Wangechi Mutus „warrior girls“ erobern Berlin

Charlott Schönwetter ist Studentin der Soziologie und Afrikawissenschaften an der Humboldt Universität Berlin und schreibt auf ihrem Blog Afrika Wissen Schaft wissenschaftliche Essays und Hausarbeiten rund um Afrika, Asien, Soziologie und Gender.

Wenn ich an „Mainstream“-Kunstausstellungen denke (hier meine ich Ausstellungen, die nicht aus einem explizit feministischen Kontext entstanden sind), sehe ich vor meinem inneren Auge vor allem Kunst weißer Männer. Nach diesen ersten Erscheinungen muss ich unvermeidlich an das berühmte Plakat der Guerrilla Girls denken, welches fragt: Do women have to be naked to get into the Met. Museum? Unter dem Bild steht erklärend: Less than 5% oft the artists in the Modern Art sections are women, but 85% oft the nudes are female. („Müssen Frauen nackt sein, um ins Met. Museum reinzukommen? Weniger als 5% der Künstler_innen im Bereich der Modernen Kunst sind Frauen, aber 85% der Nackten sind weiblich“).
Umso mehr freue ich mich, dass am 30. April in Berlin die Ausstellung “My Dirty Little Heaven” von Wangechi Mutu eröffnet wurde – eine Künstlerin, die bereits in San Francisco Museum of Modern Art, im Londoner Tate Modern und im Pariser Centre Pompidou ausgestellt hat.

Wangechi Mutu wurde 1972 in Nairobi geboren. Seit Mitte der 1990er lebt und wirkt sie in New York. Dort hat sie 1996 einen Bacholer of Fine Arts an der Cooper Union und 2000 einen Master of Fine Arts in Yale gemacht. Zuvor studierte Mutu auch Anthropologie. Die Einflüsse dieses Studiums kann man in den meisten ihrer Werke bewundern, denn diese fußen in einer sehr genauen Analyse, wie schwarze Frauenkörper im europäisch-nordamerikanischen Diskurs dargestellt und Bilder von diesen Körpern konsumiert werden. Mutu betrachtet die Widersprüche in den Darstellungen von bestimmten weiblichen und kulturellen Identitäten. Mit ihren Werken zu jenen Identitäten bringt auch Mutu als weibliche Künstlerin nackte Frauen in die Museen der Welt. Ihre verstörenden Bilder aber zeigen nackte Frauenkörper, um zum Nachdenken über Darstellungen von Schwarzen Frauen anzuregen. Obwohl sie eigentlich aus der Bildhauerei kommt, hat sie sich nach dem Studium der Collagen-Technik zugewandt. So kombiniert sie Fotos aus der National Geographic und Vogue gepaart mit Tinte, Farbe, Glitzer zu ihren ambivalenten „warrior girls“, wie sie sie nennt. In diesen Bildern treffen die beiden typischen Stereotypen – „wilde/edle Eingeborene“ und hypersexualisiertes Pin-Up –, die Mutu kritisiert und hinterfragt, direkt aufeinander. Eines ihrer Anliegen ist es außerdem gegen das weitverbreitete Afrika-Bild anzukämpfen, welches Afrika als archaischen Ort imaginiert.

In dem Film der Art Gallery of Ontario über und mit Wangechi Mutu sieht man, wie ihre Collagen entstehen, aber auch wie sie Kunstinstallationen vorbereitet. Sie erzählt in einer angenehm einfachen und direkten Art und Weise über ihre Intentionen.

Einen Teil ihrer Kunst kann man anlässlich ihres Gewinns des „Artist of the Year“ der Deutschen Bank nun bis zum 13.06. im Deutschen Guggenheim Berlin sehen.

4 Kommentare zu „Wangechi Mutus „warrior girls“ erobern Berlin

  1. vielen dank für die einführung!
    erst heute morgen auf dem weg zur u-bahn entdeckte ich das plakat zur ausstellung, was sofort meine neugierde weckte, zumal ich wangechi mutu vorher gar nicht kannte.

    ps.: montags ist der eintritt im guggenheim gratis.

  2. Vielen Dank! Und sehr gut der Hinweis mit dem gratis Eintritt, ich wusste doch, dass ich beim Schreiben irgendwas vergessen hatte (Ja, irgendwas vergisst man immer) :D Aber jetzt ist die Info ja auch hier zu finden.

Kommentare sind geschlossen.

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