Ab an den Herd oder kocht ihr schon?

So jetzt ist es beschlossen, die Herdprämie ist da*. Ab dem 1. August 2013 soll das Betreuungsgeld an Eltern bezahlt werden, die ihre Kinder zwischen dem 13. und 36. Lebensmonat nicht in staatliche Kitas geben, sondern zu Hause betreuen oder privat betreuen lassen von Oma, Opa, Au-Pair, Verwandte oder sonst wem.

Die FDP wollte zuerst nicht so recht, weil ihr das Betreuungsgeld nicht zeitgemäß erschien, auch innerhalb der CDU konnten einige mit der Herdprämie nichts anfangen. Mal abgesehen von der Opposition, und vor allem der Mehrheit der deutschen Bevölkerung, die gegen die Einführung des Betreuungsgelds ist. Aber dann gab es wieder einen dieser berüchtigten Deals innerhalb der Koalition: „Du gibst Herd, ich geb’ dir 10-Euro-Kassen-Erlass.“ Und da lässt sich die bedeutungslose FDP nicht lumpen. Hauptsache Mövenpick und segnet ab. Kristina (CDU) und Horst (CSU) müssen gestrahlt haben, waren sie doch die größten Befürworter des antifeministischen Projekts.

Bei der Einführung der Prämie gibt es für die Zweijährigen in Muttis Obhut zuerst 100 Euro und ab 2014 gibt es für Kinder im dritten Lebensjahr 150 Euro Taschengeld. Das Geld ist ein lächerlicher Betrag, und deckt vielleicht das Windelgeld und ein, zwei Dosen Babybrei ab. Kristina Schröder nennt das Wahlfreiheit, dabei ist es eine rechts-konservative Ideologie, die heute verabschiedet wurde. 100 oder 150 Euro monatlich sind keine Alternative zu einer Arbeitsstelle, der Abhängigkeit vom erwerbstätigen Elternteil (meist dem Partner), der erschwerten Rückkehr in die Arbeitswelt und einer Zementierung von Geschlechterrollen. Der Spagat zwischen Kinder und Erwerbstätigkeit, der oftmals von Frauen* thematisiert wird, wird hiermit ganz einfach gelöst.

Durch das Betreuungsgeld werden Anreize gesetzt zu Hause zu bleiben, sich um Kinder, Küche und Partner zu kümmern. Es sind Anreize für eine Hetero-Kleinfamilie: Frau, Mann, 2 Kinder. Kein Spagat, kein gar nichts. Es ist sozusagen das Dessert des heterosexuellen Ehegattensplittings, wo es von steuerlichem Vorteil ist, wenn der Mann mehr verdient als die Frau. Und Hartz-IV Empfänger_innen gehen de facto leer aus, wieder mal. Zwar soll ihnen das Betreuungsgeld ausgezahlt werden, doch soll die Leistung in vollem Umfang auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Queer_Feministische Alternativen? Forget it!

Und weil Kleinvieh auch Mist macht, kommt da ein Betrag von satten 1,2 Milliarden Euro zusammen. 1,2 Milliarden Euro, die auch in den Ausbau von den staatlichen Kitas hätte investiert werden können. Da gibt es nämlich Baustellen, die haben auch eine Hausnummer: 220.000. So viele Kita-Plätze fehlen nämlich. Vielleicht ist es ja auch das Beiwerk, denn wenn es sowieso keine Plätze gibt, warum nicht zu Hause bleiben und kochen? Ich koche zumindest. Und ihr, wie wollt ihr leben?

*Abstimmung: 310 Abgeordnete dafür, 282 dagegen, 2 Stimmenthaltungen.

10 Kommentare zu „Ab an den Herd oder kocht ihr schon?

  1. Hallo ihr lieben.

    Im großen und ganzen stimme ich euch zu was das Betreuungsgeld angeht. Was mich jedoch stört, dass man automatisch der Meinung ist, dass nur Frauen zu Hause bleiben sollen auf Grund des Betreuungsgeld. Vor allembei älteren Kindern so im Alter 2 und 3 Jahren ist es doch vorstellbar und durchführbar, dass der Vater zu Hause bleibt und das Betreuungsgeld einsackt.

    So oder So ich bin gegen dieses Betreuungsgeld.

  2. @Hoshi:
    Vorstellbar ist auch das Väter direkt nach der Geburt zu Hause bleiben. Ich finde das auch sehr begrüßenswert (vor allem, wenn es sich nicht nur um zwei Monate handelt, wo gleichzeitig die Frau zu Hause bleibt und der Vater für seine Fortschrittlichkeit abgefeiert wird).

    Das Betreuungsgeld wird in einer Gesellschaft eingeführt, in der es real große Gehaltsunterschiede gibt zwischen Männern und Frauen, wo dazu gleichzeitig Ehegattensplitting heterosexuelle Beziehung besonders finanziell fördert – aber eben auch gekoppelt daran, dass es eine stark ungleiche Verteilung von Einkommen gibt. Mit diesen Voraussetzungen plus einem ganz bestimmten dominanten Mutterbild, ist es einfach eine logische Schlussfolgerung, wer_welche in erster Linie zu Hause bleibt, falls dieses Geld in Anspruch genommen werden soll. (Und selbstverständlich schließt das Ausnahmen nicht aus.)

    Und wie Sabine richtig schrieb: Für sehr viele Menschen ist das Betreuungsgeld so oder so gar keine Möglichkeit. Das Zeichen, welches aber mit der Einführung gesetzt wird, bleibt.

  3. Schlimm finde ich daran auch, dass mit der Logik des Betreuungsgeldes wieder mal zwischen Eltern unterschieden wird, die ihre Kinder „selbst“ betreuen und denen, die eine öffentliche „fremdbetreuung“ nutzen. Wenn es um Anerkennung der Leistung von Eltern geht, ist das der völlig falsche Weg und fördert mal wieder den Rabenmutter-Mythos.

  4. „In Muttis Obhut“ ist wirklich etwas kurz gegriffen. Und auch sonst ist nicht alles schwarz oder weiß.
    Ich bin zurzeit mit dem dritten Kind schwanger und arbeite freiberuflich jeden Vormittag im Home Office. Kind 1 ist seit August vormittags im Kindergarten, Kind 2 betreuen abwechselnd der Opa und eine Kinderfrau, während ich arbeite. Und für Kind 3 wird das gleiche geschehen. Mein Mann arbeitet Vollzeit.
    Jedes Kind ist anders. Trotzdem glaube ich daran, dass es generell gut ist, ein Kind bis ins Alter von drei Jahren zuhause zu betreuen. Ich selbst fühle mich auch besser damit, mein Kind in meiner Nähe zu wissen.
    Über das Betreuungsgeld freue ich mich sehr. Ich werde es in meine Altersvorsorge investieren. Ohne meine Kinder hätte ich mich nicht selbstständig gemacht und hätte schön als Angestellte weiter privat für meine Rente vorgesorgt. Das ist jetzt nicht mehr so einfach. Insofern empfinde ich das Betreuungsgeld für mich als willkommene Unterstützung für einen Bereich, in dem ich als – sogar arbeitende – Mutter schlechter gestellt bin.

  5. @yp142 @katja, erstmal danke für eure Rückmeldungen. Und dir Katja für deine Geschichte und den Einblick! Das freut mich für dich, dass dir das Betreuungsgeld eine Unterstützung ist. Ihr habt sicherlich recht, „in Muttis Obhut“ trifft nicht auf Fälle zu, ich denke da etwa an queere, feministische, emanzipierte Lebensweisen und trotzdem ist es auch da nicht leicht, weil wir uns nicht in einem Vakuum befinden. Etwa staatliche Maßnahmen/Förderungen (bsp. Betreuungsgeld, Ehegattensplitting, gender pay gap), die patriarchale Strukturen befördern neben den sowieso schon vorhandenen gesellschaftlichen Realitäten, „traditionellen“ Rollenbilder/Stereotypen, die in der Mehrheit dazu führen, dass Frauen* in heterosexuellen Beziehungen letztlich in der Verantwortung („Mutti“) der Kindererziehung stehen und die Betreuung übernehmen ohne eine wirkliche Wahl zu haben (oder wie @Maria in ihrem Kommentar schon hingewiesen hatte, sich damit ja auch wieder eine Tendenz hin zu den „Rabenmüttern“ und denen, die es richtig machen „Heimbetreuung“ zeigt) und das die kritisiere ich. Die Kritik am Betreuungsgeld, dass die Wahl verschiedener Lebensmodelle/Alternativen nicht vorhanden ist, weil in eine Richtung hingearbeitet, die rechts-konservativ ist (habe ich ja im text beschrieben) und klar, nicht erst seit dem Betreuungsgeld. Unter der Ägide der Familienministerin ist das Ganze einfach noch krasser geworden.

    Unbezahlte Arbeit im Pflege- und Sorgebereich sichtbar zu machen und zu bezahlen war und ist noch eine alte, wichtige feministische Forderung, an dessen Relevanz hat sich bis heute nichts geändert. Nur sehe ich mit den 100-150 Euro da gar keine Alternative, sondern betrachte sie als Taschengeld, Peanuts, und nicht als Anerkennung der Pflege-und Sorgearbeit. Zudem ist es für die Zuhausegebliebenen und das sind eben meist Frauen (selbst wenn ich wohlwollend die 2 Monate Elternzeit der Väter mitrechnen würde), immer noch sehr schwer wieder in den Arbeitsmarkt zurückzufinden etc. Eine Alternative ist es auch nicht, wenn sich überhaupt nicht um den Ausbau von Kitas gekümmert wird.

    Allgemein: Hier ist noch ein guter Text, den ich zum Thema empfehle: Heim & Herd: Eine Selbsttäuschung http://science.orf.at/stories/1702599 und allen voran natürlich der tolle Text meiner Kollegin Anna-Sarah: Betreuungsgeld nur für die „Guten“: http://maedchenmannschaft.net/betreuungsgeld-nur-fuer-die-guten/

  6. Erstmals es ist ganz schön mutig von Katja, sich für das Betreuungsgeld hier zu positionieren. Ich finde dies weit respektabler als immer dem auch manchmal verengten fem. Mainstream hinterher zu laufen.

    Ja Sabine, unbezahlte Arbeit im Pflege- und Sorgebereich sichtbar zu machen war ein feministisches Anliegen. Aber verdammt, die Forderung nach institioneller Arbeit geht doch mittlerweile in die Sackgasse, nachdem in all diesen Bereichen (Pflege, Betreuung, Hausarbeit) zunehmend private Anbieter (bsp. Dussmanns herrliche 24 Stunden Kita) mit Billigarbeitskräften drängen.
    Es sind doch Frauen, die diese Jobs (und es sind Jobs keine Berufe mehr) verrichten. Und es geht gar nicht mehr um die Diskussion ob eine Frau, die ihr U3 Kind in die Krippe gibt eine schlechte Mutter aber gute Feministin oder eine gute Mutter und eine schlechte Feministin ist. Den Punkt haben doch die meisten Mütter schon abgehakt.

    Es geht darum, dass all diese Verrichtungen möglichst billig und Gewinn bringend am Markt angeboten werden und dies können sie nur, wenn es möglichst starke Anreize für Mütter erwerbstätig zu sein, gibt – also ein Überangebot von billigen ArbeitnehmerInnen. Desshalb gibt es die unmöglichen Harz-4 Sätze für Kinder, desshalb wurde das Erziehungsgeld vom Elterngeld abgelöst. Und dies ist auch für private Anleger gerade in Hinblick auf die zukünftigen demografischen Veränderungen interessant.

    Natürlich schwingt im Betreuungsgeld ein rechts konsevativer Ton und ein veraltertes Familienbild mit, aber bei der Betreuungsgelddebatte der Gegner auch ein klassistisch/rassistischer Unterton, gerade wenn es um die geheuchelte Sorge um den Bildungserfolg der Unterschichtskinder geht und eine Unmündigerklärung der Mütter in den Raum gestellt wird.

    Ich würde mir einen Neustart der Betreuungsgelddebatte wünschen, der gerade auch Lebensumstände wie Katjas und vieler anderer sowie auch die kommerzielle Ausbeutung der Care-Arbeit, Nutznieser und Verlierer und vor allem auch die Qualität der Kleinkindbetreuung mit einbezieht.

    Wenn diese Qualität immer mehr sinkt, aus reinem ökonomischen Intresse verbunden mit ideologischer Verblendetheit um das Wissen einer paternalistisch Gesellschaftsordnung , wird ohnehin die U3 Betreuung nur etwas für die Ärmsten und dies erzwungen sein, während die Besserverdienenden sich eine billige Nanny+Dienstmädchen leisten können.

    Zur Erosion des männlichen Familienernährermodells und soziale Folgen
    ein toller Link

    http://www.feministisches-institut.de/ernaehrermodells/#more-1060

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