Geschichten aus der Grauzone

Es ist wenigstens ein positiver Effekt der Debatte um die Vorwürfe gegen Julian Assange und den Umgang damit: In Schweden ist eine große öffentliche Diskussion darüber entstanden, ob und wie über Übergriffe und negative sexuelle Erfahrungen gesprochen werden kann. Ausgangspunkt waren Tweets der Journalistin Johanna Koljonen unter dem Hashtag #prataomdet (sprichdrüber), daraus entwickelten sich Gespräche, Blogeinträge, schließlich Artikel in den großen schwedischen Zeitungen und eine eigene Kampagnen-Website auf Schwedisch und Englisch. Betrieben wird sie von einer Reihe Journalist_innen und Blogger_innen.

Koljonen hatte der Fall Assange eigene Erinnerungen an einen sexuellen Übergriff, eine sexuelle Belästigung, ein Überschreiten ihrer Grenzen und Wünsche in Erinnerung gerufen – die Formulierungen zeigen schon, worum es geht: Nicht um Vergewaltigungen im strafrechtlichen Sinne, sondern vielmehr darum, genau solche Grauzonen, Grenzziehungen und -überschreitungen auszuloten und zu thematisieren, die auch im Fall Assange eine Rolle spielen. Die mittlerweile auf der Website verlinkten Beiträge sind überwiegend mit weiblichen Signaturen und Namen gekennzeichnet, es gibt jedoch auch eine ganze Reihe von anonymen und männlichen Einträgen. Ihr Ziel formulieren die Initiator_innen von „Prata om det“ folgendermaßen: „Wir brauchen eine Sprache für Sex, die ohne Scham funktioniert. Wir müssen über unsere eigenen Grenzen und die anderer nachdenken. Etwas wird sich ändern. Wir werden es wagen, darüber zu sprechen.“

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