Bewegungsfreiheit garantiert

Lässig sind die Hosen von Vanessa Henning. Tief und locker in der Taille, mit weit geschnittenen Beinen und – das ist das Besondere – weitem, tief sitzendem Schritt. Modemacher nennen diesen Schnitt oft Jodhpur- odr Pluderhosen. Vanessa Henning nennt es „Hosen für Heldinnen“. Seit 2007 produziert die Hamburger Designerin ihre extravaganten Modelle unter dem Label SisiMizi – seit März 2008 sogar mit eigenem Laden im Hamburger Schanzenviertel.

Bei Sisi Mizi fallen einem Stichworte wie unkonventionell, urban oder auch Amazone ein. Du selber sprichst auch von Hosen für Heldinnen…
Genau, mein Hosenlabel SisiMizi soll Frauen Bewegungsfreiheit ermöglichen. Ich finde, Freiheit geht immer mit Kleidung einher. Wenn ich mich in meinem Klamotten beengt fühle, fühle ich mich auch in meiner Haut nicht wohl und bewege mich dementsprechend auch nicht frei und zuversichtlich. Egal ob bei der Arbeit oder in der Freizeit, wer immer nur im engen Kostümchen oder anderer unbequemer Kleidung unterwegs ist, der ist nicht nur körperlich sondern auch geistig eingeschränkt.
Trotzdem sind die Hosen elegant, weiblich und keinesfalls grob – ich spreche auch gerne von rebellischer Eleganz. Meiner Meinung nach, muss Frau nicht in Kampfkleidung wandeln, um Durchsetzungskraft und Souveränität zu suggerieren.

Was für ein Typ Frauen tragen denn deine Hosen, oder lässt sich das gar nicht kategorisieren?
Ich erinnere mich an meinen Businessplan, für den ich eine konkrete Zielgruppe nennen sollte. Die hat sich dann aber gar nicht eingestellt. Tatsächlich gibt es nicht den Typ Frau, der bei SisiMizi kauft. Das liegt auch daran, dass wir sehr unterschiedliche Modelle haben. Vom HipHop-Hosen ähnlich Modell Baggy bis hin zu Gypsi, das sich schon fast als Rock bezeichnen lässt, reichen die Schnitte. Außerdem arbeite ich mit zwei verschiedenen Materialien: Fester Baumwollstoff, der schon nahe am Denim ist oder feineren Baumwollsatin, der sich eben auch mal eleganter kombinieren lässt. Diese Vielfalt spricht die unterschiedlichsten Frauen an. Und, was mich persönlich überrascht hat, auch viele Frauen Ende 30, Mitte 40 und manchmal sogar älter. Sonst aber vor allem Frauen Anfang 30. Frauen, die sehr viel jünger sind, können ohnehin oft alles tragen. Oder auch nicht mal eben 140 Euro für eine Hose ausgeben. Frauen, die um die 30 sind, haben eher weibliche Formen und legen mehr Wert auf Paßkomfort. Und nicht zuletzt, es braucht auch ein bisschen Mut, SisiMizi zu tragen – und das soll auch so sein.

Stichwort Mut: Sich mit dem eigenen Label und eigenem Laden selbständig zu machen erfordert ebenfalls welchen, oder?
Ja schon, aber das ist auch eine Idee gewesen, die gewachsen ist. SisiMizi ist vor allem durch meine vielen Reisen inspiriert. In den Hosen, die ich in Ländern wie Südamerika, Israel oder der Türkei getragen habe, habe ich mich persönlich so wohl gefühlt, dass langsam die Idee für eine eigene Kollektion entstanden ist.
Was das unternehmerische Risiko angeht, ich habe mich natürlich beraten lassen, habe wie schon erwähnt, einen Business-Plan geschrieben und dann jede Hürde einzeln genommen. Und das ist auch noch lange nicht vorbei. Denn mein Ziel war ja nicht, einen eigenen Laden zu eröffnen, sondern mein Label zu etablieren. Dazu gehört auch eine breite – nicht regional begrenzte – Öffentlichkeit zu erreichen. Immerhin, ich konnte bereits eine Angestellte einstellen und baue gerade an meiner Vertriebskollektion. Außerdem steht der Onlineshop kurz vor der Eröffnung und eine PR-Agentin kümmert sich um den kontinuierlichen Aufbau der Modepresse. SisiMizi ist also bei weitem mehr als „nur“ Hosen machen.
Aber das ist ok. Trotz der vielen Aufgaben und so geregelten Strukturen wie Ladenöffnungszeiten fühle ich mich absolut nicht eingeschränkt. Das ist wie mit meinen Hosen – solange ich Dinge tue, mit denen ich mich wohlfühle, in denen ich selbst gestalten und aktiv sein kann, bin ich frei und beweglich.

17 Kommentare zu „Bewegungsfreiheit garantiert

  1. Na toll
    Die Baggiejeans in neuer Version.
    Sehr kreativ
    Und dazu noch das passende Vokabular und schon kaufen sie’s alle

  2. eine neue idee ist das tatsächlich nicht und weite hosen bekommt man immer, wenn man sie will. die marlene ist seit letztem jahr wieder stark im kommen, und auch die modemädchen steigen gerade alle auf die so genannte „boyfriend-jeans“ um. dieses wort, und auch die hosen für heldinnen, sind natürlich geschicktes marketing ;) trotzdem ein schöner claim.

  3. der name ist ziemlich nett, die hose unkonventionell, originell, aber ob sie praktisch ist bezweifel ich stark. die bewegungsfreiheit scheint mir stark eingeschränkt. will ich einen großen schritt setzen – gar schnell laufen, beschränkt der stoff in kniehöhe die schrittlänge.
    grüße

  4. meine oberschenkel allerdings gehen oben innen ein wenig zusammen und wenn da nackte haut auf nackte haut reibt, dann krieg ich neurodermitis. genügend andere frauen haben auch solche oberschenkel und werden solche hosen wohl genausowenig prickelnd finden (neurodermitis hin oder her).

  5. @lilly-levin

    Das Gute an der SisiMizi-Kollektion ist, dass sie wirklich ganz unterschiedliche Modelle bereit hält, mal mit mehr Schritt, mal mit weniger. Ich habe ein paar Modelle anprobiert und mich – zugegeben – die ersten paar Minuten auch „merkwürdig“ gefühlt, aber dann war es echt bequem. Eine Hose steht auch schon auf meiner Wunschliste :)

  6. @efeu
    und deshalb?
    Richtig, werden Leute die sich in den Hosen unwohl fühlen sie nicht kaufen.

    Find den Artikel ganz nett, hätte aber auch ohne ihn leben können.

  7. Ach wieso „alte Idee“? Die Hosen gefallen mir, obwohl ich diesem Schnitt gegenüber normalerweise nicht so aufgeschlossen bin. Die Stoffe sehen gut aus.

  8. Warum wird eigentlich bei den Sarouelhosen nur immer in der Weiblichen Version gesprochen? Ich als Mann trage solche Hosen schon seit Jahren und ich finde es gibt nichts bequemeres und ich würde nichts anderes mehr tragen!

  9. 140€ für eine hose? sind das dann alles elite-heldinnen? oder gibt es da auch günstigere modelle, konnte das auf der homepage nicht in erfahrung bringen. nach der aufmachung zu urteilen eher nicht.
    einen designershop im schanzenviertel zu haben macht mich auch etwas stutzig. sie mag ja künstlerin sein, aber bei den preisen zieht sie ja doch nicht gerade die alten schanzenviertelbesucher an, sondern die neuen snobistischen – zu denen sie möglicherweise auch gehört? stichwort gentrifizierung.
    den begriff „heldIn“ finde ich sowieso fragwürdig.
    zu den hosen selbst kann ich nichts sagen, noch nie sowas getragen. ich weiß auch nicht ob mode heute noch wirklich revolutionär sein kann. schließlich kann man sich längst für bequeme kleidung entscheiden, viele tun es aber nicht, weil sie sich kleidungsvorschriften bzw modetrends unterwerfen und es selbst unweiblich finden keine high-heels zu tragen oder unmännlich einen rock anzuziehen, wenn es nicht gerade ein kilt ist. es muss sich also in den köpfen etwas ändern und danach ist es ziemlich gleich was man trägt, um einE „heldIn“ zu sein aber das wär schlecht für’s geschäft.

  10. Natürlich sind Hosen bei H&M deutlich günstiger, aber die sind dann auch unter sozialen und ökologischen Bedingungen produziert, die dir sicher auch nicht gefallen. Stichwort Globalisierung, ist häufig in den Kreisen, wo Gentrifizierung ein Reizwort ist, ebenfalls ein solches, oder???

  11. @Miriam: zum einen kann ich hier nicht wirklich herauslesen, dass die stoffe, die verwendet werden unter ökologischen und sozialen bedingungen hergestellt wurden – zum anderen kann man ja wohl schlecht den konsumenten, der knapp bei kasse ist, dafür rügen, dass er günstig einkaufen will und nicht mal eben 140€ für eine hose ausgeben kann. da hört das soziale halt beim konsumenten auf. irgendwo muss es halt aufhören, in dem system.
    lass mich ja gern eines besseren belehren, aber ich vermute mal, dass dieser preis sich wieder mal eher auf die exklusivität zurückführen lässt.
    habe auch schon günstigere bio-fair-trade-kleidung gesehen. und wie wir wissen unterscheiden sich teure markenprodukte in der herstellung meist keineswegs von solchen, die bei kik landen. nicht alles was teurer ist, ist gleichzeitig auch qualitativ besser oder unter „besseren bedinungen“ hergestellt worden. aber das muss ich ja eigentlich niemandem erzählen.

  12. Nee, Red Riding Hood, kleine Stückzahlen sind einfach teuer. Schau dich mal in den Läden im Karolinenviertel um, alles lokale DesignerInnen, die keine Massenware produzieren. Oder erkundige dich mal, was ein Bild von einer Kunstmalerin kostet, selbst wenn diese nur regional bekannt ist. Einzelstücke oder kleine Stückzahlen sind nicht nur deshalb teuer, weil sie exklusiv sind, sondern weil die Menschen, die diese Dinge in Deutschland herstellen, davon leben müssen. Und in den seltensten Fällen leben Künstler in D in Saus und Braus, siehe z.B. hier:
    http://maedchenmannschaft.net/meine-karrier-oder-deine-karriere/#comment-27321

    Und nebenbei bemerkt: Niemand zwingt dich, bei Vanessa Henning einzukaufen und 140 Euro sind ein realistischer Preis für eine Hose, die in D in nicht-industriellem Maßstab gefertigt wurde. Das Einkaufen von Stoffen kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit, die man in die Fertigungskosten einrechnen muss. Der Entwurf schlägt anteilig umso mehr zu Buche, je geringer die Stückzahl. Die Ladenmiete dürfte im Schanzenviertel mittlerweile auch nicht unerheblich sein. Die Zeit, die die Designerin im Laden verbringt, ohne etwas zu verkaufen, ist in dem Preis von 140 Euro höchstwahrscheinlich nur zu einem sehr geringer Anteil berücksichtigt.

    Dass 140 Euro nicht gerade wenig Geld sind, möchte ich gar nicht abstreiten, aber wir sprechen hier nicht von einer Hose von Prada, die locker das 3-fache kosten kann, aber wahrscheinlich tatsächlich genauso niedrige Produktionskosten hat wie eine Hose bei kik, sondern von einem Produkt einer lokalen Designerin, die die Sachen selber näht…

  13. okay miriam, dann sind das designerstücke mit künstlerischem wert für frauen mit dem nötigen geld, die es dazu ansprechend finden sich als heldin betiteln zu lassen.
    dann bleibt mir noch die frage, inwiefern das ganze emanzipatorisch ist oder neu, oder so originell, dass man dafür werbung macht. wie andere schon sagten ist dieser modetrend zu einem tiefsitzenden schritt nicht neu und im vergleich zu einer weiten hose mit normal hohem schritt sogar eher bewegungseinschränkend.
    ob es nun wirklich ökologisch und sozial zugeht, bevor das ganze dann in deutschland weiterverarbeitet wird weißt du aber auch nicht genau, oder?

    frag mich eben, ob sich da einige vom diy-charme einer lokalen designerin blenden lassen. ist und bleibt halt ne (relativ) teure hose, die einen sogar eher einschränkt und einem beim tragen nunmal nicht zur heldin werden lässt.
    ob man auf die hose auch so positiv reagiert hätte, wenn sie nicht von einer schanzenviertel-designerin stammen würde?

  14. Ich finde 140 Euro für eine Hose jetzt nicht sooooo teuer. Vor allem, wenn es in Deutschland gefertigt wurde.
    Für eine ordentliche Anzughose (d.h. guter Stoff, ordentlicher Verarbeitung) zahle ich auch meist 80 -100 Euro und das ist dann Stangenware.

Kommentare sind geschlossen.

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