Kann man überhaupt „feministisch“ stillen?

Dieser Text ist Teil 17 von 45 der Serie Muttiblog

„A wie Abstillen“ – das kleine ABC der Fortpflanzung und Elternschaft in der Zeitschrift Missy begann recht radikal (siehe Missy Magazine #1.08). Christiane Rösinger geht ziemlich unbarmherzig mit der überall wieder recht in Mode gekommenen Sitte des Stillens kleiner Babys ins Gericht. Sie schreibt: „Wer sich also vorgenommen hat, das Elternsein von Beginn an partnerschaftlich 50/50 zu teilen, der sollte das Stillen am besten gleich sein lassen.“
Frau in High Heels und Bluse, Minirock und Leggins, die eine Aktentasche, Pfanne und Staubwedel mit drei Armen hält, sowie ein Baby in einem kleinen Wagen hinter sich herzieht

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Als stillende Mutter bewegt mich das zu der Frage: Kann frau überhaupt feministisch stillen?

Betrachten wir es ganz nüchtern: Diese Frage setzt zwei Klärungen voraus: Was versteht frau unter dem adverb „feministisch“ ? Diese Frage soll zuletzt geklärt werden, denn ist unter Umständen etwas komplizierter. Zunächst einmal muss aber geklärt werden, was stillen bedeutet. Rösinger schreibt: „Stillen macht die Mutter unflexibel, bindet den Säugling an sie und die beiden meistens zusammen ans Haus.“ Das ist teilweise ziemlich wahr. Leider. Unflexibel wird eine Mutter aufgrund der Tatsache, dass alle Aktivitäten um das Stillen herum geplant werden müssen. Erst aus dem Haus gehen können, wenn das Kind wirklich satt ist zum Beispiel. Mal eben schnell mitkommen mit der spontan reingeschneiten Freundin? Nee, Pustekuchen, das Kindlein muss erst gestillt werden. Mit manchen Kindern geht das sogar sehr gut. Andere Babys aber sind so: Sie wachen auf, wollen gestillt werden. Dann gibt man ihnen die eine Brust (Dauer: halbe Stunde), wickelt sie (Dauer: 15 Minuten), gibt ihnen die andere Brust (Dauer: halbe Stunde). Bei einem Stillrhythmus von alle zwei Stunden bleibt eine dreiviertel Stunde bis zum nächsten Mal übrig. Solche Babys sind alles andere als eine Seltenheit. Manche Mütter können die dreiviertel Stunde nicht einmal sinnvoll nutzen, da das Baby, sobald sie es aus ihrem Arm legen, sofort anfängt zu brüllen. Solche Frauen sind tatsächlich ans Haus gekettet – durch ihr Baby und durch das Stillen. Eine Flasche würde das Kleine vielleicht länger ruhig stellen.

Nun ist aber alle Welt vom Stillen sehr überzeugt. Auch ich glaube, dass es das Beste für das Baby ist und bin sehr froh, dass es geklappt hat (denn nicht immer ist der Stillstart komplikationsfrei – entzündete Brustwarzen sind immer inklusive, es gibt aber noch schlimmere Begleiterscheinungen, schlimmstenfalls Fieber und Schmerzen, die auch nach Wochen immer noch nicht weggehen und so schlimm sind, dass man bei jedem Anlegen weinen muss und sich vor dem Stillen regelrecht fürchtet). Aber: Ich bin auch mit der Flasche groß gezogen worden und bin gesund und klug geworden. Deswegen gehöre ich definitiv zu den pragmatischen Stillerinnen: Ich mache das, weil es gut klappt, weil es dem Kind gut tut (das sieht man einfach) und weil sowieso ein Elternteil für die ersten paar Monate zu Hause bleibt, also warum nicht ich – und wenn ich das schon mache, dann hab ich auch die Zeit und die Ruhe, zu stillen. Es hat ja auch was Faszinierendes und die Glückshormone, die dabei ausgeschüttet werden, sind auch nicht schlecht. Aber ich könnte mich nie in Diskussionen wie auf netmoms oder eltern.de stürzen, wo nicht-stillende Mütter regelrecht fertig gemacht werden. Auch die Stillpropaganda mancher Organisationen, wie der La Leche Liga, oder von Einzelpersonen wie Eva Herman, finde ich eher übertrieben. Und mal ganz ehrlich: Soll ja jede machen, was sie für richtig hält, aber stillen bis ins Kindergartenalter halte ich für ein wenig absurd.

Ich schweife ab. Halten wir also fest: Stillen hat Vor- und Nachteile und die Nachteile gehen zu 100% zu Lasten der stillenden Frau. Gleichberechtigung ist in dieser Sache nicht zu erwarten. Ist das dann mit einer feministischen Einstellung zu vereinbaren?

Die Mütter des Müttermanifests und auch andere Mütterfeministinnen – die es sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Welle des Feminismus jeweils gab, fanden es feministisch, sich für die „natürliche Bestimmung“ der Frau stark machten: Brutpflege. Und dazu gehörte eben auch das Stillen. Aber sind uns Frauen, die sich über ihre Mutterrolle definieren, heute nicht eher suspekt? Gerade beim Thema Feminismus? Geht es denn heute nicht vielmehr um die politische, ökonomische und soziale Gleichstellung der Geschlechter? Wie soll soziale Gleichstellung verwirklicht werden, wenn Frauen weiterhin ihr Still-Monopol aufrechterhalten? Männer können dann nunmal nicht gleichwertig für die Versorgung des Kindes zuständig sein. Und einer muss ja schließlich auch arbeiten…

Arbeiten und Stillen – ja: das ist theoretisch auch machbar. Eine ehemalige Kollegin von mir hat sich ihr Baby vom Mann zu den Stillzeiten ins Büro bringen lassen. Klar. Man kann seine Gleichberechtigung auch um das Stillen herum organisieren. Ob das dann feministisch ist? Wäre es nicht schlauer und unkomplizierter, der Mann gäbe zuhause dem Kinde die Flasche und erspare sich und Kind den Stress?

Für mich spielt im Grunde diese Frage keine wirkliche Rolle. Ganz ehrlich: Ich habe mich fürs Stillen entschieden und zwar aus dem Bauch heraus. Irgendwie gehört es für mich genauso zum Kinderkriegen dazu, wie der dicke Bauch. Auch wenn das manchmal alles nervig ist. Und es ist für mich daher auch in Ordnung, wenn ich die Zeit des Stillens nicht arbeite, wenn ich viel zu Hause verbringe. Wenn ich die Hauptzuständige fürs Baby bin. Es ist ja für eine begrenzte Zeit. Das Ende ist in Sicht und danach geht es wieder „feministisch“ weiter – wenn man so will. Denn eines ist und bleibt oberstes feministisches Gebot der ersten und letzten Stunde: Die Selbstbestimmung der Frau!

In diesem Sinn – bis in einem Monat.

25 Kommentare zu „Kann man überhaupt „feministisch“ stillen?

  1. Ja, das stillen ist leider wohl ein provokantes thema, ich werde nie verstehen warum. Leider ist es ebenfalls ein thema, bei dem viel an falschen behauptungen aufgestellt wird – von beiden seiten, wahrscheinlich, aber mir fallen vor allem die steinalten und falschen argumente gegen das stillen sehr auf. Ich bin eine sehr ausgeprägte feministin, war nach der geburt meines kindes nur 6 monate zu hause und habe zwar anfangs 50% aber bald auch wieder vollzeit gearbeitet. Mein kind wurde sehr lange gestillt und lange heißt hier durchaus bis zu kindergartenalter. Whats the problem?

    einfach mal die fakten: Nach der geburt benötigen neugeborene ca. alle zwei stunden die brust. Das ist wahr aber nach ein paar wochen vorbei. Relativ bald ist man bei vier stunden abstand, nachts länger, wenn ich abends gestillt hatte, konnte ich mich theoretisch die halbe nacht rumtreiben, weil bis in den morgen hinein ruhe war.
    Wie flaschenkinder, so fangen auch stillkinder nach 6 monaten an, brei und dergleichen zu essen, warum also eine mutter ans haus gebunden sein soll, wenn sie ihr kind länger (und bis ins kindergartenalter hinein) stillt, ist mir ein rätsel. Mein kind ass längst leberwurstbrot und schokolade als es nachts zum einschlafen und morgens nach dem aufwachen immer noch gestillt wurde.
    null problem für das arbeiten also. Ich war auch auf dienstreisen und nicht mal das war ein problem. Das abpumpen hat nicht geklappt bei mir, also hat mein sohn in der zeit wo ich weg war, halt was anderes getrunken und wenn ich wieder da war, habe ich wieder gestillt. Dieses ganze gerede vom ans haus gefesselt sein, ist blödsinn.

    Auch die im artikel beschriebene rechnerei, wie man planen muss bevor man irgendwo hin gehen kann, deckt sich überhaupt nicht mit meiner erfahrung. Ich habe erlebt, dass freundinnen ständig in panik gerieten oder aufbrechen mussten mitten im schönsten kaffeeklatsch, weil sie die nächste flasche nicht dabei hatten, oder was vergessen, oder was verschüttet war…, ich mußte nie planen, konnte überall hin spontan aufbrechen, hatte minimales gepäck (nur die windelbagage), konnte überall bleiben so lange ich wollte. Auch wenn das kind außerplanmäßig hunger hatte, war das kein problem. Auch die abwesenheit von heißem wasser oder sonstigen hygienischen voraussetzungen für flaschenfütterung störte mich nicht. Mein kind hatte immer alles da. Ich mußte nie in die küche wandern und irgenwo flaschen mixen oder auswaschen. Woanders nicht und zu hause auch nicht. Ich konnte immer dabei bleiben, habe mein oberteil angehoben und der sohn kam zu seinem essen. Er hat nie weinen oder schreien müssen, nur weil irgendein fläschchen nicht rechtzeitig zur stelle war. Das war so einfach, so flexibel und hat mich sowas von unabhängig gemacht, dass es für mich der pure feminismus war. Ich konnte ganze tage ungeplant und spontan einfach irgendwo verbringen – für mich war das luxus.

    ich erinnere mit mitleid an meine schwester, die gleichzeitig 2 flaschenkinder hatte, die abends, nachts und morgens früh ihre flasche wollten. Insgesamt 4 flaschen je kind. Jeden abend wurde ein tablett mit 8 flaschen vorbereitet und 2 termoskannen heißes wasser, jeden morgen wurde ein tablett voller flaschen gewaschen. Wenn das kein zeitklau ist, was dann? Außerdem hasse ich abwaschen. Ich habe in meinem leben kein fläschchen gewaschen. Müßte glatt mal ausrechnen, wie viel freizeit mir das gebracht hat.

    mein kind hat auch beide brüste hintereinander getrunken und wenn man von den ersten 4 monaten absieht, war es in maximal 15 minuten damit fertig. Von wegen halbe stunde rechts, halbe stunde links. Das wickeln fällt auch bei fläschchenfütterung an aber das war ja auch nicht dauernd und bei jedem stillen.

    diese ganze diskussion von wegen stillen fesselt mütter und deshalb nicht feministisch ist quatsch. Habe ich es in der stillzeit schon als grandiose befreiung empfunden, umso mehr habe ich danach nutzen daraus gezogen. Es ist bestimmt nicht nur ein genetischer glücksfall, dass mein kind (inzwischen 10 jahre alt) das gesündeste in seiner umgebung ist. Ich habe nie wegen einem kranken kind fehlen müssen (einmal bei windpocken sprang eine oma ein, andere anlässe gab es einfach nicht). Das macht auch frei und erspart mir panik und erleichtert auch die karriere.

    ja, jede frau soll frei entscheiden können. Aber sie sollte objektiv informiert sein…

  2. Vielleicht ist der Ansatz eher zu sagen, ich entscheide emanzipert, wie mein Leben in diesen Situationen organisiert wird – und lasse mir nicht von meiner Peer Group oder der Gesellschaft vorgeben, was ich zu tun *habe*. Somit gibt mir eben nicht automatisch meine kulturelle Rolle mein Leben vor. Auch dann, wenn meine autonomen Entscheidungen dazu führen, daß ich mich erstmal ganz stereotyp der Brutpflege widme – wenn ich es so will. Feminismus also als Geisteshaltung, und nicht darüber definiert, wie viele Tage nach der Entbindung ich schon wieder im Büro bin – was ich immer absolut bewundere, was aber theoretisch -für Geringeverdiener eher praktisch- ebenso durch einen gewissen äußeren Druck zustande kommen kann wie ehedem die Entscheidung, seinen Beruf als Frau für immer an den Nagel zu hängen.

  3. Ich finde, Feminismus heißt einfach, dass Frauen selbst über die Gestaltung ihres Lebens entscheiden können, und wenn man Frauen verbietet, Kinder zu stillen, wird diese Entscheidung ebenso genommen, wie wenn man das befiehlt.

    Mich stört an dem Text primär dieses: „Ich mache das, weil es gut klappt, weil es dem Kind gut tut (das sieht man einfach)“ – ach ja, man sieht das? Woran? Vielleicht tut das Stillen auch gar nicht gut, aber zu viele andere gute Einflüsse machen das wett? „man sieht das einfach“ ist kein Argument.

  4. Nun habe ich beim Stillen :) diesen Text gelesen und mich über die Grundannahme in der Missy Stillen=Unfeministisch geärgert. Kantorka hat dann mit Ihrem tollen Kommentar den Nagel auf den Kopf getroffen. Feminsimus bedeutet auch für mich die Grundfreiheit zu haben genau das zu machen, was sich für mich in meiner individuellen Situation richtig und gut anfühlt, ohne mich von gesellschaftlichen Erwartungen beeinflussen zu lassen. Für mich ist das momentan stillen und Zeit mit meinem Baby verbringen.
    Ich finde diese Aufrechnungen, dasss jede Arbeit 50% geteilt werden muss, damit man feministiin ist, ziemlich kindisch. Ich koche auch gerne und mehr als mein Freund, darf ich nun bloss jeden zweiten Tag kochen, damit ich mich nicht unterdrückt fühlen muss?
    Ich habe übrigens auch das Gefühl, ganz irrational wie Patrick kritisiert, dass meinem Kind und mir das Stillen gut tut. Ich glaube aber weniger das dieses „Das-tut-meinem-Kind-gut-Gefühl“ an der Qualität der Milch liegt, sondern einfach an dem regelmässigen engen Körperkontakt zwischen mir und meinem Kind. Den könnte ich natürlich auch so haben, aber durch das Stillen wird er quasi von vorneherein in meinen Tagesablauf eingebaut. Mir gefällts!

  5. Stillen = unflexibel? das Gegenteil war für mich und mein Baby der Fall. Ich konnte überall hin, musste keine Fläschchen machen, desinfizieren sonstwas. Nahrung war immer parat.

  6. Zum Thema Stillen, Mutterschaft und Feminismus habe ich in einigen Diskussionen feststellen dürfen, dass einige der Damen harte Verfechterinnen der „Das Kind gehört zur Mutter“- These sind.
    Ein Grund für mich, mich nicht mit eben diesen Damen weiter verbal zu beschäftigen.

    -> Ursprung bei all der geliebten Genderthematik sind 2 themen. Ich kann Kinder gebären und es ist in mir herangewachsen, sowie „Stillen“.

    Zum Stillen sind Männer theoretisch ebenso in der Lage wie Frauen, auf der anderen Seite ist Stillen längst keine Lebensnotwendigkeit mehr. Und wie lange das Gebären in reiner Frauenhand bleibt, ist abzuwarten. Die Tendenz… langfristig… auch Frauen werden nicht mehr nötig sein. Oder ist das zu viel Utopie?

    Sei es wie es sei, aber ich habe – zumindest gefühlt, den Eindruck das sich auch feministische Frauen über das Stillen, dass Kind zumindest zum Teil zu definieren scheinen. Und um mal fem.com zu zitieren:

    „Und zuletzt wäre noch zu diskutieren, was denn eigentlich die Mütter davon halten, wenn Daddy auf einmal diese weibliche Bastion erstürmt. Ob mit Abwehr oder Erleichterung?“

    Ich vermute mehrheitlich mit Ablehnung ;)

  7. @freundchen:

    Zum Stillen sind Männer theoretisch ebenso in der Lage wie Frauen, […]

    Hab ich einen medizinischen Durchbruch verpasst, oder meinst Du mit „Stillen“ Flaschegeben?

    (Der Artikel meint das m.E. nicht.)

  8. freundchen: Also ich definiere mich nicht übers Kind. Könnte daran liegen, dass ich keins habe und auch keins will.

    Insofern könnte man sagen, dass ich einen (ziemlich)
    neutralen Standpunkt habe, und von dem aus kann ich
    aufgrund meiner Beobachtungen sagen, dass es sehr
    wahrscheinlich Widerstand geben würde, wenn sich
    die Männer massenweise ums Kinderaufziehen prügeln
    würden. Bestätigt meine These: Bei dieser ganzen Gender-
    Sache geht es zu einem guten Teil um Macht. (Und richtig
    so!) Gewinnen können wir nur, wenn wir ALLE was von
    unserer Macht abgeben. Dass das nicht wehtut, hat keiner
    behauptet.
    Dass irgendwann auch Frauen nicht mehr nötig sind, könnte
    man jetzt sehr schön missverstehen ;o) aber ich verkneife mir
    das mal. (Wenn weder Männer noch Frauen nötig sind, wer bleibt
    dann noch…?) Ich nehme an, du meinst aus medizinischer Sicht,
    Retortenbabys und so. Vielleicht hast du recht, aber wenn man
    es sich überlegt, sind Frauen eigentlich auch jetzt schon nicht
    mehr nötig – zum ‚Produzieren‘, ja, aber wenn die Männer
    geschlossen beschließen würden, dass sie jetzt mal dran sind,
    dann könnten sie das Kinderaufziehen sozusagen im Putsch
    übernehmen. Gehen würde das. Wäre mal ein interessantes
    Experiment.
    Sorry, das war jetzt alles nicht 100% zusammenhängend. Es ist
    noch früh, und ich habe keine Lust zu arbeiten.

  9. Mal eine Frage an die hier anwesend Mütter und Väter:
    Habt ihr ein Kind oder mehrere? Bzw. wie weit sind die Kinder altermäßig auseinander?
    Eine Freundin von mir hat nämlich 3 Kinder unter 4 Jahren. Sie hat recht schnell mit dem stillen aufgehört, da sie
    nicht genug Milch hätte um alle 3 bis ins Kindergartenalter zu stillen.

  10. Als feministische Mutter von dreien, alle drei voll gestillt bis 6 Monate wundere ich mich immer wieder, dass Stillen (neben dem Gebären ein Ding, das nur Frauen können) als antifeministisch gesehen wird.
    Es gibt ein Mutterschutzgesetz, das unter anderem den Zweck hat, berufstätige stillende Mütter zu unterstützen (einer Freundin von mir hat der Vater, der sich um das Kind kümmerte, das Kind zum Stillen an den Arbeitsplatz gebracht), und ob ich stille oder nicht, hat keinen Einfluss darauf, wie partnerschaftlich meine Beziehung strukturiert ist. (Außer dem Stillen hat mein Partner alles genauso gemacht wie ich).

    Also: Warum sollten sich Frauen das Stillen nehmen lassen? Ich fand es ein tolles Gefühl, zu wissen, dass ich ganz alleine so einen kleinen Wurm ernähren kann und ihn damit zum Wachsen bringe. Was ist daran antifeministisch?

  11. „dass Stillen (neben dem Gebären ein Ding, das nur Frauen können) als antifeministisch gesehen wird“

    Eben das ist eben das Problematische daran, dass es Frauen
    von Männern trennt. Die eine findet das gut, die andere nicht.
    Persönlich habe ich da keine starke Meinung zu, aber ich kann
    mir sehr gut vorstellen, dass das für viele Frauen eine
    ‚entzündende‘ Frage ist, in die eine oder die andere Richtung.

  12. Wenn man das Stillen vor Allem als Chance für elterliche Nähe betrachtet und nicht primär als reines Baby-Sättigung. Dann könnten ja auch Männer mit ran, scheint aber eher ein Tabu zu sein. Angeblich können einige Männer bei ausreichend Stimulation ja auch Milch produzieren.

  13. @Katharina: Ich meinte in der Tat in Bezug auf die Reproduktion von Nachkommen. Das auch Mann damit überflüssig wäre sehe ich als gegeben. (ist er heute ja schon, teilweise) Da es hier aber um Mütter im Weitesten Sinn ging, lag mein Fokus auch nur da.

    @Nina: Aber warum sollten sie es nicht tun? Mir stellt sich die Frage nicht ob es antifeministisch ist, wenn Frau stillt, sondern ob es überhaupt einen Bezug dazu hat. Und nur hypothetisch, warum sollte frau dem Mann nicht gönnen dieses Erlebnis (des Stillens) zu haben?

    @BG: Zur Babysättigung ist Stillen ja nun auch nicht 100% nötig. Ist nur eine der Möglichkeiten. Ich hab mehrmals in diversen Elternforen Diskussionen gelesen, indem es um Stillen bzw. Flasche ging… das ist wie Krieg^^
    Im Übrigen stützen sich viele Stillmamas dann auf eine Studie des Fam.ministeriums. (ich weiss ist stark verkürzt) Diese weisst aber eben auch aus, das zwar die Belastung mit DDT (jubel seitens v.d.Leyen- plus Stillmarketingkampagne) zurückgegangen ist, dass aber Zeitgleich die Belastung durch u.a. Weichmacher etc. gestiegen ist (selbe Studie) wurde verschwiegen.

    Wenn ich die PDF finde stelle ich sie ein… nur nicht mehr heute

  14. ich habe meinen sohn bekommen, als ich gerade dabei war, mein abitur nachzuholen – und ich habe kein schuljahr wiederholt, sondern bin bereits nach einem monat wieder zur schule gegangen.
    und ja, ich habe meinen sohn gestillt, und zwar voll, und zwar ein ganzes jahr lang. erst nach 6 monaten hat er das erste mal etwas anderes als muttermilch zu sich genommen.
    milchpumpen sind hier das schlagwort…
    man pumpt einfach am abend vorher oder am morgen mehrere flaeschchen ab, stellt sie in den kuehlschrank, die tagesmutter waermt sie auf et voila. kann natuerlich auch der vater machen, wenn es denn einen gibt, und dem gefaellt das sicher auch.

    auch nachts ist stillen wesentlich angenehmer als ersatzmilch. da muesste man naemlich erst aufstehen, in die kueche trotten, flaeschchen anwaermen etc. muetter, die stillen, hingegen ziehen einfach im halbschlaf den pyjama hoch, legen das baby neben sich und koennen getrost wieder einschlafen.

    und sowieso: im café sitzen und einfach mal die bluse aufknoepfen und das kind stillen war fuer mich immer eine irrsinnig coole geste („female empowerment! fuck off mysoginists!“) besonders, wenn sich irgendjemand pruedes dann darueber beschwert hat.

    aber letztendlich sollte es ja immer die eigene entscheidung sein. gerade darum rege ich mich immer wieder darueber auf, wenn es „kinderaerzte raten dringend“ heißt. kinderaerzte raten dringend zur ersatzmilch, kinderaerzte raten dringend zum stillen, kinderaerzte raten dringend zum kaiserschnitt…. und wer sich dann darueber hinwegsetzt, gilt als schlechte mutter. dabei aendern sich diese trends alle 10 jahre. und eine neutrale informationsbeschaffung fuer werdende muetter ist so kaum moeglich.

    und noch eine kleine randgeschichte, die nur noch peripher mit dem thema zu tun hat: mein sohn ist jetzt 5 und mag meine brueste immer noch total gern, also er streichelt sie und kuschelt damit und fasst sie auch in der oeffentlichkeit manchmal an. dann ernte ich hin und wieder entsetzte oder beschaemte blicke, so als waere das unanstaendig. aber ich mag das, denn es zeigt, dass sie nicht nur sexuelle objekte zur maennlichen befriedigung sind, sondern dass mein koerper auch und vor allem die faehigkeit hat, leben zu schaffen und zu ernaehren. da bin ich sehr stolz drauf. :-)

  15. Ich hab es trotz aller Mühen nie auf mehr als eine große Flasche gebracht, für die ich den ganzen Vortag gearbeitet hab… im Endergebnis konnte ich nie mehr als drei Stunden weg. Den meisten anderen ging es genauso. Ergebnis: Mit Kind war ich flexibler, ich mußte außer dem Wickelzeug und dem Kind nichts einpacken. Ohne Kind war ich schon gebundener als Flaschenkinder…

  16. „und sowieso: im café sitzen und einfach mal die bluse aufknoepfen und das kind stillen war fuer mich immer eine irrsinnig coole geste (“female empowerment! fuck off mysoginists!”) besonders, wenn sich irgendjemand pruedes dann darueber beschwert hat.“

    Vielleicht tue ich dir unrecht, libelle, aber das erinnert mich ein
    bisschen an die Mütter, die mich immer so aufregen: das Kind
    macht, was es will, schmeißt den Kuchen auf den Boden und den
    Saft durch die Gegend, und wenn die Bedienung darum bittet,
    doch bitte nicht so viel Chaos zu hinterlassen, sind sie ein-
    geschnappt (am WoEnde erlebt). Auch mit Kind sollte man sich nach
    Möglichkeit rücksichtsvoll benehmen! Und wenn man in ein Café geht,
    in dem mit einiger Wahrscheinlichkeit ‚prüde‘ Leute sitzen, dann
    kann man auch ein bisschen Rücksicht nehmen und so stillen,
    dass nicht alle deine Brüste angucken müssen. Machst du ja
    vielleicht auch, ich kenne dich ja nicht, und will dich auch nicht
    angreifen. Aber es klang ein bisschen so, als würdest du gerne
    mit Absicht provozieren, indem du möglichst ‚öffentlich‘ stillst,
    und das würde ich nicht gut finden.

  17. @Katharina

    Wo fängt denn dann Rücksicht nehmen für dich an und wo hört das auf? Frauen sollen also heimlich bzw. verdeckt stillen um auf andere Leute Rücksicht zu nehmen? Sollen dann auch Musliminnen ihren Schleier abnehmen, um auf Die Kleidungsvorstellungen anderer Leute Rücksicht zu nehmen? Soll ich im Altenheim einen Rock tragen, weil meine Oma findet das Jeans Jungs-Hosen sind?
    Ich höre und lese oft, dass man ja inder Öffentlichkeit stillen darf, aber bitte verdeckt oder im Nebenraum, damit sich keiner gestört fühlt. Warum sich leute von stillenden Müttern gestört fühlen, aber nicht von den Unmengen Titten auf jedem zweiten Werbeplakat, werde ich nie verstehen….

  18. @BG

    Wende deine Argumentation mal auf einen Exhibitionisten an. Passt oder? Aber du willst auch, dass er auf dich Rücksicht nimmt.

    Es ist gesellschaftlicher Konsenz, dass Brüste und Genitalien sensibeler Bereich sind. Das ist der Unterschied zwischen deinem Musliminnen und deinem Oma Beispiel. Es ist nämlich nicht gesellschaftlicher Konsenz das es anstössig ist, wenn Frauen bestimmte Hautpartien nicht zeigen oder Hosen tragen.

    ich finde es schon deswegen höflich etwas diskretion zu wahren.

    Zudem stört es Männer vielleicht nicht nackte Brüste zu sehen, aber es macht sie an oder zieht zumindest ihren Blick an, selbst wenn die Frau sie nicht erregt. Damit aber sind sie gleichzeitig unhöflich dir gegenüber, weil sie ja gesellschaftlich bedingt nicht hingucken dürfen. Du entblößt also etwas, was sie nicht angucken dürfen. Oder hättest du im Gegenzug nichts dagegen, wenn ihr Blick dann auf deiner Brust weilt während du stillst?

    Nackte Brüste auf einem Plakat sind neutraler, weil man das Bild durch das Betrachten nicht stören kann.

    Das Brüste für dich etwas neutrales sind ist dabei irrelevant. Das sind sie für mich auch. Aber für Männer eben nicht.

    Da wird es doch wohl möglich sein, die Brust mittels eines Tuchs etwas zu überdecken. Oder sich passend hinzusetzen und zur Wand zu drehen. Ich würde hier zumindest den Versuch eines Verdeckens für höflich und damit den richtigen Weg halten

  19. Ich fühle mich von den Titten auf den Plakaten erheblich mehr
    gestört als von stillenden Müttern. Aber wenn mir jemand ihre
    Brüste quasi ins Gesicht hält, obwohl sie das auch dezenter
    machen könnte, finde ich das nicht in Ordnung.

  20. Ich stimme voll mit Sabine überein, bis auf den Punkt mit den Plakaten
    (siehe mein voriges Post) und den Punkt danach: Brüste sind auch für
    mich nicht neutral. Nennt mich gerne prüde, aber Brüste gehören für
    mich in der Öffentlichkeit verhüllt. Sicher ist das kein absoluter Wert –
    wenn irgendwelche Indianerstämme im Urwald ‚oben ohne‘ rumlaufen,
    weil sie das schon immer gemacht haben, dann ist das ihre Gesellschaft
    mit ihren Regeln. Bei uns ist es, wie Sabine sagt, gegenwärtig
    gesellschaftlicher Konsens, dass man auf der Straße seine Brüste nicht
    herzeigt. Da sich das beim Stillen nicht vermeiden lässt, kann man sich
    dabei zumindest dezent verhalten. Mein Standpunkt.

  21. Ich bin für Kompromissverhalten. Ich gehe bestimmt nicht mit meinem Kind zum Stillen aufs Klo oder bleibe Zuhause bis es sechs Monate ist, finde aber Debatten ums öffentliche Stillen in der Regel extrem überhitzt. Ich habe mir die ruhigere Ecke gesucht und mich vom Raum abgewandt, weil sonst mein Baby mir vor lauter Neugier und Abgelenktheit ohnehin… nun ja… weh getan hätte bei dem Versuch, mit von mir abgewandtem Gesichtchen die Nahrungsaufnahme fortzusetzen. Aber ich treffe viele Leute, die unglaubliche Vorstellungen haben aber kaum Erfahrung was Stillen in der „Öffentlichkeit“ angeht… als müßte man sich dafür komplett entblößen, als würde man was hören und riechen zwei Tische weiter, all das ist garnicht der Fall. Ich habe Bilder auf denen ich stille, auf denen man es echt *wissen* muß, weil man es nicht *sieht*, obwohl ich von vorne und ohne extra Verhüllungsmaßnahmen aufgenommen worden bin. Man sieht halt nur ein leicht verrutschtes Sweatshirt, ein Baby, sonst nichts. Ich war in Situationen, wo ich nicht weg konnte wie zB im Zug ö.ä., habe gestillt, und die Leute um mich haben es *nicht* mitgekriegt… „Das Kleine ist ja so ruhig!“ „Wird ja auch seit 30 Min gestillt.“ – „Was – echt?“ Mit etwas Übung ist das ein eher dezenter, ruhiger Vorgang – ruhiger als ein brüllendes Baby ohnehin. Da viele Leute sich das ganz anders vorstellen, schaukeln viele Diskussionen sich unnötig hoch. In der Realität stören sich die „Parteien“ der in der Regel, mit etwas Geschick auf beiden Seiten, viel weniger aneinander.

  22. @kantora

    Deswegen schrieb ich ja auch vom „Versuch des Verdeckens“. Wenn man es dezent macht und die Leute eine gewisse Rücksichtnahme merken, dann wäre für mich auch die Norm gewahrt.

    Aber ein „Schaut her ich habe Brüste und ich kann stillen wo ich will, wem das nicht gefällt, der ist frauenfeindlich!!“ muss es wirklich nicht sein.

  23. veto @darjeeling und libelle denn ihr verallgemeinert eure Stillerfahrungen aber sehr großzügig auf den Rest der Welt.
    Es gibt eine enorme Bandbreite von Still(- und Flaschen)kindern, die 5 minuten bis 60 minuten trinken, die alle 2, 3, 4, 5 Stunden trinken wollen. Es gibt Frauen, die Abpumpen easy finden (es sei euch gegönnt) und Frauen die nach 2 Stunden vor 50ml sitzen (heulend vor Erschöpfung und Schmerz).

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