Mit dem rosa Überraschungsei zum gemachten Mann

Viel Bohei gibt es wegen des rosa Überraschungseis von Ferrero. Zu allen bisher formulierten schneidigen Thesen hat Antje Schrupp gestern auch nochmal eine neue Perspektive hinzugefügt, und ich schließe mich ihrer Überlegung an: Das rosa Überraschungsei gibt es wahrscheinlich primär auch deswegen, um das vermeintlich „Weibliche“ aus dem Klassiker zu entfernen. Denn das kann ja niemand wollen, dass arme kleine Jungs mit einer Nicht-Manns-genug-Überraschung „entwertet“ werden. Hegemoniale Männlichkeit also per Ei-Segregation. Das rosa Ding nicht nur als etwas, das Mädchen kaufen sollen, sondern vielmehr ein Gimmick, von dem Jungs dann die Finger lassen könnten, um beim herkömmlichen Teil massiver zuzugreifen. Ganz normale Folgsamkeit hinsichtlich der Spielzeugsegregationsregeln des Marktes also, vielleicht.

Den Praxistest habe ich natürlich auch gemacht und letztens eins der rosa Dinger erworben. Hinter mir zwei Jungs, circa elf Jahre alt, die direkt den Eierhaufen analytisch diskutierten: „Das is ja voll bescheuert, ey. Dann muss es ja auch eins für Jungs geben. Gibt es aber nicht. Voll bescheuert. Das war doch eigentlich mal für alle. Ist das normale jetzt hier nur noch für Jungs? Wie blööööd ist das denn.“

„Hach, ich liebe euch“, dachte ich mir.

Und natürlich war in meinem Ei nur Schrott drin: Ein dämlicher Prinz, der noch nicht mal gerade stehen kann. Ansonsten alles gleich: Die Schokolade, das gelbe Innendrin-Ei, das Zusammen-Frickel-System bei den Spiel-Figuren. Lasse das komplette Überraschungsei weg und Du hast dieselbe Qualität wie mit der Ferrero-Schokokugel: Nämlich keine. Bis auf den rosa Fleck oben auf dem Ding nichts Neues im Westen. Nur dass neuerdings kein Junge mit Prinzessinnen oder Elfen behelligt werden muss (hust). So ist das also. Wobei es schon vereinzelt männliche Fans geben soll, die sich für Blumenringe und Glitzerstempel begeistern können, aber das heißt ja auch alles nichts. Und ja, ich habe seit Ewigkeiten mal wieder Kohle für eins dieser Dinger ausgegeben, aber hey, I got 99 problems and an Überraschungsei ain`t one: Und schließlich habe ich jetzt ja auch einen Plastikprinzen im Haus, der auf Castle Grayskull durch jeden Treppenschlitz fallen würde. Yeah.

11 Kommentare zu „Mit dem rosa Überraschungsei zum gemachten Mann

  1. Nur mal aus Interesse: Ist durch diese neue (fragwürdige) Produktgruppe gleichzeitig durch Ferrero festgelegt worden, dass im bisherigen Unisex-Ü-Ei keine „mädchenspezifischen“ (was immer das sein soll) Spielzeuge mehr drin sind, wie der Artikel es suggeriert? Das wäre mir bislang entgangen. Ich bin gespannt, wie lange sich dieser „rosa Schwachsinn“ in den Regalen hält. Liegt ja letztlich in der Hand der Konsumierenden und ihrer Eltern…

  2. Anscheinend sind in den Mädchen-Eiern bis jetzt nur Figuren drin, jedenfalls habe ich das so in diversen Blogs gelesen. Meine Blog-Kollegin Romina hatte auch eine Figur: „aus der hippen, internationalen Mädels-Clique habe ich das Mädchen aus Südamerika“ http://www.geeksisters.de/uberraschungsei-fail-das-rosa-madchen-ei/

    Hier tritt Ferrero also in ein weiteres Fettnäpfen, indem auch noch ethnische Stereotype durch die „landestypischen“ Trachten abgerufen werden…OMG

  3. „Lasse das komplette Überraschungsei weg und Du hast dieselbe Qualität wie mit der Ferrero-Schokokugel: Nämlich keine.“ Made my Day!

  4. hey, hab mich mit ner kiosk-frau untrhalten:

    1. Die rosetten gehen gut

    2. es gab mal auch blaue Jungs-Eier (pun not intended)

  5. well then…. wie könnt Ihr auch nur so gemein sein? Da sitzt so ein armer, überforderter Brandmanager des Ferrero-ÜEi s eines Montagabends in seinem Büro. Das WE war scheiße, weil seine Freundin immer nur reden wollte, sich laut eigener Ansage „einen Mann wünscht und keinen kleinen Jungen.“, sie sich weigert, die typischen Frauendinge zu tun wie putzen, kochen und Beine breit auf Befehl. Und dann will sein Chef auch noch endlich eine Umsatzsteigerung, die sich „gewaschen hat!!!! Sonst wird unsere Praktikantin in Zukunft ihre Vorgesetzte, was halten Sie davon?!“
    In diese Stresssituation rieselt ein Tagtraum: alle Frauen müssen ab sofort kurze Röcke ohne Höschen tragen, sich ständig bücken und allzeit bereit sein. Sie sollen aufhören, in Männerdomänen (also alles außer Kinder, Küche und Schlafzimmer) zu drängen und da durch Leistung zu überzeugen, sondern einfach nur Glitzerkram kaufen, Kosmetik anhäufen und vom Traumprinzen träumen. (passenderweise sieht er aus wie ein Brandmanager vom ÜEi). Und schon ward eine Strategie entwickelt: Mädchen raus aus den Jungsdomänen! ÜEier für den Mann von morgen und für niemand sonst! Drinnen ab sofort Bob als Baumeister, Sasha Hehn als Traumschiffsteward, Ken als Traumprinz und Anders als Amokläufer. Ja, so macht Brandmarketing Spaß, gell?
    es ist so traurig. so unfassbar traurig. wir schreiben das Jahr 2012 und die führen sich auf wie 1812….

  6. Nur so zur Information: In den rosa Eiern sind auch Schablonen drin zum zeichnen. Nicht nur Figuren. Ob das jetzt besser ist, sei mal dahin gestellt…

  7. Besonders klasse finde ich auch die Beschreibung, die zu dem Ei auf der Webseite zu finden ist. Als hätten sie schon geahnt, was kommen wird, liest es sich wie ein Rechtfertigungsversuch, allerdings kommt genau das Gegenteil rüber.
    Ich zitiere:
    „Dieses mit rosa Blumen verzierte Ei richtet sich speziell an Mädchen – und lässt deren Herzen dank einer Vielfalt an Überraschungen höher schlagen. Die beliebte Rezeptur von kinder Überraschung bleibt dabei natürlich gleich.

    Der Grund für diese Maßnahme? Erkenntnisse der Markforschung inspirierten kinder Überraschung dazu. Die besagen, dass sich Mädchen heutzutage nicht mehr in nur eine Schublade stecken lassen. Pink und Ponyhof ist ihnen genau so wichtig, wie Fußball und Frauenpower. Eigene Erhebungen haben diesen Trend bestätigt.

    Ob Blumen-Ringe oder bunte Armbänder mit Tiermotiven – das Basissortiment des Mädchen-Eies hält genauso klassische „Mädchensachen“ bereit, wie auch aktivierende Spielzeuge zum Werfen, Spielen und Malen, Puzzeln und Basteln.“

    Mädchen macht mehr aus als nur Pink? Wie machen wir das Ei dann am besten? Hm, wie wärs mit Pink? Und mit Glitzer! Und machen ein paar magersüchtige Winx-Tussies mit bauchfreien Tops als Vorbild als Sonderedition rein.

  8. @Astrid: Ich kann deinen Ärger totalst verstehen, fände es aber cool, wenn du auf Formulierungen wie „magersüchtige Winx-Tussies“ verzichten könntest. Ich gehe zwar davon aus, dass du damit stereotype Rollenerwartungen und Schönheitsnormen kritisieren willst, aber auch „Tussi“ ist eine sexistische Beschimpfung, weil sie bestimmte Aspekte von (performter) Weiblichkeit* abwertet. Außerdem sind sehr dünne Frauen nicht automatisch magersüchtig (mit einer solchen Pathologisierung werden bestimmte Körperformen als „falsch“ gelabelt), und wenn jemand magersüchtig ist, ist das auch kein Grund, das als Abwertung zu verwenden. Wie gesagt, ich bin ziemlich sicher, dass du das nicht „so“ gemeint hast, find es auf einem feministischen Blog aber wichtig, auf die problematischen Aspekte dieses Kommentars hinzuweisen. Danke.

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