Gegen Karrieredruck und für mehr Zeit an den Instrumenten

Dieser Text ist Teil 12 von 19 der Serie Wanna Disco? Listen Up!

Die Leipziger Punk-Band Kenny Kenny Oh Oh hatte nicht etwa die US-amerikanische Fernsehserie South Park sondern einen Song von Le Tigre im Kopf, als sie ihren Bandnamen aussuchte. Im Interview mit der Mädchenmannschaft sprechen die Musikerinnen über die feministische Musikszene in Leipzig, nerviges Mackerverhalten und ein ätzendes Jurastudium.

Vier junge Frauen an ihren Instrumenten (Schlagzeug, Gitarre, Bass, Gesang) auf einer kleinen, dunklen Bühne.
Kenny Kenny Oh Oh - Live Bild

Ihr kommt aus Leipzig. Wie schaut es dort mit einer feministischen (Musik-)Szene aus?

Made: Eine direkt vernetzte feministische Musikszene gibt es in Leipzig eigentlich nicht. Es gibt einige Bands, in denen Frauen spielen, die auch in feministischen/queeren Strukturen aktiv sind. Ob die Bands aber auch als solche einen explizit emanzipatorischen Anspruch vertreten, können wir nicht so genau sagen. Außerdem gibt es ziemlich viele und gute DJanes in Leipzig, die (queer-)feministische Ansprüche vertreten. Auch im Visual Bereich hat sich da in den letzten Jahren einiges getan. Die ganze Hardcore/Punk-Szene dagegen nehmen wir hingegen immer noch als sehr männerdominiert wahr.

Macht ihr oft Erfahrungen mit Mackerverhalten?

Fritte: All the fucking time! Da Macker oft auch Mucker sind, ist es aber oft schwer auseinanderzuhalten, ob sie nun ein Problem mit der Tatsache haben, dass wir Frauen sind oder ganz einfach damit, dass wir sehr einfachen Punk machen. Wahrscheinlich ist es oft letzteres. Und das wird dann verbunden mit der Annahme, dass wir damit nur auftreten dürfen, weil wir ne „Frauen-Band“ sind. Was teilweise halt auch stimmt. Aber eben nur teilweise.

Made: Wir haben auch echt schon so häufig krasse Kommentare abbekommen. Sei es die exotisierende und gleichzeitig verharmlosende Aussage „Wow, eine Mädchenband“ oder noch schlimmer  die schön deutsch konnotierte „Mädelsband“. Oder einfach die Tatsache, dass viele der Ansicht sind (egal ob sie selbst Musik machen) uns unbedingt Vorschläge und Tipps geben zu müssen, wie wir sein und was wir tun sollten. Es ist schon interessant, warum das so vielen Leuten bei einer „Frauenband“ scheinbar so viel leichter fällt. Da geh ich schnell mal an die Decke.

Fritte: Ich habe aber auch bei mir selbst festgestellt, dass ich für das Thema mittlerweile schon so sensibilisiert bin, dass ich viele Kommentare als paternalistisch empfinde, die überhaupt nicht in diese Richtung gehen sollen. Das ist ein schmaler Grat, weil man sich auch selbst schnell in eine Ecke stellt, in der man gar nicht stehen möchte.

Made: Das stimmt allerdings auch. Ich finds aber super, dass wir in der Band und auch mit Leuten in unserem Umfeld darüber in der Diskussion bleiben…

Ihr habt auf dem Ladyfest in Mülheim gespielt und seid auch beim Leipziger Ladyfest aufgetreten. Ist euch die Verbindung von Musik und Politik wichtig?

Fritte: Ich würde sagen, das ist innerhalb unserer Band sehr unterschiedlich. Ich glaube, wir alle finden Ladyfeste generell eine unterstützenswerte Sache. Obwohl das Ladyfest Leipzig wohl eher uns unterstützt hat, weil wir da erstmals in größerem Rahmen auftreten konnten.

Made: …und genau das ist ja auch der Anspruch des Ladyfests ;) Ich habe mein Gender in meiner Musikerinnenwerdung schon immer als sehr präsent und des öfteren als hinderlich bzw. krass anstrengend empfunden, um mich in der Musikszene auch durch zu setzen. Das Ladyfest schafft genau den Raum jenen Leuten auch mal eine größere Plattform zugeben. Und das dann auch noch mit sehr ambitionierten Menschen, die dabei für einen guten Sound und ein richtig großes Bühnenerlebnis sorgen. Ich hatte schon den Anspruch, mal nur mit Frauen Musik zu machen. Allerdings ging’s mir da auch weniger um die Außenwirkung, als viel mehr um das Miteinander bei den Proben und beim Liedermachen. Ich bin in einer relativ großen Musikerinnenszene aufgewachsen und da gab es trotz dicker Freundschaften auch immer ziemlich präsente Konkurrenzsituationen und damit auch Gepose und Ausschlüsse. Wie bei vielen meiner damaligen Freundinnen, hatte das dann auch dazu geführt, dass ich das Schlagzeugspielen für ein paar Jahre völlig aufgegeben hatte. Heute würde ich sagen, dass ich damals einfach nicht selbstbewusst genug war, die Sprüche und „Ver­besserungs­vorschläge“ auszuhalten. Bei den Kennys ist das ganz anders. Wir lassen es einfach laufen, und stellen unsere Ansprüche nicht über unser Können, was uns selbst Zeit und Ruhe gibt, an den Instrumenten besser zu werden. Das ist schon ziemlich entspannt… ;)

Apropos euer Können an den Instrumenten: Um was geht es in eurem Song “Make War Not Law”?

Fritte: Der Titel des Songs „Make war not law“ hat mit dem Trauma meines Jurastudiums zu tun. Der Text ist dann wie fast alle unsere Texte gegen Lohnarbeit, Karrieredruck, etc. Da kommt inhaltlich irgendwie immer wieder dasselbe raus. Wir leiden stark und möchten das auch mitteilen.

Welche anderen, weniger bekannten Künstlerinnen könnt ihr empfehlen?

Argument und Tiger Magic (beide aus Leipzig), Levitations aus Berlin. Alle saugeil!

Wo kann mensch euch in nächster Zeit hören, sehen und bestaunen?

Wenn alles klappt, gehen wir Ende Februar/Anfang März mit den oben genannten Levitations auf Tour quer durch Deutschland bis in die Schweiz und sogar nach Tschechien.

Mehr Infos zu Kenny Kenny Oh Oh gibt es auf Myspace, Facebook und bandcamp.

2 Kommentare zu „Gegen Karrieredruck und für mehr Zeit an den Instrumenten

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