Wenn aus guten Vorsätzen der Worst Case wird: das PNR-Abkommen

Mit dem Flugzeug zu reisen ist etwas komplizierter als mit der Bahn – statt einfach einzusteigen muss man einchecken und durch eine Sicherheitskontrolle. Und während die Bahn meist nur weiß, wieviele Menschen im Zug mitfahren, wissen Fluglinien ob ihre Passagiere besondere Essenswünsche haben und wer zusammensitzen wollte. Teilweise werden auch besonders absurde Sachen in den Fluggastdaten gespeichert: Der Aktivist Edward Hasbrouck klagte auf Einsicht in seine Daten und fand dabei, dass sein Versuch, einen Apfeil und ein Brot mit in den Flieger zu nehmen vermerkt wurde. Wie auch die Tatsache, dass ihm der Apfel abgenommen wurde.

Ein Tisch auf dem viele beschriebene Postkarten liegen
Postkarten gegen das PNR-Abkommen

Wer diese Daten sehen und speichern darf und wie lange, wird voraussichtlich am 27. März im europäischen Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) vorentschieden. Dann steht das sogenannte PNR-Abkommen (Passenger Name Records) zur Debatte, das den Datenaustausch zwischen den USA und Europa regelt. Ähnlich wie zuletzt bei ACTA wird auch hier schon eine Weile diskutiert: 2006 wurde das erste PNR-Abkommen vom Europischen Gerichtshof gekippt, da der Datenschutz in den USA als mangelhaft angesehen wurde. Trotzdem wird derzeit weiter gespeichert und übermittelt.

Für ein neues Abkommen hatte die EU-Kommission daher einige Vorgaben gemacht. Besonders sensible Daten, wie ethnische, sexuelle oder religiöse Informationen, sollten ausgenommen werden. Außerdem sollten Daten an US-Behörden nur auf Anfrage herausgegeben werden und es klare Möglichkeiten zur Einsicht und Widerspruch geben. Davon findet sich derzeit nichts wieder. Das Heimatschutzministerium soll einfach alle Daten kopieren und sie an andere US-Behörden und sogar Drittländer weitergeben können. Im „Notfall“ auch ohne irgendwelche Vorgaben zum Datenschutz. Die Mindestspeicherdauer liegt derzeit bei 15 Jahren, erst danach werden die Daten anonymisiert. Kafakeske Zustände: Wie Einsicht und Widerspruch geregelt werden, bleibt fraglich, vermutlich einfach gar nicht.

Damit würden wieder einmal Diskriminierung und racial profiling Tür und Tor geöffnet. Gerade an Flughäfen werden seit Jahren arabisch oder muslimisch scheinende Menschen besonders herausgesucht – obwohl dieses Vorgehen nicht effektiver als Zufallsuntersuchungen ist. Im Februar sind außerdem sowohl bei der US-Polizei, als auch dem Flughafenschutz sexistisch motivierte Daten­schutz­ver­stöße aufgeflogen.

Die EU-Berichterstatterin Sophie in’t Veld spricht in ihrem Bericht nun von einer Verschlechterung der Situation und rät daher, den Vertrag abzulehnen. Auch der EU-Datenschützer Peter Hustinx lehnte den Vorschlag letzte Woche ab. Noch ist der Ausgang allerdings ungewiß. So weist netzpolitik.org darauf hin, dass die SPD derzeit noch unentschlossen ist. Die Initiative NoPNR und die Digitale Gesellschaft haben dazu eine Liste der Europaabgeordenten erstellt, um diese zu kontaktieren und sie zu bitten, sich gegen das PNR-Abkommen mit den USA auszusprechen.

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