Umverteilung durch Gender Budgeting?

Wer profitiert eigentlich von Ausgaben für öffentliche Angebote, Infrastruktur, Förderprogramme? Welcher Anteil öffentlicher Haushalte wird für gleichstellungsfördernde Projekte bereitgestellt? Für welche Gruppen sind Kürzungen sozialer Leistungen, von Infastrukturangeboten oder Privatisierungen besonders gravierend? Diese und ähnliche Fragen werden im Rahmen von Gender Budgeting gestellt. Dieser Ansatz birgt Potenziale für Umverteilung; verspricht aber auch mehr Transparenz und Demokratie bei haushaltspolitischen Entscheidungen. Dieser Beitrag soll eine kurze Einführung bieten und einige aktuelle Beispiele für Gender Budgeting zusammentragen, die hoffentlich in den Kommentaren weiter ergänzt werden. In Österreich wurde Gender Budgeting 2010 als Grundsatz der Haushaltsführung sogar in der Verfassung verankert.

Verfahren des Gender Budgeting

Es gibt verschiedene Verfahren des Gender Budgeting, die bekannteste ist die geschlechtsdisaggregierte Analyse öffentlicher Ausgaben (siehe Darstellung von Regina Frey). Dabei wird gefragt, welche Gruppen von bestimmten Angeboten profitieren bzw. nicht profitieren. Ein Beispiel ist diese Aufstellung für Ausgaben verschiedener Berliner Bezirke (Stand 2008). Beispiele für Gender Budgeting gibt es aus verschiedenen Bereichen – Kommunale Haushalte, Bundesländer, große Förderprogramme und natürlich die europäische Ebene.

Wo bleibt die Bundesebene? Eine ausführliche „Machbarkeitsstudie“, im Auftrag des BMFSFJ erstellt, wurde im Jahr 2006 veröffentlicht. Weitere Umsetzungsschritte sind bisher nicht erfolgt. Ein weiteres Beispiel: Im Rahmen des Europäischen Sozialfonds des Bundes gibt es das Ziel, mindestens 50 Prozent der Fördermittel an Frauen oder gleichstellungsorientierte Projekte zu vergeben. Jährliche Gender Budgeting-Berichte stellten bisher fest, dass dieses Ziel nicht umgesetzt wird (für das Förderjahr 2010 der Bericht von Regina Frey und Benno Savioli).

Gender Budgeting auf der Einnahmenseite

Öffentliche Haushalte finanzieren sich auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel durch Steuern und Gebühren. Nach Geschlecht differenzierende Daten zur Einnahmenseite – auch eine mögliche Form von Gender Budgeting – gibt es in Deutschland so gut wie nicht (Denkanstöße gibt es in der Machbarkeitsstudie Gender Budgeting 2006, S. 105 ff.). Das muss sich ändern, gerade beim Thema Steuern. So gibt es in Österreich, wo Gender Budgeting inzwischen in der Verfassung verankert wurde, erste konkretere Ansätze für Gender Budgeting auf der Einnahmenseite des Staates. Gerade beim Thema Steuern wird es aber besonders schwierig, denn in Deutschland werden viele Daten zur Besteuerung gar nicht in der erforderlichen Form geschlechterdifferenziert erhoben.

Die Erkenntnis, dass in unserer Gesellschaft Ressourcen ungleich verteilt sind, wird kaum überraschen. Gender Budgeting hat zumindest das Potenzial, auf diese Ungleichheiten aufmerksam zu machen und Strategien zu ihrer Überwindung im jeweiligen Haushalt zu verankern. Denn es geht um mehr als Geld und Köpfe zählen, sondern um die strategische Verankerung von Gleichstellungszielen bei der Einnahmen- und Ausgabenplanung.

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