Vergiss AIDS nicht II: Erinnerungen und Einblicke

Quelle: wikimedia commons
Am heutigen Welt-AIDS-Tag wird eine Krankheit in Erinnerung gerufen, die viele Menschen gerne verdrängen. Dabei sterben jährlich fast drei Millionen Menschen daran, über vier Millionen infizieren sich neu und knapp 40 Millionen leben mit dem Virus in sich. Vergessen und verdrängt wird sie vor allem deshalb gerade in unserer Gesellschaft sehr leicht, weil die meisten Infizierten auf dem vergessenen Kontinent leben: Afrika. In manchen südlichen Afrikanischen Ländern, wie Botswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe liegt der Anteil der mit dem HI-Virus infizierten Erwachsenen über 15 teilweise bei fast 20 Prozent. Die Zahl könnte drastisch gesenkt werden, würden Politik und Weltgesellschaft sich endlich konsequent des Problems annehmen, das beweist das Beispiel Uganda: Innerhalb von 10 Jahren, in der Zeit von 1990 und 2000, konnte in Uganda die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von HIV bei schwangeren Frauen von 30 auf 20 Prozent gesenkt werden, Sexualkundeunterricht, Kampagnen zum Gebraucht von Kondomen und HIV-Tests, deren Ergebnisse noch am selben Tag bekannt gegeben wurden führten zu diesem Erfolg. Aufklärung und Entstigmatisierung – gerade auch für Frauen! – sind der Weg.

Ausbreitung wikimedia commons

Verbeitung von HIV weltweit – Quelle: wikimedia commons (beide Bilder)

Doch auch wenn die Immunschwächekrankheit auf dem afrikanischen Kontinent ein viel größeres Problem darstellt, als bei uns, dürfen wir die Augen nicht davor verschließen. Jedes Jahr stecken sich auch hierzulande immer mehr Menschen mit dem Virus an, über 60.000 Menschen tragen ihn in sich. War die Zahl der Neuinfektionen viele Jahre lang stabil (ca. 2.000 pro Jahr) so gibt es seit einigen Jahren einen Anstieg, was auf eine größere Gleichgültigkeit und weniger Vorsicht zurückschließen lässt.

Was mich ganz persönlich heute in Bezug auf dieses Thema berührt hat, waren zwei Artikel, die ich euch kurz vorstellen möchte.

Der eine Artikel mit dem Titel „Kondome statt Progrome“ erschien in der Rubrik einestages bei Spiegel Online. Der Autor Guido Vael erinnert sich an die AIDS-Hysterie, die Anfang der 80er in Deutschland ausbrach, als die Krankheit auch hier ankam und vor allem konservative Politiker sich unfassbare Methoden ausdachten, ihr zu begegnen: Im Fokus standen natürlich die Schwulen. Schließlich hieß die Krankheit in den USA nicht umsonst GRID, also „Gay Related Immun Deficiency“. Peter Gauweiler (CSU) muss sich dieses Thema besonders zu Herzen genommen haben: Mit einem berühmtberüchtigten Maßnahmenkatalog, der dann auch in der Stadt München umgesetzt wurde, verordnete er Zwangs-Tests und Absonderung von Infizierten. Vael schreibt in seinem Text dazu:

„Gauweiler hatte Angst, mit Praktiken der Nazis, mit der Erinnerung an Konzentrationslager in Verbindung gebracht zu werden. Aber er sagte uns wortwörtlich, dass sein Ziel sei, die Schwulen-Infrastruktur zu zerschlagen.“

Der zweite Artikel erschien in der heutigen Taz. Waltraud Schwab schreibt unter dem Titel „Hetero, Mutter, HIV-positiv“ über die Stigmatisierung HIV-infizierter Frauen in Deutschland und wie diese langsam versuchen, das Tabu zu brechen, indem sie reden. Marianne Rademacher von der Deutschen AIDS-Hilfe erklärt in diesem Artikel, dass mehr Frauen als Männer heute weltweit mit dem HI-Virus infiziert sind und sagt dazu:

„Wenn mehr Frauen positiv sind als Männer, dann muss nicht nur HIV neu gedacht werden. Dann müssen auch die sozialen, ökonomischen und emotionalen Abhängigkeiten der Frauen von Männern auf den Tisch.“

Schwab portraitiert eine deutsche Infizierte, 50 Jahre, zwei Kinder. Sie erzählt ihren Alltag, beschreibt die Vorurteile, die Häme, die über sich ausgeschüttet werden; erzählt von den Nebenwirkungen der Medikamente und warum diese bei Frauen viel heftiger sind (weil nämlich die Medikamente nur an Männer getestet werden). Sie beschreibt eindringlich, wie schwer es für eine Frau sein kann, neben all dem sich selber zu lieben. In zwei weiteren Kurzportraits schildern Frauen ihren Umgang mit der Infektion und warum es wichtig ist, darüber zu reden. Denn:

„Stigmatisiert werden die HIV-Positiven, weil alle, die kein HIV haben, meinen, es geht sie nichts an. Das allerdings meinen sie, weil Leute wie wir nicht darüber sprechen.“

Ein Kommentar zu „Vergiss AIDS nicht II: Erinnerungen und Einblicke

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