Ausführende Gewalt. Wenn die Polizei zuschlägt.

[CW: Polizeigewalt, Warnung auch für alle Links, beim ersten Link Bild der verletzen Frau]

Vor einer Woche berichtet die Süddeutsche Zeitung über Teresa Z.. Ihr wurde von einem Polizisten auf der Wache Nasenbein und Augenhöhle gebrochen – nachdem sie die Polizei gerufen hatte als ein Streit mit ihrem Freund eskalierte. Der Artikel bestückt mit einem Bild des verletzen Gesichts der Frau wurde viel verbreitet. Auch schockierend ist das in ihm enthaltene Zitat des Münchner Polizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer. Der gab zu Protokoll:

Dieses Gravierende an dem Vorfall war aus Sicht des Beamten zunächst gar nicht vorhanden. Der Faustschlag war für ihn die konsequente Vorgehensweise, um das [körperliche Aufbegehren der Frau] zu beenden.

Gestern ließ die Süddeutsche dann noch Teresa Z. selbst zu Wort kommen. Sie erzählt von der Tatnacht und davon, wie sie durch die Polizei im Nachgang dargestellt wird. Und allein für diesen Fall bleiben so viele Fragen: Warum wurde sie überhaupt mit auf die Wache genommen? Warum stand sie allein gegen mehrere Polizisten? Warum befanden sich mehrere Polizisten (nach den Berichten alle männlich) mit ihr in einer Zelle?

Dies ist kein Einzefall. Jährlich erstatten etwa 2000 Menschen Anzeigen aufgrund von durch Polizist_innen ausgeübte Gewalt. Über Dunkelziffern lässt sich nur mutmaßen, aber mensch kann sicher erahnen, dass viele gerade „kleinere“ Vergehen gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden. Und in einer Gesellschaft, welche unter anderem durch Sexismus und Rassismus strukturiert ist, ist es kein Wunder das sexistische und rassistische Handlungen durch die Polizei, als Teil der Exekutive, getätigt werden. Exekutive. „Ausführende Gewalt“.

Es gibt viele Beispiele für diskriminierendes und gewaltvolles Handeln durch die Polizei. Im Mai 2010 zum Beispiel erhoben mehrere Verfasser_innen eines anonymen Briefes Anschuldigungen gegen die zentrale Diensthundeschule der bayerischen Bereitschaftspolizei in Herzogau. Bei Lehrgängen sollen Teilnehmer_innen erniedrigt worden sein und insbesondere Teilnehmerinnen sexualisierter Demütigungen ausgesetzt worden sein, berichtete die Süddeutsche Zeitung.  Im Jahr 2002 schrieb die Jungle World über die spezifische Gewalt, die immer wieder Trans*-Personen erleben. Auf Papier konnte diese Menschenverachtung, Sexismus und Rassismus galore, dann in den Polizeikalendern gesehen werden, die Anfang des letzten Jahres durch die Medien gingen. Dazu schrieb ich:

Wer keinen Zusammenhang sieht zwischen diesem “Humor” (a.k.a Rassismus) und dem Tod von Oury Jalloh, sollte in die Ecke gehen.

Auf dem im letzten Jahr eingerichtem Blog Polizei und Sexismus  könnt ihr eigene Erlebnisse dokumentieren. Dabei geht es nicht ausschließlich um körperliche Gewalt, sondern die unterschiedlichen Formen. Ebenfalls auf dem Blog sind Links zu Beratungsstellen und empowernden Organisationen zu finden. Über die Idee schreiben die Macher_innen:

Aus unserer eigenen Erfahrung wissen wir, dass gerade nach Konfrontationen mit der Polizei sexistische Erlebnisse oft hinten runterfallen. Mensch hat genug damit zu tun, die vielleicht aggressive oder repressive Gesamtsituation zu verarbeiten. Und das obwohl Sexismus gerade in solchen Situationen in einem extrem ungleichen Machtverhältnis erlebt wird, dass die Betroffenen kaum dazu ermächtigt, sich dazu selbstbewusst zu verhalten, dafür gibt es 1000 unterschiedliche Gründe (von Angst vor Strafverfolgung bis zu Scham).

Der Blog war gegründet worden im Zusammenhang mit dem Artikel „Polizei und Sexismus: Erfahrungen mit den Vertreter*innen der Exekutive„, den Jana Ballenthien und Kathrin Ganz beim Femininistischen Institut Hamburg im April 2012 veröffentlichten. In dem Text berichteten sie ebenfalls von sexistischem Verhalten und Übergriffen, bieten einige Analysen und geben Handlungsvorschläge. So beschreiben sie den Fall einer Freundin, die einen Exhibionisten anzeigen möchte und mit dem Verhalten eines Polizisten konfrontiert wird:

Das Image vom Freund und Helfer fällt uns ein; ein galgenhumoriges Lachen bleibt uns im Halse stecken. Als sei es nicht schon genug, der sexuellen Belästigung ausgeliefert zu sein, geht es in der Wache einfach weiter. Zum einen geht es hier um victim blaming: Die Verantwortung auf das Opfer schieben. Sich selbst nicht zuständig fühlen aus der Unfähigkeit heraus, den eigenen Job richtig zu machen. Zum anderen zeigt sich der Sexismus des Polizisten, wenn er deutlich macht, Frauen seien von Natur aus gefährdet, brauchten Beschützer oder sollten besser gleich zu Hause bleiben.

Und so geht es hier auch nicht ausschließlich darum, was Teresa Z. erleben musste. Diese Gewaltausübung sollte in ihrem Kontext gesehen werden. Genauso wie die Äußerung des Polizeipräsidenten. Es sind eben keine Einzelfälle, sondern strukturelle Probleme sind offensichtlich. Und so heißt es dann auch weiter im Artikel:

Und es macht den Anschein, strukturell institutionalisiertes Programm zu sein. Wenn offener und bewusster Sexismus ein fester und regulär benutzter Bestandteil im Repressionsrepertiore der Polizei zu sein scheint, ist es kein Wunder, wenn auch Streifenpolizisten in Wachen latentem Sexismus in Form von Victim Blaming frönen oder schamhaft aufsitzen. Wohlwollend gehen wir davon aus, dass die Ausbildung bei der Polizei kein Seminar zu den besten Blamingkommentaren und Diskriminierungsformen beinhaltet. Wohl aber müssen wir davon ausgehen, dass bei der Polizei ein Habitus vermittelt wird, der ein rassistisches, sexistisches oder wie auch immer geartetes latentes und offenes diskriminierendes Verhalten bedingt und fördert.

 

5 Kommentare zu „Ausführende Gewalt. Wenn die Polizei zuschlägt.

  1. Schön, dass ihr das Thema nu auch bearbeitet-Amnesty International hat vor 1 oder 2 Jahren eine Kampagne gegen die Polizeigewalt lanciert-mit der Info, dass Opfer idr eh keine Chance auf Recht haben, da „eine Krähe der anderen kein Auge aushackt“-die decken sich zu häufig mit Falschaussagen und wenn s heisst Opfer Vs Polizist dann glaubt das Gericht idr dem Polizisten
    Es fehlt eine UNPARTEIISCHE Beobachtung, s kann nich sein, dass die nahem Kollegen sowas aufklären-bei jedem Richter nähme man Befangenheit an.
    AI fordert auch Kennzeichnungspflicht, damit man sieht wer auf dem Video nun der ist, der zutritt.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑