Warum ich nicht länger mit weißen Menschen über race spreche

Why I’m no longer talking to white people about race“ veröffentlichte Reni Eddo-Lodge am vergangenen Samstag auf ihrem Blog No Comment. Reni Eddo-Lodge ist Autorin und Redakteurin, unter anderem bei den Black Feminists und der Feminist Times. Mit ihrer freundlichen Genehmigung haben wir den Text aus dem Englischen übersetzt.

Ich gehe nicht mehr mit weißen Menschen auf das Thema race ein. Damit meine ich nicht alle weißen Menschen, nur die große Mehrheit, die sich weigert die Tatsache strukturellen Rassismus’ und dessen Symptome zu akzeptieren. Ich kann mich nicht länger der Kluft emotionaler Entrücktheit widmen, die weiße Menschen zeigen, wenn eine Person of Color unsere Erfahrungen mitteilt. Man kann es in ihren Augen sehen, wie sie sich abschotten und verhärten. Es ist als ob Sirup in ihre Ohren gefüllt würde, der ihre Gehörgänge verschließt, sodass sie uns nicht mehr hören können.

Diese emotionale Distanzierung ist das Ergebnis, wenn man ein Leben führt, in dem einer_einem nicht bewusst ist, dass die eigene Hautfarbe die Norm ist, von der alle anderen abweichen. Im Bestfall wird weißen Menschen beigebracht nicht zu erwähnen, dass People of Color “anders” sind, da uns das beleidigen könnte. Sie glauben tatsächlich, dass ihre Lebenserfahrungen, die sie aufgrund ihrer Hautfarbe machen, universal sein können und sollten.

Ich kann mich einfach nicht mit deren Fassungslosigkeit und Abwehrhaltung beschäftigen, wenn weiße Leute damit ringen, dass nicht jede_r die Welt auf ihre Weise erlebt. Sie mussten niemals darüber nachdenken, was es bedeutet – im Sinne von Macht – weiß zu sein. Also interpretieren sie es als Affront, jedes Mal, wenn sie irgendwie an diese Tatsache erinnert werden. Die Reise dahin strukturellen Rassismus zu verstehen erfordert von People of Color Weiße Gefühle zu priorisieren. Ihre Augen werden glasig vor Langeweile oder größer vor Entrüstung. Ihre Münder beginnen zu zucken, wenn sie beginnen sich selbst zu verteidigen. Ihre Rachen öffnen sich, wenn sie versuchen zu unterbrechen; ein brennendes Verlangen, lauter als du zu sprechen aber nicht wirklich zuzuhören, denn sie müssen dich wissen lassen, dass du falsch liegst.

Selbst wenn sie dich hören können, hören sie dir nicht wirklich zu. Es ist als ob den Worten etwas zustößt auf dem Weg von meinem Mund zu ihren Ohren. Die Worte treffen auf eine Barriere der Verleugnung und kommen nicht weiter. Das ist emotionale Entrücktheit. Es ist nicht wirklich verwunderlich, denn sie haben nie gewusst was es bedeutet eine Person of Color als tatsächlich gleichwertig anzunehmen, mit Gedanken und Gefühlen, die genauso valide sind wie ihre eigenen.

Als ich Lee Mun Wahs “The Color of Fear” anschaute, sah ich People of Color dabei in Tränen ausbrechen, als sie versuchten einen trotzenden weißen Mann davon zu überzeugen, dass seine Worte einen ihnen aufgezwungenen weißen, rassistischen Standard durchsetzten und aufrechterhielten. Die ganze Zeit über starrte er sie selbstvergessen an – komplett verwirrt über diesen Schmerz, im besten Fall trivialisierend, im schlechtesten Fall verhöhnend.

Über diese weiße Leugnung habe ich bereits in „Ubiquitous Politics of Race That Operates On Its Inherent Invisibility“ (Allgegenwärtige race-Politiken, die aufgrund ihrer inhärenten Unsichtbarkeit funktionieren) geschrieben. Also kann ich nicht mehr mit weißen Menschen über race reden, aufgrund ihrer daraus resultierenden Leugnungen, unangenehmen Rad-Schläge und geistigen Akrobatik, die zur Schau gestellt werden, wenn man sie darauf stößt. Wer möchte schon wirklich auf ein strukturelles System aufmerksam gemacht werden, dass einer_einem Vorteile auf Kosten anderer verschafft?

Ich kann diese Unterhaltung nicht mehr führen, denn oftmals steigen wir in jene von vollkommen unterschiedlichen Ebenen ein. Ich kann kein Gespräch mit ihnen über die Details eines Problems führen, wenn sie noch nicht einmal die Existenz des Problems erkennen. Schlimmer noch ist die weiße Person, die vielleicht willens ist die Möglichkeit des erwähnten Rassismus‘ zu erwägen, aber dennoch denkt, dass wir als gleichwertige Personen in dieses Gespräch kommen. Das tun wir nicht.  Ganz zu schweigen davon, dass mich ins Gespräch mit einer Rassismus verleugnenden Person zu begeben eine gefährliche Aufgabe für mich ist. Wenn sich die einschneidenden Bemerkungen steigern und die Abwehrhaltung wächst, muss ich unfassbar vorsichtig sein, denn wenn ich Frustration, Wut oder Verzweiflung ausdrücken würde über ihre Weigerung zu verstehen, werden sie ihre vorgefertigten rassistischen Tropen über wütende Schwarze Leute bemühen, die sie und ihre Sicherheit bedrohten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie mich dann als Drangsaliererin oder missbräuchliche Täterin darstellen. Wahrscheinlich werden sich ihre weißen Freund_innen zu ihrem Schutz zusammenschließen, die Geschichte neu schreiben und aus Lügen die Wahrheit machen. Das ist es nicht wert sich mit ihnen zu beschäftigen und sich durch ihren Rassismus durchzusteuern.

Inmitten jeder Unterhaltung über Nice White People (Nette Weiße Leute), die sich durch die Thematisierung von race mundtot gemacht fühlen, gibt es eine Art des ironischen und eklatanten Verständnismangels or Empathiemangels für diejenigen unter uns, die offensichtlich und für unser ganzes Leben als anders markiert wurden und diese Konsequenz leben müssen. Es ist wahrhaftig eine Lebenszeit der Selbstzensur, die People of Color leben müssen. Die Möglichkeiten sind: Sag deine Wahrheit und erlebe die Repressalien oder beiß dir auf die Zunge und komme voran im Leben. Es muss ein seltsames Leben sein ständig Redeerlaubnis zu haben und empört zu sein, wenn du schließlich darum gebeten wirst, zuzuhören. Ich nehme an, das kommt von der niemals in Frage gestellten Anspruchshaltung weißer Menschen.

Ich kann mich nicht weiterhin emotional auslaugen mit dem Versuch, diese Nachricht zu verbreiten, während ich mich gleichzeitig auf dem schmalen und heiklen Grat bewege, der versucht, nicht jede weiße Person in ihrer Rolle der Fortführung strukturellen Rassismus‘ einzuschließen; aus Furcht, dass sie meinen Ruf zerstört.

Also rede ich nicht mehr mit weißen Menschen über race. Ich habe kein großes Machtpotential, um die Art und Weise, auf die die Welt funktioniert, zu ändern, aber ich kann Grenzen setzen. Ich kann der Anspruchs- und Erwartungshaltung, die sie mir gegenüber verspüren, Einhalt gebieten und ich fange damit an, indem ich das Gespräch beende. Das Ungleichgewicht steht viel zu sehr zu ihren Gunsten. Ihr Vorsatz ist oftmals nicht, zuzuhören oder zu lernen, sondern ihre Macht auszuüben, mich Lügen zu strafen, mich emotional auszuzehren und den status quo wiederherzustellen. Ich rede nicht mit weißen Menschen über race, es sei denn es ist unabdingbar. Wenn es Presse- oder Konferenzanfragen gibt, die bedeuten, dass jemand hören möchte was ich zu sagen habe und sich dadurch weniger alleine fühlt, dann werde ich mitmachen. Aber ich setze mich nicht länger mit Menschen auseinander, die es nicht hören wollen, die verspotten möchten und die es ehrlich gesagt nicht verdienen.

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