Neuer Kampf um afghanische Frauenhäuser

Frauenhäuser sehen sich in Afghanistan einem neuen und unerwarteten Feind gegenüber: dem Fernsehen. Ein konservativer Moderator erklärte in einer TV-Kampagne die Unterkünfte für misshandelte Frauen seien im Wahrheit Bordelle, beherbergten Drogenabhängige und förderten „unmoralisches“ Verhalten. Auch Waisenhäuser stehen auf der Schwarzliste von Nasto Naderi, der im September bei der Präsidentschaftswahl antrat. Besucht hat er allerdings keines der insgesamt 17 offiziellen Frauenhäuser, die über 1400 Frauen aufgenommen haben, fand das Wall Street Journal heraus.

Stattdessen zeigte er Bilder von wartenden Frauen in einem Waisenheim und erklärte, es handele sich um ein unregistriertes Frauenhaus und Frauen, die zur Prostitution gezwungen wurden. Beweise blieb er allerdings schuldig. Den Kampf führt er inzwischen aber nicht mehr alleine. Religiöse Gruppen fürchten ganz offen, die Frauenhäuser verleiteten „alle Frauen“, ihr Heim zu verlassen, wenn es viele Probleme gäbe.

So wächst nun in der Bevölkerung der Eindruck, die Frauenhäuser leisteten unislamische Arbeit und seien eine Bedrohung. Deren Mitarbeiter_innen fürchten Repressalien und Angriffe, seit ihre Gesichter im Fernsehen gezeigt wurden. Außerdem schwinden die internationalen Hilfsgelder, so dass die Zukunft der Häuser ungewiß ist. Eine weitere Gefahr erwächst auch aus der derzeitigen Politik, so The Daily Beast:

“Our government wants to talk with the Taliban about peace and no one is talking about women’s rights,” said Maria Bashir, the country’s only female chief prosecutor. “If the Taliban comes to government and peace is successful, then they will close those shelters.”

„Unsere Regierung will mit den Taliban über Frieden reden und niemand redet über Frauenrechte,“ sagte Maria Bashir, die einzige Staatsanwältin im Land. „Wenn die Taliban an der Regierung beteiligt werden und Frieden kommt, dann werden sie die Frauenhäuser schließen.“

So bleibt rund fünf Monate nach dem ikonischen Time-Titelbild wieder einmal ein bitterer Geschmack. Frauenrechte taugen für Kriege und Aufmacherstories, danach geraten sie in Vergessenheit oder werden anderen politischen Zwecken geopfert.

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