann nicht mehr so ist, wenn man den Menschen zum einen erklärt, wie man damit umgeht und zum anderen kulturelle Barrieren abbaut. Das zu Verschweigen ist dann halt wieder problematisch.

  7. „Wer sich jetzt mal wieder fragt, was das hier mit wilden Mädchen zu tun hat, der denkt bitte daran, dass sich vor allem Frauen schnell mit HIV infizieren können“

    Statistisch gesehen haben homosexuelle Männer ein grösseres Risiko ;)

  8. jj: die statistik will ich sehen! meine vermutung geht so erstmal ins gegenteil, auch wenn deine vermutungen genauso richtig sein könnten.
    der papst hat aber nicht gesagt: „es könnte sein, dass….“ sondern es als tatsache dargestellt. und das ist schlichtweg quatsch… vielleicht hat er allerdings eine studie dazu gelesen, wer weiß das schon…
    das es nichts (oder nicht viel zumindest) bringt wenn man einfach so kondome unters volk wirft, ist ja klar (also mir zumindest).

  9. Dass Unwissenheit ueber den Gebrauch von was-auch-immer problematisch sein kann, gilt doch fuer fast alles auf der Welt. Wer nicht weiss, das man bei Rot geht und bei Gruen steht, dem bringt auch die Ampel nix… Deshalb ist die Aussage des Papstes so erst Mal nicht korrekt. Abgesehen davon haben sehr viele HIV Preventionsaktionen, wie etwa die von Christian Aid, ein sehr umfassendes Programm:

    „Christian Aid supports the SAVE approach – which was developed by our African partner organisation ANERELA+ – as a way of working more effectively to prevent HIV infection. SAVE provides a holistic way of preventing HIV by incorporating the principles of the ABC approach (Abstinence, Be faithful and Condom use) as well as providing information about HIV transmission and prevention, providing support and care for those already infected and actively challenging the denial, stigma and discrimination so commonly associated with HIV.“

    Gute Infos ueber HIV Risiken fuer Frauen weltweit gibt es uebrigens bei der WHO.

  10. @access denied: Einerseits infizieren sich heute insgesamt mehr Frauen als Männer neu, andererseits ist die Wahrscheinlichkeit sich als Frau beim Sex mit einem Mann zu infizieren höher, als die Wahrscheinlichkeit sich als Man beim Sex mit einem Mann zu infizieren.

    Ansonsten: Kondome alleine verringern natürlich nur das Risiko einer Ansteckung, Oralsex, gerissene Kondome etc… sind immer noch Risikofaktoren. Dennoch muss man der Realität ins Auge sehen: Sex haben die Menschen, so oder so. Glaubt hier irgendjemand, dass sich in Afrika die Menschen auf einmal sicherer fühlen würden, wenn sie Kondome benutzen und dann noch viel mehr Sex haben? Oder dass dort alle so doof sind, dass die Kondome falsch benutzt werden würden?

    Und wie verbohrt ist eigentlich der Papst, zu meinen, Kondome würden nicht helfen? Alleine helfen die nicht, aber wo sind denn die öffentlichen Aussagen gegen weitverbreitete Aberglauben? Wo der Aufklärungsunterricht, wie Sexualität funktioniert? (Aufklärung kann doch nicht unchristlich sein, aber würde vielen Menschen die Augen öffnen.) Wo der Einsatz für die günstige Abgabe von antiretroviralen Medikamente? Selbst wenn die Kirche das irgendwo macht – das einzige was an die Öffentlichkeit dringt, sind die unsäglichen Aussagen zu Kondomen die einzigen, von denen die Menschen mitkriegen.

  11. Ob man sich über die Kirche noch empören soll…
    Es ist nun mal eine mir fremde Einstellung. Von der Einstellung zur Sexualität allgemein bis hin zur Bewertung vom „werdenden Leben“, dessen Zeugung nicht verhindert werden sollte, das gleich oder höher zu bewerten ist, als das Leben der betroffenen Frau. Das sind Grundsatzfragen, über die man kaum diskutieren kann.

    Mit den Kondomen ist es natürlich eine Sache… Aus meiner mitteleuropäischen Perspektive ist es für mich natürlich sinnvoll, beim Geschlechtsverkehr ein Kondom zu verwenden um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Ganz verhindern kann man es nicht, Stichwort geplatzte Kondome.
    In einigen afrikanischen Gesellschaften ist es leider anders, weil Sex häufig in Form von Vergewaltigung geschieht, oder in einem Graubereich, der an Vergewaltigung grenzt. Wird sich ein Mann, der Frauen vergewaltigt, sich überzeugen lassen, Kondome zu verwenden, um seine Frau nicht anzustecken? Kann eine Frau überhaupt den Mann dazu zwingen, es nur mit Kondom zu tun?
    Die Kirche würde es Erziehung zur Enthaltsamkeit nennen, ich würde eher sagen, die Frauenrechte sollen gestärkt werden. Gloria von Thurn und Taxis hat nicht ganz pc gesagt, die Schwarzen schnackseln gerne… ohne jetzt mit der Dame und ihren Aussagen zu sympathisieren, es ist tatsächlich ein Problem, wenn Frauen als reine Sexobjekte gesehen werden. Entweder werden sie durch Gewaltanwendung zum Geschlechtsverkehr gezwungen oder sind von ihrem Partner abhänig. Jede HIV-Neuinfektion, die dank der Verwendung eines Kondoms vermieden werden kann, ist ein persönlicher Sieg der Betroffenen. Auf der andern Seite ist die spanische Kondomspende vom Grundsatz her nicht unproblematisch. Mir ist nicht bekannt, in welchen Gegenden die Kondome am Ende verwendet werden. Ist es aber eine Gebiet, in dem Vergewaltigung und erzwungener Sex eher die Regel als die Ausnahme ist, beteiligt sich Spanien ja an den Untaten, bzw. wird in diese verwickelt, weil die Vergewaltiger nun sich durch diese Kondome ja schützen, statt zur Rechenschaft gezogen zu werden. Und am Ende könnte man Spanien auch vorwerfen, es macht sich den Nebeneffekt der Kondome zu Nutze, indem Schwangerschaften in Afrika verhindert werden, mittelfristig deshalb der Migrationsdruck abnimmt…

    Obwohl ich die Einstellung der Kirche nicht teile, bin ich mir echt unsicher, ob diese „Gegenaktion“ sinnvoll ist.

  12. Jemand, der übrigens schon in den 70ern mit seiner Patriarchatskritik an der Kirche so manchen Kirchenvater überforderte, ist der frühere Theologie-, dann (weil rausgeschmissen) Soziologie-Professor Horst Herrmann. Hat ein paar Bücher zum Thema geschrieben, die sich lohnen…

  13. @ ariane:
    und ohne kondome würden die vergewaltiger zur rechenschaft gezogen werden?
    versteh mich nicht falsch, ich halte die aktion auch für wenig sinnvoll, allerdings aus anderen gründen.
    was die stärkung von frauenrechten betrifft, hast du natürlich recht. kondome können die stellung der frau nicht ändern und vergewaltigungen werden damit auch nicht verhindert, aufklärung dagegen hilft schon. nicht losgelöst von anderen gesellschaftsveränderungen natürlich… das ist ein zusammenspiel aus verschiedenen faktoren. aber die sexuelle aufklärung von frauen, kann einerseits wissen über das wie von verhütung und die eigenen rechte beinhalten und andererseits das körperliche selbstbewußtsein stärken. nein zu sagen und sich zu wehren muss gelernt werden..
    achja, riesen themenkomplex, der schon schwierig genug ist auch ohne unqualifizierte aussagen vom papst oder auch der, von dir angesprochenen, Gloria von Thurn und Taxis. das war übrigens auch so eine diskussion die mich einfach nur wütend gemacht hat.

  14. @ Erna
    Natürlich nicht. Aber es ist heikel, in einem Unrechtssystem Hilfe zu leisten, ohne dagegen anzukämpfen. Natürlich, obwohl es heikel ist, sollte man Betroffenen helfen. Für mich ist es zu komplex, um mir eine Meinung bilden zu können.
    Wie kann man aber an der Stellung der Frau arbeiten? Viele archaische Gesellschaften änderten sich, als sie vom Christentum durchdrungen wurden. Zwar nicht sofort, aber mit der Zeit. Gerade die Vorgabe, Sex gehöre in eine – monogame – Ehe hat den Schutz der Frau verstärkt (wenn auch in stark vom Katholiszismus geprägten Gebieten bis heute den Männern immer noch mehr erlaubt ist als den Frauen). Nach dieser „Zwischenstufe“ der christlichen Gesellschaft kam es zu Emanzipation der Frau. Die Bewegung richtete sich natürlich gegen die Kirche, welche der Frau eine andere, um nicht zu sagen untergeordnete, Stellung gewährt hat. Kann man im Bezug auf Afrika die christliche Zwischenphase überspringen? Direkt eine archaische Gesellschaft in eine moderne überführen? Gleich wie der Kommunismus sich nur in einer christlichen Gesellschaft entwickeln konnte (oder als solcher in nichtchristlichen Ländern einfach ein Exportprodukt war), bedingte die Emanzipation der Frau in Europa und in den USA eine christliche Gesellschaft, aus der sie sich befreit hat. Kann man diese neue Stellung der Frau einfach so exportieren? Die Voraussetzungen sind ganz anders. Und das Recht nichteuropäischer Völker auf kulturelle Selbstentfaltung kollidiert häufig mit Frauen- und Menschenrechten. Bekanntestes Beispiel: Witwenverbrennung in Indien. Von den Briten verboten und geahndet, weil barbarische Sitte, aber am Ende ein starker Eingriff in das Leben der indischen Bevölkerung. In dem Fall ist es einfach, natürlich handelten die Briten da richtig.

    Ich würde die Kondomausteilaktion und das Problem des erwzungenen Geschlechtsverkehrs mit der Beschneidung von Mädchen vergleichen (natürlich hinkt am Ende jeder Vergleich). Wenn man zigtausend Desinfektionspakete und chirurgische Instrumente, mit denen Mädchen beschnitten werden können, in ein Land schickt, in dem Beschneidung der Normalfall ist, rettet man Tausenden Frauen das Leben, erspart vielen Komplikationen nach dem Eingriff. Beteiligt sich dabei aber an einer Methode, die aus unserer Sicht barbarisch ist. Ist es bei Kondomverteilaktionen nicht auch der Fall?

    Ich bin im Zusammenhang mit Afrika ziemlich ratlos, da wir von unserer Situation ausgehen. Ich denke gerade an einen Bericht der vor längerer Zeit im Fernsehen gelaufen ist, in dem katholische Nonnen an afrikanische Frauen in Eigenregie (natürlich gegen die kirchliche Obrigkeit) Kondome verteilt haben und die Benutzung erklärten. Sie sagten den Frauen, sie sollen ihren Männern sagen, sie sollen die Kondome benutzen, da die Männer ja auch mit vielen andern Frauen Sex haben. Mich ärgerte die Konsequenz: Ein Ehemann geht fremd, in Bordelle und vergewaltigt Frauen, seine Ehefrau soll ihn bitten, beim Verkehr mit ihr ein Kondom zu benutzen. Das wirklich traurige ist daran, dass die Ehefrau sich dem Verkehr mit ihrem Mann sich nicht widersetzen kann. Diese ungerecht Situation wird damit zementiert. Andererseits rettet die Frau damit wenigstens ihr Leben. Ach, es ist alles so kompliziert, ich komme da echt nicht weiter.

  15. @ Verena
    DU schreibst, du seist aus Wut und Enttäuschung letzte Woche ausgetreten.
    Ich kenne weder deine Lebensumstände noch deine Meinung genau. Sollte man sich aber nicht viel eher die Frage stellen, weshalb so lange in der Kirche geblieben bist?
    Mitglied wurdest ja wohl durch Geburt. Obwohl deine Ansichten denen der Kirche widersprechen, bist aber ja lange drin geblieben. Was waren die Gründe?
    Zugegeben, da bei mir sich die Frage „austreten“ nicht gestellt hat, sondern allenfalls ein „eintreten“ möglich wäre, ist es nicht das gleiche. Dennoch ergeben sich, wenn ich mir die Frage stelle, ob ich in den Verein Kirche will, sofort schlagkräftige Argumente dagegen:

    Neben einem allgemeinen Frauenbild dem ich nicht zustimmen kann, würde ich persönlich mich fragen:
    – Sexualität: Ich lebte und lebe meine Sexualität ohne Ehe. Selbst dem Zugeständnis, das einige Christen (nicht der Papst) machen, Sex vor der Ehe sei nicht unbedingt zu verwerfen, wenn es sich um eine feste Partnerschaft handelt, widerspreche ich. Es ist für mich völlig normal, manchmal auch ohne festen Partner Sex zu haben. Was sollte ich in einem Verein suchen, der mir sagt, das sei eine schlimme Sünde und man darf es eben nicht tun? Als Fleischkonsumentin trete ich auch nicht einem Vegetarierverein bei.
    – Empfängnisverhütung: Beim Sex verhüte ich, eben weil er für mich nicht (kann sich später vielleicht mal ändern) den Zweck der Zeugung von Nachwuchs hat. Was soll ich in der Kirche, die mir sagt, meine Spirale sei eine Sünde (oder in andern Fällen eben Pille, Kondom, etc.?)
    – Abtreibung. Habe genug dazu geschrieben. Erstens allgemein, weil es ein Frauenrecht ist über dein eigenen Körper zu entscheiden (glaubtest du die Kirche würde sich da bewegen?) und zweitens natürlich wegen meiner persönlicher Siutation (betrifft in dem Fall jetzt mich speziell, die Frage mag sich dir und andern nicht gestellt haben): Ein Verein, der mein Handeln als Mord darstellt? Was soll ich da?

    Kurz zusammengefasst: Was soll man in einem Verein, der das eigne Handeln in Bausch und Bogen verurteilt? Ich frage mich auch bei vielen andern, weshalb sie so lange drin bleiben.

  16. Ariane, vielleicht ein wenig mehr toleranz. Es ist ja nicht klar, weshalb die Autorin so lange in der Kirche geblieben ist. Da spielt sehr viel Glaube mit hinein. Die Stellung der Frau und die Sexualmoral sind nur eine Seite, zugegeben, für die Gestaltung des eigenen Lebens wohl am wichtigsten. Persönlicher Glaube etwas anderes. Es ist sicher ein schwerer Konflikt, wenn jeman an Gott, Jesus, Auferstehung, Jungfrauengeburt, Umwandlug von Wein zu Blut und ähnliches glaubt. So ein Mensch ist in der katholischen Kirche gut aufgehoben. Wenn der Mensch aber den Glauben mit der Kirche teilt, dann aber meint, die Forderungen, welche die Kirche an ihre Mitglieder stellt, seien schlichtweg falsch und überholt, dann ist dieser Mensch in einem schweren Konflikt und überlegt lange, ob er in der Kirche bleiben will.
    Diese beiden Aspekte von Kirche und Glauben sind in der katholischen Kirche nicht zu trennen, weil die Lehre, sowohl in Glaubens- wie auch in Moralfragen als verbindlich gilt. Man darf deshalb Menschen, die lange mit sich ringen, nicht dem Vorwurf aussetzen, sie seinen in einem Verein, an deren Regeln sie sich nicht halten.

  17. Noch eine Ergänzung zu Arianes Einwänden: Ich stelle es mir für Gläubige Katholikinnen sehr schwierig vor, wenn sie Mühe haben, sich von der Kirche zu lösen. Vor allem aber, wie geht man mit den Geboten und Verboten um? Wenn ich versuche, virtuell in die Haut einer Katholikin zu schlüpfen, wie schwierig ist es da, wenn man als junges Mädchen seine ersten Männergeschichten hat, zum ganzen Gefühlschaos dann noch ein schlechtes Gewissen kommt, es sei schlecht, mit ihm schlafen. Vom ersten Freund bis zum attraktiven Mann den man im Club kennengelernt hat und Lust bekommen hat, den Rest der Nacht in sein Bett zu verlagern immer dieses Gefühl, das dürfe man doch eigentlich nicht. Viele lösen dann den Widerspruch mit der Aussage, in diesen Dingen hat die Kirche nicht Recht. Akzeptiert man aber als Katholikin nicht eben gerade diese Besonderheit, einer Instanz in der Kirche, welche entscheidet was richtig ist und was nicht, in Glaubens- und in Gewissensfragen, da wird man ja schnell zu einer Halbkatholikin, ja ich glaube, aber in diesem, diesem und diesem Punkt hat der Papst nicht Recht. Manche leben gut damit, bei andern staut sich die Wut mit der Zeit auf bis man sich von der Kirche verabschiedet. Dies ist für die Betroffenen häufig sehr schmerzlich. Vorzuwerfen, man hätte das doch schon längstens tun sollen, grenzt dabei ja schon an Beleidigung.
    Für Außenstehende ist einiges schlecht nachvollziehbar. Das Thema, Wiederverheiratete Geschiedene in der katholischen Kirche scheint ein Dauerbrenner zu sein. Für mich völlig irrelevant, da ein geistiges und fleischliches Zusammenheit losgelöst von festen Bindungen und Ehe geschehen kann und richtig ist. Für eine Katholikin, welche sich der Kirche verbunden fühlt, ist es aber ein persönliches Problem. Ich rede deshalb da nicht hinein, ich sage nur, ich teile die Haltung der Kirche zu Partnerschaft und Sexualität nicht, den Rest soll der Verein intern regeln.
    Der Autorin scheint der Schritt nicht leicht gefallen zu sein. Der Glaube ist zu respektieren, auch wenn man es schlecht nachvollziehen kann.

  18. @ ariane: ich glaube nicht dass man die afrikanische gesellschaftsstruktur mit der gesellschaftsstruktur in europa vor dem christentum gleichsetzen kann. mein problem mit der gleichsetzung ist, dass ja sowieso schon so einiges vermischt ist. stichwort globalisierung… afrika hat ja keine ursprüngliche gesellschaftsstruktur sondern ist mit der welt vernetzt, da spielen archaische, christliche UND moderne normen und strukturen eine rolle. durch die, durch globalisierung, vergrößterten einflüsse von außen ensteht (bzw ist entstanden) eine völlig neue gesellschaftstruktur die im grunde wohl beispiellos ist. bedeutet im klartext: christianisierung (welche ich übrigens auch nicht für die einzige basis für strukturveränderung bezgl emanzipation halte) kann gar nicht mehr übersprungen werden sondern ist es in teilen schon.
    ob sich die stellung der frau exportieren läßt, kann ich dir nicht sagen aber auf einen versuch sollte es doch ankommen! das problem bei entwicklungshilfe von außen (egal welchen themenbereich es betrifft) ist das die westliche gesellschaft immer von ihrer perspektive ausgeht und man denkt mit ein bisschen wissen, skills und ähnlichem könnte man jahrelanger entwicklung ein schnippchen schlagen. dazu kommt dann noch dass versuche die nicht schnell genug wirkung zeigen oft als ineffektiv abgelegt werden. geduld und tiefes verständnis von gesellschaftsstrukturen werden oft genug dabei vergessen.

    was die aktionen betrifft die du kritisierst, ist auch hier wieder der standpunkt das problem (unter anderem). natürlich wird man wütend wenn man hört dass frauen um schutz (vor HIV) betteln müssen und kondome verteilt werden die auch den männern zugute kommen, die vergewaltigen und fremdgehen. und all das ist natürlich symptombekämpfung (genau wie im fall der sauberen chirurgischen instrumente) aber doch sinnvoll, weil die unterliegenden strukturen natürlich nicht so schnell verändert werden können. beides sollte natürlich passieren und ich glaube auch nicht dass das eine das andere auschliesst oder behindert.
    übrigens ist mir dazu ein „westlicher“ vergleich eingefallen: verteilung von sauberen spritzbestecken für heroinsüchtige. auch das ändert nichts an dem eigentlichen problem der sucht, aber es werden trotzdem leben dadurch gerettet. in meinen augen ist das richtig und wichtig!
    aber du hast schon recht, die afrikanische situation ist eine höchst komplizierte…
    .

  19. Saubere Spritzen für Heroinabhängige sind um Grunde auch problematisch: Denn Gewinn durch erhöhten Drogenhandel machen Kriminelle, der Staat beteiligt sich somit daran. In der Frage, weil mir das Drogenproblem in Europa viel vertrauter ist als die genannten Verhältnisse in Afrika, habe ich mir eine Meinung gebildet, es ist gut, weil damit direkt Menschen gerettet werden. Ob ich zum gleichen Ergebnis beim Thema Kondomverteilaktionen kommen würde, kann ich nicht sagen, weil es immer auf die Situation in dem Gebiet drauf an kommt, in dem die Aktion stattfindet. Ohne mich genau mit den Adressaten der spanischen Kondome auseinandergesetzt zu haben, kann ich es eben nicht sagen. Was bringt es, wenn es sich um eine Gegend handelt, in der der Mann eh drauf aus ist, möglichst viele Kinder zu bekommen, also Verhütungsmittel seiner „Ehre“ zuwider laufen? Wie ich gesagt habe, es ist mir einfach zu kompliziert um zu sagen, die Position der Kirche in genau dieser Frage sei falscher als die der spanischen Regierung.

    Für Chrissys Einwände bin ich jetzt dankbar. Über Glaubensfragen mag niemand so recht diskutieren, darüber wie schwer Verena der Schritt gefallen ist, kann man nur spekulieren.
    Ich möchte dir, Chrissy, aber entgegenhalten, dass die Trennung in Glauben, der die Menschen an die Kirche bindet, und Verboten der Kirchenführung eben nicht zu trennen ist. Die katholische Kirche zieht aus der Bibel und jahrhundertelanger theologischer Diskussion eben das Fazit, Verhütung sei in der Regel schlecht, Abtreibung sowieso Mord. Die Beschränkung der Sexualität auf die Ehe ist ja nicht einmal eine Erfindung der katholischen Kirche, sondern ist schon in der jüdischen Tradition begründet. Mir fällt die Vorstellung schwer, zu sagen, man glaube zwar an alles was die Kirche glaubt, macht aber andere Folgerungen. Das eine hängt eben mit dem andern zusammen. Auf eine Verteufelung der Abtreibung wird die Kirche genausowenig verzichten, wie die Jungfräulichkeit Marias in Frage stellen. Bei Kirchenkritikern ist viel Selbstinszenierung im Spiel, häufig habe ich das Gefühl, die älteren Damen und Herren wollen wieder mal so richtig Lärm machen. Der Glaube der katholischen Kirche ist nun mal auf der Jungfräulichkeit Marias aufgebaut. So etwas kann man nicht in einer Diskussion ändern.
    Was will man in so einer Kirche, wenn man daran nicht glaubt? Es ist kein Verein für gemeinsame Freizeitgestaltung.

    Verenas letzter Abschnitt ist wieder Teil der europäischen Perspektive. Natürlich habe ich in meinen aktiven Single Phasen wenn ich ausgehe neben Handy und Zigareten auch eine kleine 3er Packung Kondome dabei, weil mein Märchenprinz, der mir vielleicht über den Weg läuft, vielleicht keine dabei hat, es tatsächlich Städte gibt, in denen keine Kondomautomaten aufgestellt sind (eigentlich ein Skandal!) und der Studentenclub den Kondomautomaten vor Jahren abmontiert hat (das ist ebenso ein Skandal!).
    Und im Gegensatz zu „Frau“ die auf Kondombenutzung bestehen soll, sonst bleibt die Hose oben, schenke ich dem Mann, mit dem ich mit Worte und Gesten übereingekommen bin, zwecks gegenseitigem Lustgewinn unsere Körper zu vereinigen, keine weitere Chance wenn er nur wagt anzudeuten, er würde ohne. Wenn er es bei mir ohne machen will, dann machte er es wohl auch schon bei andern ohne. Also ein Hochrisiko-Partner. Da Kondome eben nicht zu 100% sicher sind, HIV eben auch durch Blut und Sperma im Mund übertragen werden kann, offeriere ich ihm maximal noch einen starken Kaffee, damit er auf dem Nachhauseweg nicht einschläft.
    Das Kondomverbot ist dabei sowieso irrelevant, weil ein ONS sich nicht mit der Kirche vereinbaren lässt, man fährt auf einer andern Schiene. Man hat sich gegen die Sexualmoral der Kirche entschieden. ONS ja, Kondome nein, wegen der Kirche? So etwas wird sich doch ernsthaft kein Mensch überlegen…
    In Afrika, wie ich es zur Genüge gesagt habe, ist es eine andere Situation, man kann nicht mit einem mitteldeutschen ONS argumentieren, um über Kondomgebrauch in Afrika zu diskutieren.

  20. @ ariane: nochmal zum kondom- und – spritzen problem: ich kann das jetzt nicht auf wissenschaftlicher basis wiederlegen aber ehrlich gesagt glaube ich nicht das kondome direkt vergewaltigungsraten erhöhen oder saubere spritzen heroingebrauch fördern. ein süchtiger spritzt, ob mit oder ohne sauberem besteck.

    zu der austrittsdiskussion: ich denke, glaube und kirche sind sehr wohl zu trennen, schlussfolgerungen aus glaubensdiskussionen könnten andere sein als sie die kirche zieht ABER für diesen fall kann man sich ja immer noch von der kirche als institution trennen und weiter glauben. hab da mit einer gläubigen freundin drüber diskutiert.. ihr geht es im grunde nur um die sakramente die sie bei austritt nicht mehr beanspruchen könnte. das kann ich zwar, ohne gläubig zu sein, nicht nachvollziehen – verständnis hab ich trotzdem.

    bin ich froh, nicht diese entscheidung treffen zu müssen!

  21. Heroinkonsum kann unter Umständen dadurch erhöht werden, weil der Druck davon wegzukommen, kleiner werden kann, eben auch wegen sauberen Spritzen. Dennoch halte ich die Aktion für richtig. Aber im Grundsatz ist es problematisch, ein kriminelles Geschäft und der Staat mischt sich da ein (menschlich verständlich, aber problematisch).
    Ob Kondome Vergewaltigungsraten erhöhen, das wäre ebenso zu untersuchen. Es ist eben wieder die europäische Perspektive: Vergewaltiger als Straftäter, der nach seiner Tat schon viel verloren hat, wenn er erwischt wird, kümmert sich also nicht um weitere Risiken. Würde er an Risiken denken, würde er auch nicht vergewaltigen. Ich meinte damit Gegenden, in denen man wegen Vergewaltigung nicht sofort ins Gefängnis kommt, sondern wo es Alltag ist, auch eben in Krisengebieten. Kann ein solcher Vergewaltiger nicht sagen: Ich vergewaltige jetzt mal lieber nicht, könnte mir dabei ja tödliche Krankheiten holen? Unabhängig davon ob dies stimmen würde, mischt aber, in diesem Fall, der spanische Staat dann eben mit (vorausgesetzt, es wurde nicht genügend untersucht, wo die Kondome zum Einsatz kommen, ich hoffe mal das beste). Ich sage ja nicht, die Aktion sei eindeutig schlecht, sondern eben nur, sie könnte problematisch sein – wurde hier aber unkommentiert als Wohltat dahingestellt. Wie gesagt, eine eindeutige Meinung kann ich mir nicht bilden.

    Das meine ich ja. Zieht man andere Folgerungen als die Kirche, dann braucht man die Kirche ja auch nicht. Glaube ich nicht an die Vorgaben, lebe nicht nach der katholischen Sexualmoral, was soll ich eigentlich in so einer Kirche? Wie du aber sagst, aus der Distanz kann man es kaum nachvollziehen.

  22. Ich bin ehrlich gesagt zunehmend enttäuscht von solcher konservativ-sozialpädagogisch klingenden Diskussion hier. Politische Texte zur menschenverachtenden Haltung der Katholischen Kirche gibt es – „weiß Gott“ – genug.

    Ich hab wenig Verständnis, wenn eine Frau sich an den patriarchalen, kolonialistischen und völlig veralteten Dogmen stört, aber gleichzeitig darüber jammert, dass sie sich in dieser Institution nicht wiederfindet. Ein Haufen alter Männer versucht der Menschheit ihre Lebensweise aufzuzwingen? Ist doch wirklich albern. Respekt vor dem Glauben anderer, schön und gut. Aber warum suchen die Leute sich nicht einen Glauben, der auch zu ihrer Weltsicht passt? Immerhin werden wir heutzutage von diesen alten Männern nicht mehr verbrannt oder gefoltert, nur weil wir nicht vor deren seltsamen Verboten niederknien.
    Amen.

  23. Ich würde die Haltung der Kirche nicht automatisch als menschenverachtend einstufen. Auch kann man der Kirche nicht vorwerfen, an alten Dogmen festzuhalten, da mir persönlich Konsequenz lieber ist als jeder Knick dem Zeitgeist zuliebe – den die evangelischen Kirchen zum Teil machen. Einige Aussagen der Kirche sind konsequent, sie beruhen aber auf Prämissen, die mir fremd sind. Auch wenn ich viele Leistungen der Kirche in der Vergangenhekt anerkenne, sie sagt mir nichts. Aber eben, da ich nicht drin bin, kann ich wohl schlecht darüber diskutieren. Es sind ja gerade häufig die jungen „Gottlosen“ des Ostens, welche die Kirche als eine ihnen fremde Organisation betrachten, ohne sich dauernd aufzuregen. Wenn ich aber mit Frauen aus der Fraktion der „Ausgetretenen“ diskutiere, dann staune ich, wieivel Wut und Hass sich da aufgestaut hat. Die in jeder harmlosen Handlung der Kirche, in jedem Nebensatz des Papstes die Inkarnation des Bösen sehen. Habe mich gefragt weshalb das so ist. Wahrscheinlich, um sich die Entscheidung, daraus ausgetreten zu sein, immer wieder neu zu bestätigen.
    Es ist wohl schwieriger, als ich es mir früher immer Gedacht habe: Ein normaler Verein, aus dem frau austritt, wenn es ihr dort nicht mehr gefällt. Glaube und Religion sind irrational und für nicht Eingeweihte wohl schwer zu verstehen.

  24. Als „Gottlose“ des Ostens (toller Begriff): Ich kann mich schon über die Kirche aufregen, also wirklich heftig. Aber auf der anderen Seite sehe ich, dass die Kirchen Armenspeisungen betreiben, dass sie Kindergärten haben, dass sie Sozialdienste verrichten (v.a. an älteren Menschen) dass sie Menschen auffangen können und so weiter. Das alles sind wichtige Aufgaben in unserer Gesellschaft. Ich finde so eindeutig verachtenswert ist die katholische Kirche dann eben doch nicht, obwohl ich geschätzte 90 Prozent deren Gedankengut nicht teile. Ich komm da meistens nur in Sachen zehn Gebote auf deren Nenner. Ich finde: Differenzieren!

  25. Genau wie Susanne sehe ich auch die positiven Seiten, weil ich rein pragmatisch einsehe, was die Kirche bewirkt.
    Wahrscheinlich rege ich mich aber weniger auf als andere, weil wir in Deutschland aktuell in einer Situation sind, in der wir die Kirche, wenn uns ihre Handlungen mal nicht gefallen, ignorieren können. Nicht immer, aber häufig geht das.
    Eine Polin, welcher der Weg zu einem legalen und sicheren Schwangerschaftsabbruch verbaut ist, weil eben die Kirche in der Politik so stark mitmischt, wird das natürlich anders sehen.
    Aber die Kirche als Hort des Bösen würde ich eben nicht sehen. Wenn man alles kirchliche verdammt, argumentiert man dann nicht auf der gleichen Ebene wie die kritisierten Kirchenführer, welche so einfach in Gut und Böse einteilen können?

  26. Aber auf der anderen Seite sehe ich, dass die Kirchen Armenspeisungen betreiben, dass sie Kindergärten haben, dass sie Sozialdienste verrichten (v.a. an älteren Menschen)

    Da funktioniert die PR der Kirche noch einigermaßen… Wenn man sich das aber mal im Detail anschaut:
    Im Jahr 2000 wurden knapp 7% der Kirchensteuereinnahmen für öffentliche und soziale Zwecke ausgegeben. 7% der Kirchensteuereinnahmen für soziale Zwecke bedeutet 600 Mio. Euro. Im Jahr 2002 betrugen die Ausgaben für Sozial – und Jugendhilfe in Deutschland 44,3 Mrd. Euro. Der Anteil der Kirchen an Sozial- und Jugendhilfe beträgt also 1,4%…

  27. gehör wohl eher in die kategorie wütende ausgetretene.
    wenn man bedenkt, dass man bei den ach so dollen kirchlichen sozialeinrichtungen als mitarbeiter ärger bekommt, wenn man schwul oder geschieden ist…ne danke.
    von den zehn geboten stimm ich mit circa drei überein. wegen mir kann jeder soviele (oder sowenige!) götter nebeneinander und übereinander haben wie er mag (von wegen religionsfreiheit und toleranz und so), den namen gottes kann man gerne für was auch immer her nehmen, kein problem, und wenn man den sabbat nicht ehren mag sondern lieber jeden zweiten dienstag, gerne! und mama und papa ehren find ich jetzt auch nicht so mega existentiell, das gibt sich von selbst und wenn nicht, haben die leute meist auch ihre gründe.
    stehlen, lügen und morden find ich allerdings tatsächlich auch nicht so super, aber für diese regeln braucht es ganz sicher keinen kirchenapparat.
    den braucht es eher für meine oma und ihre freundinnen, ein bisschen trost, ein bisschen hoffnung, ein bisschen „gemeinschaft der gläubigen“, ein bisschen halt und sicherheit in den ritualen, das hat da schon seine berechtigung. also sooo verbittert bin ich dann also auch wieder nicht.

  28. Super Beitrag, nur eine Anmerkung habe ich: Es gibt bereits Kondome für Frauen. Schade nur, dass die anscheinend nötig sind.

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