Die Frauenquote? Ein Satz mit X!

Wir reden uns die Köpfe heiß, Die Zeit ruft den anscheinend unvermeindlichen „Zickenzoff“ aus (den der Artikel in der ersten Version auch in der Überschrift stehen hatte), Familienministerin Schröder ist sowieso dagegen und die FDP meint gar, eine Quote sei verfassungswidrig.

Kanzlerin Merkel sah wohl heute die Notwendigkeit, für Ordnung zu sorgen und sprach ein Machtwort:

„Es wird keine gesetzliche Quote geben“, ließ Merkel über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert verkünden.

lesen wir in der taz. Und weiter:

Diese sei nicht durchsetzbar. Stattdessen wolle die Kanzlerin der Wirtschaft noch einmal Zeit geben, um Fortschritte zu erzielen. Dies dürfe aber nicht auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag“ verschoben werden.

Da sich dieser aber bekanntermaßen nicht datieren lässt, hat Merkel mal wieder das gemacht, was sie am besten kann: Schwammig bleiben, den Koalitionspartner nicht verschrecken und keinesfalls eine eigene Haltung zeigen.

Nach drei aufregenden Tagen heißt es also für uns: back to normal.

27 Kommentare zu „Die Frauenquote? Ein Satz mit X!

  1. Ich finde nicht, dass Frau Merkel diesmal „schwammig geblieben“ ist. Zumindest der aktuellen Forderung nach einer gesetzlichen Quote hat Sie eine klare Absage erteilt. Und das ist auch nicht nur „ein Satz den Madame Merkel dahinsagen läßt“ sondern quasi das Verbot einer Einbringung einer Gesetzesvorlage durch ihre Ministerinnen.

  2. In einer Zwischenzeile im SAT1-Videotext las ich noch, dass Hr. Westerwelle wohl mit Fr. Merkel gesprochen hat und erklärt haben soll, dass die FDP-Minister im Kabinett wohl eine Quote nicht mittragen würden. Ich denke, das „Machtwort“ rührt also eher aus dieser Ecke.

    Wer weiß, was da so im Hintergrund alles gesagt oder „angedeutet“ wurde.
    Die nächste Wahl sehe ich sowieso unter der Rubrik „Westerwelle-to-go“.

    Und dass gerade Fr. Merkel da so schnell einknickt, wo sie doch selbst von der Doppelquote profitiert hat :

    http://www.angela-merkel.de/doc/090914-interview-merkel-emma.pdf

    „Zum ersten Mal hatte EMMA Angela Merkel 1992 interviewt.Damals war sie auf der Doppelquote (Frau und Ossi) über raschend Frauenministerin unter Kohl geworden und klagte über den „Chauvinismus und Machismus billigster Art“, mit dem man versuche, „meine Person madig zu machen“. Da ist sie inzwischen durch, die Pfarrerstochter und Physikerin aus der DDR. Doch auf diesem Weg scheinen auch einige Erkenntnisse auf der Strecke geblieben zu sein, die sie vor 16 Jahren bereits hatte. Damals, 1993, schrieb Angela Merkel in ihrer Rezension des Essays von Susan Faludi über den „Backlash“ für EMMA: „Wir Frauen müssen weitergehen auf dem Marsch durch die Institutionen und teilhaben an der öffentlichen Macht!“ Das hat sie beherzigt. Gleichzeitig aber scheint die Kanzlerin gelernt zu haben, sich raus – zuhalten. Zumindest in Frauenfragen.“

    Im Spiegel gibt es wohl derzeitz auch eine Titelstory :

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,742697,00.html

    Meine Erfahrung ist eigentlich die : Der umweltpoltische Wind weht ja vermehrt aus Brüssel mit der Maßgabe, „Umsetzen in nationales Recht bis…“ „sonst“.

    Wahrscheinlich ist dieses Problem hier auch nur so lösbar.

    http://www.segeberger-zeitung.de/schleswig_holstein/aus_dem_land/216232-Managerinnen-Netzwerk-befuerwortet-Frauenquote.html

    „Unserem Standort geht sehr viel an Know-How und Kompetenz verloren“, sagte Hauf. Im europäischen Vergleich stehe Deutschland schlecht da, weshalb viele Frauen auswanderten, um höhere Positionen in ausländischen Konzernen zu besetzen. “

    „Weil tendenziell eher Mütter in Elternzeit gingen, könne ein höherer Frauenanteil in den Chefetagen auch zu einem stärkeren Bewusstsein in den Betrieben für die Bedürfnisse von Eltern beitragen, erläuterte Hauf. Zudem seien gemischte Teams aus Frauen und Männern produktiver. “

    Vielleicht gibt es ja hier Vernetzungsmöglichkeiten, um das Thema über den Umweg EU zu lösen. Dann braucht sich hierzulande niemand mehr Gedanken über die Verfassungskonformität zu machen. Analoge Parolen kenne ich noch aus der Wehrpflichtdebatte.

    Das einzige, was ich bedenklich sehe ist, dass wir hierzulande eine exorbitant teure Verwaltungsaparatur leisten. Angesichts der Tatsache, dass mehr und mehr Gesetze aus Brüssel kommen, könnten m.E. durchaus einige Landesregierungen zusammengelegt werden und auch in Berlin könnten einige Strukturen verschlankt werden.

    Vielleicht verringern sich dann ja wohlwollende Schnittstellen zwischen konservativer Wirtschaft und Politik.

  3. „Dies dürfe aber nicht auf den “Sankt-Nimmerleins-Tag” verschoben werden. “

    Das finde ich etwas typisierend. Was haben Hr. Kohl und Fr. Merkel gemeinsam? Die Strategie des „Aussitzens“.

    http://www.stern.de/aboknoten/der-neue-stern-angela-kohl-abwarten-abwaegen-aussitzen-1553414.html

    Deswegen wurde scheinbar auch dies so benannt.

    http://www.sueddeutsche.de/politik/wikileaks-us-botschafter-ueber-deutschland-angela-teflon-merkel-1.1029555

    „…Spitzname Angela „Teflon“ Merkel wohl gefällt? Mit dieser undiplomatischen Bezeichnung spielen US-Botschafter darauf an, dass vieles an unserer Kanzlerin abgleite.“

  4. Alle reagieren auf die Quotenfrage mittlerweile wie Pawlowsche Hunde, entweder so: Genau, eine Quote MUSS her, diese elenden Patriarchen die! Oder: Verdammte Feministinnen, gehts eigentlich noch? Frauen sollen gefälligst in die Eisen steigen, wie die Männer auch, dann klappt’s von ganz alleine! Und alle vergessen dabei, dass wir hier von weniger als einem einzigen Prozent aller Firmen (!) reden… ist doch lustig, oder? Sowohl Frau von der Leyen als auch Frau Schröder sprechen explizit von börsennotierten Firmen!

  5. „Sowohl Frau von der Leyen als auch Frau Schröder sprechen explizit von börsennotierten Firmen!“

    Das stimmt – wenn auch bedingt.

    Erstmal fordert Fr. Dr. von der Leyen erfreulicherweise von Quoten in Aufsichtsräten UND Vorständen. Scheinbar gibt es Leute, die sind der Ansicht dass die Aufsichtsräte meist eine exorbitant wichtige Funktion erfüllen : Nämlich zu nicken, wenn es erwartet wird. Denn dafür werden sie ja angemessen honoriert.

    Es geht trotz der 1% auch einfach darum, die Normalität der weiblichen Präsenzen sichtbar zu machen und als gleichwertige Selbstverständlichkeit langfristig zu transportieren. Das geht nicht in Betrieben wie dem Malermeister_in „Karl und Franka“ um die Ecke, sondern am sichtbarsten geschieht dies in erster Instanz in börsennotierten Unternehmen. Das Beispiel Norwegen zeigte, dass kleinere nicht-börsennotierte Unternehmen den „großen Vorbildern“ zeitnah folgten.

    Einmal abgesehen von einem recht rasch vollzogenem Wandel der Unternehmensphilosophien.

    http://www.frauennrw.de/downloads/Handbuch_demografischer_Wandel/Hantschel-in-Handbuch-Demografischer-Wandel.pdf

    Das hier fand ich noch zufällig, s. Kulturdimension IV :

    http://www.meuseb.de/Interkulturell/IKM/ikm.html

    „4.4 Kulturdimension IV: Verteilung männlicher und weiblicher Attribute
    Kulturen mit einem ausgeprägten „Männlichkeitsindex“ sind gesellschaften in denen die „Rollenverteilung von Mann und Frau“ und die „Leistungsfähigkeit“ betont werden. Umgekehrt sind Kulturen mit „eher weiblichen Zügen“ Gesellschaften, in denen das geschlechtsspezifische Rollenverhalten weniger in den Vordergrund tritt un man tendenziell mehr Wert auf das Verhalten von Menschen untereinander , das Interesse am Mitmenschen und auf die Qualität des Arbeitslebens legt.“

    Trend hierzulande ?

    http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/fast-jede-zweite-neueinstellung-ist-nur-noch-befristet/1721204.html

    Themen wie work-life-balance, Arbeitszufriedneheit, Familienfreundlichkeit, Elternzieten u.a. stehen scheinbar nict auf der Top-Agenda.

  6. @Thomas: Was ich interessant finde, ist der Umstand, dass alle diese Diskussionen in einem immer noch überwiegend industriell geprägten Rahmen statt finden. Doch aus dem tayloristischen Fliessband ist längst ein globales Datenflussnetz geworden. Trotzdem bewegen wir uns immer noch in denselben sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die das Industriezeitalter hinterlassen hat. Die volkswirtschaftliche Leistung wird immer noch Mittels BIP-Statistiken gemessen- wie vor hundert Jahren. Doch wie wir alle wissen, existieren nebst den in Geldwerten umrechenbaren Leistungen auch noch eine ganze Menge von (nicht bezahlten) Leistungen, die von diesen völlig veralteten Messinstrumenten gar nicht erst erfasst werden.

    Ich glaube, es wird langsam Zeit, die industrielle Epoche, die immer noch so gut wie alle unsere Lebensbereiche prägt, hinter uns zu lassen und die Weichen für eine Zukunft zu stellen, die mehr als nur gerade das Bruttoinlandsprodukt erfasst. Ein neues Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell tut Not. Weiterhin in überkommenen Strukturen zu denken und zu handeln, bringt nicht mehr viel- dafür erfolgt der (volkswirtschaftliche) Wandel viel zu schnell.

  7. Quoten bringen nur eins und das ist die Abschaffung des Leistungsgedanken. Der beste Kandidat sollte den Job übernehmen, egal ob Mann oder Frau. Quotenfrauen und Quotenmänner kann keiner gebrauchen.

  8. Hier ein Interview mit einem bekannten Arbeitsrechtler, der die rechtlichen Argumente gegen eine Quote zusammenfasst, die die Mädchenmannschaft meint niederschreien zu können.

    http://www.wiwo.de/blogs/management/2011/02/03/das-ziel-ist-den-mensch-als-individuum-zu-bewerten-nicht-als-mann-oder-frau/

    Seine Quintessenz „Das Ziel ist, den Mensch als Individuum zu bewerten – nicht als Mann oder Frau.“ ist eine nette Zusammenfassung gegenüber dem sexistischen Pro-Quoten-Gelärme hier.

  9. @xy

    Dieser „bekannte Arbeitsrechtler“, von dem du sprichst, ist in der arbeitgeberfreundlichen Kanzlei Gleiss/Lutz tätig. Diese hat nach Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine im Netz öffentlich zugängliche Kartei von sogenannten „AGG Hoppern“ (Menschen, die sich durch Scheinklagen aufgrund des AGG Vorteile verschaffen wollen) angelegt. Diese Kartei führte nicht nur die wenigen AGG Hopper, die es bis dato gegeben hat (etwa fünf), sondern alle Menschen, die nach der Inkrafttreten des AGG wegen Diskriminierung im arbeits- und zivilrechtlichen Bereich vor Gericht gezogen sind.

    Die Kanzlei wurde erfolgreich wegen dem Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verklagt und das Verzeichnis ist nun wieder offline. Der „bekannte Arbeitsrechtler“ ist also kein neutrales Subjekt in Sachen Diskriminierung, sondern ein populistischer Plärrhals, der versucht, die Interessen von Unternehmen durchzudrücken.

    Dass die Quote mitnichten gegen (verfassungs)rechtliche Bestimmungen verstößt, kannst du hier nachlesen.

    Ansonsten gilt auch für dich die Netiquette.

  10. „Quoten bringen nur eins und das ist die Abschaffung des Leistungsgedanken.“

    Eine würdige Auseinandersetzung mit diesem Standardargument habe ich hier gefunden :

    „Die Gegner sagen, in der Wirtschaft soll es um Leistung gehen und nicht um Geschlecht. Wer so argumentiert, übersieht, dass es bei der Quote um Beides geht, um Leistung und um Geschlecht. Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, sagt dazu, dass solch ein Argument an Dummheit kaum zu überbieten sei : „Das ist nichts anderes als die Antwort geschlossener Systeme auf Eindringlinge“.“

    (Quelle : Spiegel Nr. 5, 31.01.2011, Warum Deutschland die Frauenquote braucht, S. 63)

    Und wenn ich sowas sehe, wage ich es zu bezweifeln, dass gewisse Herren wg. ihrer überaus großen Kompetenzen und Qualifikationen an die Spitze gekommen sind :

    http://www.gal-fraktion.de/finanzen/20-01-2011/nonnenmacher-fristlos-entlassen

    http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/arcandor-chef-eick-nicht-gierig-aber-auch-nicht-bloed_aid_431682.html

    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/bayernlb232.html

    Fakt ist, unsere Unternehmenskulturen stammen aus den 50`ern und werden vermehrt von Frauen und Männern abgelehnt :

    „Die Gegner sagen, die Frauen wollen gar nicht so hart arbeiten….Das wollen viele Frauen tatsächlich nicht. Aber das wollen auch viele Männer nicht mehr. Auch Väter wollen ihre Kinder sehen. Die Quote ist die große Chance für eine Veränderung der deutschen Unternehmenskultur, die noch immer aus den fünfziger Jahren stammt.“ (ebd., S. 63)

    Es bedarf einer dringenden Modernisierung und um das Standardargument der Kanzlerin zu bemühen, „um Deutschland zukunftsfähig zu machen.“. Eine Quotenregelung ist ein Instrument dazu, was funktioniert. Dazu gibt es genug Referenzen.

  11. @THX1138 :

    „…ist längst ein globales Datenflussnetz geworden. Trotzdem bewegen wir uns immer noch in denselben sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen,..“

    Die Hauptgründe für Massenentlassungen waren bereits 1998 nicht die Globalisierung, sondern Veränderungen der internen Abläufe und Umstrukturierungen.

    Darüberhinaus haben sich die betriebswirtschaftlichen Aspekte international weiterentwickelt – nur viele Unternehmen nicht.

    Das klassische Marketing aus den 60`ern mit den 4 P`s wurde erweitert um 3 weitere P`s. Darünter fällt das P für Personal, gerne auch Human Ressources genannt.

    http://www.unternehmer.de/auf-einen-blick-die-%E2%80%9E7p%E2%80%9C-des-marketing-mix-1781

    5. Personnel (Personalpolitik)
    Was sind die Kapazitäts- und Qualifizierungsbedürfnisse des Personals (Quantität, Qualität, Schulungsbedürfnisse, Incentiveprogramme usw.)?

    Zitiert werden sie gerne, lediglich mit der Umsetzung tut man sich manchmal etwas schwer. Da verweilt es dann auch schonmal bei Alibiveranstaltungen, während konservative Entscheidungsprozesse weitergepflegt werden.

    Die TAZ ist z.B. sehr progressiv und hat fortschrittliche Strukturen entsstehen lassen. Die Gehälter sind zwar nicht überschäumende, jedoch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden andere Vorteile geboten wie z.B. flexible Arbeitszeiten, großzügige Elternzeiten. „Viele Väter hätten ein ganzes Jahr genommen und nicht nur diese albernen 2 Monate, die Väter oft nur für ihre Hobbys nutzen.“ (Zitat Bascha Mika).

  12. Aktuell habe ich gestern das noch gelesen :

    http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1777240/Bruederle-fordert-Pakt-fuer-Frauen.html

    „Brüderle fordert „Pakt für Frauen“

    Und gleich die passenden Kommentare dazu :

    „Die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Elke Ferner, nannte Brüderle einen „selbst ernannten Frauenversteher“, der genau wisse, dass freiwillige Vereinbarungen längst gescheitert seien. Wer die Wirtschaft wie bisher „beim Nichtstun und beim Diskriminieren“ gewähren lasse, verspiele die wirtschaftliche Zukunft des Landes.“

  13. @Thomas: Hm, ich stamme marketingmässig noch aus der Zeit von AIDA… darf fast nicht mehr wahr sein.

    Item: Das mit den betriebswirtschaftlichen Veränderungen in den Neunzigern ist nur bedingt richtig: Schlussendlich fielen ein Jahrzehnt zuvor massgebliche Beschränkungen im Bereich der Finanzmärkte weg, womit sich auch die betriebswirtschaftliche Wertschöpfung weg vom Faktor Arbeit hin zum Faktor Kapital verlagert hat. Zudem hat sich im Zuge der De-Industrialisierung auch die Unternehmenslandschaft verändert- inbesondere und vor allem auch die bis dahin intakten, engen Beziehungen zwischen Industrie und Banken wurden mit den Liberalisierungen im Bereich der Finanzmärkte zunehmend obsolet und haben- vor allem bei den Finanzdienstleistern- zu z. T. gänzlich neuen Geschäftsmodellen geführt.

  14. Nadine, eine wichtige Passage in dem von xy verlinkten Interview scheint mir das hier zu sein:

    „Geht es nämlich nicht nur – wie in der Vergangenheit – um Frauenquoten im öffentlichen Dienst, sondern auch die Privatwirtschaft, stellt sich die Frage, ob solche Regelungen mit Artikel 12 des Grundgesetzes vereinbar sind. Immerhin greifen sie tief in die unternehmerische Freiheit ein.“

    Wo geht der von dir zitierte Text auf die letztgenannte Problematik ein? Ich konnte nur Bezüge zum öffentlichen Dienst(recht) finden.

  15. Hallo zusammen,

    ich bin ein „böser“ Mann und arbeite gerne mit Frauen und unter weiblichen Chefinnen. Ich bin aber dennoch gegen jede Art von Quoten und das aus einigen wenigen banalen Gründen:

    1. Eine Quote ist immer eine Diskriminierung. Angenommen Sie liebe Leserin und ich, wir Gründen eine Firma im Bereich Bildungswesen. Dank einer tollen Idee von Ihnen wird die Firma sogar richtig erfolgreich. Die hälfte aller Bundesländer ersetzt das staatliche Bildungswesen durch von uns eingekaufte Angebote. Irgenwann möchten Sie nach dem Sie fast jede Minute Ihrer Zeit in die Firma geseteckt haben ein wenig kürzer trehten. Sie wechseln in den Vorstand. Da es im Bildungswesen angeblich zu wenig Männer gibt, führt die Bundesregierung eine Männerquote ein. Leider haben wir nun in unserer Firma im Vorstand zu wenige Männer, wir können Sie daher nicht in den Vorstand wählen und müssen leider einen schlechter qualifizierten Mann berufen. Dieses fiktive Senario beschreibt wie ungerecht eine Quote ist, egal für was und aus welchem Grund sie ausgesprochen wird.

    2. Eine gesetzliche Quote verstößt gegen nationale und europäische Antidiskriminierungsgesetze.

    3. Warum muss überall gleich viele Frauen wie Männer arbeiten? Mir würde das sehr gefallen, aber warum muss es so sein? Es ist doch völlig in Ordnung, wenn ein Unternehmen von sich aus sagt, wir möchten gleich viele Männer wie Frauen in allen unseren Geschäftsfelder haben. Es ist doch auch genauso ok, wenn ein Unternehmen sagt, wir möchten in unserem Betrieb keine Frauen oder keine Männer. Von meiner Seite aus, ist das zwar eine kranke Einstellung, aber wenn ein Unternehmen das eben so machen will, warum muss man das verbieten? In der Emma-Redaktion arbeitet meines Wissens kein einziger Mann, weil dort z.B. ausschließlich Frauen eingestellt werden. Finde ich nicht sehr schlau, weil eine leicht andere Sicht auf die Dinge würde dort sicherlich hin und wieder mal nicht schaden, aber wenn sie so lieber arbeiten, ok.

    4. Ein Gesetz das es einmal gibt, das wird in der Regel auch nicht mehr abgeschafft, auch wenn es nicht mehr gebraucht wird. Die Sektsteuer bezahlen wir alle z.B. immer noch, obwohl wir keine Marine mehr brauchen um mit England um die Seeüberlegenheit zu kämüfen. Ein Gesetz zu einer Frauenquote sollte daher eine Klausel enthalten, wann man ein solches Gesetz nicht mehr brauch. So könnte man sagen, wenn 60% aller Vorstände Frauen sind über 5 Jahre, dann brauch man das Gesetz nicht mehr. Eine solche Gesetzesvorlage hätte deutlich besser Chancen, da bin ich mir sicher.

    Am besten wäre es aber, wenn wir kein Gesetz brauchen. Ich sitze zwar in keinem Vorstand, aber das dort angeblich soviele böse Männer sitzen würden, die nur ihr Kumpels vom gemeinsamen Bierabend als neue Vorstände berufen, das fällt mir wirklich schwer zu glauben.

    In der „Zeit“ ist zur Abwechslung mal ein lesenswerter Artikel erschienen, den ich nur empfehlen kann: http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-02/frauen-top-jobs-wirtschaft

    PS: in Norwegen gibt es eine Frauenquote, dort haben aber die hälfte der Firmen ihre Rechtsform geändert und entgehen so der Quote. 1/3 der Firmen gibt offen für die Änderung ihrer Rechtsform als Grund die eingeführte Frauenquote ein. Ich würde daher behaupten, dass in Norwegen die Frauenquote gescheitert ist.

  16. @THX1138 :

    „..zu z. T. gänzlich neuen Geschäftsmodellen geführt.“

    Ich kenne z.B. noch die Zeiten, wo beim Aktienkauf die Börsenumsatzssteuer normal war und Aktienkurse Unternehmenswerte statt Stimmungsschwankungen selbsternannter Börsengurus waren.

    Und ich kenne auch ein Beispiel eiens Geschäftsmodelles :

    Ich habe vor Jahren mal von einen Konzern gehört, der wurde von einem Investor aufgekauft, Unternehmensberater durchgejagt, ein Großteil der Beschäftigten entlassen, der Konzern in 3 strategische Geschäftseinheiten aufgebröckelt und insgesamt zum 3 fachen Wert weiterverkauft. Alle möglichen Leute haben davon profitiert, nur die Kunden nicht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch nicht. M.E. also nicht unbedingt ein zukunftsfähiges „Erfolgs“modell.

  17. Aktuell gibt est weitere männliche Loyalitäten zur Frauenquote, und zwar vom BA-Chef Alt :

    http://www.n-tv.de/politik/BA-Chef-fordert-die-Quote-article2539841.html

    „Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, hat sich für eine Frauenquote für Führungsgremien von Unternehmen ausgesprochen. Alt sagte der „Frankfurter Rundschau“: „Ich glaube nicht, dass es langfristig ohne Quote zu schaffen ist, den Frauenanteil in Unternehmensführungen signifikant zu erhöhen.“

    Welches Weiblichkeitsbild wohl dahinter zu vermuten ist ?

    „Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann löste mit Äußerungen zur Frauenquote bei führenden FDP-Politikerinnen Irritationen aus. „Wenn Herr Ackermann mehr Farbe im Vorstand will, soll er sich Bilder an die Wand hängen“, sagte die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin dem „Handelsblatt“. „Frauen in Führungspositionen verstehen sich nicht als Dekorationsobjekt, das gilt mit Sicherheit auch für die Managerinnen in der Deutschen Bank.“ Ackermann hatte zuvor „Führungsfrauen als wünschenswert“ bezeichnet. Sie machten die Gremien „farbiger und schöner“.“

    Auch ein gutmeinender Appell darf aktuell nicht fehlen :

    http://www.nachrichten.de/wirtschaft/Frauen-im-Vorstand-Arbeitgeber-Praesident-macht-Druck-auf-Konzerne-aid_8228430671826465117.html

    „Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt schrieb in einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“: „Wenn eine Neubesetzung ansteht, weil etwa ein Vorstandsmitglied altersbedingt ausscheidet, erwarte ich von den Unternehmen, dass sie deutlich mehr Frauen als bisher an die Spitze berufen.“

    Fr. Künast zum Thema Grundgesetz :

    http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/leben/detail/-/specific/Kuenast-Geringer-Frauenanteil-in-Chefetagen-widerspricht-Grundgesetz-849830384

    „Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast hält den geringen Frauenanteil in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. “

    Und einen passenden Hinweis zum Thema Unternehmenskulturen aus den 50`ern :

    „Künast forderte zugleich ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das zum Beispiel familienfreundliche Arbeitszeiten festschreibe.“

    Statt Präsenzkultur und Unentbehrlichkeitsinszenierungen m.E. überfällig.

    Ich denke dabei auch an das Schlußwort von Fr. Dr. von der Leyen in Ihrem Interview im aktuelle Spiegel :

    „Wenn ich zum Thema ein Treffen habe und alle anfangen einzunicken, dann brauche ich nur das Wort „Frauenquote“ zu sagen, dann ist sofort Musik in der Bude.“

    Da würde ich gern mal Mäuschen spielen…

  18. @Anonym :

    „ihre Rechtsform geändert und entgehen so der Quote.“

    Ich sehe das gelassen. Dass es Boykottversuche geben wird, das ist m.E. billigend und interessiert in Kauf zu nehmen.

    http://wirtschaft.t-online.de/managerinnen-in-norwegen-frauenquote-zeigt-wirkung/id_41441476/index

    „Norwegen hat eine radikale Frauenquote eingeführt – und damit weltweit für Furore gesorgt. Mittlerweile lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Das allgemeine Gleichstellungsgesetz zeigt tatsächlich Wirkung, selbst von der UNO kommt Lob. Jetzt wollen viele Staaten dem Vorbild folgen.“

    „..ein “böser” Mann…“

    Das wird so nicht behauptet und ist auch nicht Hintergrund der Forderung.

    http://maedchenmannschaft.net/reden-wir-doch-mal-ueber-die-maennerquote/#comment-36612

    „Diese weiblichen Qualitäten sind also nicht angeboren…“

    Ich bin mittlerweile der Meinung, es gibt nicht nur eine einnormierende Zwangsmännlichkeit, sondern auch eine Zwangsweiblichkeit, die bei rosa Erziehung beginnt, über Definition über Äußeres (s. Kommentar von Hr. Ackermann) fortschreitet und bei weiblicher Zurückhaltung endet.

    „Eine Quote ist immer eine Diskriminierung.“

    Wenn die Quote die richtigen Leute diskriminiert, sehe ich diese Diskriminierung ausgesprochen positiv :

    http://www.stern.de/wirtschaft/job/stellenabbau-im-grossen-stil-bayer-streicht-4500-arbeitsplaetze-1625624.html

    „Der neue Bayer-Chef Marijn Dekkers startet mit einem Paukenschlag in sein Amt.“

    http://www.ksta.de/html/artikel/1278950774575.shtml

    „Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne), sieht die Hitzeprobleme ebenfalls in früheren Sparmaßnahmen begründet. Die Pannen seien auch auf die Vorbereitung der Bahn auf seinen Börsengang zurückzuführen. Für diesen sei „unglaublich an Kosten gespart“ worden, etwa bei der Wartung.“

    Wenn Prestigeobjekte wie z.B. das Trimmen auf Börsengang zum „Erfolgs“rezept stilisiert werden, hilft das zwar Einzelegos hochzuhieven, schadet aber Allen.

    Etwas mehr Sachorientierung in den deutschen Top-Etagen durch Vielfalt kann nur guttun. Hier wirken halt unterschiedliche Sozialisationsmuster.

  19. Wer hätte das erwartet ? Die DAX-Konzerne sperren sich !

    Und das schon 2010 :

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,683667,00.html

    „Die zweite Interpretation dürfte deutlich näher an der Wahrheit liegen als die erste. Denn obwohl seit Jahren mehr Frauen Abitur machen, in der Berufsausbildung und im Studium oft fixer sind und besser abschneiden als die männlichen Kollegen – in den meisten Unternehmen führen sie immer noch ein Außenseiter-Dasein, als hätte es die Emanzipation nie gegeben. “

    http://www.fnp.de/fnp/nachrichten/wirtschaft/daxkonzerne-gegen-frauenquote_rmn01.c.8657045.de.html

    Aktuell wurden mal wieder gute Absichtserklärungen unterschrieben :

    http://www.sueddeutsche.de/karriere/charta-zu-familienfreundlichen-arbeitszeiten-wie-immer-hat-das-maedchen-recht-1.1057318

    Die „Charta der Vielfalt“ gibt es ja schon seit einigen Jahren. Für mich mittlerweile Alibiveranstaltungen, damit guter Wille gezeigt wird und sich bloß nichts ändert, gerade die unternehmerische „Freiheit“. Business as usual ist angesagt, flankiert von etwas medialer Kosmetik.

    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitszeit130.html

    Das kommt mir vor wie ein Spruch, der vor ein paar Jahren beim Bier gerne von einem Kollegen rausgekramt wurde :

    „Wir haben nichts verkauft, aber wir sind glücklich!“

  20. Noch ein paar Hintergründe zum Thema „Machtwort“ ergo Zugeständnis :

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,743172,00.html

    „..aussprach, lehnten mehrere FDP-Minister eine gesetzliche Regelung sogar kategorisch ab. Merkels Nein zur gesetzlichen Quote darf deshalb auch als Zugeständnis an den Koalitionspartner verstanden werden.“

    Etwas deutlicher :

    http://www.ftd.de/politik/deutschland/:merkels-machtwort-vorerst-keine-feste-frauenquote/60006326.html

    „Zuvor hatte FDP-Chef Guido Westerwelle der Kanzlerin am Rande der Kabinettssitzung deutlich gemacht, dass die liberalen Minister im Kabinett «eine Zwangsquote für die freie Wirtschaft nicht akzeptieren werden», wie es aus seinem Umfeld hieß. Dies hat aber Merkels Position nach Seiberts Darstellung nicht beeinflusst.“

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,742923,00.html

    „Es klang nicht danach, als wollte sie vorschnell nachgeben.“

    Mal sehen wie es weitergeht. Ich halte die Vorgehensweise von Fr. Dr. von der Leyen, jetzt das Thema Frauenquote medial so anzustoßen, für taktisch.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑