Zum Mord an Khaled Idris Bahray

Khaled Idris Bahray war 20 Jahre alt und aus Eritrea nach Deutschland geflohen. Mit anderen Geflüchteten lebte er gemeinsam in Dresden, eben jener Stadt mit den seit Monaten größten Pegida-Demonstrationen und wo nach einer dieser Demonstrationen im Dezember migrantisierte Jugendliche angegriffen wurden. Am Montag Abend verließ Khaled Idris Bahray seine Unterkunft um noch etwas einkaufen zu gehen. Er kam nicht zurück. Dienstagmorgen wurde er im Innenhof der Wohnsiedlung tot aufgefunden. Mekonnen Mesghena, der mit einigen seiner Mitbewohner_innen gesprochen hatte, postete auf Facebook:

Die Freund*innen und Mitbewohner*innen von Khaled Idris gehen von gewaltsamer Tötung aus, weil sie seine Leiche blutüberströmt und mit sichtbaren Verletzungen vorgefunden haben. Sie selbst stehen unter Schock und fürchten ähnliches Schicksal. Regelmäßig werden die Bewohner*innen der Unterkunft beschimpft und bedroht. Montags trauen sich die Flüchtlinge kaum aus ihrer Unterkunft, weil immer wieder aggressive Teilnehmer/innen der Pegida-Demonstrationen an ihre Eingangstür treten und die Bewohner*innen beschimpfen.

Und die Polizei? Diese verkündete zunächst, dass es keinerlei Hinweise auf ein Fremdeinwirken gebe (eine ‚Tatsache‘, auf die sich übrigens dann auch viele erst einmal in den sozialen Netzwerken bezogen und damit eine erschreckende Polizeigläubigkeit zu Tage legten). Man möchte sich nicht ausmalen, wie der Fall weiter behandelt worden wäre, hätte es nicht so schnell eine Öffentlichkeit und kritische Nachfragen gegeben. Gestern, nach der Obduktion, bestätigte der Dresdener Polizeipräsident Dieter Kroll nun doch, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt. Auf Trollbar heißt es:

Die [erste] Pressemeldung [zum Tod] liest sich, als sei er einfach umgekippt. Dass das Opfer erstochen worden war, darüber findet sich keinerlei Informationen. Auch nachdem die Polizei mittlerweile zugeben musste, dass ein Tötungsdelikt vorliegt, hat sie die Informationen auf ihrer Website nicht aktualisiert. Stattdessen schwafelt sie in ihrer aktuellen Pressemitteilung (heute, 14 Uhr) von einem missglückten Handtaschenraub und von zig Einbrüchen. Und der Clou: Für einen Unfall mit Sachschaden (!!!) sucht die Polizei Zeugen, für den Mord an dem Mann nicht. Ist ja nur ein Ausländer.

Wie kann eine sich jetzt die folgenden Ermittlungsarbeit vorstellen, wenn doch schon bereits von an Beginn an der Fall offensichtlich nicht ernst genommen und Gewalt vertuscht wird? Von einer Polizei, die auch nach den Angriffen im Dezember von einer betroffenen jungen Frau die Anzeige erst gar nicht aufnehmen wollte, da ihr unterstellt wurde, die Verletzungen sich selbst zugefügt zu haben? Wie soll diese Polizei (in Zusammenarbeit mit anderen Behörden) einem sehr wahrscheinlichen rassistischen Tathintergrund nachgehen, wenn doch die gesamte Polizeiarbeit eindeutig rassistisch strukturiert ist?

Von Pegida-Anhänger_innen und anderen Rassist_innen wird der Mord in jedem Fall im Netz bereits gefeiert. Und die mediale Berichterstattung schafft es auch kaum ohne Rassismus, so wird in fast jedem Text von „dem Afrikaner“ gesprochen, als habe er kein Herkunftsland und vor allem keinen Namen.

Denn eines steht fest: Ein junger Mann, Khaled Idris Bahray, ist tot. Er wurde umgebracht. Unser Mitgefühl sollte seiner Familie und seinen Freund_innen gelten. Und unser Blick auf die weiteren Ermittlungen und Berichte gerichtet sein – um immer wieder und wieder kritische Nachfragen zu stellen.

In Dresden fand gestern eine erste Gedenkveranstaltung statt. In Berlin sollen heute zwischen 9 und 18 Uhr Kerzen und Blumen vor der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund (Brüderstraße 11, 10178 Berlin) abgelegt werden.

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