Wir sind frustriert, nicht feige!

Bascha Mika ist frustriert. Mit der Gesellschaft, mit den patriachalischen Strukturen und das am Ende immer alles so weiter geht, wie es schon lange weiter geht. Und an wem lässt sie es aus? Na klar, an den Frauen. „Die Feigheit der Frauen“ heißt ihr Buch und damit möchte sie anscheinend Frauen animieren, endlich mal mehr auf Gleichberechtigung zu pochen. Als Beispiele nennt sie im taz-Interview, dass Frauen immer noch eher ihrem Partner hinterher ziehen, mehr Hausarbeit machen und seltener Ansprüche auf Führungsstellen geltend machen.

Ich bin auch frustriert. Allein dieser Titel frustriert mich schon wieder unendlich. „Jetzt seid ihr Frauen dran“ – als ob an dieser Aussage irgendwas neues wäre. „Nein nein nein“, möchte ich da nur noch schreien. Warum ist es denn nie genug, was wir Frauen tun und getan haben? Warum muss es immer noch einen mehr sein? Frust, Frust, Frust. Mehr zu fordern ist so einfach, doch der Teufel lauert heute im Detail und: dort versteckt er sich einfach klasse. Große Ungerechtigkeiten sind selten geworden, der Kampf ist nicht mehr so plakativ wie der fürs Frauenwahlrecht.

Ab dem ersten Tag hab ich als Frau schon weniger in der Lohntüte – klar kann ich da sofort nachfragen und riskieren, am Ende ohne Job darzustehen. Warum verflixt noch mal muss ich da überhaupt noch hinterher sein, dass man mich anständig behandelt? Wer macht denn endlich mal denen das schlechte Gewissen, die bewußt diskriminieren oder, irgendwie genauso schlimm, sich noch nie Gedanken gemacht haben?

Und wenn ich schon ab dem ersten Tag weniger verdiene, kommt der Rattenschwanz an persönlichen Entscheidungen leider von ganz alleine. Wenn der Mann mehr verdient, bessere Aufstiegschancen hat, dann wird es irgendwann zum Selbstgänger. Oft genug bleibt frau nach dem Mutterschutz nur der Wiedereinstieg auf einen Abschiebeposten – da kann frau täglich mit ihrem Mann für eine bessere Gesellschaft streiten oder erstmal versuchen, ihrer Familie das Überleben zu sichern. Frust kommt übrigens in beiden Fällen auf.

Wobei wir beim letzten Punkt wären, der sicher schon viele (heterosexuelle) Frauen hat verzweifeln lassen. Denn auch wenn es 2011 ist und Männer mehr denn je im Haushalt machen: Auch aus dem emanzipiertesten Männermund kommt irgendwann ein unüberlegter Witz, ein unreflektierter Anspruch, ein Relikt patriachalischer Traditionen. Und frau steht da, völlig frustriert und könnte schon wieder kotzen oder weinen oder schreien. Wenn frau überhaupt einen Mann gefunden hat, der Abwasch und Wäsche macht, ohne Applaus zu verlangen. Zu einer Frau, die in einer Partnerschaft mehr häusliche Pflichten übernimmt, gehört schließlich ein Mann, der ihr diese Pflichten einfach überlässt. Aber was solls, schuld sind wir dann ja irgendwie doch, jeder Macho hatte eine Mutter, die ihn hat verkommen lassen.

Für Gleichberechtigung und Gleichbehandlung zu kämpfen ist ein 24-Stunden-Job, es kostet Kraft und Nerven, es frustriert, denn viel zu oft scheint es einfach gar nichts zu bringen. Pamphlete an die Männer, für den gleichen Lohn ihrer Kolleginnen zu kämpfen, sich für Elternzeit und Teilzeitjobs einzusetzen, sind weiter rar. Manchmal raten vielleicht noch Männerzeitschriften, seiner Ehefrau beim Abwasch zu helfen, sei einer sicherer Weg für weniger Frust und mehr Sex zu sorgen. Und dann kommt Bascha Mika und nennt uns auch noch feige. Na danke.

Heute abend ist Bascha Mika übrigens im Fernsehen; Zusammen mit Anke Domscheit-Berg, Miriam Gruß von der FDP und Quotengegnerin und Erbin Marie Christine Ostermann wird sie mit Pinar Atalay diskutieren. Um 22:15 Uhr heißt es in der PHOENIX-Runde „Wir müssen draußen bleiben – Woran scheitern Top-Frauen?”

32 Kommentare zu „Wir sind frustriert, nicht feige!

  1. … doch der Teufel lauert heute im Detail und: dort versteckt er sich einfach klasse.

    Nein, er ist sogar so offensichtlich, dass frau den Wald vor lauter Bäumen oft nicht sieht: Er steckt im Müttermythos, den Frauen(*) perpetuieren, er steckt in rosa und blauem Babyzeug, den Frauen kaufen, er steckt in Stereotypen, dass Mädchen und Frauen kein Mathe usw. können, die auch von Frauen weiter gegeben werden. Er steckt in der Befürchtung, ein Junge würde von „rosa“ schwul werden usw. Er steckt im „living Dolls“ Porno-Look, in Sex and the City, in Germanys next Topmodel … Das reicht, um ein Buch zu füllen.

    (*) fürs Protokoll: Damit sind natürlich nicht 100% aller Frauen gemeint, auch keine bestimmte, die sich nun diffamiert fühlen könnte, sondern alle oder einige, jedenfalls die, die das für sich in Anspruch nehmen möchten. Oder auch nicht. Wem das zu allgemein oder zu pauschal ist, möge einen Vorschlag unterbreiten, wie diese Gruppe korrekt zu bezeichnen wäre. Danke.

  2. @ Klingonische Oper:
    Du hast recht, es gibt noch immer viele Frauen, die Muttermythos, Stereotypen, usw. perpetuieren. Geschenkt. Aber deshalb muss ich, die einfach nur die gleichen Chancen und Vorraussetzungen haben möchte wie ein Mann, mir bitte schön nicht anhören, das ich doch bitte noch ein bisschen mehr kämpfen muss. Ich führe eine gleichberechtigte Partnerschaft, habe den ‚richtigen‘ Beruf, war nicht länger als nötig in Elternzeit, versuche das Kind geschlechtsneutral zu kleiden, teile die Hausarbeit gerecht mit dem Mann (was auch das Kind mitbekommt, so dass es hoffentlich nie auf die Idee kommt zu denken, Wäscheaufhängen sei Frauenarbeit oder ähnlichen bullshit) usw. usf.
    Nützt aber nur bedingt, denn Karriere machen nach wie vor die Menschen, die mind. 12 Stunden am Tag anwesend sind, die nicht hin und wieder wegen eines kranken Kindes ausfallen, etc. pp. Hinzu kommen massive Stereotype, die mir entgegenschlagen als Frau, wie ich gefälligst zu sein habe (die gibt es für Männer auch, ich weiß, darum geht es hier aber gerade nicht), was ich wirklich will und fühle. Und ja, das sind sowohl Frauen als auch Männer, die mir das versuchen zu erklären. Und deshalb kann ich gut darauf verzichten, von einer Bascha Mika jetzt auch noch gesagt zu bekommen, dass ich doch bitte noch mehr einfordern soll. Ich fordere schon die ganze Zeit, wieviel mehr soll ich denn noch fordern?!?

  3. @klingonische oper: Es gibt auch Männer, die blöde Mythen weiter perpetuieren. Niemand ist davor gefeit, wie wäre es also mit „es gibt weiter Menschen, die blöde Mythen perpetuieren“.

  4. @ Helga: Ja, aber ich finde es schon auch wichtig, explizit darüber zu sprechen, dass es auch Frauen sind, die diese Mythen perpetuieren. Denn ich habe es schon oft gehört, dass es doch ‚die‘ Frauen seien, die gar keine Veränderung wollen. Die Frage ist doch, wie geht man damit um. Bascha Mikas Ansatz frustriert mich genauso wie dich, aber nur weil wir uns in diesen Vorwürfen nicht wiederfinden, heißt es ja nicht, dass es niemanden gibt, die damit angesprochen werden soll. Ich finde es falsch, den Frust, den wir verspüren, damit zu begründen, dass andere Frauen irgendwelche Mythen perpetuieren. Viel wichtiger ist, dass ich in einer Gesellschaft lebe, die mich nicht so leben lässt, wie ich das gerne hätte.

  5. und ich finde immer noch fordern ist sinnlos, wir müssen es uns nehmen. habe ich teilweise gemacht (im beruf) und es gab keine gegenwehr.

    ich habe leider aber auch gemerkt, dass ich ständig das gefühl habe, ich übernehme ich gerade. man muss das halt auch wirklich wollen, mit allen nachteilen.

    fordern und warten, bis jemand einem etwas gibt, ist halt doch einfacher, da ertappe ich mich selber immer. :-(

  6. Ganz aus unserer biologischen Haut können wir eben nicht. Auch bei noch soviel Feminismus werden in 50 Jahren Frauen schwanger und tragen Kinder aus.

    Frauen stehen auf starke Männer, mit hohen sozialen Ansehen und damit eben auf den gut verdienenden, angesehen Mann mit Führungsanspruch. Ist es dann wirklich so verwunderlich, dass dies zu dem führt, was die Autorin in ihrem Buch bejammert?!

  7. Bin im Buch jetzt gerade auf S.159 und es steht viel mehr drin, als der provokante Titel vermuten lässt. Die Titel sind nicht selten auch von den Verlagen vorgegeben, als provokantes Marketingkonzept (z.B. auch „Krise der kerle“ von Dr. Gesterkamp).

    Was im Buch eben auch massiv kritisiert wird, das sind die Muttermythen, die sich gerade hierzulande bestens zu halten scheinen, wiederbelebt von „Familienrettern“ ala Schirmmacher u.a. „Die Männer“ kommen da auch nicht zu kurz :

    „Nicht aber auch über den gesellschaftlichen Skandal, dass die eine Hälfte der Bevölkerung sich parasitär aufführt und die andere sich in Sklavengeduld übt.“ (S. 126)

    Genauso wird die „Erziehung“ der Mädchen mit rosa und Kinderwagen ziemlich aufs Korn genommen, wie auch diese Model-Casting-Shows, die Weiblichkeit mit Aussehen und Körperlichkeitsfixierung gleichsetzen wollen. Darüber rege ich mich im Zusammenhang mit meiner Tochter auch vermehrt auf, weil hier Rollenfixierungen betrieben werden.

    Ich denke, das Buch soll einfach provozieren und ein paar umfassendere Wissenfakten befördern, wie z.B. dieses :
    Und das Genöle virzugsweise aus den männerrechtlerischen Grüppchen wird hier passend bearbeitet :

    „Mädchen in gemischten Schulen gingen dem Leistungsvergleich aus dem Wege. Die Schülerinnen der reinen Mädchenschulen entschieden sich genauso oft für den Wettbewerb wie die Jungs. Daraus zogen die Forscher den Schluß, Mut liegt nicht in den Genen. Erziehung und der soziale Umgang mit Gleichaltrigen verstärkt sog. typisch weibliche Eigenschaften.“

    (Quelle: Die Feigheit der Frauen, Bascha Mika, S. 59)

    Und das kann ich nur 100% bestätigen :

    „Mädchen haben das System Schule und deren sozialen Code verstanden. Jetzt können sie damit spielen. Prompt gibts Geschrei … Kaum ist der Vorsprung der Mädchen ins öffentliche Bewußtsein gedrungen, fangen die Bedenkenträger an, von den Jungs als Bildungsverlierer zu reden … Da haben die Mädchen mal eine Nanosekunde die Nase vorn – und auch nur auf einem begrenzten, obwohl sehr wichtigen Terrain – und schon wird gegengesteuert.“

    Ich kann nämlich diesen Unfug wie „Jungens wollen toben und Mädchen können gut stillsitzen“ aus bestimmten Ecken nicht mehr hören.

    Auch werden sehr gut Praxisbeispiele beschrieben, wie eigentlich modern und geschlechteregalitär ambitionierte Paare – auch mithilfe des Erziehungsprogramms Ehegattensplitting – wieder in traditionellen Rollen landen, aus der Frau nach ein paar Jahren nicht mehr rauskommt und entsprechend frustriert ist.

    Von daher halte ich das provokante Buch für lesenswert, weil es versucht aus den unterschuiedlichsten Richtungen Erklärungsversuche zu wagen.

    „Gesellschaft lebe, die mich nicht so leben lässt, wie ich das gerne hätte.“

    Genau diese berechtigte Forderung formuliert Bascha Mika auf S. 130 :

    „Weder die Erfüllung des traditionellen Solls noch der Versuch, das Soll an verschiedenen Ecken überzuerfüllen, retten uns vor der Einsicht : Nur wir können die Verantwortung für unser Leben übernehmen – und dürfen es uns von niemandem vorzeichnen lassen.“

    Auch wird der Grund beschrieben, warum viele Frauen im statistischen Mittel nach 40 Jahren Frauenbewegung unglücklicher sind. Es liegt nämlich nicht daran – wie rechtskonservative Antifeministen gerne behaupten – am feministischen role-model, sondern ander Überforderung, vielen, modernen und traditionellen, Idealen zu entsprechen. Also die weibliche Variante der eierlegenden Wollmilchsau.

    Das führt zu weiblichem Frust, und nicht der Verlust in der Mutti- und Ausputzer-funktion durch „den Feminismus“.

    Das Buch liefert also m.E. auch gutes Potential gegen konservative Regressionsversuche.

  8. @Miriam: Dass auch Frauen an dem festhalten, was ihrem Geschlecht dann hinderlich wird, ist aber nichts neues. Vom Kampf ums Frauenwahlrecht (siehe Artikel gestern), bis zur heutigen Frauenministerin mangelt es an Beispielen nicht.

    @svenja: Einfach mal zu nehmen, ist beileibe nicht immer einfach. Wenn Vätern nach der Elternzeit gekündigt wird oder Mütter auf schlechteren Posten wieder einsteigen müssen, dann bleibt erstmal nicht anderes übrig, als zu fordern. Mal fix den Job zu wechseln ist ja auch nicht immer möglich.

    @Gabi: Mit diesen Vorurteilen bist Du hier leider auf der falschen Webseite. Bitte lies Dir auch die Netiquette dazu durch.

  9. denke auch, dass das buch mehr zu bieten hat, als der reißerische titel vermuten lässt.

    zu den „lebensentwürfen“ – immerhin sind die säulen des patriarchats die kleinfamilie bzw. die treue hetero 2er beziehung und die hierarchie – daher auch die schwierigkeiten für frauen – das liegt in dieser struktur verankert – diese struktur ist per se frauenfeindlich.

    andere lebensentwürfe denken und ausprobieren ist grad so mein ansatz – nicht leicht – weil kein inseldasein möglich ist. die dominanz der patriarchalen kultur untergraben … diversity nicht nur als buntes treiben betrachten sondern als wirklichen weg.

  10. noch ein zusatz – für mich leisten frauen die eine „gute“ beziehung und eine tolle karriere haben wirklich übermenschliches…. ist wie die quadratur des kreises.

    mir persönlich ist aber meine energie dafür zu schade.

  11. möchte nur hinzufügen, dass bascha mika in dem interview nicht darauf besteht, „recht zu haben“ mit ihrer kritik an „den frauen“, sondern dass sie eine diskussion anregen will. wie hier auf der seite. ich finde das total gut so. und denke auch, dass druck von „den frauen“ kommen muss, weil es sich viel zu viele männer bequem gemacht haben in den jetzigen gesellschaftl. verhältnissen. und ja, frauen auch (siehe „gabi“).

  12. @ben: Die Diskussion, die sie anregen will, ist weder neu noch ist ihr Ansatz, zum x. Mal auf die Frauen einzukloppen, dabei hilfreich. Warum fängt sie nicht an, den Druck auf die Männer aufzubauen, die es sich bequem gemacht haben?

    Etwas OT: An dieser Stelle kommt gerne „aber warum sollten die Männer etwas ändern, ihnen gehts doch gut“ – meist von genau denen, die an anderer Stelle jammern, dass Jungen in der Schule schlechter abschneiden und Männer bei Scheidungen seltener das Sorgerecht bekommen.

  13. @ helga : ich denke, dass sowohl über die systemstabilisierende & ungerechtigkeit/unfreiheit weitertradierende rolle von männern als auch über die von frauen diskutiert werden muss & dass es legitim ist, über das eine wie über das andere ein buch zu schreiben. das macht bascha mikas text nicht falsch. dass es für dich nicht neu ist, mag ja sein. für andere vielleicht schon. vielleicht auch gerade für die frauen, die es braucht, um von allzu bequemen männern änderungen einzufordern o. wenn mögl. „es“ sich einfach „zu nehmen“ (wie svenja schrieb).

    ich persönl. hab gerade immer mehr mit frauen zu tun, die mir argumentativ permanent mit ihrer „natur“ kommen & so die gestaltbarkeit gesellschaftlicher zustände gar nicht mehr blicken. ich würde gerne jeder dieser frauen ein bascha-mika-buch schenken.

    und männern würde ich dann

  14. @Helga

    Weder der Ansatz auf den Frauen einzukloppen noch auf die Männer einzukloppen ist neu. Die Foderung nach dem „neue Mann“ gibt es doch auch schon seit der zweiten Welle und sehr gefragt waren die „neuen Männer“ dann letztendlich doch nicht. Seit einiger Zeit lese ich gefühlt drei Artikel pro Woche über Karrierefrauen, die keinen Partner finden können. Keine Ahnung ob das stimmt oder es nur eine Modethema ist, was breitgetreten wird. Aber in meinen persönlichen Umfeld sehe ich einige Männer, die keine allzu großen beruflichen Ambitionen haben, aber wenn sie verpartnert sind, dann mit Frauen die ähnlich denken.
    Fakt ist, dass bei der derzeitigen Arbeitssituation normalerweise nur ein Partner Karriere machen kann, wenn Kinder vorhanden sind. Der oder die wird dann nach einem 10 oder mehr Stunden Tag auch keine Lust mehr haben noch den Haushalt zu schmeißen. Das ist nicht schön und angenehmere Arbeitsbedingungen wären für Frauen und Männer, mit oder ohne Kinder, wünschenswert. Aber bei der derzeitigen Situation gibt es keine andere Möglichkeit, als entweder auf Kinder zu verzichten oder sich einen Partner zu suchen, der einem den Rücken freihält. Das alles gilt natürlich auch für homosexuelle Paare.
    Ich weiß das ist ein leidiges Thema und strukturell haben Frauen sicherlich mit mehr beruflichen Widerständen als Männer zu kämpfen. Aber ich glaube nicht, dass Männer, die um ihren beruflichen Aufstieg zu ermöglichen auch Opfer erbringen müssen, sich solidarisch zeigen werden. Genausowenig übrigens Frauen, die möglicherweise zugunsten der Karriere ganz auf Kinder verzichten. Nicht wenig überraschend kommen dann die geforderten Pamphlete wenn überhaupt von Männer, die sich bereits in einer etablierten und privilegierten Position befinden, und wenig zu verlieren haben (siehe Grünes Männermanifest).

  15. @Helga: Bequemlichkeit und fehlender Druck auf Männer sind eher nicht das Problem – jedenfalls nicht in einigermaßen gleichberechtigten Beziehungen – sondern falsche Prioritäten. Die meisten Männer, die ich kenne, stehen unter erheblichem (Erwartungs-)Druck von allen möglichen Seiten, aber in der Regel wird der berufliche Druck am stärksten empfunden. Einfach den privaten Druck zu erhöhen, führt nicht zu einer Verschiebung der Prioritäten, sondern zu einer Überbelastung.

    Mir gefällt das skandinavische Modell gut, in dem der berufliche Druck gezielt gesenkt wird, um die Priorisierung zu beeinflussen.

  16. Ich tue mich ehrlich gesagt auch etwas schwer mit „mehr Druck auf Männer“. Auch gestern in der Diskussion fiel mir auf, dass Fr. Mika hier – genauso wie so mancher Mann – Pauschalen zum Opfer fällt.

    Genauso wie „die Frauen“ kein homogenes Feld sind (wie z.B. gestern in der Diskussion in Phoenix), genauso sind „die Männer“ kein homogenes Feld, das man „unter Druck setzen muß“, damit es besser wird.

    Ich sehe ganz ganze Geschlechtersystem verflochtener – und das hat ja auch Fr. Mika versucht etwas aufzubröseln wie seinerzeit schon Simone de Beauvoir. Und Fr. Mika analysiert die Gründe, warum viele trotzdem wieder in alte Rollenspiele zurückfallen. Und genau darin liegt ja der Aufreger. Jede/R will irgendwie etwasc ändern, aber irgendwie funktioniert es nicht richtig.

    Die Loyalitätskette zwischen dem DAX-Vorstand und den Arbeitern, die vor 15 Jahren so umfassend gefeuert wurden, sprechen nicht unbedingt von einem umfassenden einvernehmlichen Club. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass manche Herren in den DAX Unternehmen sich gegenseitig die Klinken zusteuern, wo sie sich Loyalitäten sicher sind.

    Die Strategie, dass ein neuer Geschäftsführer erstmal „seine“ Mannschaft anschleppt und wie Schachfiguren positioniert, um seine Position zu festigen, ist ja schon ein alter Klassiker.

  17. Genauso wie “die Frauen” kein homogenes Feld sind (…), genauso sind “die Männer” kein homogenes Feld

    Thomas, das ist doch eine Binse. Soll man in jedem Gespräch über Personengruppen ein Schild mit einem Disclaimer hochhalten, dass natürlich nicht ALLE gemeint sind, und es immer auch andere Beispiele, andere Gruppen und Ausnahmen gibt? Mit diesem Argument der nicht genannten Einzel- oder Gegenbeispiele kann man sich jeder Kritik an Gruppen entledigen ohne auf den Inhalt eingehen zu müssen.

  18. „..doch eine Binse..“

    Das trifft nicht immer zu :

    http://vaeter-und-karriere.de/blog/index.php/2010/07/01/manner-bashing-statt-echter-gleichstellungspolitik/

    „Freiwillig werden die Männer nichts hergeben”, so ist das eine sprachliche Kriegserklärung. Die altfeministischen Kampfparolen haben sich, aus meiner Sicht, genauso überlebt wie die Machosprüche vom Stammtisch – und sie sind nicht mehr zielführend. Männer gewinnt man, wenn man sie würdigt. Wenn man nur auf uns herumhackt, nur fordert, dann ziehen wir uns eher zurück. “

    Es gibt immer wieder leichte Regressionen in Pauschalen zu beobachten.

    „..Kritik an Gruppen ..“

    „An Gruppen“ gibt es nichts zu kritisieren. Und ich persönlich lasse mich nicht gerne mit allen Erscheinungen über einen Kamm scheren.

    Darüberhinaus ist dies m.E. mit einer der Gründe, warum sich relativ wenig wirklich verändert hat.

    Daher reibt man/frau sich auch am Titel „Die Feigheit der Frauen“. Auch das rutscht versehentlich in die Pauschale. Scheint also mit eine Funktion des menschlichen Intellekts zu sein, das Kategorisieren von Pauschalen in Schubladen. Und das ist m.E. ebenfalls geschlechtsneutral.

  19. “An Gruppen” gibt es nichts zu kritisieren.

    Natürlich gibts an Gruppen was zu kritisieren.

    Daher reibt man/frau sich auch am Titel “Die Feigheit der Frauen”.

    Wie hätte sie das Buch denn nennen sollen? „Die Feigheit von Frau B. aus P.“?
    Nee, Thomas, du führst hier genau das vor, was ich meine: Du wiegelst mit dem Verweis auf (deine) Individualität jede Kritik an mehr als einer Person ab. Damit entziehst du der Debatte ihre gesellschaftliche Gültigkeit, und schiebst sie ab auf ein annekdotisches Niveau, wo nur noch der Einzelfall Erwähnung finden darf, weil Einige nicht abstrahieren können, welche Kritik auf jeden Einzelnen zutrifft und welche nicht. Das ist in etwa so sinnvoll, wie das Vorführen einer einzelnen DAX-Vorständin als Argument gegen die Quote.

  20. Meine Meinung zur Quote ist bekannt.

    Deine mehr oder weniger affektierte Meinung in Ehren – kommt mir auch irgendwoher bekannt vor…

    Netter Versuch.

  21. @klingonische oper:

    Natürlich gibts an Gruppen was zu kritisieren.

    Richtig, aber nur das, was die Gruppenzugehörigkeit ausmacht. Mann-Sein ist aber per se nun einmal lediglich eine biologische Geschlechtszugehörigkeit. Deswegen ist eine Pauschalbeurteilung falsch. Völlig korrekt ist es jedoch, Häufungen zu benennen.

    @Helga:
    Die statistisch signifikant unterschiedlichen Partnerwahlpräferenzen der Geschlechter – seien sie nun biologisch bedingt oder anerzogen – sind m.E. wissenschaftlich ausreichend belegt.

    Übrigens hat Bascha Mika aus meiner Sicht mehr Recht, als ihr hier gegeben wird. Im Artikel heißt es, dass durch den geringeren Verdienst der Frau nach dem Kinderkriegen nunmal klar sei, dass sie auf dem beruflichen Abstellgleis landet, während der Mann Karriere macht. Was spricht denn dann dagegen, eben keine Kinder zu kriegen oder mit dem Mann entsprechende Vereinbarungen zu treffen? Im Zweifelsfall, also wenn er unbedingt Kinder will, aber auf seine Karriere zu Lasten der Frau absolut nicht verzichten will, ist er nunmal schlicht der falsche Partner!
    Für den Haushalt gilt das Gleiche: Wenn er seinen Teil nicht tun will, ist er nicht an einer gleichberechtigten Partnerschaft interessiert und insofern wieder der falsche Partner!

    Solange Frau nicht abhängig von ihm ist, sollte sie ihn problemlos verlassen können. Sie ist nicht dafür zuständig, ihn zu erziehen, oder ihn zu versorgen. Jede Frau sollte ihr Recht auf eine gleichberechtigte Partnerschaft wahrnehmen!

  22. @Timo Reitz Tatsächlich heiratet die Mehrheit der Menschen andere Menschen mit ähnlichem Bildungsgrad, ähnlichen Ambitionen. Seit Jahren steigt auch langsam der Anteil an Ehen, in denen die Frau besser gebildet ist und wirtschaftlich besser steht.

    Ansonsten: „Solange Frau nicht abhängig von ihm ist, sollte sie ihn problemlos verlassen können.“ Nicht umsonst hast du Konjunktiv und eine Bedingung verwendet. Nicht jede Frau ist unabhängig.

  23. Ich habe nichts dagegen, wenn man Frauen sagt, sie sollten sich auch mal an die eigene Nase fassen. Richtig so!
    Aber mich stört diese implizierte Schuldzuweisung, diese „selber schuld“-Atmosphäre in dem Buch.
    Mir zu sagen „Nimm’s dir einfach!“ – jahaaa, einfach? Schön wär’s. Man kann nur leider als Frau auch heute noch oft souverän nach etwas greifen, das einem dann doch verwehrt bleibt.
    Erst letztens hat sich in einem Projekt, bei dem ich mitarbeite, die Frage gestellt, wer die technischen Computersachen macht. Eine Frau rief selbstbewußt „Ich mach das, kein Problem!“ Die Männer (in der Überzahl) schauten sie überrascht an: „Ähm, ja, nett von dir, daß du das machen willst, aber…“ Sie wieder: „Ehrlich, ich kann das! Alles kein Problem! Sowas hab ich schon oft gemacht“ – daraufhin wurde sie ignoriert und der Job einem Typen zugeteilt, der nun halt so làlà damit zurechtkommt…
    Ich finde, Feminismus sollte eben auch was ermutigendes haben, berechtigte Kritik etwas konstruktives statt einfach bloß zu sagen „Du nutzt halt deine Möglichkeiten nicht/schlecht!“
    Das ist ein Schlag ins Gesicht von jeder, die sich sehr wohl den Hintern aufreißt und dennoch an den Strukturen scheitert.
    Die Intention war wohl gut und Ahnung hat sie ja, aber sie zäumt das Pferd von hinten auf. Und da wird das Pferd eben sauer.

  24. @Timo Reitz : „Mann-Sein ist aber per se nun einmal lediglich eine biologische Geschlechtszugehörigkeit. Deswegen ist eine Pauschalbeurteilung falsch. Völlig korrekt ist es jedoch, Häufungen zu benennen.“

    Schön getroffen, muß ich mir merken.

    „..stört diese implizierte Schuldzuweisung, diese “selber schuld”-Atmosphäre in dem Buch.“

    Manchmal geht es sehr weit in diese Richtung und ich kann verstehen, dass das kratzt.

    „Ich habe nichts dagegen, wenn man Frauen sagt, sie sollten sich auch mal an die eigene Nase fassen. Richtig so!“

    Ganz nebenbei : Ich sehe dies auch für die männliche Seite überfällig. Da gibt es bei Manchen noch eine Menge zu tun, z.B. die Identitätsfindung über Weiblichkeitsabgrenzung. Ich erinnere mich auch noch an manche Kommentare zum Buch „“Frauen wollen erwachsene Männer“ von Hr. Kropp-Wichmann, der zunächst auch einen irritierenden Titel hat, aber auf etwas ganz anderes zielt.

    Im Buch von Bascha Mika werden die unterschiedlichsten Facetten angesprochen wie z.B. auch das, was 2009 auch durch die Medien ging :

    „Denn solange sich (manche) Frauen einen Ernährer zum Vater ihrer Kinder suchen und alle damit rechnen, dass die Ehe eine Versorgungsanstalt bleibt, geraten weder Politik noch Wirtschaft unter Druck.“ (S. 205)

    http://www.stern.de/magazin/heft/stern-nr-46-05112009-das-geheimnis-starker-frauen-1519802.html

    Und auf S. 200 wird das angerissen, was ich manchen meiner Geschlechtsgenossen vorwerfe, die auf traditioneller Rollenverteilung bestanden und auf eine unter ihnen stehende Frau, dann Lamentieren dass sie im Trennungsfalle ausgeschlachtet worden sind :

    „Selbstverständlich erwarten (traditionelle) Gattinnen, dass sie nach einer Trennung von ihrem Mann keinesfalls etwas von ihrem Lebensstandard einbüßen und und dass sie für den Rest ihres Lebens versorgt werden.“ (S. 200)

    Ich könnten einige Männer auch ein paar zielführende Signale in Richtung Gleichwertigkeit und Emanzipation setzen. Dies nur nebenbei.

    Auch die Alphamädchen werden anzitiert :

    „Die Autorin Susanne Klingner kennt das Leben dieser Frauen und glaubt, dass vielen gar nicht bewußt ist, welchem Uralt-Muster sie folgen.“ (S. 175)

    und bezieht sich auf das Interview mit Heide Oestreich in der TAZ :

    http://www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/der-sex-wird-auch-besser/?src=HL&cHash=b344450c13

    Die größten Aufreger finde ich im Kapitel „Die Modelzucht“.

  25. Ich habe das buch nicht gelesen, fand aber den titel schonmal ganz schön provokativ und beleidigend für die riege der feminstinnen, die für emanzipation und gleichstellung kämpfen und gekämpft haben. gestern abend bei beckmann dann aber frau mika zu gast, und was soll ich sagen, sie hat recht.
    sie kritisiert diejenigen frauen, die zwar von ihren möglichkeiten wissen, aber sie zugunsten ihrer beziehung und ihrer kinder immer wieder in den hintergrund stellen. diese art von frauen sind das problem, modern, aber sie fallen doch wieder in alte rollenmuster zurück. es ist ja auch bequem, sich versorgen zu lassen usw usf.
    wenn ich genauer draüber nachdenke, muss ich aber auch zugeben, dass ich mich bei solchen gedanken auch schon selbst ertappt habe. es wird zeit, dass den frauen klar gemacht wird, dass sie nicht dafür geboren sind, sich ihrem partner unterzuordnen, egal in welcher hinsicht!

  26. habe das buch mittlerweile selber gelesen und es ist wirklich anders als der titel verspricht. wie autofokus beschrieben hat.

    bascha mika ist sich auch sehr genau über die strukturen im klaren, die frauen behindern. sie argumentiert aber auch, wenn frauen sich in die alten strukturen zurückziehen kann es auch nie einen gesellschaftlichen druck zur änderung der strukturen geben. gutes beispiel: ich arbeite in einem konzern in dem mehr frauen als männer beschäftigt sind. wir haben eine kinderkrippe und einen kindergarten im haus. vor allem auch weil sich das unternehmen nicht leisten kann, erst die frauen auszubilden uns sie dann anschließend zu verlieren.

    ihr geht es auch um das glück der einzelnen frau und sie warnt vor den kurzsichtigen entscheidungen. erst zuhause mit kind – ein paar jahre später auf dem abstellgleis. wenn dann auch noch die beziehung beendet wird steht die frau in einem totalen fiasko.

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