Politik für Väter, fette Beats und Websites, die die Welt nicht braucht

Ein paar Dinge haben wir letzte Woche nicht vermeldet, und zwar:

Anfang letzter Woche meldete das Statistische Bundesamt, dass mittlerweile 21 Prozent der deutschen Frauen zwischen 40 und 44 kinderlos seien, das sei eine Rekordzahl. Zu dem Thema hatte die Taz letzte Woche ein sehr interessantes Interview mit Ralf Ruhl. Der ist Redakteur bei Spielen & Lernen und betreibt das Väterzeit-Blog. Er sagt:

Die familienpolitische Debatte in Deutschland ist immer noch eine Frauendebatte. Frauen wollen Daten über Frauen erheben. Und die Männer in der Politik sind froh, wenn das Verhalten von Männern nicht in Frage gestellt wird. Es ist ein unseliges Zusammentreffen von traditionellem Feminismus und konservativer Männlichkeit.

Spiegel Online feierte Amanda Blank als fierce feministische Hiphop-Amazone:

Dabei stellt die 26-Jährige aus Philadelphia, die eigentlich Amanda Mallory heißt, auf ihrem ersten Album „I Love You“ die Welt des Sprechgesangs radikal auf den Kopf: Statt, wie von Frauen in ihrem Gewerbe bislang gewohnt, sich als williges Sexobjekt zu präsentieren, verkehrt sie die Rollen. Sie tut es den männlichen Kollegen gleich, fordert ihr sexuelles Vergnügen ein und degradiert den Mann zum Opfer seiner Triebe.

Vor allem aber feiert sie die weibliche Selbstbestimmung. Denn im Gegensatz zu den ebenfalls sexuell aggressiven Ansätzen einer ‚Lil Kim oder Foxy Brown, bleibt Blank stets Herrin über ihren eigenen Körper: „Ich werde niemals in einem Bikini am Strand rappen“, verspricht sie, „und ich habe auch keine Fake-Titten.“

Das ist schön. Amanda Blanks Musik ist es auch:

Es gibt ein neues sogenanntes Frauenonlineangebot, das nicht nur den leicht schmierigen Namen www.wunderweib.de trägt, sondern genau so puderzuckrig, banal und öde ist wie 98 Prozent aller medialen Angebote für so genannte Frauen.

Die Soziologin Mariana Rupp hat die Studie zu Kindern, die in „Regenbogenfamilien“ aufwachsen, betreut. Sie kommentierte in der Süddeutschen Zeitung die Debatte, die letzte Woche zu dem Thema ausgebrochen ist und zum Teil zu wirklich reichlich absurden Auswüchsen geführt hat. Sehr interessant und lesenswert.

13 Kommentare zu „Politik für Väter, fette Beats und Websites, die die Welt nicht braucht

  1. was ich jetzt an dem kommentar aus dem väterzeit…. nicht verstehe: ist das statistische bundesamt ne frauenanstalt? – ich denke, frauen (und auch sonst menschen of all three+x sexes) haben ein interesse daran, zu wissen, ob männer kinder wollen. und das nicht nur in der jeweiligen beziehung. sondern überhaupt.

  2. Geil bei „Wunderweib“ ist ja auch, dass – wie immer – Liebe UND Sex eine Rubrick bilden, die allerdings in der Überkategorie „Liebe und Astro“ geführt wird. Über sowas staune ich ja immer wieder.

  3. Ich finde es etwas merkwürdig, auf einem feministischen Blog gerade dieses Zitat aus dem (ansonsten interessanten) Interview mit Ralf Ruhl zu finden. Die Feministinnen im Bezug auf familienpolitische Positionen mit „konservativer Männlichkeit“ in einen Topf zu werfen ist, gelinde gesagt, Blödsinn. Soweit ich weiß, sind es Feministinnen, die die Miteinbeziehung von Vätern in die „Kinderfrage“ seit Jahrzehnten fordern, und es sind auch Feministinnen, die sich schon lange mit der Frage beschäftigen, warum deutlich mehr Männer als Frauen keine Kinder wollen (zum Beispiel Meike Dinklage in ihrem Buch „Der Zeugungsstreik“). Ich kenne wirklich keine einzige Feministin – und ich kenne viele, von allen Sorten – die etwas dagegen hätte, wenn endlich mal eine wissenschaftliche Studie zu diesem Thema gemacht würde. Also was soll diese Polemik?

  4. ach jj! schön, dass ich dich hier grad sehe..
    unsere diskussion über religion und unterordnung und diverse stressfaktoren war noch nicht zu ende. oder?

  5. „21 Prozent der deutschen Frauen zwischen 40 und 41“

    Das sollte doch anders heissen, oder? Das wäre ja eine äusserst enge gefasste Kohorte, die da untersucht wurde..?

    Könnte Du noch den Link zur entsprechenden Publikation vom Statistischen Bundesamt posten, bitte?

  6. oh ja, das war ein vertipper.
    antje: ein zitat muss ja nicht die meinung der bloggerin wiedergeben. und es zeigt ja auch ein bisschen die zwiespältigkeit dieser ganzen debatten und vieler leute, die sie führen..

  7. Vielen Dank für den destatis-Link! Schön, dass es sich hier nicht um eine Bezahl-Statistik handelt!

    Das ganze Thema muss man äusserst differenziert betrachten.

    Speziell hier

    http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Presse/pk/2009/Kinderlosigkeit/statement__Kinderlosigkeit,property=file.pdf

    wird man fündig. Noch nichts gefunden habe ich zur Geburtenkonzentration- eine ausgesprochen wichtige Kennziffer im Zusammenhang mit der immer wieder und überall erwähnten Geburtenquote- die Tatsache nämlich, dass immer weniger Frauen immer mehr Kinder gebären. Diese Ziffer lässt sich m. E. bestenfalls querschnittmässig aus den hier vorliegenden Daten herausrechnen. Zuhaus‘ hätte ich mehr Zahlen.

    Es zeigt sich einmal mehr: Hier reinlesen lohnt sich ;-)

  8. nach lektüre des interviews finde ich es ja immer noch nicht so dolle. sorry. – erst mal grüble ich, ob der fehler nun darin liegt, dass schon zu viele feministinnen die politik bestimmen (was immer das heißen mag) oder noch zu wenige. – und auch ging mir durch den kopf: komisch, dass männer so machtlos sind? wenn sie denn „rock“ tragen wollten – wer zum kuckuck hindert sie daran, dies zu tun? und falls sie gehindert werden, warum wehren sie sich nicht? geht’s nicht um ihre interessen?

  9. „dass männer so machtlos sind? wenn sie denn “rock” tragen wollten – wer zum kuckuck hindert sie daran, dies zu tun? und falls sie gehindert werden, warum wehren sie sich nicht? geht’s nicht um ihre interessen?“

    Da gäbe es viel zu sagen. Die meisten Männer hocken etwas aus, was sie in seiner ganzen Tragweite bis jetzt noch gar nicht richtig begriffen haben. Und viele Feministinnen glauben ernsthaft, der gesamte sozioökonomische Wandel der letzten dreissig Jahre sei praktisch auf sie ganz alleine zurückzuführen- und viele Männerrechtler wiederum sind vom genau dem gleichen überzeugt und glauben, der Feminismus sei an allem Schuld. Beide überschätzen die Wirkung des Feminismus.

    Der übegeordnete Trend verläuft nicht zwischen den Geschlechtern: Es ist der Wandel unserer Volkswirtschaften ganz allgemein; der Deindustrialisierungsprozess, das Schrumpfen des skundären zugunsten des tertiären Sektors, wie er in den meisten, frühindustrialisierten Nationen seit den Fünfizigerjahren zu beobachten ist. In den letzten fünfzig Jahren gingen in unseren Breiten ganze Industrien zugrunde- und mit ihnen Millionen von Männerarbeitsplätzen in klassischen Männerberufen. Ein Blick ins Ruhrgebiet reicht da vollauf:

    Von den ehemals 141 Steinkohlezechen im Jahr 1957 sind heute nur noch sieben Großbetriebe aktiv, die zusammen noch etwa 15% der Kohlemenge von 1955 fördern. Von den 473.000 Arbeitsplätzen im Bergbau vor der Kohlekrise sind bis 2007 keine 30.000 mehr übrig geblieben. In der Stahlindustrie gingen von 1975 bis 1990 schätzungsweise 100.000 Arbeitsplätze verloren, was fast einer Halbierung der Beschäftigten in diesem Bereich entspricht. 2018 sollen nach dem Willen der jetzigen Landesregierung Nordrhein-Wetfahlens auch die letzten Förderpunkte für Steinkohle stillgelegt werden, die Subventionszahlungen eingestellt und der Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet damit beendet werden.

    DAS ist der wahre Wandel- oder, wie man an der Börse sagen würde: Das ist der übergeordnete Trend aus dem sich praktisch alle anderen (sozioökonomischen Trends) ableiten lassen.

    Und in einer Dienstleistungsgesellschaft kommt den Frauen nun einmal mehr Bedeutung zu, als in der gesamten, industriellen Vergangenheit! Während sich ihre Möglichkeiten nicht zuletzt auch aufgrund des Wegfalls der überwiegend physischen, d. h. in der Regel männlichen Arbeitskraft, multiplizieren, bleiben Männer wirtschaftlich häufig zurück.

    Und daran ist nun einmal nicht der Feminismus schuld.

    Dem Feminismus- oder der Frauenrechtsbewegung- kommt in diesem fundamentalen Wandel eine ganz andere Bedeutung zu: Schliesslich muss das Prinzip der schöpferischen Zerstörung“ (Joseph A. Schumperter), das unsere Volkswirtschaften im Zuge der Industrialisierung- und jetzt im Zuge der Technologisierung- heimsucht, sozial irgendwie abgefedert werden. Mit der Familien- Arbeits- und Ehegesetzgebung, wie sie in Deutschland noch vor 1976 existiert hat, wäre dieser Wandel wohl nie so problemlos über die Bühne gegangen…

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