Nadezhda Tolokonnikova. Verschollen im System.

Seit mittlerweile über 1,5 Jahren sitzen Nadezhda Tolokonnikova und Marina Alyokhina, Aktivistinnen von Pussy Riot in russischen Gefängnissen. Ende September berichtetete Tolokonnikova von den Umständen in diesen Gefängnissen. In einem offenen Brief, der beim Freitag vollständig übersetzt wurde, schrieb sie unter anderem [Inhaltshinweis für Link: Gewaltbeschreibungen]:

Die Zahl der Verstöße gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Strafkolonie 14 ist endlos. Meine größte und wichtigste Klage jedoch ist diese: Die Verwaltung verhindert mit den allerhärtesten Mitteln, dass irgendeine Beschwerde oder Forderung bezüglich der Bedingungen in der Strafkolonie 14 nach außen dringen kann. Die Verwaltung zwingt die Menschen zu schweigen. Sie scheut nicht, sich zu den allerniedrigsten und grausamsten Mitteln herabzulassen, um dieses Ziel zu erreichen. Alle anderen Probleme gehen auf dieses zurück – die Quotenerhöhungen, der 16-Stunden-Arbeitstag, etc. Die Verwaltung fühlt sich unantastbar; rücksichtslos unterdrückt sie die Insassinnen mit immer größerer Härte.

Als Konsequenz dieser Behandlung, trat Tolokonnikova am 23. September in den Hungerstreik. Weitere Hungerstreiks folgten im Oktober. Sie forderte auch in ein anderes Gefägnis verlegt zu werden. Am 18. Oktober wurde sei das letzte Mal gesehen, denn am 22. Oktober soll sie tatsächlich in ein anderes Gefängnis überführt worden sein. Seit dem gab es keinen Kontakt mehr zu Familienangehörigen, Freund_innen oder Anwält_innen. Ihr aktueller Aufenthaltsort ist nicht klar.

In einem Artikel bei The Daily Beast von Anna Nemtsova heißt es (Orginal Englisch):

„So lässt das System eine Person ohne jegliche Spur für Wochen verschwinden.“, sagt Verzilov. Die Zeitspanne, in der ein_e Insass_in von einem Gefängnis zum anderen Gefängnis transportiert wird, ist eine wahrhaftige Grauzone im russischen korrektiven System, welche von zwei Wochen bis hinzu zwei Monaten dauern kann, abhängig davon, bei wie vielen Transit-Gefängnissen auf dem Weg Halt gemacht wird.

Zu den Hintergründen: Seit Januar des letzten Jahres berichten wir regelmäßig über die Aktivistinnen von Pussy Riot. Der Anfang des letzten Texts, in dem auch Zines verlinkt sind, die den Prozess dokumentieren, bleibt relevant:

Heute [17. August 2013] jährt sich zum ersten Mal die skandalöse Verurteilung der Aktivistinnen von Pussy Riot wegen “Rowdytums”. Im Oktober 2012 kam Yekaterina Samutsevich auf Bewährung frei. Nadezhda Tolokonnikova und Marina Alyokhina befinden sich immer noch in Gefangenschaft. Genaues könnt ihr im Mädchenmannschafts-Dossier nachlesen.

Edit 05.11. (16:20 Uhr): Seit heute Mittag berichtigen einige Medien, dass es wieder Kontakt zu Tolokonnikova gegeben hätte. Soweit ich es überblicken kann, reproduzieren alle Medien die gleiche Nachrichtenagentur-Meldung. Nachzulesen z.B. bei der Huffington Post.

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