Das Politische ist privat

Betrachte ich die Frauenbewegung als Ganzes, fällt mir in Bezug auf unsere heutige Zeit eines besonders auf: Zum ersten Mal trifft eine Frauenbewegung auf eine andere Generation. Als die Zweite bzw. Neue Frauenbewegung begann, waren die Frauen der Ersten sicherlich zu 99 Prozent tot und auch vergessen. Mühsam wurden sie wieder ausgegraben, eben weil die Frauen der Zweiten nach Vorbildern suchten.

Jetzt erleben wir eine Situation, in der die Frauen der Zweiten Frauenbewegung häufig versuchen, sich gegenüber der 3. Welle des Feminismus zu verteidigen. Sicherlich, weil einerseits die Vertreterinnen der 3. Welle die Abgrenzung zu den „Alten“ suchen, aber auch weil es einfach kein how-to für die Frauen gibt, die sich als Fortsetzung der Zweiten Frauenbewegung begreifen.

Als ich die Kritik an „Wir Alphamädchen“ und an „Neue deutsche Mädchen“ in der Emma las, war ich durchaus erstaunt. Einerseits weil ich die Kritik im Kontext der jeweiligen Bücher nicht nachvollziehen konnte, andererseits weil ich bei feministischen Frauen der 2. Welle meistens einem großen Interesse am „Nachwuchs“ begegne.

Ich sehe in der 3. Welle des Feminismus viel Stärke und auf dem „To-do Zettel“ des Feminismus noch so viel zu tun, dass meines Erachtens ein Erstarken der Frauenbewegung Not tut. Bleibt die Frage, in welcher Form?

Ältere Feministinnen fragen mich häufig, warum die jungen Frauen nicht einfach die Zweite bzw. Neue Frauenbewegung nicht einfach fortsetzen. Tatsächlich halte ich die 3. Welle des Feminismus für eigenständig, da sie einen anderen Handlungsstrang verfolgt. Während die Zweite Frauenbewegung sich daran orientierte, das als privat erlebte in die Politik zu tragen – „Das Private ist politisch“ – beobachte ich in den Publikationen der 3. Welle einen diametral entgegen gesetzten Schwerpunkt: Selbstverständlich gäbe es auf der politischen Ebene viel zu tun, jedoch ist das häufigste Thema, das politisch erwirkte auch privat durchzusetzen. „Neue deutsche Mädchen“ zeigen dies sehr deutlich: Während die politischen Bedingungen geschaffen wurde, keine Grenzen qua Geschlechts im Beruf zu erleben, stellen sie fest, trotzdem an eine gläserne Decke zu stoßen. Die Menschen stellen das größte Problem dar, nicht die Politik.

Dementsprechend wäre der Slogan der 3. Welle: „Das Politische ist privat“.

Mit einem genau ins Gegenteil gekehrten Schwerpunkt ist aber eine Fortsetzung der Zweiten Frauenbewegung nicht möglich, es braucht eine Dritte.

Auch wenn das für mich klar ist, spreche ich trotzdem von der 3. Welle des Feminismus, nicht von einer Bewegung – noch fehlt der dafür meines Erachtens notwendige Druck. Bisher fehlt mir noch eine Antwort auf die Frage, wie wir diesen Druck aufbauen können. Die traditionellen „Druckmacher“, zum Beispiel Besetzungen, Demos usw., sind unter dem Anspruch, das Politische ins Privatleben zu tragen, schwer denkbar – wenn auch nicht unmöglich.

56 Kommentare zu „Das Politische ist privat

  1. Klasse Analyse (wobei man aber die EMMA nicht repräsentativ für die 2. Frauenbewegung sehen darf. das war sie schon damals nicht). Die Fragen, die du am Ende stellst, finde ich sind genau die entscheidenden. Es ist vielleicht sogar noch etwas krasser: In der zweiten Frauenbewegung war es möglich, dass Frauen sich entrüsteten über Ungerechtigkeiten, weil sie offen zutage lagen. Zu erkennen, dass man „Opfer“ war, hatte etwas Befreiendes. Frauen wurde damals explizit gesagt, sie sollen Hausfrauen sein, also konnten sie sich mit gutem Recht dagegen entrüsten. Heute sagt es niemand mehr so, aber trotzdem sind viele Frauen einem impliziten Druck ausgesetzt (durch die Notwendigkeiten, alte Verhaltensweisen ihrer Männer oder Arbeitgeber usw.). Aber irgendwie sieht es dann aufgrund der formalen Gleichheit so aus, als wären sie selbst daran Schuld an ihrem persönlichen Dilemma – weil sie z.B. ihren Mann nicht gut genug erzogen haben oder so.
    Mir fallen zu deinen Fragen zwei mögliche Ansatzpunkte ein:
    1. Es kommt darauf an, die persönliche Verhandlungsstärke von Frauen zu erhöhen, damit sie dort in Konflikte gehen können, wo sie privat/persönlich werden und ihnen kein Gesetz helfen kann: Stichworte Selbstsicherheit, Rückhalt in konkreten Beziehungen usw.
    2. Vielleicht könnten die Frauen der „mittleren Generation“ (also die heute um die 40-Jährigen) Vermittlerinnen sein. Zu der Generation gehöre ich. Wir haben die zweite Frauenbewegung auch schon vorgefunden und vieles an ihr kritisiert, vor allem den Dogmatismus (der erste Schwung Third-Wave-Feminism in USA kam aus unserer Generation). Andererseits haben wir aber durchaus noch Erinnerungen an die Zeit „vor der Emanzipation“ und verstehen daher vielleicht etwas besser die Sorgen und Befürchtungen der „alten“ Feministinnen als jüngere Frauen, die schon ganz im Paradigma der „Gleichberechtigung“ aufgewachsen sind.

  2. Inwiefern ist die 3.Frauenbewegung wirklich eine „Frauenbewegung“ bzw. inwiefern ist sie Femministisch. Ich glaube die Bücher die du genannt hast sind vielleicht Popliteratur bzw. Popfeminismus aber kein wirklich wissenschaftlicher Feminismus. Also ich persönlich sehe einen Widerspruch zwischen Kapitalismus und Gleichstellung. Den habe ich in den beiden, von dir genannten Büchern nicht gesehen!

  3. @ Felix: Muss denn Feminismus wissenschaftlich sein? Für mich ja überhaupt nicht. Die wissenschaftliche Seite ist eine (wichtige) Seite des Feminismus, aber für mich persönlich ist zum Beispiel die alltägliche Seite sehr viel wichtiger – die Medien, der Umgang miteinander, der Job und das alles.

    Genauso geht es mir bei der Kapitalismuskritik: Ich denke, man kann kapitalismuskritisch und feministisch sein und genauso Kapitalistin und Feministin. Wobei da vielleicht auch allerlei Begriffsklärungen nötig sind. Wenn man Kapitalismus als Ausbeutung der Menschen definiert, ist er nicht nur unfeministisch, sondern vor allem unhumanistisch. Für mich ist aber die Ausbeutung von Menschen kein hinreichendes Kriterium von Kapitalismus, auch wenn ich ebenfalls viele seiner Auswüchse stark kritisiere. Aber das hat nur in einzelnen Themen dann was mit meinem Feminismus zu tun, nicht generell.

  4. Hallo Antje und Mitlesenden,

    erstmal: Natürlich ist die Emma nicht repräsentativ, dennoch ist die Emma durch eine große Verbreitung & Autorität prägend für Sichtweisen.

    Dein erster Ansatzpunkt geht für mich damit einher, die durch die 2. Frauenbewegung geschaffene Infrastruktur zu stärken und zu schützen. Wer sollte diese „Aufbauarbeit“ leisten, wenn nicht die Frauenzentren, -beratungsstellen usw.

    Damit ist dein zweiter Ansatzpunkt die Grundsteinlegung für den Ersten, denn die Fraueninfrastruktur braucht die Vermittlerinnen zwischen den Generationen bzw. Wellen um ein bedarfsgerechtes Angebot zu schaffen. (Natürlich werden auch die Vertreterinnen der 3. Welle dafür und für vieles mehr gebraucht.)

    Übrigens halte ich die Nutzung, Erhaltung und Stärkung der Infrastruktur von Frauen auch für eine wichtige und notwendige Stütze für eine kommende Bewegung.

    So viel erstmal
    Steffi

  5. Ich muss gestehen, ich verstehe nicht so ganz , was Du mit damit meinst „Das Politische privat umsetzen“? Dass Frauen an die viel zitierte gläserne Decke stoßen hat für mich nichts mit Menschen oder Privatem zu tun , sondern liegt m. E. an den gesellschaftlichen und politischen Strukturen, die es Frauen nicht ermöglicht, gleichzeitig Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen.
    Besonders angetan bin ich von diesem „Alpha-Mädchen“ Feminismus ohnehin nicht, auch wenn ich eigentlich zu dieser Generation gehöre. Für mich hat das Thema „das Private ist politisch“ nichts an Brisanz verloren. Besonders anschaulich beim Thema Migration und dem „Import“ von tradierten, patriarchalischen Geschlechterrollen, die zunehmend Probleme aufwerfen. Zum Beispiel dann, wenn arabische Mädchen nicht zum Schwimmunterricht dürfen. Hier kommt man nicht umhin, das Private zum politischen Thema zu erheben und wo sich die Politik entschließen muss, gesamtgesellschaftlichen Normen zu entwerfen.

  6. Hallo zusammen,

    ich muss mich an eine Kommentardiskussion ein bisschen gewöhnen – kaum habe ich einen Beitrag geschrieben, sind gleich 3 neue da. Ich werde üben!

    Lieber Felix,

    ich persönlich glaube nicht an eine Definitionshoheit über Feminismus, welcher Strömung bzw. Gruppe sollten wir diese auch geben? Demensprechend gibt es verschiedene Wege feministische Ziele zu erreichen. Einige Ziele habe alle Strömungen gemein, andere sind unterschiedlich. Dennoch gibt es Teilstrecken die wir zusammen begehen können und sollten.
    Ich gebe Dir insofern Recht, als dass wir den Kapitalismus auch aus feministischer Perspektive im Auge behalten sollte. Wenn also nicht gerade die bewaffnete Revolution geplant ist, gibt es Schritte die FeministInnen und AntikapitalistInnen gemeinsam gehen können, siehe z.B. Grundeinkommen, Vier-in-Eins-Konzept (Frigga Haug) und vieles mehr.

    Liebe Juli_K, lieber Felix,

    ich glaube in einer Bewegung muss Raum für die AlltagskämpferInnen, die WissenschaftlerInnen und vielen anderen Schwerpunktgruppen sein. Ohne Alltagskampf kommt die Wissenschaft nicht an die Basis und ohne Wissenschaft wird der Alltagskampf ungemein schwieriger.

    Liebe Mel Trommer,
    ich eile gleich zu dem Artikel, wenn ich mich von den Kommentaren gelöst habe.

    Liebe Petra,
    ich gebe Dir Recht, selbstverständlich muss viel vermeintlich privates in die Politik getragen werden. Aber gerade dann, wenn Du von gesellschaftlichen Strukturen sprichst, sind die Menschen selbst gefragt. Politisch wird viel alltägliches Handeln diskutiert und auch Strukturen geschaffen, jedoch müssen auch die Menschen danach handeln. Wenn Du z.B. auf der Straße nicht automatisch ausweichst, trägst Du das Politische ins Privatleben. Das genau meine ich mit „Das Politische ist Privat“.
    Für die Alphamädchen gilt für mich ähnliches, wie ich es zu Juli_K und Felix geschrieben habe: „Wir Alphamädchen“ ist kein Wissenschaftliches Buch, sondern versucht meines Erachtens Feminismus in den Alltag zu tragen. Wir brauchen die Alltgaskämpferinnen.

  7. Hallo,

    toller Artikel, gefällt mir sehr gut, trifft genau den Kern. Mit dem sogenannten „Popfeminismus“ kann ich in den seltensten Fällen was anfangen, weil es meiner Meinung nach einfach keine funktionierende Popkultur mehr gibt. Trotzdem gelungene Analyse!

    Viele Grüße,
    Morjanne.

  8. @ Morjanne: Ich habe eine Nachfrage zu deinem Kommentar. Meintest du, dass du mit dem Begriff „Popfeminismus“ nichts anfangen kannst oder mit Popfeminismus selbst (z.B. Missy Magazine)?

  9. Liebe Stephanie,
    Dein Beitrag hat mir sehr gut gefallen. Mehr davon :-).

    Wie ich finde eine gute Analyse.

    Petra hat natürlich recht, dass das Kinder und Karriere Dilemma durchaus auch ein politisches Problem ist.
    Aber in erster Linie sind es in der Zwischenzeit wirklich die Menschen, die sich nicht emanzipieren wollen.

    Stichwort Erziehungsurlaub. Der Mann kann den schon ewig nehmen, tut es aber nicht.
    Seit er 2 Monate nehmen „muss“ um die komplette Förderung vom Staat zu erhalten, tut er es.

    Ansonsten bin ich als 40jährige gerne eine Vermittlerin, wie von Antje beschrieben ;-).

  10. @ Sybille
    Weil es für den Mann vielleicht keine Emanzipation bedeutet, wenn er Erziehungsurlaub nimmt ? Weil die Nachteile ( für die jeweilige Familie) überwiegen ? Vielleicht liegt der Fehler in der Denkweise das sich andere ändern müssen, wenn man sich selbst emanzipieren will ? Nur ist das keine Emanzipation.

    Also wieso sollen sich Menschen emanzipieren müssen, wenn sie es nicht wollen, wenn es für sie keine Verbesserung bedeutet ?
    Wenn das die Partnerin will, sollte sie das auch so kommunizieren, und gemeinschaftlich lösen. Wer Erziehungsurlaub nimmt, ist immer eine Entscheidung beider. So oder so.

  11. ich schließe mich an, schöner beitrag von stephanie.

    vor allem die problematik politisch-privat und die eigenständigkeit der 3. welle halte ich für gut ausgedrückt.
    die politischen voraussetzungen sind zum großteil da, jetzt liegt es daran, sie für die gesellschaft auch wirklich umzusetzen. allerdings sind diese versuche des umsetzens, da meist privat, weit weniger auffällig als die politischen veränderungen, die bisher schon stattgefunden haben und noch angestrebt werden. die erfolge oder das scheitern von einzelnen, werden eben doch nicht genug wahrgenommen.
    eine „bewegung“ haben wir also noch nicht, da gebe ich stephanie ebenfalls recht. ich denke, dass das viel mit der wahrnehmung von außen zusammenhängt, und eine bewegung erst dann zu einer solchen wird, wenn sie von der breiten masse als solche auch erkannt wird.
    also: versuchen, die breite masse aufmerksam zu machen, anzusprechen, zum nachdenken zu bringen und den feminismus ins gesellschaftliche bewusstsein tragen? gut, da kann jede_r im privaten umfeld selbst was dafür tun, aber als gruppe bzw bewegung wird das etwas komplizierter. wie könnte das denn aussehen?

  12. „Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen“ Machiavelli

    »das private ist politisch« bedeutet demnach, im privaten werden die grundlagen für macht(erhalt) gelegt. z.b. werden patriarchale strukturen im privaten angelegt und in politische strukturen übernommen.

    »das politische ist privat« bedeutet, nun ist das „an die macht gelangen“ jedem selbst überlassen. und damit hat die autorin den popfeminismus (vielleicht unbeabsichtigt) sehr treffend charakterisiert. es gibt da keine bewegung mehr, sondern die emanzipation ist nun reine privatsache.

  13. susimaus schrieb:
    „»das politische ist privat« bedeutet, nun ist das “an die macht gelangen” jedem selbst überlassen. und damit hat die autorin den popfeminismus (vielleicht unbeabsichtigt) sehr treffend charakterisiert. es gibt da keine bewegung mehr, sondern die emanzipation ist nun reine privatsache.“

    Und genau das ist imho die Erklärung des von Stephanie festgestellten fehlenden Drucks.

    Ansonsten kann ich mich Petra nur anschließen:
    „Besonders angetan bin ich von diesem “Alpha-Mädchen” Feminismus ohnehin nicht, auch wenn ich eigentlich zu dieser Generation gehöre*. Für mich hat das Thema “das Private ist politisch” nichts an Brisanz verloren. Besonders anschaulich beim Thema Migration und dem “Import” von tradierten, patriarchalischen Geschlechterrollen, die zunehmend Probleme aufwerfen. Zum Beispiel dann, wenn arabische Mädchen nicht zum Schwimmunterricht dürfen. Hier kommt man nicht umhin, das Private zum politischen Thema zu erheben und wo sich die Politik entschließen muss, gesamtgesellschaftlichen Normen zu entwerfen.“

    *Dazu muß ich aber noch sagen, daß ich trotzdem gern im Blog hier lese, weil doch sehr viele Artikel das Grundthema „Das Private ist politisch“ tangieren.

  14. Hallo Morjanne,
    was meinst du, mit es gibt keine funktionierende Popkultur mehr?
    das verstehe ich nicht. Meiner Ansicht nach funkioniert das System Popkultur sehr gut.
    Meinst du mit Popkultur vielleicht Sub- oder Gegenkultur?
    lg
    Stefanie

  15. Liebe Jooles,

    genau das ist die Frage, an der ich noch nicht so Recht weiter weiß. Ich glaube, ich denke da zu altmodisch.

    Lieber TomTom33,
    lies doch mal Platons „Der Staat“.

    Liebe Claudia,
    das dauert eine Weile, bis ich das gelesen habe.

    Liebe Mel Trommer,
    sicherlich ein guter Text, auch um „Popfeminismus“ weiter zu entwickelen.

    Liebe susimaus,
    Selbst wenn ich die Definition von Machiavelli anerkenne, glaube ich, dass Du einen Denkfehler begehst. Wäre es nicht passender „z.b. werden patriarchale strukturen im privaten angelegt und in politische strukturen übernommen. “ umzudrehen in die Frage: Wie werden politische Strukturen im Privaten angelegt? und genau das unter „Das Politische ist privat“ zu verstehen?!

    Ich persönlich glaube, dass wir nicht mir Machiavellis engen Politikbegriff arbeiten müssen. „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ >>Wittgenstein<< Danach ist Politik sicherlich viel mehr und auch und vor allem, was wir als politisch begreifen.

    Demensprechend: Ich möchte "Das Politische ist privat" nicht verstanden wissen, als Rückwurf auf einen Selbst, sondern vielmehr auf eine Selbst und die Menschen der Gesellschaft. Es geht darum, das politische ins Privatleben der Menschen zu tragen. Damit ist eine zwar selbst inkludiert, jedoch nur ein verschwindend geringer Teil der Masse.

    Liebe Mondfee,
    wenn ich Dich richtig verstehe, geht es Dir darum zu zeigen, dass der fehlende Druck daran liegt, das das Machtstreben laut mir angeblich (s. dazu bitte was ich zu susimaus geschrieben habe) Sache der Einzelnen ist. Falls ich das richtig verstanden habe: Vielmehr geht es darum nicht Macht über die Menge zu haben, sondern Einflussmacht auf die Einzelnen – und zwar alle Einzelnen. Dafür braucht es Druck. Wie wir diesen aufbauen können, ist meine Abschlussfrage des Blogeintrags.

  16. Mondfee: *Dazu muß ich aber noch sagen, daß ich trotzdem gern im Blog hier lese, weil doch sehr viele Artikel das Grundthema “Das Private ist politisch” tangieren.

    Eben. Ich muss gestehen, das ich die Abgrenzung in dem Artikel zwischen zweiter und dritter Welle zwar tendenziell teile, aber: einen Blog, ein Magazin machen, ein Buch zu veröffentlichen, sind doch öffentliche Akt keine privaten.
    Und tatsächlich verlaufen die Grenzen fließend.
    Da gibt es eben Befindlichkeitsbeiträge wie „Neue deutsche Mädchen“ (das ich im übrigens überhaupt gar nicht als feministisch wahrgenommen habe) und dem Versuch einer Aktualisierung feministischer Forderungen, wie es in „Alphamädchen“ geschah.
    Außerdem möchte ich anmerken, das auch die sogenannte zweite Welle, dem Vorwurf ausgesetzt war, sich nur mit der eigenen Nabelschau zu beschäftigen (Die Hausfrau, gab es nur in Familien, die sich das leisten konnten, das ist also auch ein eher bürgerliches Phänomen.)
    Und was ist mit Magazinen wie der Gazelle – Das multikulturelle Frauenmagazin? http://www.gazelle-magazin.de/
    Auch das ist (in meinen Augen) Dritte Welle Feminismus!

    Außerdem denke ich, das ein Grund dafür, das es keine feministische Bewegung gibt,
    der ist, das sich alle gegenseitig sehr skeptisch beäugen, also eher die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten betonen. Und dafür sind wir noch nicht weit genug.
    Gender Mainstreaming ist z.B. zu kritisieren, aber nicht komplett abzulehnen, da es teilweise feministischen Forderungen gerecht wird. Auch die aus Deutschland immer neidisch beäugte Progressivität der skandinavischen Länder ist ein Ergebnis eines bürgerlichen Differenzfeminismus (vor dem es mir graut), also einer bürgerlichen Bewegung, die der Meinung war mehr „weibliche Mütterlichkeit und Fürsorglichkeit“ sei gut für die Gesellschaft…
    Heiligt der Zweck die Mittel?

  17. Habe gerade den Link von Mel Trommler gelesen und möchte als Missy Magazine Macherin noch folgendes anmerken lassen.

    Verstehe diese Form der Kritik nicht. Natürlich kann eine periodische Zeitschrift nicht anhand einer Ausgabe und dann noch anhand weniger Artikel akkurat analysiert werden.
    Und: Ja, der Großteil der abgebildeten Frauen ist mehr oder weniger „weiß“, um die 30 und irgendwie normal gewichtig, das entspricht nunmal dem Durchschnitt hier.
    Sie sind aber nicht 16 und untergewichtig, wie sonst überall.
    Und das wir irgendwelche Frauen „weiß“ machen würden ist so ein Witz, das sind die Pressebilder der Künstlerinnen! Mosh Mosh sind ne tolle Band, fernab des Mainstream und wir wählen die doch nicht aus, weil die Pressebilder weiß sind.
    Und außerdem:
    Ich kenne keine einzige Kiosk-Publikation im deutschsprachigen Raum, die soviele
    alte, dicke, schwarze, lesbische Frauen abbildet und zwar nicht als Exotinnen!
    Frauofrau. das meine ich mit auch mit „sehr skeptisch beäugen“ übrigens.

  18. „Wäre es nicht passender “z.b. werden patriarchale strukturen im privaten angelegt und in politische strukturen übernommen. ” umzudrehen in die Frage: Wie werden politische Strukturen im Privaten angelegt?“

    wenn man meine aussage umdreht, wie du es vorschlägst, kommt etwas anderes als deine frage nach dem wie heraus. wie politische strukturen im privaten angelegt werden, ist ziemlich einfach und hinlänglich besprochen.

    ob wir den macchiavelli als referenz für „politisch“ hernehmen wollen, ist im grunde egal. die grobe bedeutung von „politisch“ sollte jedem klar sein.

    „Demensprechend: Ich möchte „Das Politische ist privat“ nicht verstanden wissen, als Rückwurf auf einen Selbst, sondern vielmehr auf eine Selbst und die Menschen der Gesellschaft.“

    es handelt sich immer irgendwie um einen selbst und die gesellschaft, deren teil wie auch produkt wir ja sind. das bringt nicht weiter.

  19. Also die Frage “Wie wird aus der 3. Welle des Feminismus eine Bewegung?” ist sehr interessant, ich frage mich auch, wie aus dem Feminismus eine breite Bewegung werden kann. Das Argument durch feministische Kämpfe sei doch schon so viel erreicht werden, teile ich nicht wirklich. Sicher hat sich einiges geändert, aber das gleicht doch eher repressiver Toleranz.
    Was ich auch wichtig fände, wie schafft es der Feminismus mit dem ganzen Geschlechterbinaritäts-thema umzugehen, denn ein Feminismus darf sich nie auf die Konstrukte „Mann“/“Frau“ beschränken.

    @ Stefanie von Missy:
    „Und: Ja, der Großteil der abgebildeten Frauen ist mehr oder weniger “weiß”, um die 30 und irgendwie normal gewichtig, das entspricht nunmal dem Durchschnitt hier.“
    Das stimmt doch nicht. Es gibt in Deutschland keinen weißen „Durchschnitt“..das wäre ja noch schöner..
    Eins ist jedenfalls sicher Feminismus als Popkultur zu verkaufen und dann noch ein wenig Beth Ditto feiern bringt keine Inhalte in die Köpfe und schafft kein kritisches Bewußtsein bei den Leuten..denn die Mehrheit der Frauen ist doch fast anti-feministisch eingestellt (zumindest erlebte ich das immer wieder)..was soll man dagegen tun?

  20. @Jakob
    1. Ok, das mit dem Durchschnitt war falsch formuliert.
    Ich bin auf die Analyse der Frau Trommer eingegangen und habe mich gerade aufgeregt und deswegen etwas übereilig gepostet.
    Was ich aber meine, ist das natürlich, dass viele Bilder im Heft weiße jüngere Frauen darstellen, weil die meisten Akteurinnen im Pop-Feld in Deutschland eben weiß und jung sind. Wir achten natürlich darauf, wir versuchen das zu durchbrechen wo es geht.
    In allen Heften finden Migrantinnen, ältere Frauen, Lesben, schwarze Frauen etc. statt
    als Musikerinnen, als Mütter, als Models, als Theoretikerinnen, als Autorinnen etc. pp.

    Das interessante ist ja, das wir bspw. mit dem ersten Heft in dem es eine längere Geschichte zur Genitalbeschneidung in Burkina Faso und ein Portrait einer libanesischen Journalistin gab, ebenfalls eins auf den Deckel bekommen haben, weil wir die „interessen der Frauen in Deutschland unserer Generation“ ja nicht genug berücksichtigt hätten. Also wie man es macht, macht man es falsch.

    „Eins ist jedenfalls sicher Feminismus als Popkultur zu verkaufen und dann noch ein wenig Beth Ditto feiern bringt keine Inhalte in die Köpfe und schafft kein kritisches Bewußtsein bei den Leuten..denn die Mehrheit der Frauen ist doch fast anti-feministisch eingestellt (zumindest erlebte ich das immer wieder)..was soll man dagegen tun?“

    Wer hier will denn „Feminismus als Popkultur“ verkaufen?
    Bzw. Was soll das überhaupt heißen?

    Es ist doch so: In der populäre Kultur, also Fernsehen, Musik, Film, etc. pp. werden
    herrschende Geschlechterverhältnisse abgebildet, Genderstereotypen gefestigt etc. p.p.
    Bei Missy geht es darum dazu einen Gegenpol zu setzen,
    also nicht-heteronormative Geschlechterkonstellationen zu zeigen, Geschlechter-Stereotypen zu dekonstruieren, andere weibliche Rolemodels zu zeigen, als die tittenschwingenden damen bei Germanys Next Topmodel.
    Dabei agiert Feminismus innerhalb der Popkultur.
    Das ganze Heft ist entstanden mit der Idee durchaus Leute zu politisieren. Ganz einfach dadurch, in dem man es anders macht und dadurch die herrschenden Normen in Frage stellt, ohne gleich mit der kompletten Keule zu kommen. Das ist ein Weg unter vielen.
    Im Übringen wird Missy von den meisten LeserInnen als feministisch und politisch wahrgenommen.

    Ich glaube nicht, das das Problem ist, das es nicht genügend Feminstinnen gibt, sondern
    dass sich die, die es gibt gegenseitig das Leben schwer machen. So wird das nix mit der Bewegung.

  21. Böse Zungen könnten behaupten, die Frauen der 2.Welle haben es geschafft Gesetzesänderungen durchzusetzen, hatten dann aber nicht mehr die Kraft den feministischen Ansatz in ihrem Privatleben umzusetzen. Am Ende waren sie die „im Kopf emanzipierte“ Hausfrau oder alleine.
    Deswegen stimme ich Stephanie zu, man braucht eine dritte Welle und andere Ansätze.

  22. Hmm Stefanie,

    The Personal is Political ist schon eine problematische Sichtweise in vielerlei Hinsicht, aber the Political is Personal ist aus meiner Sicht ja schon fast quasi-autoritär – mit dem Ziel individuelle Entscheidungen einem politischen Ideal anzupassen.

    Ich bin der letzte, der behaupten würde, daß sich die Basis für Veränderungen nicht auf der Mikroebene abspielt – ich behaupte zumeist, daß (insbesondere) die weiblichen Entscheidungen hinsichtlich der Partnerwahl aus sich heraus oft kritisierte soziale Strukturen reproduzieren.

    Aber der und dem Einzelnen politische Ideale zur persönlichen Umsetzung aufzudrücken um *mehr* Freiheit in der individuellen Entfaltung zu geben, das ist dann doch ein Oxymoron.

  23. das eine tun – das andere nicht lassen. bedeutet: es gibt keinen grund, den gleichheitssatz im GG wieder zu streichen – aber viele gründe, ihn immer noch weiter ‚auszubuchstabieren‘ (wie die eigentlich noch immer frühe 2.frauenbewegung gesagt hätte). weil nämlich das private nicht privat ist sondern politisch. immer noch und überall. und: das private, so wie wir es kennen, ist eine erfindung der neuzeit! wann anders (wie auch wo anders) waren menschen anders ‚privat‘ (wie wir sagen würden) und anders ‚politisch‘. mein lieblingsbeispiel sind immer noch die frauen im alten Babylon (nachzulesen im codex Hammurapi); die hatten mehr ‚politische‘ freiheit als rechtssubjekte (als verheiratete wie als unverheiratete) als die engländerinnen (oder die deutschinnen) des 19. jahrhunderts!
    woraus ich unter anderem auch gelernt habe, dass das heutige patriarchat noch nicht mal (mehr? vielleicht) einen begriff seiner selbst wie auch seiner geschichte hat.

  24. Jacob: „…denn die Mehrheit der Frauen ist doch fast anti-feministisch eingestellt (zumindest erlebte ich das immer wieder)..was soll man dagegen tun?“

    Hm, wenn man mal davon ausgeht, dass erstens niemand vorsätzlich entgegen seinen eigenen Wünschen und Interessen handelt und dass zweitens der Feminismus grob gesagt die gesellschaftspolitische Vertretung weiblicher Wünsche und Interessen ist – wie kann es Deiner Ansicht nach dann sein, dass Frauen mehrheitlich „fast anti-feministisch eingestellt“ sind?

    Wenn man mal davon ausgeht, dass Du der Mehrheit der Frauen kein leichtes Plem-plem-Sein unterstellen willst (das fände *ich* z.B. anti-feministisch) – wo liegt Deiner Ansicht nach denn die Ursache für Deine Beobachtung?

  25. Den Artikel von Mel Trommer könnte man auch sehr schön bei „Die Eroberung der Wissenschaften“ diskutieren, zeigt er doch sehr deutlich, dass auch (oder gerade) in den Gender Studies wissenschaftliche Methodik (manchmal) nicht besonders wichtig zu sein scheint.

    Ich habe den Artikel von Stephanie so verstanden, dass politisch alle Rahmenbedingungen geschaffen sind, damit jedeR so emanzipiert leben kann, wie er/sie will, diese Wünsche dann aber doch irgendwie an der Realität scheitern.

    @TomTom33: Wenn ich durch meine Emanzipation einen Nachteil habe, kann ich mich trotzdem noch emanzipieren wollen, mich aber durch den dadurch entstehenden Nachteil daran gehindert sehen. Ich verstehe nicht so ganz, wo da die Freiwilligkeit im Verzicht auf die Emanzipation liegen soll. Ein Mann, der sich von der Rollenerwartung als einziger Familienernährer emanzipieren will, aber die Alternative zur vollen Erwerbstätigkeit Arbeistlosigkeit bedeutet, erfährt durch die von ihm durchaus gewollte Emanzipation einen derart gravierenden Nachteil, dass er darauf verzichten muss. Das er dies gerne tut, kann ich dabei nicht erkennen. Habe ich schon mehr als einmal gehört, dass ein Mann durch den Druck seines Chefs daran gehindert wurde, mehr als 2 Monate Elternzeit zu nehmen, obwohl die rechtlichen Rahmenbedingungen längst gegeben sind. JedeR soll das so handhaben können, wie er/sie es für gut und richtig empfindet, rein rechtlich ist die Situation auch gegeben, aber im gesellschaftlichen Kontext eben nicht. Ich bin mir sicher, dass es Männer gibt, die auch gerne Teilzeit arbeiten möchten, aber es wird ihnen deutlich weniger ermöglicht als Frauen.

  26. @ Al
    Das ist eine These, klar kann ich die nicht repräsentativ belegen, aber in meinem ganzen Umfeld gibt es sehr wenige Frauen, die sich als „Feministin“ bezeichnen würden. Kann natürlich sein, dass ich da komplett falsch liege was jetzt „die Frauen“ allgemein anbelangt.
    Und es ist für mich keiner Feminist/in nur weil er den Wunsch hat gleich behandelt zu werden, den haben wohl viele. Feminismus als Bewegung ist ein aktiver Kampf und davon sehe ich nicht viel in der heutigen gesellschaft..

  27. Hallo zusammen,

    ich durchbereche jetzt ein bisschen meine Antwort-Struktur und gehe allgemein auf die Postings ein:

    Missy
    Was die Thematik „Missy“ in Bezug auf den Text von Mel Trommer angeht, sehe ich tatsächlich Handlungsbedarf. Dennoch gibt es keine „richtige“ Methode, diesen Handlungsbedarf zu unternehmen. Würde die Missy vehement versuchen, nicht so „weiß“ zu sein, würde ich ihr wiederum genau das vorwerfen. Dadurch das sie überdurchschnittlich „weiß“ ist, gibt sie natürlich weniger Vorbilder für „nicht-so-weiße“-Frauen – Der Wiedererkennungswert ist einfach nicht zu überschätzen.

    Was mich an der Missy wirklich komplett begeistert hat, ist das ich sie nicht als „hetero“ wahrnehme und auch nicht als „lesbisch“ oder „bi“. Das Gleichberechtigte Auftreten der verschiedenen Sexualitäten habe ich noch nie so gut bewerkstelligt gesehen.

    Das Politische ist Privat
    „Man kann Marx nicht skandieren“ – leider weiß ich nicht wer das gesagt hat, aber ich finde dieses Zitat gehört in jede Diskussion, die nicht sokratisch gestalltet ist.
    Für mich bedeutet das Zitat, dass in pointierten Aussagen, wie z.B. Demorufen wie „Wessen Uni? Uns’re Uni“, keine komplette Theorie ausgedrückt werden kann. Genauso wenig geht das in knapp 500 Wörtern (Länge meines Artikels) oder in 4 Wörtern, wie „Das Politische ist Privat“.

    Das in „Das Politische ist Privat“ verborgene Fast-Oxymoron war bewusst gewählt – denn genau vor diesem Wiederspruch steht die Frauenbewegung meines Erachtens. Viele – nicht alle – gesetzlichen Grundlagen sind als Vorraussetzungen geschaffen, aber die Menschheit verhält sich immer noch bescheuert. Teilweise wird das sogar schlimmer – z.B. zeigt sich meines Erachtens ein 50er Revival in meiner Generation.

    Für eine (geschlechter)-gerechte Gesellschaft ist es notwendig, dass diese sich verändert. Sowohl autoritär durch die Legislative, als auch durch Erziehung im weitesten Sinne. Auf der legislativen Ebene dürften wir uns einig sein, dass keine demokratische Abstimmung dazu führen darf, dass Frauen wieder entrechtet werden. Auf der privaten Ebene führt diese Position jedoch gerne zu Vorwürfen. Kann’s das sein?

    Ich finde, dass Aussagen wie „Wie, ich darf meine eigenen Kinder nicht schlagen?“ von der Gesellschaft genauso wenig toleriert werden dürfen wie „Natürlich bleibe ich zuhause, mein Freund/Mann verdient doch vielmehr“. Doch dafür muss auf allen Ebenen viel getan werden.

    @Thomas: Ich kenne sehr viele Frauen der 2. Frauenbewegung, die die entwickelten Theorine und Praxen bis heute leben.

    Soviel erstmal
    Steffi

  28. Stefanie,

    „Viele – nicht alle – gesetzlichen Grundlagen sind als Vorraussetzungen geschaffen, aber die Menschheit verhält sich immer noch bescheuert.“

    Wäre an der Stelle nicht eher die Frage zu stellen, ob die angenommen sinnvolle Gesetzgebung wirklich dem Interesse der Menschen entspricht oder eben doch nicht? Ich finde, das Problem an dem Ansatz ist – wie bei Marx – das vom Ende her denken. Man hat die (vermeintliche) Antwort, und sucht die Frage. Aber Geschichte und Politik funktionieren nicht wie Jeopardy, auch wenn das immer wieder versucht wird.

  29. wie wahr..wie wahr…geschichte und politik funktionieren nicht wie ….jeopardy, wahlweise schach, monopoly, domino…. weshalb es auch erlaubt ist, zu einer antwort die passende/n frage/n zu suchen. und nicht nur erlaubt, sondern manchmal nicht nur viel spannender sondern auch richtig.

    allerdings, Stefanie: die ganze menschheit würde ich nicht für bescheuert erklären. aber ziemlich viele der menschen in zentraleuropa, welche sich auf die errungenschaften der aufklärung berufen und damit doch nur den rousseau’schen naturbegriff meinen, beispielsweise. oder meinen, das Darwin-jahr verpflichte uns zu glauben, dass die gene… weshalb die geschlechterverhältnisse nun mal unabänderlich…

  30. Steffi: „Ich finde, dass Aussagen wie „Wie, ich darf meine eigenen Kinder nicht schlagen?“ von der Gesellschaft genauso wenig toleriert werden dürfen wie „Natürlich bleibe ich zuhause, mein Freund/Mann verdient doch vielmehr“

    Wie muss man sich das vorstellen, dass letztere Äußerung „von der Gesellschaft nicht toleriert“ werden sollte? Das heißt, wenn eine Frau sowas sagt, kriegt sie Dresche von anderen Frauen? OK, das passiert doch jetzt auch schon. Und die Gegendresche ist dann in der Regel auch schnell zur Stelle. Schweben Dir noch weitere Maßnahmen vor, um solche Äußerungen aus der Welt zu schaffen?

    Lustig auch, die Zuhause-bleiben-Aussage in punkto Schlimmheit auf eine Stufe mit „Wie, ich darf meine eigenen Kinder nicht schlagen?“ zu stellen. Argumentationstechnisch ist damit dasselbe Niveau erreicht wie bei Aussagen der Marke ‚Kinder von berufstätigen Müttern landen später in der Gosse‘.

  31. “Viele – nicht alle – gesetzlichen Grundlagen sind als Vorraussetzungen geschaffen, aber die Menschheit verhält sich immer noch bescheuert.”

    es ist doch zu viel, zu erwarten, dass sich jahrhunderte alte überzeugungen einfach per gesetz abschaffen lassen.

    daher ist der slogan »das politische ist privat« auch ein zahnloser tiger.

  32. @Rahab, Kanan
    Klar, das „Menschheit“ war flapsig von mir.

    @susimaus
    Ich glaube nicht, dass wir soweit von einander entfernt sind. Wie wär’s denn mit einem Kompromiss zwischen uns beiden: „Das Politische ist die Alltagswelt“ (natürlich nicht als Slogan für die Frauenbewegung, sondern als Schwerpunktdefinition.)

    @Al
    Tatsächlich sind es grundverschiedenen Aussagen, eine Zukunftsprognose abzugeben und ein Argumentationsmuster unter „Verwerflichkeit“ zu stellen.

  33. @Stephanie: war ja auch nicht so wahnsinnig schlimm. zieht nur leider so was nach sich wie die rede von den jahrhundertealten überzeugungen. und so alt sind die ja bekanntlich nicht. abgesehen davon, dass wir nicht nur über überzeugungen und andere psychische zurichtungen reden sondern auch über strukturen.

    zu deiner umkehrung: die steckte in dem kurz-spruch immer schon drin. finde ich jedenfalls. was vielleicht auch daran liegt, dass ich (auch) juristin bin und mir immer schon gedanken über die kontrafaktizität des rechts machen mußte. allerdings habe ich mich immer wieder (und tue das auch heute noch) darüber gewundert, dass viele menschen überhaupt nicht zu wissen scheinen, dass und wie sie recht selbst gestalten (können) und dies auch immer tun. und sei es durch nichts-tun.
    übrigens: wie verzwickt das mit den wechselwirkungen von privat und politisch und umgekehrt ist, das können wir an der sog. herdprämie sehen.

  34. “Das Politische ist die Alltagswelt”

    ehrlich gesagt, stephanie, sehe ich zwischen politik und alltagswelt eine riesen lücke klaffen. werte, nicht nur zum thema emanzipation, die von der politik postuliert werden, kommen in weiten teilen der alltagswelt gar nicht an. schau dir z.b. an, wie sich die ganze palette an frauenfeindlichkeit im internet bahn bricht, oder welches frauenbild in den medien tradiert wird. dagegen ist schon die politik machtlos. privat kann man gar nichts dagegenhalten.

  35. na, nun sei mal nicht so verzagt, susi-maus! frau kann da schon gegenhalten, prolitisch wie pivat. mit nem klein bißchen kritischem verstand geht das schon…

  36. @susimaus
    Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir an einander vorbeikommentieren. Ich glaube mir schwebt unter dem Begriff „privat“ etwas anderes vor als Dir.
    Aber schön dass wir uns an einem Punkt einig sind: Was politisch entschieden (und diskutiert) wird, kommt in weiten Teilen der Alltagswelt gar nicht an.

    @Rahab, Kanaan
    Klar, das steckt in „Das Private ist politisch“ durchaus schon drin. Durch die Umkehrung jedoch wird ein anderer Schwerpunkt deutlich.

  37. @Stephanie: ich täte es wohl anders sagen, nämlich so. Durch die umkehrung wird deutlich, dass dieser ansatz nicht nur einen! schwerpunkt hat.

  38. @Rahab, Kanaan
    geschickte Argumentation. Dementsprechend würdest du vorschlagen die 2. Frauenbewegung fortzusetzen?

  39. dementsprechend, Stephanie, finde ich bereits die unterscheidung in 1. und 2. nicht besonders gelungen. ich weiß auch, dass sich diese unterscheidung eingebürgert(sic!) hat. aber wenn du mal ganz genau hinguckst, dann stellst du fest, dass es zwischen der 1. und der 2. weder eine zäsur noch einen unterschied gibt. allerdings hatten frauen (und männer) zwischenzeitlich etwas intensiver mit fragen von krieg und frieden zu tun. und dazwischen wie danach ging es um diesselben fragen wie zuvor auch schon.
    aber … ich bin da leidenschaftslos. wer gern eine 3. haben möchte, kann sie kriegen! ich bin dabei!

  40. Damit sind wir auch wieder bei der Ausgangsfrage!

    Wie und in welcher Form wollen wir „dabei“ sein? Wie bauen wir den notwendigen Druck auf, um den Feminismus in einer erneuten „Frontmachung“ zum „finalen“ Erfolg zu verhelfen?
    Wie bringen wir, zeitgemäß, die Frauen (und andere) wieder „auf die Straße“?

    Wie wäre es zum Beispiel mit einem „Gendertauschtag“. Alles was irgendwie typisch dem eigenen Geschlecht entspricht wird mit anderen Menschen gegen etwas anderes eingetauscht. Z.B. darf ich mind. einen Tag weder Geisteswissenschaften, Kulturwissenschaften noch brotlose Künste studieren, sondern muss rüber den Wirtschafts- und Naturwissenschaften.
    Die Sekräterin muss einen Tag in den Vorstand und der Vorstand in die Putzkolonne etc.
    Die „Ich habe Recht, weil ich Recht habe“-Herren versuchen’s einen Tag mal mit Bescheidenheit und die „Ich bin so bescheiden“-Frauen, benehmen sich mal einen Tag daneben *smile*.
    Das wäre doch lustig und würde bestimmt viele Menschen darauf aufmerksam machen, wie oft scheinbar freiwillige Entscheidungen oder „Charaktereigenschaften“ möglicherweise Erziehungsgeschuldet sind.

  41. stephanie, was ist denn für dich privat?

    „Wie bringen wir, zeitgemäß, die Frauen (und andere) wieder “auf die Straße”?“

    gar nicht. die frauen sind zu satt für die »straße«.
    es besteht für viele gar kein anlass mehr für feminismus.

  42. Na ja bei dem Beispiel, was Du, Stephanie, nennst, frage ich mich ob dann wirklich über Inhalte geredet wird.

    „gar nicht. die frauen sind zu satt für die »straße«.
    es besteht für viele gar kein anlass mehr für feminismus.“
    Diese Einschätzung teile ich absolut. Der Feminismus muss auch erstmal eine gemeinsame Basis finden um „alle“ zu integrieren, denn die sehe ich momentan auch nicht, Stichwort Elitenfeminismus, konservativer Feminismus (Ursula von der Leyen bezeichnet sich auch als Feministin, das ich nicht lache!) etc.

  43. @susimaus:

    ich persönlich glaube nicht an „gar nicht.“ das ist höchstens ein „gerade nicht“ oder „es wäre schwierig“.
    es gibt immer noch keine wirkliche gleichberechtigung, weder zwischen mann und frau, noch zwischen hetero-/homosexuellen, oder anderen vergleichbaren gruppierungen, egal was im grundgesetz steht. und es fällt schon auch auf, dass es immer noch so ist, und die betroffenen menschen sind nicht zufrieden damit. auch wenn die „krassen“ umwälzungen wahrscheinlich zum großteil hinter uns liegen, und es jetzt sozusagen um die feinheiten geht, die einfach nicht so leicht „laut und deutlich“ (im sinne einer bewegung) passieren können, die unzufriedenheit wird die leute weiter antreiben.

    @ jacob:

    über inhalte reden kann man nur, wenn auch jemand da ist, der reden will. wenn tatsächlich die meisten „zu satt für die straße“ sind, müsste erstmal dort angesetzt werden, um wieder bewusstsein für die feministischen belange zu schaffen. von daher wäre nahezu alles, was wieder aufmerksamer für das thema macht, hilfreich.
    was die gemeinsame basis angeht, geb ich dir recht. der „bewegung“ mangelt es nicht nur an öffentlichkeit, sondern auch an zentralen punkten und forderungen, weil die vielen strömungen ihre eigenen schwerpunkte setzen.

  44. Und das private ist politisch, wie z.B. die sexuelle selektion.
    Die millionen einzelentscheidungen für oder gegen einen mann haben eine politische dimension.

    Und nein, männer haben eine vergleichbare macht bei der sexuellen selektion nicht!

  45. @ nur mal so

    du hast es bisher geschafft, unter mehreren Blog-Einträgen völlig haltlose Thesen aufzustellen, ohne diese durch Fakten zu stützen. Für eine interessante Diskussion ist das ungeeignet (siehe Netiquette).

  46. @susimaus
    Ich kann Dir das in einem Kommentar nicht vollständig und genau erklären, was ich unter „privat“ verstehe. Aber lass es mich so sagen, genau wie mein weit gefasster Politikbegriff, fasse ich „privat“ sehr weit. Es geht darum, die „Privatsache“ nicht mehr als solche aufzufassen, wenn sie feministische Themen berührt. Es geht nicht darum, die Einzelnen alleine zu lassen, sondern vielmehr sie weitgreifend in der Entscheidungsfindung für „Privatsachen“ zu unterstützen (auszubilden/erziehen).

    @Jacob
    Wer, wenn nicht wir soll eine gemeinsame Basis für Feminismus finden?
    Aber vielleicht sollten wir nicht mit Ausgrenzung beginnen, sondern mit Vereinnahmung. Z.B. Diffenrenz- und Gleichheitsfeminismus haben vieles gemein, wir müssen uns nicht gegenseitig den Feminismusbegriff aberkennen.

    Übrigens: Von der Leyen hat in diesem unsäglichen Stern (ich glaube „Im Zweifelsfall gegen den Mann“) ein schönes Interview gegeben. Sie muss ja nicht meine Freundin werden, aber „Feminismus“ ist eine groooooße Gruppe.

  47. naja, stephanie, wenn du dir begriffe so zurechtlegst, wie es dir beliebt, dann ist es etwas schwierig, mit anderen über diesen begriff zu diskutieren, denn sprache stellt ja einen konsens dar. einerseits vermutest du, dein begriff von „privat“ wäre ein anderer als meiner, aber erklären kannst du ihn nicht, weil das zu kompliziert oder umfangreich, oder was auch immer, geraten würde, legst deinen privaten privatbegriff aber einem ganzen artikel zu grunde. ich denke, die sprache bietet alle möglichkeiten, seine gedanken auszudrücken. und im dialog mit anderen ist es ratsam, von der allgemeingültigen bedeutung auszugehen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Privat

  48. @susimaus
    Viele Kommentare lassen erkennen, dass sie mich durchaus verstanden haben und das letzte mal, als ich einen Begriff einfach erfunden habe, weil mir einer fehlte, nahmen LeserInnen das auch nicht gerade positiv auf *g*.

    Aber nun gut: Dein Wiki-Vorschlag sagt: „bezeichnet Gegenstände, Bereiche und Angelegenheiten, die nicht mehr der Allgemeinheit gehören bzw. offenstehen“ – nach meiner Deutung also, alles worauf die Politik keinen direkten Einfluss hat.

    Setzen wir zwei also statt privat „huxflux“ ein und verstehen darunter alles, worauf die Politik keinen direkten Einfluss hat und das von der Umsetzung von Menschen in ihrem Leben abhängt, werden wir uns dann einig?

  49. als ich noch kind war, galt das hauen von kindern und frauen als „privat“. beim hauen von männern sah es etwas anders aus, das konnte „privat“ sein, aber auch „nicht-privat“.
    mittlerweile wird zwar immer noch „privat“ gehauen, aber das hauen wird anders „öffentlich“ sanktioniert.
    so viel zur allgemeingültigkeit.

  50. stephanie, du brauchst nicht sarkastisch zu werden. es waren deine eigenen worte, dass deine auffassung von „privat“ zu komplex ist, um sie hier zu schildern.

    die tatsache, dass hier eifrig diskutiert wird, ist zweifelsohne positiv. ich würde das aber nicht unbedingt als zustimmung zu deinem nicht erläuterten privat-begriff werten, denn es ensteht ja durchaus eine deutlich erkennbare kontroverse darüber, wie & was nun privat ist.

    und nein, ich schätze, weder mit hotzenplotz oder hoppelpoppel werden wir uns einig. macht aber nix.

  51. @susimaus
    Das war nicht sarkastisch gemeint. Ich habe nur versucht einen Begriff zu finden, mit dem wir beide arbeiten können. Ebenso wie „privat“ ist „huxflux“ nicht genau von mir definiert. „Huxflux“ habe ich eingesetzt, damit wir von der Diskussion, welche Bedeutung der Begriff „privat“ hat, wegkommen.

    „Verstehen“ ist für mich übrigens nicht gleichbedeutend mit Zustimmung.

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