Kund_innenkontakt und die Firma kann das Kopftuchtragen verbieten?

Unter Umständen, so hat der Europäische Gerichtshof nun entschieden, können Arbeitgeber_innen ihren Mitarbeiter_innen das Tragen eines Kopftuchs untersagen. Dazu braucht das Unternehmen eine interne Richtlinie, die untersagt sichtbare religiöse (und andere weltanschaulichen) Symbole zu tragen, und gute Gründe.

Gute Gründe? Beim Europäischen Gerichtshof wird dort von Kund_innenkontakt und dem Firmenwunsch nach der Ausstrahlung von Neutralität gesprochen. Doch was ist Neutralität? Neutralität umschreibt zu meist eigentlich nur eine gesellschaftliche Norm, etwas das nicht benannt werden muss und darum „neutral“ scheint. Abweichung von der Norm gefährden dann ganz schnell die Neutralität. Interessanterweise hat das Bundesverfassungsgericht bei seinem Urteil zu einer Lehrerin, die ein Kopftuch während des Unterrichts tragen wollte, festgestellt, dass Neutralität an staatlichen Schulen auch als „übergreifend, offen und respektierend“ verstanden werden kann. Das wäre zu mindestens mal eine interessante Umdeutung von Neutralität.

Auf so eine Umdeutung aber geht der Europäische Gerichtshof nicht ein. Aber natürlich hat er gesagt, dass die Unternehmen keine spezifischen Symbole verbieten dürfen, sondern die Richtlinie sich auf alle Symbole gleichermaßen beziehe muss. Das in der Praxis nachzuweisen wird sicher schwierig. Es ist davon auszugehen, dass besonders Musliminnen mit Kopftuch betroffen sind. (Es ist ja auch kein Zufall, dass zwei Musliminnen ihre Verfahren bis zum Europäischen Gerichtshof gebracht haben und nicht etwa Männer, denen gekündigt wurde, weil sie eine Kette mit einem Kreuz trugen.)

Die Human Rights Watch Untersuchung über die verschiedenen Ländergesetze zum Neutralitätsgebot für deutsche Lehrer_innen und Angestellte des öffentlichen Dienstes aus dem Jahr 2009 war auch passenderweise überschrieben: „Diskriminierung im Namen der Neutralität“ und zeigte, wie insbesondere Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, betroffen sind. Neutralität ist kein neuer Vorwand. Der Europäische Gerichtshof hat nun Firmen eine Tür zur Diskriminierung geöffnet.

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