Das Schweigen gebrochen – die Geschichte der „Trostfrauen“

Seit dem 5. Dezember finden weltweit Veranstaltungen statt, die auf die Schicksale der ehemaligen süd-koreanischen „Trostfrauen“ hinweisen. Auch in Deutschland gibt es in 14 verschiedenen Städten Filme, Podiumsdiskussionen und Demonstra­tionen. Dazu die Organisatorinnen der AG „Trostfrauen“:

Was ist der Hintergrund der Aktionswoche und der „Trostfrauen“?

Das japanische Militär verschleppte während des Asien-Pazifik-Krieges (1937-1945) über 200.000 Mädchen und Frauen aus ca. 13 Ländern aus ihrer Heimat an die Kriegsfronten und zwang sie zur Prostitution in den eigenen Militärbordellen. Man bezeichnete sie als Trostfrauen, das heißt die Frauen sollten den Soldaten „Trost spenden“. Das Ganze wurde systematisch vom Staat organisiert, um angeblich die Massenvergewaltigungen durch Soldaten vor Ort zu verhindern, die Soldaten vor Geschlechtskrankheiten zu schützen und um ihre Kampfeslust zu steigern.

Die betroffenen Frauen schwiegen fast 50 Jahre lang über ihre traumatischen Erfahrungen. Erst als die ehemalige „Trostfrau“ Kim Hak-Soon im Jahr 1991 vor die Kameras trat und ihre Geschichte öffentlich machte und andere Frauen dazu aufrief, das Gleiche zu tun, meldeten sich über 700 Frauen aus dem gesamten Asien-Pazifik-Raum und ließen ihre Geschichte als Zeitzeuginnen registrieren. Zunächst stritt die japanische Regierung alles ab und behauptete, die im Krieg verschleppten Mädchen und jungen unverheirateten Frauen seien „freiwillig“ in die Militärbordelle gegangen. Inzwischen kann diese historische Tatsache nicht mehr geleugnet werden. Dennoch behaupten manche Politiker, dass es private Agenturen waren, welche Frauen rekrutierten.

Seit 20 Jahren kämpfen die ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“ nun für eine Entschuldigung und eine Wiedergutmachung durch die japanische Regierung. Das Verhalten der japanischen Regierung führte auch dazu, dass große internationale Organisationen wie die UN-Menschenrechtskommission, Amnesty International sowie ILO sie zur Stellungnahme aufforderten. Seit 2007 verfassten verschiedene Länder u.a. auch die USA, Niederlande, das EU-Parlament usw. Resolutionen an Japan, das „Trostfrauen“-Problem zu lösen.

Gibt es einen konkreten Anlass für die Aktionswoche?

Die ehemaligen „Trostfrauen“ demonstrieren mit ihren Unterstützer/innen seit Anfang 1992 jeden Mittwoch vor der japanischen Botschaft in Seoul. Bisher ist niemand aus der japanischen Botschaft zu einem Gespräch auf die Demonstrantinnen zugekommen. Am 14. Dezember 2011 findet die Mittwochsdemonstration zum 1000. Mal statt. Daran wollen wir in Deutschland erinnern, damit das Problem der ehemaligen „Trostfrauen“ nicht in Vergessenheit gerät. Wir wollen das Thema einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland bekannt machen. Der Anlass für die Aktionswoche ist vor allem, dass sich die Haltung der japanischen Regierung immer noch nicht geändert hat. Es ist eine Chance, auf dieses ungelöste Problem noch einmal aufmerksam zu machen, bevor die alten Frauen sterben. Die beeindruckende Zahl (1000) der Mittwochsdemonstrationen zeigt, dass die alten Frauen nicht bereit sind, aufzugeben.

Euch geht es nicht nur um die Sichtbarmachung der Schicksale. Was sind Eure weiteren Forderungen?

Unsere Forderungen sind, dass sich die japanische Regierung bei den Überlebenden entschuldigt, und zwar im Namen des Parlaments. Denn es gab schon die ein oder andere Entschuldigung von Politikern persönlich. Doch jedes Mal, wenn eine neue Regierung kam, wurde die Entschuldigung zurück gezogen, indem die Tatsachen relativiert wurden.

Daher soll die Entschuldigung in Form einer Wiedergutmachung stattfinden, die gesetzlich verankert ist. Es geht den Frauen nicht um das Geld, sondern darum, dass die Taten nicht verleugnet werden können wie es zum Beispiel in manchen japanischen Schulbüchern geschieht. Dort werden die 200.000 Frauen und Mädchen gar nicht erwähnt.

Außerdem verlangen die ehemaligen „Trostfrauen“ den Bau eines Museums und die Bestrafung der Täter: der Bau eines Museums in Japan würde endlich die japanische Jugend aufklären können. Sie erfahren häufig erst im Ausland davon und stoßen auf Ablehnung, wenn sie aus Unwissenheit behaupten, das hätte es gar nicht gegeben. Schließlich würde die Bestrafung der noch lebenden Verantwortlichen als Täter ein Signal setzen. Das hätte auch eine Signalwirkung an kriegsführende Parteien wie im Kongo oder Afghanistan.

Wie ist es zur Gründung der Aktionsgruppe gekommen?

Von Deutschland aus solidarisieren sich bereits Anfang der 90er Jahre verschiedene Frauen- und Menschenrechtsorganisationen sowie die kirchlichen Organisationen. Wir – die AG „Trostfrauen“ im Korea-Verband e.V.- sind seit 2008 aktiv. Die Aktionsgruppe hat sich gegründet, als Aktivist/innen in Deutschland vom Bundestag eine Resolution forderten wie sie z.B. die USA oder Niederlande vorgelegt haben. Doch es wurde von Seiten des Bundestages deutlich gemacht, dass solange nichts passieren würde, solange es kein öffentliches Interesse in Deutschland für die Trostfrauen-Frage gäbe. Um die deutsche Öffentlichkeit über das Thema aufzuklären, wurde die Aktionsgruppe gegründet. Natürlich sind wir auch international vernetzt.

Wie ist die Situation der ehemaligen „Trostfrauen“ in Süd-Korea heute, hat sich ihr Leben verändert?

Die meisten Betroffenen litten lange Zeit unter Scham- und Schuldgefühlen. Da sie meistens nicht heiraten konnten und so keine Kinder hatten, lebten und leben die meisten in großer Armut. Nach einer langen Zeit von immer wieder gestellten Forderungen werden sie inzwischen von der koreanischen Regierung unterstützt. Einige Frauen leben im sogenannten „Haus des Teilens“ – in einem Wohn- und Museumsprojekt.

Natürlich erzählen die Frauen, dass sie heute noch Alpträume haben und traurig sind. Doch seit sie das Schweigen durchbrechen und offen darüber sprechen, ist die Bewusstseinsveränderung eingetreten, dass nicht sie, sondern die Täter sich schuldig fühlen und sich schämen sollten. Sie bezeichnen sich selbst als Politaktivistinnen und fühlen sich inzwischen stark.

In den meisten anderen Ländern gibt es keine nennenswerte NGOs und keine direkte staatliche Unterstützung für die Betroffenen. Entsprechend befinden sich die Frauen noch in Dunkelziffern und leben in großer Armut. Viele sind auch aufgrund ihrer Armut nicht alt geworden oder sind häufig krank. Häufig leiden die Frauen heute noch unter Folgen von Misshandlungen, Folter oder operativen Eingriffen z.B. an der Gebärmutter.

Welche Veranstaltungen erwarten uns jetzt?

In 14 deutschen Städten werden Dokumentarfilme über die „Trostfrauen“ gezeigt oder es finden Demonstrationen o.ä statt. Auf unserer Seite sind die Städte und Aktionen aufgelistet: http://trostfrauen.koreaverband.de/termine

Die Woche begahh, abgesehen von einem Film, der Montag gezeigt wurde, gestern (7. Dezember zum 999. Demo!) in Hamburg mit einer Kundgebung vor dem japanischem Generalkonsulat und endet (14. Dezember) mit einer Demonstration in Köln und in Berlin vor der japanischen Botschaft, die zum Brandenburger Tor führen wird.

Nach der Kampagne zur 1000. Mittwochdemonstration in Seoul am 14. Dezember planen wir für das Jahr 2012 noch den Besuch einer Zeitzeugin aus Korea oder aus einem anderen der betroffenen Länder.

4 Kommentare zu „Das Schweigen gebrochen – die Geschichte der „Trostfrauen“

  1. Hallo, ich wollte das gerade auf Facebook teilen, aber beim Klick auf den FB-Button kommt immer „The page you requested was not found.“? Nur zur Info!

  2. Aufgrund der dauernden Ausfälle sind wir am Rumbasteln an der Seite und ersetzen im Moment leider irgendwie ein Problem durch ein neues…

  3. das hat natürlich keine hohe priorität, aber ich fänds toll, wenn man beim artikelverlinken von eurem blog als bildchen dabei immer euer logo oder sowas hätte. aktuell hat man ja irgendwie immer nur die grafiken aus der rechten seitenleiste, awards und ‚anzeigen‘, zur auswahl. wär von der signalwirkung ein bisschen besser.

Kommentare sind geschlossen.

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