Pretty in Pink

Wie stehe ich eigentlich zu der Farbe pink (oder rosa)? Und zu Barbie? Und überhaupt so „Mädchenkram“? Vor einigen Jahren hätte ich das noch ganz klar beantworten können („Bleib mir nur weg damit!“), aber heute hat sich mein Blick und damit auch meine Antwort verkompliziert.

Und seitdem Aktionen wie „Pink Stinks“ und der Protest gegen das Barbie-Haus in Berlin sehr präsent sind, versuche ich mein Unbehagen zu worten. In meinem Kopf höre ich vor allem ein lautes „Ja, aber…“.

Ja, ich finde es furchtbar, dass es nun Lego gibt, welches ausschließlich für Mädchen beworben wird, in welchem die Welt rosa-pastellfarbend ist und die Figuren Taille haben. Aber: Ich finde es eigentlich auch vollkommen okay, wenn nicht sogar begrüßenswert, dass rosa Bausteine ihren Weg in die Legowelt finden.

Ja, ich finde es schwierig, wenn Barbie der einzige Fixpunkt für einige Mädchen ist und sie dazu angehalten werden, deren Aussehen und Leben (inklusive den immer wieder vorhandenen Bezug auf Ken als Lebenspartner) nachzueifern. Aber: Ich bekomme auch Bauchschmerzen, wenn ich sehe, wie freudig vor allem auch Typen auf diesen Protest aufspringen und voller Enthusiasmus Barbie bashen und Mädchen ihre eigenen Vorlieben absprechen.

Ja, mir tut es weh, wenn junge Mädchen in Spitzenkleider gesteckt werden und ihnen gesagt wird, wie sie sich zu benehmen haben („Nicht schmutzig machen!“), was erwartet wird („Immer lächeln und freundlich sein!“). Aber: Kindern einzureden, dass Kleider und Röcke unnütz sind und mensch in diesen ja auch nichts machen könne, halte ich für ebenfalls schwierig. (Ich habe in den letzten Jahren die Fähigkeit des Wanderns in schwierigem Gelände im langen Kleid perfektioniert. Kann sehr praktisch sein bei einer Fluss-Überquerung einfach das Kleid hochzunehmen und durchzulaufen und auf der anderen Seite zu warten, während andere mühsam die Hosenbeine hochkrempeln und dann doch nass werden, weil nicht hoch genug.)

Es werden durchweg Symbole und Dinge, die als „typisch weiblich“ gelabelt sind, herabgesetzt. Damit wird eine lange Geschichte der Abwertung weiblicher Vorlieben, Ideen und Praxen weitergeschrieben. (Hierbei geht es nicht um essentialistisch weibliches, sondern um Dinge, die als solche eingeordnet werden.) Angegriffen wird also immerzu die Abweichung von der Norm, in diesem Fall der „Mädchenkram“. Die Norm selbst bleibt weiterhin unbenannt und somit auch unverändert. Es werden bestimmte Dinge abgelehnt, aber nicht gleichzeitig aufgezeigt, wie die implizierten Alternativen ebenfalls gegendert sind. Eine der Folgen könnte dann sein, dass Sachen, die eher Mädchen zugeschrieben werden, verschwinden.

Dies ist sogar eine ziemlich realistische Annahme: In der Schulbuchreihe Mathestarts 4 gab es zum Beispiel eine stereotype Aufgabenstellung. Zwei Kinder, eins als Junge, das andere als Mädchen markiert, kauften Spielzeug.  In der Auflage 2005 möchte Thomas ein Fußballtor und einen Gameboy, Tanja hingegen wünscht sich eine Puppe und ein (Spiel)Pferd. In einer neueren Auflage möchte Thomas weiterhin das Fußballtor und dazu eine Kamera, Tanja aber will nun ein Badminton-Set und eine Spielesammlung. Nicht etwa wurde Thomas der Wunsch nach einer Puppe ermöglicht, stattdessen wurden wurden alle weiblich konnotierten Spielzeuge aus der Aufgabe entfernt.

Und die Frage ist wer_welche profitiert davon? Wenn weiterhin allein bisher männlich-konnotierte Eigenschaften, Ideen und Gegenstände als positiv dargestellt werden, ensteht keineswegs eine gerechtere Gesellschaft. Viel eher zeigt sich, dass auch diese Kampagnen in ihrem Kern androzentrisch sind. Und auch Feminitätsfeindlichkeit stützt ein Patriarchat.

Aber (jetzt in die andere Richtung), ich verstehe auch, warum sich Menschen gegen den pinken Overkill zu wehrsetzen. Ein Feminitätshype, der nur auf eine eindimensionale Interpretation von Feminität setzt, ist ebenso nicht wünschenswert. Zu sehr ausgerichtet ist dies auf bestimmte Rollen, zu klar passt dieses Modell allein in eine heterosexuelle Matrix und zu viele Ausschlüsse werden produziert. Es sollte um Optionen gehen, darum auswählen zu können. Und in der Art und Weise, wie derzeitig eine rein pinke Welt für Mädchen geschaffen wird, ist ein Sichtbarmachen von anderen Möglichkeiten wichtig. Das Aufmachen von Optionen ist auch entscheidend, um eine zwanghafte Zweigenderung, wie sie auch mit den bisher genannten Zuschreibungen einhergeht, aufzubrechen. Diese Debatte sollte aber auch nicht allein an Kinderspielzeugen und Werbungen, die Kinder sehen könnten, ausgerichtet sein.

24 Kommentare zu „Pretty in Pink

  1. Der Beitrag spiegelt ziemlich genau mein Problem mit diesem Pink-Bashing, Röcke und Kleider Tragen – etc. wieder.
    Dazu anzumerken ist, dass es ja für Frauen/Mädchen durchaus möglich ist, sich typisch „männlich“-zugerschiebenen Dingen zu nähern – anders herum wird es schwieriger.
    Für „Mädchen“ wird sehr häufig in einem Abwertenden Kontext verstanden – ein Beispiel, dem ich immer begegne, ist die „Medien-Informatik“ , die gerne auch als „Mädchen-Informatik“ bezeichnet wird – und zwar, um sie gegenüber „voller“ Informatik herabzuwerten.

    Da „typisch weibliche“ Dinge häufig als Minderwertig betrachtet werden, ist es für Männer um so schwerer, sich „typisch weiblichen“ Dingen anzunähern – und dadurch, dass man selber diese Dinge herabwertet, macht man es auch nicht besser.

  2. die typen die gegen das barbie-lego protestieren könnten es lieber für sich entdecken &somit ihre grau-braun-schlamm-männlichkeit unterwandern. dadurch würden sie es für kinder, denen 1 männliches vorbild wichtig ist ermöglichen barbie-lego geschlechtsneutral zu denken und nebenbei barbie-lego-artiges nach patriarchalen maßstäben aufwerten. (so bitter es ist – wenn 1 mann es tut dann ist es vielleicht gar nicht so schlimm/peinlich/usw)

    auch homophobie die ja oft (natürlich nicht nur) auf männer (whatever that is) mit als weiblich interpretierten attributen abzielt könnten gerade typen mit hetero-privilegien so noch nebenbei adressieren. (hm ob das aufgeht bin ich mir jetzt nicjt mehr so sicher. ich lasse den letzten absatz mal unausgegoren stehen)

    ansonsten: die aufteilung von produkten in männliche und weibliche zielt ja darauf ab dass menschen sich genötigt fühlen ihre genderperformance so weit es nur irgend geht auf ihr konsumverhalten auszuweiten. das heißt, um als X durchzugehen muss ich an jeder ecke des alltags als X konnotierte produkte kaufen um mich rum anhäufen.

    also ist unter anderem auch der kapitalismus schuld. ich hasse ihn.

  3. Interessant wäre mal zu schauen, gegen was sich ein Protest richten könnte, der männliche Geschlechterrollen(-reproduktion) bei Spielzeug und Erziehung ins Visier nimmt. Mir fällt da leider nichts greifbares ein. Vielleicht eben weil es kein ‚männliches‘ Spielzeug gibt, sondern nur ‚Norm-ales‘ und ‚weibliches‘.

    Auf der anderen Seite gibt es auf jeden Fall ein paar nette Trends, in denen ‚weibliche‘ Sphären für Männer* erschlossen werden. Z.B. im aktuellen nerdigen My little Pony – Fankult (Bronies). Die Losung „Pink stinks“ sollte also auf jeden Fall nicht auf Männer* angewendet werden.

  4. Ich bekomme auch immer ein komisches Gefühl, wenn befreundete Mütter leicht stolz darauf hinweisen, ihr Töchter stünden nicht so auf das rosa Prinzessinenzeug. Oder auch wenn Frauen mit gewissem Stolz sagen, sie hätten als Kind ja nie mit Puppen gespielt. Mich stört daran, dass diese „typisch weiblichen“ Neigungen oder Attribute als abwerten gesehen werden, und zwar von Frauen selbst. Das finde ich schade und eigentlich erschreckend.

    In der Schule meiner Tochter kursiert heftig das Wort „Tussi“ als Schimpfwort. Gemeint sind damit Äusserlichkeiten, wie Stöcklschuhe, Röcke, Glitzer, Rosa und auch pingeliges Verhalten. Es führt auch schon dazu, dass meine Tochter diese Dinge ablehnt, obwohl sie das mal toll fand. Ich habe mit ihr diskutiert, ob denn eine Frau automatisch doof ist, nur weil sie Stöckelschuhe oder eine Handtasche trägt.

    Auch ist es durchaus gesellschaftlich akzeptiert, seine kleinen Mädchen bubenhaft anzuziehen. Andersherum geht das gar nicht. Leider geht das meist von den Müttern aus. Sich als Frau männliche Eigenschaften, Kleidung, Vorlieben etc. anzueigenen ist irgendwie cool, als Mann sich weibliche Dinge anzueigenen ist ein NoGo, das geht dann schon in Richtung Homophobie.

  5. Vielen Dank für diesen Beitrag!!!!
    Gerade heute dachte ich darüber nach, wie ich mich in männlich dominierten Polit-Gruppen bewege, wie ich mich anziehe, wie meine Körperhaltung ist etc und war erstaunt und deprimiert davon, wie sehr ich mein Verhalten dem eben männlich konnotierten anpasse.
    Eine Freundin erzählte mir kürzlich, wie sie in der Antifa nicht ernstgenommen werde, wenn sie Spitzenröcke trage oder sonst etwas, das als ‚weiblich‘ gelabelt sei.
    Wenn Frauen* in der linken Polit-Szene mitmachen, stehen sie – nach meiner Wahrnehmung – oft vor der Entscheidung, „one of the guys“ zu werden (auch äußerlich) und damit ernster genommen zu werden… oder eben nicht als ebenso fähig wahrgenommen zu werden, weil sie z.B. ein Kleid trägt. Da passen viele/die meisten?, auf jeden Fall ich…mich lieber den Kleidercodes der Jungen an.
    Was mich fast noch mehr deprimiert, ist, dass wenn ich aus jenen Räumen herausgehe und in diversen lesbischen und oder queeren Orten unterwegs bin, mein Eindruck ist, dass frau* auch hier nicht so cool gilt, wenn sie nicht einem bestimmten Typus repräsentiert – den „männlich“ konnotierten. Damit meine ich, dass schminken, Röcke/Kleider tragen, lange Haare etc in gewisser Art und Weise sanktioniert werden: durch Nicht-Beachten, Lästern, Ignoranz, „so ein Mädchen“-/ „hat die sich aber herausgeputzt“-Kommentare… Wieder scheint mir, dass Frauen* mit diesem Aussehen oft nicht für voll genommen werden…
    Ich möchte zwar nicht dem entsprechen, was konventionell als „hübsch“ für Frauen* gilt, aber ich merke, wie ich mich auch in Hemden und Baggy-Hosen usw in meinen Wahlmöglichkeiten zum Äußeren einschränke, nur um ernst(er) genommen zu werden.

  6. Genau dies predige ich als queere Femme bereits seit Jahren – danke für den Beitrag und die Vervielfältigung der unterstützenden Stimmen!

    Hinzufügen möchte ich, dass dieselbe Anti-Femininität (die letztlich auch nur von der Biologie etwas gelöste Frauenfeindlichkeit ist) auch in vielen lesbischwulen und queeren Kreisen zu finden ist. Und dass sie (egal wo) bei weitem nicht nur von Männern* ausgeht (wie ja in einigen der Kommentare schon beschrieben wurde).

    Außerdem geht ein großer Teil dieser Anti-Femininität unausgesprochen davon aus, dass allen Frauen* allein wegen ihrer Geschlechtlichkeit Femininität gleichermaßen nahegelegt und zugestanden wird. Was insbesondere NICHT für Schwarze Frauen* gilt, noch für viele anders rassifizierte/ethnifizierte Frauen*, noch für Transfrauen. Es gilt nichtmal für alle mehrheitsdeutschen Mittelschichtsfrauen*, denn auch unter uns gibt es genug, die sich ihr Recht auf Femininität hart erarbeiten und erkämpfen mussten (z.B. weil wir als „nicht hübsch genug“ oder „nicht dünn genug“ für bestimmte Arten von Femininität galten/gelten).

    Und zum Schluss vermute ich bei einem Großteil der Anti-Rosa-Glitzer-Prinzessinnen-Femininität auch noch einen kräftigen Schuss Klassismus, denn diese Art von Femininität wird von Mittelschichtsangehörigen gerne als „billig“ oder „trashig“ bewertet. Jedenfalls sehe ich wenig Proteste gegen dezente Perlenohrringe oder Designerbusinesskostüme (und wenn, dann kommen sie zumeist aus linker Ecke und meinen eine bestimmte *Klasse*, nicht die Femininität daran).

  7. Ihr seid ja lustig….habt ihr euch eigentlich mit unserem vermeintlichen „Pink-Bashing“ auseinandergesetzt, bevor ihr über uns geschrieben habt? 1.) Ist unsere ganze Seite Pink, es kann uns also nicht um die Farbe gehen – in unseren FAQs erklären wir auch genau, was „Pinkifizierung“ für uns genau bedeutet. 2.) ist Pinkstinks nicht anti-femme, sondern steht für die Möglichkeit für Diversität, die längst nicht allen Kindern zukommt, 3.) deshalb spielen bei uns auf facebook auch immer wieder Jungs mit Puppen (und nein, Jungs, die mit Star Wars spielen, bekommen deswegen kein Hausarrest). In Deutschland eröffnet mit dem Barbie-Haus der dritte Kosmetiksalon für Kinder, in England gibt es die inzwischen an jeder Ecke, und es wird ein Riesenumsatz damit gemacht. Natürlich ist es schade, dass in linksintellektuellen Diskursen femme-Frauen diskriminiert werden, ich kenne das auch aus meiner Zeit als Studentin in Deutschland (Wie? Die hat lange Haare und schminkt sich? Und mit der sprichst du?), im Vergleich zum Druck der Werbeindustrie auf Mädchen ist das Problem jedoch ein anderes: 2006 fühlten sich noch 70% der Mädchen wohl in ihrer Haut, heute sind es nur noch 47%. Und daran arbeiten Lillifee, Depesche-Topmodel-Produkte und Barbie Dreamhouse ordentlich mit. Es geht nicht um femme- oder Pinkbashing, es geht um das Angehen von überzogenen Schönheitsidealen. Tut uns doch bitte einen Gefallen und schaut erst einmal auf unsere Webseite – dann sehr ihr auch z.B., dass Pinkstinks zusammen geschrieben wird. Vielen lieben Dank! Stevie für Pinkstinks

  8. Danke für diesen Beitrag! Ich bin immer wieder genervt davon wenn es heißt, ich könnte mich in meinem (stark männlich dominierten) Berufsfeld doch bestimmt gut behaupten, denn ich sei ja nicht so „weiblich“ (also vom Kleidungsstil her). Oder wenn mir Frauen erzählen, sie würden ja auch gerne stricken/nähen/kochen/sonstwas eher frauen zugeschriebenes machen, aber dann würden sie bestimmt nicht ernst genommen, und überhaupt, „die Männer“ sollten auf den entsprechenden Gebieten erstmal aufholen.

    Anstatt pinke oder Mädchen zugeschriebene Spielzeuge zu verbannen und schlecht zu machen fände ich es super, wenn diese einfach auch für Jungs zugänglich würden. Gleiches gilt für Kleidungsstücke, Berufe, Familienrollen, …

  9. Zu Schulbüchern: Auf meinem Schreibtisch befindet sich gerade ein Schulbuch zur Rezension: „The Supermodel“, Englisch lernen mit zeitgerechter Literatur für Fünftklässler! Soviel dazu, dass alle „weiblichen“ Interessensgebiete verschwinden…

  10. Ein guter Beitrag.

    Nun ist ja tatsächlich aus den Kommentaren hervor gegangen, dass bestimmtes Verhalten oder Farben oder Kleidungsstücke, die feminin kodiert sind, gleichzeigtig auch herabsetzen. Also einerseits eine Abweichung eben vom „männlich-normalen“ sind, „das andere“ sind, andererseits darüber hinaus auch noch negativ besetzt sind. Also damit einher geht, dass man nicht für voll genommen wird, „harmlos“ wirkt, etc. Das finde ich auch sehr problematisch.

    Ich würde diese Verhältnisse gerne überwinden und frage mich, wie das möglich ist. Denn wenn man einfach den Weg ginge, „das Rosa aus dem [konstruiert] Femininen“ raus zu kriegen, dann reproduziert man ja die Negativ-Kopplung von [konstruiert] Femininem und den Dingen, die dieses eben prägen.

    Ich denke, es ist gut, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass dies problematisch ist. Also einmal natürlich dass das [konstruiert] Männliche das Normale ist, das Feminine abweicht und auch schlechter ist.

    Manchmal frage ich mich allerdings auch, ob gerade eine Nicht-Problematisierung dem Ganzen Abhilfe schaffen könnte. Also dass Kinder die Farben tragen und mit den Dingen spielen, die ihnen gefallen und Erwachsene dies auch tun. Dass ich mich für Pumps nicht rechtfertigen muss und ein Junge nicht für eine Barbie. Ein Mann nicht dafür, dass er gerne Fußball schaut und ein Mädchen nicht für den Boxunterricht. Vielleicht ist das aber auch ein bisschen illusorisch/naiv.

  11. @Stevie Schmiedel: Der Artikel ist kein Text, der die Kampagnen-Arbeit von Pinkstinks im Detail auseinandernimmt, sondern ein allgemeines Phänomen aufgreift (wie ja auch in den Antworten der anderen Kommen_tatorinnen zu sehen ist.)
    Und ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, was deine vorwurfsvollen/ angreifenden Kommentare an mich getriggert hat. Ich schreibe einzig, dass die Dinge eben komplizierter sind, als was sie oftmals dargestellt_diskutiert werden.

  12. @ Mädchenmannschaft

    Jetzt kommt ein wenig Derailing, wenn Ihr – nachvollziehbarerweise – nicht wollt, dass das hier jetzt ein Diskussions-Thread über Pinkstinks wird und den Kommentar nicht freischaltet, kann ich das verstehen.

    @ Stevie Schmiedel

    M.E. steht nichts von dem, was Du in Deinen Kommentaren als „Gegenposition“ aufbaust nicht genau so auch in dem Artikel (siehe z.B. ganz explizit den letzten Absatz des Textes). Er drückt nach meiner Wahrnehmung doch nur ein allgemeines Unbehagen und die Ambivalenzen aus, die mit der im Mainstream- wie „Polit“-Diskurs verbreiteten Abwertung rollenzuschreibungs-affirmativer Weiblickeitskonzepte einhergehen – während die Problematik der Pinkifizierung und des steigenden Anpassungsdrucks auf Kinder und die u.U. verheerenden Folgen in Hinblick auf Körperbilder etc. doch ausführlich beschrieben und problematisiert werden.

    Und es geht hier eben nicht nur um irgendwelche ominösen „linksintellektuellen Diskurse“ (die ja irgendwie immer herhalten müssen, wenn es darum geht zu zeigen, dass irgendwas nur das Problem verschwurbelter Uni-Feministinnen – als ob deren Anliegen ausgerechnet in linksintellektuellen Kreisen besonders anschlussfähig seien – und damit zu vernachlässigen sei, aber das nur am Rande), sondern um eine völlig gängige Erzählweise, auch im „Mainstream“: girly girls sind irgendwie latent uncool und „so Mädchenzeug“ findet man mindestens irgendwie albern – was sich ja häufig auch in den Selbstdarstellungen von Frauen äußert, die dieses Bild selbst für sich anwenden („hihihi, ich war als Kind/ bin eine richtige Prinzessin“ mit dem gestischen/mimischen/intonierungs-Subtext vorauseilender Entschuldigung: „ich weiß ja selbst, dass das albern ist“) und in den Werturteilen über andere Frauen, die sich stark rollenaffirmativ kleiden, schminken, verhalten („die sieht billig aus/ die ist so ein Püppchen/ meine Tochter ist so eine richtige kleine Diva, Modezicke, etc. etc.“).

    Natürlich ist das ein total widersprüchliches Phänomen und ein schmaler Grat zwischen Anerkennung und Abwertung, da ja gleichzeitig der diesbezügliche Anpassungs-Druck steigt, wie die von Dir genannten und im Artikel ebenfalls zur Sprache kommenden Entwicklungen ja auch zeigen, aber dennoch besteht dieses Phänomen doch trotzdem. Das haben ja aber auch schon Viele hier vor mir ausgeführt, also die Ambivalenzen die damit einhergehen, und ich verstehe nicht, wieso Du diese Widersprüchlichkeit einfach negierst und stattdessen dem Artikel Aspekte „gegenüberstellst“, die er selbst problematisiert.

    Und Pinkstinks wird doch nur als Beispiel dafür genutzt, dass solche Erzählweisen und Konzepte derzeit eben nicht gerade unpräsent sind. Es wird weder Eure Arbeit grundsätzlich in Frage gestellt, noch irgendwie gesagt oder insinuiert, dass Ihr DAS PROBLEM seid oder en Detail ausgeführt, an welchen Stellen Eure Arbeit gut gefunden oder kritisiert wird. Hm, ich sag es jetzt einfach mal so: In dem Artikel geht es doch gar nicht um Euch (sondern eben um ein allgemein wahrnehmbares Phänomen). Und sorry, Euer Name bedeutet wörtlich nunmal „Pink stinkt“, wo m.E. eben schon auch – ganz schlagwortartig – eine Abwertung von „rollengerechten/-affirmativen“ Weiblichkeitskonzepten im Subtext mitschwingt, auch wenn Ihr das auf Eurer Homepage ausdifferenziert (in meinen Augen allerdings nicht in der im Artikel beschriebenen Form und unter Abbildung der damit einhergehenden Ambivalenzen, auch nicht in Euren FAQ).

    Deswegen empfinde ich Deine Kommentare ehrlich gesagt insgesamt als ziemlich strohmannig. Ich lese den Artikel einfach insgesamt nicht als „Kritik an Pinkifizierung ist doof“, sondern als Debattenbeitrag im Sinne von „hm, schwierig alles, ich nehme Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten wahr, versuche mal, die zu artikulieren und mach mir Gedanken darüber, wie man damit umgehen könnte“.

  13. @ Betti: Nö, sehe ich nicht so. Natürlich fühlen wir uns angesprochen, wenn wir eingeführt werden, dass durch uns und OBD die Pinkifizierungsdebatte präsent ist, und natürlich möchten wir uns verteidigen, wenn gesagt wird, dass die Debatte traditionelle Weiblichkeit diffamiert. Immerhin arbeiten wir sehr hart an unserer Kampagne (die Mä.ma nicht unterstützt aber leider nicht einmal beantwortet, warum nicht – siehe Frage einer Kommentatorin in der Blogschau) gegen den Werberat und möchten gerne mitreden, wenn über uns Meinungen abgegeben werden (z.B. Charlotts Textende, dass die Debatte nicht auf Kinderspielzeug und Außenwerbung reduziert werden sollte). Ich halt mich jetzt aber raus und wünsche einen schönen Tag.

  14. @Stevie: Was Betti sagt. Grade auch im vorletzten Absatz ihres Kommentars.

    Zu deiner Frage

    habt ihr euch eigentlich mit unserem vermeintlichen “Pink-Bashing” auseinandergesetzt, bevor ihr über uns geschrieben habt?

    Abgesehen davon, dass der Text derartige Vorwürfe gegen Pinkstinks doch null erhebt: Ja, das haben wir (ich antworte jetzt einfach mal im Plural, auch wenn ich den Artikel um den es hier eigentlich gehen sollte nicht geschrieben habe). Wir kennen eure Website ziemlich gut, wir verfolgen eure Arbeit und haben sie bereits mehrfach redaktionsintern diskutiert. Es hat Gründe, dass die Mädchenmannschaft bisher zurückhaltend ist, was die Beteiligung an Pinkstinks-Kampagnen angeht – und einige davon haben wir, also in diesem Fall du & ich, ebenfalls schon mehrfach diskutiert, sei es in bilateralen Mailwechseln, hier bei uns in den Blogkommentaren oder auf der Pinkstinks-Facebookseite. Angesichts der Tatsache, wie du hier auf den bloßen Eindruck, die Mädchenmannschaft könne irgendwas an Pinkstinks auszusetzen haben, reagierst, wundere ich mich daher etwas darüber, dass du gleichzeitig mehr Auseinandersetzung unsererseits mit Pinkstinks forderst.

    Wir haben uns über diese Gründe und auch über unsere Kritiken an Pinkstinks bisher nicht großartig öffentlich ausgelassen, das stimmt – ob man das jetzt als „silent treatment“ und böswilliges Ignorieren einsortiert oder eher als solidarische Kritikenthaltung der „größeren Sache wegen“, ist Interpretationssache. Ergänzend käme noch folgende Lesart in Frage: Die Mädchenmannschaft muss angesichts ihrer quasi nicht vorhandenen Ressourcen Prioritäten bei ihrer Arbeit setzen – und wie wir die setzen, z.B. wann & wo wir uns worüber äußern, würden wir gern selber entscheiden. Zumal wenn es um Projekte geht, die wie Pinkstinks in Sachen Ressourcen und Resonanz ganz sicher nicht vom Support der Mädchenmannschaft abhängen. Ich finde, es geht nicht um Gefallen, die wir uns gegenseitig tun sollten, sondern darum auszuloten, an welchen Stellen wir gemeinsam Politik machen können – und an welchen Stellen eben vielleicht auch nicht.

  15. @ Stevie Schmiedel

    Hm, ich glaube, dass wir den Artikel einfach sehr unterschiedlich lesen und ich kann „als Außenstehende“ aus dem Text heraus nicht so richtig nachvollziehen, dass Du ihn so stark auf Euch beziehst und anscheinend eine sehr scharfe Kritik konkret an Euch daraus herausliest, wenn ich Deine Kommentare richtig verstehe und im Tonfall richtig deute. Ich sehe deswegen auch nicht so richtig, wogegen Ihr Euch hier „verteidigen“ müsstet oder wo über jetzt konkret über Euch in dem Text „Meinungen abgegeben werden“. Ich seh einfach die von Dir aufgebaute inhaltliche Konflikt-Kulisse nicht so richtig, auf jeden Fall nicht aus dem Text (was da anscheinend „hinter den Kulissen“ sonst noch so passiert, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis – und hat ja aber auch nicht so richtig viel mit dem Text oben zu tun). Und dass Ihr – wie alle Aktivist_innen – hart an Eurer Kampagne arbeitet, glaube ich Dir sofort, aber sorry, das heißt doch nicht, dass man daran, bzw. wie hier: an einzelnen Aspekten der Thematik, mit der Ihr Euch befasst nicht auch Kritik, Bedenken und Ambivalenzen äußern kann…

  16. Ich bekomme auch immer ein komisches Gefühl, wenn befreundete Mütter leicht stolz darauf hinweisen, ihr Töchter stünden nicht so auf das rosa Prinzessinenzeug. Oder auch wenn Frauen mit gewissem Stolz sagen, sie hätten als Kind ja nie mit Puppen gespielt. Mich stört daran, dass diese “typisch weiblichen” Neigungen oder Attribute als abwerten gesehen werden…

    Das ist aber Deine Interpretation. Könnte doch auch sein, dass es einfach Stolz ist sich nicht äußeren Zuschreibungen zu beugen. Frauen die als Kind gehänselt wurden weil sie keine Barbie hatten, oder aufgrund ihrer langen Haare gemobt wurden sehen das wohl weniger als Abwertung von Weiblichkeit sondern als das Wehren gegen Symbole sexistischer Unterdrückung und von Fremddefinition.

    Das ist auch der Punkt was mir dieser Artikel hier irgendwie schwer verständlich bzw. argumentativ schwach ist. Die Intention / das Unwohlsein kann ich verstehen. Anderseits kann das sehr schnell als Delegitimation von Widerstand gegen Sexismus verstanden werden. Schließlich könnte man mit dieser Argumentation doch auch sagen, dass Frauen die sagen „Ich scheiß auf eine Märchenhochzeit“ oder „Fuck Diets“ damit „“typische Weiblichkeit““ herabsetzen?

  17. Irgendwie seltsam [Begriff editiert wegen Ableismus], diese „Sonderstellung“ der Frabe pink. Ich meine, keine andere Farbe hat so ein Stigma oder ist irgendwie sonst so kontrovers. Alle anderen Farben sind irgendwie bloß… Farben halt. Aber pink ruft automatisch eine Reaktion hervor!

  18. Mir geistert schon seit einiger Zeit im Kopf herum, im Rahmen der ganzen Spielzeug-vs-Gender-Debatte, das ich Anno dazumal so mit ungefähr 8 Jahren Schminkpuppen cool fand. Aber natürlich den Gegenwind der Gesellschaft zu spüren bekam: meine Mutter erklärte mir sorgenvoll, das wäre doch eher etwas für Mädchen und was „die anderen in der Schule sagen würden“.

    Folgerichtig änderte ich unter dieser angekündigten Repression durch meine Peer Group meine Interessen.

    Das hat mir jetzt zwar nicht grob geschadet, vermute ich jedenfalls, aber es zeigt ja doch wie die gesellschaftliche Replikation von Rollenbildern schon im Kindesalter abläuft, auch und gerade im Zusammenhang mit Spielzeug und Zuweisungen.

    Und da sehe ich es eigentlich auch so, nicht die Farbe sollte das Problem sein oder die Art des Spielzeugs, schon gar nicht die Reduktion auf das vermeintlich coole, sondern höchstens die Frage ob ein Spielzeug in sich Verhaltensweisen oder Normen unerträglich abfeuert und so zur Replikation beiträgt.

    Und ich glaube da ist es leichter eine offensichtlich sexistische Werbung oder Verkaufsstrategie klar zu benennen, als inhaltlich den Wert eines Spielzeugs.

    Menschen haben nämlich Taillen, ob die also nun per se etwas schlechtes sein müssen?

  19. @lea: Ich und auch viele Kommentator_innen haben ja eben gerade auf die Ambivalenzen hingewiesen. Bei deinem Beispiel: Du gehst wiederum davon aus, dass ein gewisser „Stolz“ darüber ausgedrückt wird, dass das entsprechende Kind „sich nicht äußeren Zuschreibungen beugt“. Ich möchte keine_r absprechen diesen Gedanken zu habe, sehe aber trotzdem auch hier Probleme. Eine Frage, die sich gestellt werden könnte: Würde bei als Jungen gelesenen Kindern ebenso stolz darauf verwiesen, dass sie Spielzeugautos ablehnen und nur mit Barbies spielen wollen? Ich denke im großen und ganzen müsste die Antwort „Nein“ lauten. Und das hat eben damit etwas zu tun, welche Eigenschaften/Interessen/Vorlieben als „gut“ kategorisiert werden und welche nicht.

    Du siehst eine Gefahr, dass meine hier vorgetragene Argumentation auch zur Delegitmiation von Widerstand gegen Sexismus genutzt werden könnte. Meines Erachtens läge dies dann aber nicht an den hier hervorgebrachten Punkten (die ja auch Betty noch einmal sehr gut beschrieben hat, danke dafür!), sondern an einer arg verkürzten Lesart meines Textes, siehe insbesondere auch meinen letzten Absatz, in dem ich ja auch schreibe, dass Kritiken an bestimmten einseitigen Femininitäts-Konstruktionen wichtig sind.

    Ein Kampf gegen Sexismus bedeutet für mich unter anderem eben auch ein Kampf gegen Androzentrismus und den sehe ich in einer einfachen Kritik an weiblich gelabelten Dingen. Das habe ich auch in dem Text geschrieben. Mich stört dabei vor allem auch der Fokus, der wieder einmal auf das „Andere“ (=nicht-männliche) gelegt wird, anstatt stärker die Norm zu benennen, sichtbar zu machen und zu kritisieren.

Kommentare sind geschlossen.

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