Nachhilfe für Kachelmann

Für den Beitrag inklusive der darin enthaltenen Links gilt eine Triggerwarnung.

In was für einer Welt Leben wir eigentlich, in der Assange sich den Vor­würfen nicht stellen muss und auf einer feministischen Demonstration „Free Assange“ Plakate zu sehen sind? In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der Kachelmann, der sich ungebrochener Aufmerksamkeit erfreuen und sich als Opfer stilisieren kann, obwohl selbst das Landgericht Mannheim erhebliche Zweifel an seiner Unschuld äußerte, große Interviews in diskurs­mächtigen Medien wie dem SPIEGEL geben darf und dort sein ekel­haftes Come­back feiert?

Mit seinem neuen Buch („Recht und Gerechtigkeit“) und einer LKW-Ladung voller Lügen zieht Kachelmann mit seiner Frau in den Kampf gegen die „männer­verurteilende Justiz“ und „Frau Schwarzer und ihre Vasallinnen“, die Falsch­aussagen an­geblich zu ihrem Hobby machen würden. Auf den Bericht auf SPON verlinke ich nicht, denn Klicks bekommen die von mir nicht gratis. Wer eine gute Kritik an Kachelmanns absurden Aussagen lesen möchte, findet sie bei Kätzchen kotzt.

Eigentlich widerstrebt es mir, Leuten wie Kachelmann völlig kostenlos Nachhilfe zu geben, aber Recherchen zu den Themen Rape Culture, sexualisierte Ge­walt und Justiz scheinen dringend nötig zu sein, also habe ich eine kleine Liste an Artikeln zusammengestellt.

Was ist Rape Culture? Und wie zeigt sich diese?

Wie verhält sich das deutsche Recht dazu?

[Update 19.40 Uhr: Wie Focus berichtet, wurde eine einstweilige Verfügung gegen die weitere Auslieferung des Buches erreicht.]

12 Kommentare zu „Nachhilfe für Kachelmann

  1. *Triggerwarnung*

    In Spanien musste unlängst ein Politiker zurücktreten, weil er sagte: „Gesetze sind wie Frauen, sie sind dazu da, missbraucht zu werden“ (Im Original verwendete er das Verb „violar“ das je nach Kontext mit vergewaltigen zu übersetzen ist) Das ist schockierend, erfreulich ist aber, dass sich der spanische Staat der sich die Bekämpfung von sexueller und häuslicher Gewalt verschrieben hat und niemand so leicht mit der Verharmlosung von Vergewaltigung davon kommt.

    In Deutschland bekommt Jörg Kachelmann, dessen Unschuld eben nicht erwiesen ist, eine Bühne zur Relativierung, zur Verunglimpfung von Opfern, zur Selbstdarstellung. Offensichtlich gibt es in der deutschen Öffentlichkeit im Gegensatz zu der spanischen ein absolut mangelhaftes Problembewusstsein.

  2. Danke für die Links! Es kommt in letzter Zeit oder besser gesagt immer wieder dies: Oh der Arme, jetzt ist seine Ruf ruiniert und nur wegen Falschaussagen und ich: dafuqqq!

    Jetzt kann ich einfach diese tolle Links Sammlung benutzen für die Male in denen mir die Worte einfach fehlen.

  3. „obwohl selbst das Landgericht Mannheim erhebliche Zweifel an seiner Unschuld äußerte“
    „dessen Unschuld eben nicht erwiesen ist“

    Ähm. Sorry. Beim Fall Kachelmann ist viel schief gelaufen. Aber es ist völlig unerheblich ob ich oder irgendjemand denkt das der Mann schuldig ist (was ich tue). Ich würde verdammt ungern in einem Land leben in dem die Beweislastumkehr gilt. Glücklicherweise ist man in Deutschland unschuldig bis das Gegenteil bewiesen ist. Das nennt sich Rechtstaat und ist Basis der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

    Nachhilfe in Rape Culture brauchen noch deutlich mehr Menschen. Und der Mann wirds in diesem Leben wohl nicht mehr lernen

  4. @Jess: „In dubio pro reo“ ist natürlich ein sehr wichtiges Fundament und ich finde nicht, dass das hier bestritten wird.

    Was hier aufgezeigt werden soll, u.a. durch die ganzen „Nachhilfe“-Links, ist, 1. dass sowohl Gesetzeslage und Rechtssprechung in Deutschland (und anderswo) als auch der öffentliche Diskurs durch rape culture geprägt sind, was u.a. an der Berichterstattung zu Überlebenden, an der niedrigen Verurteilungsrate, an der Quote polizeilicher Fehleinschätzungen und Vorurteile im Umgang mit diesen Straftaten und an dem Fakt, dass selbst ein Ex-Staatsanwalt in einer Fernsehtalkshow zum Fall Kachelmann öffentlich sagte, dass er der eigenen Tochter (und Sohn) im Fall eines sexuellen Übergriffs von einer Anzeige abraten würde, zu sehen ist.

    2. Geht es hier auch nicht darum, dass Kachelmann jetzt trotz des Freispruchs inhaftiert werden sollte oder ähnliches. Es geht darum, dass Kachelmann sich selbst als unschuldiges Opfer einer, wie er sagt, „Opferindustrie“ versteht, er so tut, als sei er der unverschuldet Leidtragende einer feministischen Verschwörung gewesen und nun zum Gegenangriff pfeift, obwohl seine Unschuld mitnichten festgestellt wurde, und ihm ein öffentliches Forum dafür geboten wird, sowohl die Opfer von als auch den gesellschaftlichen und gerichtlichen Umgang mit sexuellen Straftaten zu verhöhnen und rape culture zu zelebrieren – sein ganzer Auftritt steht also im Widerspruch zu dem, was tatsächlich passiert. Der Rechtsstaat und die fdGO != Gerechtigkeit, und manchmal noch nicht mal Recht.

  5. „@Jess: “In dubio pro reo” ist natürlich ein sehr wichtiges Fundament und ich finde nicht, dass das hier bestritten wird.“

    ….

    „und nun zum Gegenangriff pfeift, obwohl seine Unschuld mitnichten festgestellt wurde..“

    Ist er nun schuldig, weil seine Unschuld mitnichten festgestellt wurde? Für mich klingt das eindeutig danach, als ob In dubio pro reo bestritten wird.

    Und genau darum geht es. Genau darum halte ich den Artikel für falsch bzw. am Thema vorbei.
    Schlimmer noch: er gibt Kachelmann recht.

    Insofern ich das richtig verstanden habe…

  6. @Thomas: Nein, ich fürchte, das hast du nicht richtig verstanden. „Im Zweifel für den_die Angeklagte_n“ bedeutet nicht, dass der_die Angeklagte unschuldig (oder auch nur als unschuldig erachtet) sein muss, um freigesprochen zu werden. Kachelmann suggeriert dies allerdings für seinen Fall (und lässt dabei unter den Tisch fallen, dass ihm niemals Unschuld attestiert wurde, das Landgericht hat sogar das explizite Gegenteil gesagt).

    Das allein reicht ihm aber nicht: er inszeniert sich nicht nur als unschuldiges Opfer, er holt aus zum Gegenschlag, und tut mit seinem „Opferindustrie“-Gerede so, als würden in diesem Land unschuldige Männer (er redet ja nur von Frauen, oder noch schlimmer: Feministinnen!!!, die hier ständig lügen würden) in unfassbarer Anzahl fabrikmäßig eingekerkert. Das wird hier kritisiert; auf diese Fehlannahme und Fehldarstellung gehen sowohl Magdas Artikel als auch die zahlreichen Links ein.

    Deshalb halte ich den Artikel für richtig, den Nagel auf den Kopf treffend, und die Links sind nur wenige Belege dafür, wie Unrecht Kachelmann hat. //end of derailing (…ich hebe das nochmal hervor, da es offenbar leicht zu übersehen war, und möchte auch erneut anmerken, dass die Links hilfreich sind bei dieser Debatte… Hab ich schon die Links erwähnt?)

  7. Das Kachelmann-Buch darf übrigens wegen Nennung des Klarnamens (WTF??) von Claudia D. nicht weiter ausgeliefert werden. Immerhin.

    Ich finde nebenbei bemerkt ganz treffend was der Vorsitzende einleitend beim Urteilsspruch gesagt hat:

    „Der heutige Freispruch beruht nicht darauf, dass die Kammer von der Unschuld von Herrn Kachelmann und damit im Gegenzug von einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin überzeugt ist. Es bestehen aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Zweifel an der Schuld von Herrn Kachelmann. Er war deshalb nach dem Grundsatz ‚in dubio pro reo’ freizusprechen.“

  8. eigentlich war ich auf ner suche zum Thema nachhilfe für schüler. aber was ich hier gefunden habe ist echt klasse. auf alle fälle raucht mir jetzt der kopf vom vielen lesen. gern komm ich wieder und beste grüße

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑