Einzelfall Elliot Rodger. Oder: Wieder sexistisch motivierte Morde.

[Inhaltshinweis: sexistisch motivierte Gewalt, Mord, Misogynie, Rassismus, Ableismus – auch in den verlinkten Texten]

Men are afraid that women will laugh at them. Women are afraid that men will kill them. – Männer haben Angst, dass Frauen sie auslachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie ermorden. (Margaret Atwood)

Nachdem Elliot Rodger am Freitag drei Menschen in seiner Wohnung erstochen hatte, fuhr er mit dem Auto durch die Stadt Isla Wista, Kalifornien, auf dem Weg zu dem Haus einer Studentinnenvereinigung und schoss um sich. Er tötete drei weitere und verletzte 13 Personen. Rodger selbst starb an einem Kopfschuss. (Es ist noch nicht geklärt, ob selbst- oder fremderwirkt.)

Bevor Rodger diese Gewalttaten verübt hat, hat er seine Gedanken im Internet geteilt. Er hat Videos kurz vor den Morden auf Youtube hochgeladen, in denen er seine Motivation schildert. Außerdem hat er eine 140-seitige Autobiographie (inklusive detailliertem Plan seiner Tat) geschrieben und sich schon seit längerem in unterschiedlichen Foren ausgetauscht. Die Begründung für seinen Hass und die Gewalt? Er fühlte sich von Frauen ‚falsch‘ behandelt. Rodger war 22 Jahre alt und – wie er immer wieder und wieder betonte – hatte bisher keinen Sex mit einer anderen Person erlebt. Und so heißt es bei ihm: „Ich habe Mädchen begehrt, aber sie haben nie mich begehrt. Das ist einfach falsch. Das ist eine Ungerechtigkeit, die nicht unbestraft bleiben darf.“

Der erste Medienreflex, der vielerorts zu beobachten war: Eine vollkommene Dekontextualisierung und Individualisierung der Taten. Statt konkret auf den sexistischen und misogynen Hintergrund hinzuweisen, wurde sich darauf beschränkt, die Lebensgeschichte des Täters in den Mittelpunkt zu rücken und ihn zu pathologisieren. Über diese problematische Verbindung von Gewalt und zugeschriebenen psychischen Erkrankungen hat bereits A++ Ranting ausführlich geschrieben:

Fakt ist: eine psychische Erkrankung allein ist keine Erklärung für diese Tat. Es ist kein Zufall, dass die Rhetorik, die Rodger in seinem Video benutzt, von vielen, vielen anderen cisMännern, die nicht als “krank” gelten, ebenso benutzt wird. Statt die zugrundeliegenden Strukturen hinter diesem massiven Gewaltakt, der eine Extremform alltäglicher misogyner Gewalt darstellt, zu analysieren, wird alles auf eine psychische Krankheit abgewälzt. Aus einem sechsfachen Mord mit sexistischem Motiv wird dann eine “Tragödie”.

Gerahmt wird diese Tragödie oft als eine, die überraschend über „alle“ hereinbrach. Doch ist an dieser Gewalttat genau nichts überraschend. Erst einmal ist sie in einer Reihe ähnlicher Taten zu sehen, wie beispielsweise den Morden im Jahr 1989 in Quebec, als ein 25-jähriger Mann 14 Frauen erschoss, oder als vor fünf Jahren ein 48-jähriger Mann in Pittsburgh auf 13 Frauen schoss, von denen drei starben. Und dann sollte deutlich daran erinnert werden, dass so eine Mordreihe auch im Kontext der täglichen Gewalt steht, der sich FrauenLesbenTrans* ausgesetzt sehen, weil sie ihre Sexualität nicht so leben (wollen), wie einige Männer es als angemessen ansehen, weil sie bestimmte Männer nicht begehren – oder auch gar keine, weil sie Geschlechtergrenzen aufbrechen und in Frage stellen.

Elliot Rodger war der Meinung, dass er ein Recht darauf hätte, dass Frauen ihn begehren und (sexuelle) Kontakte mit ihm eingehen. Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Eher im Gegenteil. Es wird in Männerrechtskreisen und rund um „Pick Up Artists“ extrem artikuliert (Rodger hielt sich in entsprechenden Foren auf, hatte Youtube-Kanäle abonniert). Aber die Aussagen finden darüber hinaus auch in vielen anderen alltäglichen Gesprächen und Anrufungen einen Nährboden, zum Beispiel wenn Frauen vorgworfen wird, sie hielten Männer in der „friendzone“ (Freundeszone). So ist es auch nicht verwunderlich, dass Männer im Umfeld von Rodger, wenn er ihnen von seinem Hass erzählte, ihm versuchten zu erklären, wie er denn Frauen ‚bekommen‘ könnte, anstatt seine hassvollen Aussagen ernst zunehmen.

Wie wenig ernst Hassformulierungen gegen Frauen genommen werden, wird auch an folgendem deutlich: Rodger hatte die Mordserie, den ‚Tag der Vergeltung‘ wie er ihn immer wieder nennt, eigentlich für April geplant und dort ebenfalls bereits einige Youtube-Videos hochgeladen. Den Termin verschob er dann, da er krank wurde, die Videos aber blieben online. Nach einer Woche stand die Polizei, alarmiert wahrscheinlich durch seine Mutter, vor der Tür. Sie wollten mit ihm über die Inhalte sprechen und checken, ob alles ‚ok‘ sei. Sie haben sein Zimmer nicht betreten und ließen sich von Rodger abwimmeln mit den Worten, dass es ja nur ein Missverständnis sei. In dem Zimmer hätten sie die Waffen, Munition und den detaillierten Mordplan gefunden.

Ein „Nice Guy“, so hat Elliot Rodger sich selbst gesehen. In dem letzten Video beschreibt er sich selbst, als den ‚perfekten Typen‘ und den ‚äußersten Gentlemen‘. Doch statt mit ihm hätten all die ‚hübschen Mädchen‘ ja Beziehungen mit den ‚widerlichen Typen‘ angefangen. Insbesondere tätigte Rodger, Sohn eines weißen US-Amerikaners und einer Malaysisch-US-Amerikanerin, klar rassistische Aussagen gegenüber Schwarzen Amerikanern und Indian Americans. Er könne nicht verstehen, warum (gerade weiße) Frauen mit diesen Beziehungen führen und nicht mit ihm. Aufgrund ihrer Ablehnung waren ‚Mädchen‘ sein erstes Ziel. Männer waren willkommene Opfer auf dem Weg, weil er jeden, dem er ein glückliches (hetero) Sexualleben unterstellte, als Feind kategorisierte.

„Ich dachte, es sei so eine Tragödie, dass ich wirklich Krieg gegen Frauen und die gesamte Menschheit führe muss. Aber andererseits, die Ablehnung von mir durch Frauen war eine Kriegserklärung.“, schreibt Rodger. Er warnt in seinem Video: „Wenn ich euch Mädchen nicht haben kann, dann werde ich euch zerstören.“ und in einem Forum fokussiert er sich auch noch konkret gegen Feminismus, wenn er verkündet: „Feminismus hat Frauen die Macht über die Zukunft der menschlichen Spezies gegeben. Feminismus ist teuflisch.“

Sollte das nicht reichen als ‚Beweise‘ für sexistisch motivierte Taten? In einer von Sexismus und anderen *ismen strukturierten Welt leider nicht. Und darum gehen die Diskussionen in Medien und auf unterschiedlichsten Onlinekanälen um pathologisierende ‚Erklärungsansätze‘, fokussieren auf die ‚Leidensgeschichte‘ des Mörders und vergessen dabei ganz schnell, dass a) hier nur ein besonders drastischer Auswuchs eines großen Systems sichtbar wird und dass b) Menschen gestorben sind, die betrauert werden sollten.

accalmie hat auf Twitter in deutsch und englisch einige Gedanken veröffentlicht und diese in einem Storify zum Nachlesen zusammen gestellt.

Außerdem schrieben viele Menschen unter dem Hashtag #YesAllWomen über Gewalt und Diskriminierung. Die schiere Masse und Qualität der Kommentare hat mit Sicherheit auch einen Einfluss darauf, dass neuere Medienberichte Sexismus und Misogynie als Dimension mitbedenken (oder zu mindestens auf den Hashtag verweisen).

22 Kommentare zu „Einzelfall Elliot Rodger. Oder: Wieder sexistisch motivierte Morde.

  1. Danke für diesen Beitrag!! Es ist einfach unglaublich wie in den Medien (z.B. heute die Süddeutsche) das frauenverachtende Motiv des Täters einfach ausblendet. Dadurch wird einer Diskussion über die latente Gewalt gegen Frauen aus dem Weg gegangen.
    Wie damals nach einem Amoklauf an einer Schule in Baden-Württemberg, wo auch fast ausschließlich Schülerinnen (gezielt) erschossen wurden.

  2. Hallo Charlott, sehr wichtig ist auch die Mittelschichtsposition von Elliot Rodger. Amokläufe gehen so gut wie immer von jungen Männern aus der Mittelschicht aus. Elliot Rodger zeigt nicht nur einen deutlichen Frauenhass, sondern er bezeichnet sich als „äußersten Gentleman“. Damit einhergehend spricht er von sich selber als Alpha-Mann, betont seine superiore (höhergestellte) Eigenschaft und lässt sich über die inferioren (niedriggestellten) anderen Männer aus. Junge Männer aus der Arbeiter*innenklasse laufen nicht Amok, wenn sie von Frauen zurückgewiesen werden (und Frauen, egal welchen Klassenhintergrund sie haben, laufen auch nicht Amok nach Zurückweisungen). Es handelt sich um eine spezifische Mittelschichtsmännlichkeit, die Amokläufe ermöglicht. Elliot Rodger sah sich als männliches Mitglied eines privilegierten Milieus berechtigt, Frauen zu „haben“, so wie er mit der größten Selbstverständlichkeit mit 22 Jahren hinter dem Steuerrad eines Mittelklassewagens sitzt, dessen Besitz er wahrscheinlich auch als selbstverständlich sieht.

    In den Vereinigten Staaten wird dieser Zusammenhang von Mittelschichtsmännlichkeit und Amoklauf bereits seit einiger Zeit soziologisch untersucht. In Deutschland wird in den besseren Studien Frauenhass und Männlichkeit thematisiert, aber der allgemein verbreitete Klassismus verhindert, eine spezifische Mittelschichtsmännlichkeit zu thematisieren. Gewalt wird in einer klassistischen Zuschreibung immer nur den „Prolls“ zugeschrieben. „Prolls“ sind aber noch nie Amok gelaufen.

  3. Kurz zur Ergänzung/Korrektur:
    Erstens: Elliot Rodger war KEIN Mittelschichtsmann. Als Sohn eines erfolgreichen Regisseurs mit großem Vermögen, Umgang mit High-Society Kreisen u.ä. muss man den Begriff einigermaßen dehnen, um das noch zur Mittelschicht zählen zu können.
    Zweitens: Unabhängig davon, dass Pickup Artists natürlich ein einigermaßen widerwärtiger Menschenschlag sind, ist es nicht ganz richtig zu behaupten: „(Rodger hielt sich in entsprechenden Foren auf, hatte Youtube-Kanäle abonniert).“
    Das Forum in dem er sich aufhielt war gerade „PUAHate“(!), also eine Pickupartists-Hass Seite. Ihn daher unmittelbar den PUAs selber zuzuschlagen ist ein wenig schief.

  4. @Maria-Luisa: Nur zur Richtigstellung, er hat sowohl Frauen als auch Männer ermordet. Rodgers Motivation speiste sich aber aus zutiefst sexistischen (und anderen *istischen) Vorstellungen.

    @Andreas: Der Hinweis ist wichtig und gerade bei Rodger wird das auch sehr deutlich. Bei all seinen Schriftstücken, Kommenataren und Videos wird auf jeden Fall sehr klar, wie eng Rodger bestimmte Wohlstandsattribute mit dem ‚Zugang‘ zu Frauen verknüpft. (Er schreibt in seiner „Autobiographie“ sehr ausführlich über die Hierarchie von Autos an seinem Campus, also die Wichtigkeit das richtige Auto zu besitzten – versteht dann aber auch wieder nicht, warum Frauen mit Männern zusammen sind, die schlechtere Wagen fahren als er selbst.) Ich wäre nur etwas vorsichtig bei so absoluten Formulierungen, da sie schnell so lesbar sind als gebe es a) keine Gewalt durch Männer mit bestimmten Klassenhintergründen oder als wäre b) Sexismus weniger schlimm, weil die Gewalt eventuell andere Formen annimmt.

  5. @anti: Ja, Rodger war in dem Forum PUAHate aktiv. Aber es wurde zu mindestens auch berichtet, dass er YT-Kanäle von PUA verfolgt hat. Ich finde auch die Trennung etwas schwierig, weil für mich tatsächlich das Forum PUAHate irgendwie eine andere Seite der Medaille „PUA“ ist. Es ist ja nicht so, als würden in diesem Forum Menschen die sexistischen und misogynen Strukturen hinter PUA analysieren und kritisieren. Stattdessen halten sich dort ja eher Männer auf, die PUA-Strategien versucht haben, aber mit diesen gescheitert sind. Der Hass bezieht sich auf die Strategien also nur dahingehend, dass sie nicht ‚funktionieren‘, die Grundannahmen über die Verfügbarkeit von Frauen sind dort genau so (oder eventuell noch stärker) vorhanden. Für mich war in dem Artikel wichtig, einige der ‚extremeren‘ Quellen zu nennen, die solch ein Gedankengut verbreiten (und ich denke auch immer noch, dass Rodger eben auch von PUA beeinflusst war), aber viel wesentlicher scheint mir, dass die zugrundliegenden sexistischen Gedanken eben auch in allen anderne gesellschaftlichen Sphären re_produziert werden (Mainstream-Medien, Filme, Freund_innen, Familie etc.).

  6. @anti: …und als kleine Ergänzung/Illustrierung zu dem, was Charlott schrieb: im verlinkten MM-Artikel zu „Pick Up Artists“ findet sich wiederum ein Link zu einem Jezebel-Artikel, der sich explizit mit dem PUAHate-Forum auseinandersetzt. Warum dieses Forum in Sachen Misogynie und Objektivierung einem PUA-Fan-Forum in nichts nachsteht und mit den gleichen Prämissen „argumentiert“, wird auch dort gezeigt.

  7. Jop, puahate scheint das misogyne Weltbild von pua zu übernehmen, findet allerdings die Methoden doof, oder so.

  8. Ich finde es sehr, sehr wichtig, ausdrücklich zu benennen, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen (oder aus dem Autismus-Spektrum, welches keine psychische Erkrankung ist, aber häufig in einen Topf geworfen wird) WENIGER häufig Morde und Gewalttaten begehen, als neurotypische, psychisch gesunde Menschen! Das Vorurteil, psychisch kranke Menschen seien grundsätzlich gefährlich/unberechenbar und wahrscheinlich gewalttätig ist sehr, sehr weit verbreitet und trifft Menschen mit psychischen Problemen sehr hart, es führt zu Zwangspsychiatrisierung, Fixierung, sogar zu Todesfällen und natürlich zu Diskriminierungen in jeder Form und auf jeder Ebene.

    Wie ja auch schon angedeutet führt es weiterhin zu der Entschuldigung von Gewalttaten und Morden, die von psychisch gesunden Menschen begangen werden. Häufig wird ja auch von hinten nach vorne argumentiert: „Wer so was macht, der muss ja verrückt sein!“ Nein, muss er(_sie) nicht. Menschen wie Elliot Roger sind zurechnungsfähig, sie planen und bereiten sich bewusst vor und führen die Taten aus. Im Grunde sind sie nur konsequenter und gehen etwas weiter, als es der Alltags-Sexismus und Rape Culture wie selbstverständlich und oft unhinterfragt tun.

  9. Übel, dass dieser Aspekt – klar erkennbarer Frauenhass – mir völlig neu ist und ich auf eine dezidiert feministische Seite gehen muss, um davon zu erfahren. Massenmedien – hallo aufwachen!

  10. @Andreas Kemper
    „Seine Mutter habe ihm einen BMW geschenkt, eine Sonnenbrille von Gucci, teure Klamotten, um sein Selbstvertrauen zu stärken“[1]
    Das ist für dich Mittelschicht? Ich würde eher sagen, das sie sind sehr reich, wenn sie ihrem Sohn einfach ein extrem teures Auto, Kleidung etc. schenken können.

    Im verlinkten Artikel wird übrigens der sexistische Hintergrund thematisiert, also manche Zeitungen schreiben zum Glück doch darüber.

    [1]http://derstandard.at/2000001568015/Debatte-um-Gewalt-an-Frauen-nach-Amoklauf-in-den-USA

  11. Gestern Abend sah ich einen Beitrag zu dem Prozess gegen einen Mann der vier Menschen mit einem Hammer erschlagen hat. Der Fall war mir geläufig, was mich aufhorchen lies, weil es neu für mich war ist folgende Information:
    Der Mann hat seine Exfreundin auf offener Straße erschlagen (sie lag für einige Monate im Koma und ist dann verstorben) und hat vorher einige Bekannte erschlagen, weil sie sich geweigert haben, ihm ihre Adresse zu nennen.

    Auch wenn das unter „Beziehungstat“ fällt, so ist für mich der sexistische Hintergrund klar. Er hat einen so hohen Besitzanspruch gestellt an seine Exfreundin, dass er bereit war sie und jeden der sie beschützt zu töten. Das dies kein Amoklauf ist (oder nicht so bezeichnet wird) liegt wohl mehr an den Waffengesetzen in Deutschland und das er keinen Zugang zu einer Schusswaffe hatte.

    http://www.ruhrnachrichten.de/Die+Dortmunder+Hammermorde./

    Aussagen von ihm zeigen sein Besitzdenken:
    Auch die weiteren Sequenzen auf der Kassette sind nicht uninteressant. In einem langen Monolog wendet sich W. an seine Ex-Freundin und macht ihr Vorhaltungen. „Ich habe das nicht verdient, was Du mit mir machst“, sagt er. Und: „Ich werde andere Dinge tun müssen. Dinge, die ich nicht tun will.“ Außerdem fällt folgender Satz: „Wenn ich Dich wirklich finden wollte, hätte ich Dich schon früher gefunden.“

    http://www.derwesten.de/staedte/dortmund/raetselhafte-aufnahme-beim-hammermord-prozess-in-dortmund-id8688657.html

    In diesem Video wird über den Fall berichtet (ab 13:44) mit dem Hinweis auf das Motiv des Täters.
    http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit/lokalzeit-aus-dortmund/videokompakt8284_size-L.html?autostart=true#banner

    Insgesamt findet der Fall relativ wenig Beachtung, was verwunderlich ist.
    Das Urteil ist für den 14. Juni vorgesehen, vielleicht gibt es dann mehr Informationen zum Tathergang und Motiv.

    Der Fall ist sicher nicht vergleichbar zu dem Fall in Isla Wista, aber er lässt mich fragen wie viele misogyn motivierter Straftaten in Deutschland nicht als solche berichtet werden und woran das liegt.

  12. @ Manon

    „Auch wenn das unter ‚Beziehungstat‘ fällt, so ist für mich der sexistische Hintergrund klar.“

    Wahrscheinlich hast Du es nicht so gemeint, aber vielleicht nochmal kurz ganz ausdrücklich:
    Das Kostrukt der „Beziehungstat“ ist durch und durch sexistisch und misogyn geprägt und wird auch so verwendet. „Beziehungstaten“, „Familiendramen“ und „tragische Enden von Ehen“ sind so gut wie IMMER Morde von Männern an ihren Frauen und/oder Kindern, häufig gepaart mit einem Selbstmord. Begriffe wie die genannten verschleiern diese Einseitigkeit der Gewaltausübung vollständig und sollten deswegen nicht unkritisch und unkontextualisiert verwendet werden. Gewalt gegen Frauen geht großenteils von ihren Beziehungspartnern und Familienmitgliedern aus.
    „Beziehungstat“ und „sexistischer Hintergrund“ sind also schon gar kein gegensätzliches Begriffspaar, das es argumentativ zusammenzubringen gilt (wie es in Deinem Kommentar klingt).

  13. @Betti
    Du hast recht.
    Das war ungünstig formuliert.

    Ich hatte bewusst das Wort in Anführungszeichen gesetzt. Was ich sagen wollte war, dass Beziehungstaten oft als unvermeidlich dargestellt werden, als Taten die losgelöst von einem gesellschaftlichen Zusammenhang stattfinden und die Motive der Täter deshalb nicht näher beleuchtet werden. Es ist einfach zu normal.
    Sexistische Taten dem gegenüber zu stellen war falsch von mir. Ich wollte nur sagen, dass nicht nur Taten wie in Isla Wista nicht mit Frauenhass in Verbindung gebracht werden, sondern dass dies auch für nicht so spektakuläre (im Sinne von Medienaufmerksamkeit) Fälle gilt.

    Ich wollte das hier loswerden, weil ich überrascht war, wie oft ich solche Fälle nicht für das sehe was sie sind.

  14. @Charlott, ich würde natürlich niemals behaupten, dass es „keine Gewalt durch Männer mit bestimmten Klassenhintergründen“ gebe. Amokläufe scheinen aber tatsächlich in 90% der Fälle von Mittelschichtsmännern auszugehen. Hinzu kommt die Problematik, dass dies nirgendwo – zumindest in Deutschland nicht – thematisiert wird. Dabei ist in jedem einzelnen Fall die Deklassierung aufzeigbar. Ich betone dies auch deshalb, weil Gewaltanwendung häufig Männern und Frauen aus ^unteren Schichten^ zugeschrieben wird.

  15. Spannend ist ja, was die von Männern dominierten Medien so alles aufbieten, um bloß nicht von der allgemeinen Frauenfeindlichkeit der Männer und dem Sexismus in der Gesellschaft sprechen zu müssen:

    ++ Der Täter sei ein „Autist“, „geistig gestört“ oder er hätte ein „Aspergersyndrom“ gehabt.

    Als ob das irgendwas erklären würde!! Auch ist nichts von diesen Behauptungen belegt. Der allgemeine Sexismus und der Frauenhass in der Gesellschaft ist unerträglich und lebensbedrohlich. Für jede Frau. Der Täter hat lediglich das ausgesprochen, was die übergroße Mehrheit von Männern über Frauen denkt.

    ++ Es wird einen Riesenaufriss um die männlichen Opfer des Täters gemacht, aber über die eigentlichen Ziele des Täters, über seine zahlreichen weiblichen Opfer, findet sich fast garnichts.

    Damit soll unsichtbar gemacht werden, dass der Täter ein ganz gewöhnlicher Frauenhasser war.

    ++ Die antifeministische Orientierung des Täters wird in den Medien ebenfalls so gut wie garnicht erwähnt.

    Damit soll verdeckt werden, dass Antifeminismus mörderisch sein kann und im Kern gewaltsam ist, und sei es nur, indem der Antifeminismus eine Gewaltherrschaft der Männer über die Frauen anstrebt. Wer weiß, vielleicht hätte sich der Mörder ganz anders entwickelt, wenn er für seinen Antifeminismus nicht ständig Mitstreiter gefunden hätte, die sich gegenseitig aufgestachelt haben?

    ++ Die allgemeine Berichterstattung soll den Eindruck erwecken, ein „normaler Mann“ würde ganz anders denken und sich niemals so verhalten.

    Das Problem daran: Der Mörder war eben ein ganz gewöhnlicher, völlig durchschnittlicher, normaler weißer Mann aus der Mittelschicht. Er verkörpert auch mit seinen Ansichten den totalen Durchschnittstypen. Nicht er war krank, die Gesellschaft ist krank.

    Darüber ist zu sprechen!

    Es ist also zu sprechen über „male entitlement“ (kennt eine eine gute Übersetzung?), über Chauvinismus, über rape culture, über Körperpolitiken, über Pornografie. Rogdgers war der Meinung, wie die meisten Männer eben auch, Frauen hätten sich ihm hinzugeben und Frauen hätten seine von Pornografie geprägten Bedürfnisse zu befriedigen. Im Fall Rodgers zeigt sich unsere gesellschaftliche Struktur, der brutale Sexismus und Extremismus der Mitte.

    Ich könnte kotzen, kotzen, kotzen, dass es sogar in einem so eindeutigen Fall wie diesen den männergesteuerten Medien wieder mal gelingt, sich um diese zentralen Fragen herumzuwinden!!

  16. „Furchtbar! 6 Frauen ermodet und 13 verletzt! Ich bin entsetzt und fassungslos.“

    Er hat sechs Menschen ermordet, 2 Frauen und 4 Männer.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑