Veganismus – Instrument zur Körpernormierung?

Lisa, 1987 in Mainz geboren und in einem kleinen Ort in der Nähe aufgewachsen. Wurde streng konservativ erzogen, was mich kritisch gemacht und enorm geprägt hat. Nun sitze ich in Berlin an meiner Masterarbeit zum Thema Veganismus und Geschlecht, weshalb ich mich sehr intensiv mit Geschlechterverhältnissen, Körper und Ernährung befasse und mir die hegemoniale Stellung der Uni dabei umso bewusster wird.

„Ich probiere jetzt mal vegan!“, verkündet mir kürzlich eine Freundin. Ich bin verwirrt. Seit zwei Jahren lebe ich vegan und habe bislang zwar Anerkennung für meine ‚Disziplin‘ erhalten, dennoch wurden meine Tierrechtsbegründungen stets von ihr belächelt und mit lapidarem „Ja… du hast ja Recht, aber…“ oder „man kann’s auch übertreiben“ abgetan. Und jetzt, von 0 auf 100? Woher kommt der plötzliche Sinneswandel? Die prompte Erklärung folgt zugleich: „Damit kann man gut abnehmen“. Ich schlucke,…ach…, so ist das jetzt also.

Vom Antispeziezismus zur Diätformel?

Vegan sein wird gesellschaftsfähig. Überall wird darüber berichtet, geschrieben und kommentiert. Der Blick in die Auslage vieler Buchläden zeigt die explosionsartige Vermehrung von Literatur, Kochbüchern und Diätbibeln, auf denen in großen Lettern „VEGAN“ stehen. Bei Titeln wie „Vegan,Schlank&Fit“ oder „Vegan for fit“ wird schnell deutlich, es geht nicht mehr um den ursprünglichen Veganismus. Nicht um eine, aus Antispeziesismus entstandene und zur Auflehnung gegen herrschende (sexistische) Gewalt- und Machtstrukturen ausgelebte Protestform. Nein, nicht dieser Veganismus. Der neue Veganismus bekommt ein maßgeschneidertes Kleid, ein Korsett, welches durch aktuelle Gesundheits- und Schönheitsvorstellungen gerechtfertigt und durch marktwirtschaftlich geleitete Interessen schön eng geschnürt und angefeuert werden kann. Konzerne wittern ein Millionengeschäft im veganen Lebenswandel, der so schön praktisch alle aktuellen Werte in Bezug auf Körper und Gesundheit in sich zu vereinen scheint. Allein 2014 stiegen die Umsätze bei Sojaprodukten und weiteren veganen Lebensmittel um durchschnittlich 25% im Vergleich zum Vorjahr.

Lebt alle vegan?

Bis vor kurzem war ich noch der Meinung, scheißegal aus welchem Grund. Lebt alle vegan! Denn dem geretteten Tier oder der Umwelt ist es egal aus welchem Grund es passiert. Mittlerweile bin ich genervt, höllisch genervt!: Die Tatsache, dass vegan sein – zumindest wenn man die Auslagen in jeder zweiten Buchhandlung glaubt – eine Figur-Wunderformel zu sein scheint. Das Ganze „Ach ist ja voll gesund! Da wird man schlank!“ stinkt zum Himmel. So erkennt mensch auch beim näheren Hinschauen, dass es bei den zig neuen Büchern, die sich um die ‚ach so gesunde‘ vegane Ernährung drehen gar nicht um Tierschutz oder einen emanzipatorischen Akt geht. Wenn es gut läuft, befindet sich vielleicht ein kleiner Satz à la „Nebenbei die Tierwelt retten“ irgendwo am hintersten Zipfel des Gesamtwerkes, den sowieso kein Mensch mehr lesen wird. Das ursprüngliche Ziel einer veganen Lebensweise, nämlich der Achtsamkeit vor jeglichen Lebewesen, ohne Unterdrückung und Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Spezies sowie durch sie einen Gegenpol zur konventionellen marktwirtschaftlichen Lebensmittelindustrie zu schaffen, gehen in dieser Illusion von der veganen Superkraft völlig verloren. Den Tieren hilft das zwar immer noch, aber die weiteren Konsequenzen sind ziemlich beschissen.

Schön und Gesund

Einziges Ziel vieler scheint es, ‚Schlank und Fit‘ zu werden, ‚vegan for fit‘ zu sein und sich dabei selbst so zu optimieren, dass mensch möglichst leistungsfähig und verwertbar wird. (Ein Dank an die neue Vegan-Literatur!) Schließlich sind wir mittlerweile vollkommen allein für unsere Gesundheit und unseren Köper verantwortlich. „Darmkrebs? Hach, selber schuld! Du bist was du isst!“. Gesundheit und Schönheit scheinen untrennbar ineinander verwoben zu sein, denn wer sportlich und schlank ist, der kann doch gar nicht krank werden, oder? Umgekehrt folgt bei Menschen die nicht diese Norm erfüllen der Schluss, die Person habe sich nicht unter Kontrolle, sei stark gesundheitsgefährdet. Die gesellschaftlichen Ideale eines konstruierten normschönen Körpers (weiß, schlank, gesund und fit) stellen stetig wachsende Anforderungen an uns sowie unseren Körper, die zugleich diskriminierend und sich stetig selbst reproduzierend wirken. Ein Weg mit solchen Kontrollverlusterfahrungen umzugehen, kann (unbewusst) über Ernährung und Körpernormierung erfolgen. Auch wenn das Ziel nicht immer ist, schlank und fit zu werden, so ist es doch interessant, dass alleine in Deutschland ein Fünftel aller Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren sich mittlerweile über das eigene Essverhalten zu normieren versucht, wie der aktuelle Pinkstinks-Protest im Zuge von Germany’s Next Topmodel #keinbildfuerheidi zeigt.

Weiblicher Veganismus?

Glaubt mensch den wenigen offiziellen Zahlen „Nationale Verzehrstudie“ oder dem Vegetarierbund, so lässt sich vegane Ernährung als eine hauptsächlich von jungen Frauen eingeschlagene Lebensweise bestimmen. Aus den Studien geht hervor, dass Frauen wesentlich häufiger auf Fleisch verzichten als Männer. Aber wieso sind so viel mehr Frauen Vegetarierinnen oder Veganerinnen? Ist es Zufall? Oder ist es vielleicht für viele eine Möglichkeit mit gutem Gewissen unter dem Deckmantel des Fleischverzichts, den aktuellen Gesundheits-und Schönheitsidealen zu frönen? Kann es sein, dass das neue Kleid des Veganismus eine kollektive, gesellschaftsfähige Diät legitimiert? Selbst in den feministischen, linken und queeren Kreisen, den sich selbst als systemkritisch und als emanzipiert verstehenden?

Körper = Tabuthema!?

Wir alle sind in diese Schönheitsideale und Normen unserer Kultur eingeboren, sie wurden uns eingetrichtert und in uns hineinsozialisiert, von klein auf. Alleine durch Bewusstwerden und Ablehnen dieser Ideale, die aus (weißer) männlicher Dominanz entstanden sind, die wir aber auch stetig weiter reproduzieren, können wir nicht viel ändern. Denn, wie auch Bourdieu mit seinen Überlegungen in „Die Männliche Herrschaft“ (2005) feststellt: Wir kommen nicht raus aus diesem Herrschaftssystem! Wir selbst sind Produkt und Teil des Ganzen. Aber dennoch müssen wir immer wieder darüber reden, aufschreien und letztendlich auch tätig werden. Uns stinken diese beschissenen Ideale? Warum spiegelt sich das nicht im Verhältnis zu unserem Körper wieder? Weil wir selbst reflektiert und angeekelt von Schönheitsidealen und Gesundheitsnormen mitmachen. Weil wir Shows wie Germany’s Next Topmodel verachten und über die steigenden Zahlen junger Frauen schockiert sind, die mit einer „Essstörung“ diagnostiziert und pathologisiert werden. Weil wir wissen, dass gesellschaftliche Verhältnisse mit verantwortlich sind, wir aber trotzdem Teil davon sind. Es schwer fällt sich von diesen Werten und Idealen frei zu machen, da wir ja selbst irgendwie auch in diesem System funktionieren wollen. Die Tatsache, dass die vegane Lebensform den Ruf hat, die schlanke Linie zu fördern und zunehmend in jeglichen Kreisen vor allem an Anhängerinnen dazu gewinnt, betrachte ich genau deshalb mit gemischten Gefühlen. Dabei frage ich mich als langjährige Veganerin selbst, welche Rolle dieser Punkt bei meiner Entscheidung gespielt hat. Keiner Person ist zu verübeln, wenn sie sich bewusst und vermeintlich gesund ernähren möchte, aber hinterfragen, was hinter diesem Wunsch steckt, darf dabei einfach nicht fehlen.

Warum so schweigsam?

Versteht mich nicht falsch, ich sage nicht, dass vegan Leben immer gleichzeitig bedeutet, dass mensch unkritisch den geltenden Schönheits- und Gesundheitsidealen folgt ohne diese zu hinterfragen. Es gibt zahlreiche Gründe, die vom Versuch Kontrolle über den eigenen Körper (zurück) zu gewinnen bis hin zum Antispeziezismus-Gedanken reichen. Im Anbetracht des öffentlich entstandenen Bildes über vegane Lebensweisen würde ich mir aber wünschen, dass zumindest darüber diskutiert wird. Denn wie auch Magda in ihrem Artikel „Die politische Dimension von fett“ schon festgestellt hat: Wir alle sind gegen fatshaming usw. aber geredet wird über das Verhältnis zum eigenen Köper kaum bis gar nicht, auch nicht in linken, queer-feministischen Kontexten. Gerade hier ist aber die Zahl an vegan lebenden Menschen besonders hoch. Kritischer und reflektierterer Kreis? Und wenn schon, es ist ein Tabuthema. Besonders die große Verschwiegenheit darüber, wie Veganismus für die Massenverträglichkeit zu einem Diät- und Gesundheits-Allheilmittel deklariert wird, ist gefährlich. Denn dieses Schweigen verläuft zu Gunsten von marktwirtschaftlichen Interessen und den damit verbundenen Schönheitsidealen, was nicht zuletzt dazu führt, dass Frauen im öffentlichen Raum so wenig Platz wie nötig einnehmen (sollen), gar objektiviert werden. Im Sinne von kleinen, zierlichen Körpern, aber auch im Sinne von nicht vorhandenen, da sie viel zu viel mit der eigenen Nahrungsaufnahme beschäftigt sind, als dass sie in politischen Debatten mitwirken könnten. Deshalb gilt es erst recht zu diskutieren und aufmerksam zu machen.

56 Kommentare zu „Veganismus – Instrument zur Körpernormierung?

  1. Hey Lisa,

    vielen Dank für diesen klugen und viele wichtige Fragen aufwerfenden Text!

    Ich denke darüber auch schon sehr lange nach, gerade auch aktuell, weil Attila Hildmann (gern gesehener Talkshow-Gast übrigens) gerade eine Abnehmshow mit dicken Menschen plant, während seine Videos und Bücher gut weiter gehypt werden (argh!!!).

    Liebe Grüße
    Magda

  2. Schöner Artikel. Formulierungen wie „ursprünglicher Veganismus“ finde ich schwierig. Veganismus lässt sich schwer auf eine Intention zurückführen (auch wenn mensch das häufig von sich behauptet) und die Tabuisierung von Nahrung ist ja auch keine neues Phänomen und weit älter als der Beginn der (von Foucault skizierten) Bio-Macht. Somit spielen sicherlich auch weitere Theorieansätze bei der Ablehnung von Fleisch etc. eine Rolle (ich denke dabei besonders an funktionalistische Perspektiven). Auch Optimierungsmechanismen wirken weiter als auf den Körper und die Optimierung des ethischen Verhaltens spielt sicher auch eine Rolle. Dennoch: Als Denkanstoß hilfreich und lesenswert.

  3. Danke schon mal für die Kommentare!

    Muggsy, da hast du recht, ich wollte mit dem Artikel auch nicht behaupten, es gäbe nur diesen einen theoretischen Ansatz, selbstverständlich gibt es zahlreiche Gründe für Fleischverzicht. Mir geht es eher darum, die meiner Meinung nach kritische aktuelle Entwicklung aufzugreifen.

  4. Ich hab Deinen Text ein paar mal und mit gemischten Gefühlen gelesen. Ich war selbst 17 Jahre vegan und hab´s in meinem Arbeitsalltag irgendwann aufgegeben. „Damals“ war meine Ernährungsalternative – noch viel mehr als heute – eine sehr auf „Reis mit Scheiß“ eingeschränkte. Das Essen aus dem Reformhaus/Bioladen war (und ist) schlicht und einfach zu teuer. Von selbst wäre ich wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, mich vegan zu ernähren – das war mein Tierrechtsumfeld, das in erster Linie aus „alternativen“ Mittel-Upper-Class „Linken“ bestand.

    Da beginnt die Lücke, die mir fehlt: Ernährung, die damit präsentierte Ethik und Körperbewusstsein sind eng an Klassenverhältnisse geknüpft. Die mittlere und obere Klasse schöpft Selbstwert aus einer moralischen und vermeintlich „besseren“ Ernährung und kann sich damit – ganz laid back – und nach außen als nicht an Körpernormen orientiert präsentieren. (vgl. Otto Penz „Schönheit als Praxis“ – um hier auch mal Wissenschaftsposing zu betreiben… ich les ja ab und zu ein Buch)

    Der Punkt, den Du ansprichst mit der Verantwortlichkeit für den eigenen Körper und die eigene Gesundheit in Verbindung mit Ernährungsentscheidungen kann für mich nicht von Klassenverhältnissen und den damit verbundenen Ressourcen – oder nicht Ressourcen – getrennt werden.

    Veganismus lässt sich – mittlerweile – gut vermarkten. Verbunden mit Schlagwörtern wie „Körperbewusstsein“ und „Gesundheit“ bekommt das ganze einen nach „unten“ abgrenzungsfähigen Besserfühltouch für die, die es sich leisten können, Zeit und Geld in ihre Ernährung zu stecken.

    Deshalb wundert es mich nicht, dass in queerfeministischen, linken Kontexten Körpernormierung über die – vermeintlich – „reflektierte und kritische“ (noch mehr Mittelklassewerte – *schnaub*) Ernährung gelebt wird.

  5. Hey ClaraRosa,
    danke für den wichtigen Beitrag!

    Klassenverhältnisse spielen auf jeden Fall eine wichtige Rolle. Und das „Schönheit als Praxis“ liegt lustigerweise auch auf meinem Scheibtisch. Deine Ergänzung finde ich daher angebracht!

  6. Hallo,

    ich finde die Punkte die du aufwirfst total berechtigt.
    Einen grundsätzlichen Vorschlag habe ich aber zu den Begriffen „normieren“, „normiertere Körper“ und so weiter. Ich habe jetzt häufig erlebt, dass diese Begriffe vorzugsweise unter wie auch immer gearteten Geisteswissenschafltler_innen ständig benutzt und offenbar verstanden werden, bei Menschen in anderen Disziplinen aber für Verwirrung sorgen. „Norm“ ist eigentlich ein technischer Begriff, und zwar ein postiver. Es gibt Sicherheitsnormen, die beim Gebäudebau, bei Brandschutzanlagen usw. berücksichtigt werden müssen und auch dafür entwickelt werden. Dass etwas „genormt“ ist, bedeutet hier also nicht, dass es „normal“ ist oder einem willkürlich festgelegten Standard entspricht, sondern dass es einem sorgfältig geprüften und sehr sinnvollen Standard entspricht. Das passt mit dem, was in unseren Debatten mit „Normkörper“ gemeint ist, überhaupt nicht mehr zusammen und wie gesagt, ich habe da schon häufiger Verständnisschwierigkeiten erlebt.
    Vielleicht können wir ein besseres Wort finden, statt „sich normieren“ z.B. „sich gesellschaftlichen Standards/Vorstellungen anpassen“ oder so. Nur so ein Vorschlag.

  7. (tw: erwähnung von homophobie)

    das labeling von Fleischkonsum als marker von männlichkeit tut sicher auch sehr viel dazu, dass der anteil von weiblichen veganer_innen deutlich höher ist.

    gab auch eine studie dazu- diesem vertreten von archaischen rollenbildern durch die definition von fleisch(und zugehörige dinge wie z.B grillen) als männlich, am salat nibbeln und nahrung verneinen wird als weiblich definiert(hier passt der Verweis auf diätismus und fatshaming sehr, auch weil fette männer deutlich weniger abgewertet und geshamed werden, da ihr aussehen von der gesellschaft nicht so massiv gestraft und reguliert wird)

    beispielsweise werden sogar Männer, die vegetarisch essen, als weniger maskulin eingeschätzt- die definition von „männlichkeit“ ist also auch hier massiv vetreten.

    http://science.orf.at/stories/1709595/

    da gibt esdann selbst so homophobe werbung die sagt (homophobie)

    Tofu ist schwules fleisch.
    http://www.vegetarier.net/2012/03/27/verdammte-toleranz-tofu-ist-schwules-fleisch.html

    männlichkeit ist also nicht weiblichkeit, dadurch wird der gegensatz „fleischesser=männlich“ zu vegetarier/veganer_innen= weiblich“ wieder eingehämmert.

    Durch werbung und artikel, filme und altäglicher sexismus, der sich auch in abwertenden kommentaren einiger fleischkonsumenten gegenüber vegis äußert, wird dies verstärkt.

    ( zB das Machtargument: Wir sind an der spitze der nahrungskette“-> weil wir macht ausüben können, tun wir das, dazu gewalt/töten als archaisches symbl der maskulinen macht (Großwild und allgemein Jagt)
    oder der Verweis auf (sexistische und biologistische) Ideen von steinzeitjäger und der sammlerin. (die ja nun auch massiv durch den bias von forscher_innen begründet sind und weniger in den ermittelten daten)

    diesen Aspekt halte ich für durchaus wichtig.

  8. Wie ich finde, ein guter Artikel den ich eigentlich so aus meiner Erfahrung & Sichtweise so ziemlich unterschreiben könnte- was nur so etwas die Ironie des ganzen ist; Veganismus wird zwar als „super diät“ u.ä. angepriesen- fakt ist aber das dies ja noch nicht mal wirklich zutrifft. Zwar sind die meisten Veganer*innen eher schlank, nicht desto trotz sind mir auch schon genug begegnet die mit ihrem Körper nicht dem gesellschaftlichen Schönheitsideal entsprechen.

    Und mit teuren Bio (und ähnlichen Luxusprodukten) muss Veganismus nix zu tun haben – zumindest wenn mensch sich aus ethisch/politischen Motiven dazu entscheidet.

  9. Vegan essen ist kein Garant fürs Abnehmen.
    Es gibt genügend rundliche Veganer/innen.
    Es ist oft eine Frage der Kohlenhydratverwertung des individuellen Körpers.

  10. Hey Lisa,
    cool, dass sich noch mehr Menschen zu dem Thema Gedanken machen :) Mich beschäftigt auch die Frage, ob jeder Veganer (aus egal welchen Gründen) „zählt“, oder ob die Beweggründe für Veganismus auch wichtig sind.
    Du hast ja auch von „marktwirtschaftlich geleiteten Interessen“ gesprochen, welche meiner Meinung nach ein sehr unterschätztes Thema beim Veganismus sind. Im Moment glaube ich, dass nachhaltige, „ethisch korrekte“ Ernährung bzw. Tier“haltung“ mit dem Kapitalismus generell unvereinbar sind. Wenn jetzt aber immer mehr Menschen sich dieser „Selbstvermarktungsidee“ (wie du sie auch ansprichst) mittels des Veganismus unterwerfen, könnte das letztlich dem Kapitalismus mehr nutzen als schaden, weil eben erstens der Nachhaltigkeitsgedanke und Emanzipationsgedanke in den Hintergrund rückt und zweitens die Menschen das „kapitalistische Gedankengut“ (ich nenns jetzt einfach mal so) immer stärker verinnerlichen.
    Siehe dazu auch „Soziologie Kapitalismus Kritik“ von Dörre, Rosa, Lessenich
    http://www.stephan-lessenich.de/index.php?option=com_content&task=blogcategory&id=8&Itemid=11

    Jedoch sollte man unter Umständen auch nicht die Macht der Gewohnheit unterschätzen, das heißt dass gewisse Werte sich oftmals erst manifestieren, wenn der dazu passende Umgang bereits Alltag ist. Wer erstmal anfängt sich aus gesundheitlichen Gründen vegan zu ernähren, beschäftigt sich denke ich oft dann mit der Zeit auch mit Tierrechtsfragen und ähnlichem. Dass diese Themen natürlich noch irgendwie präsent sein müssen, und meiner Meinung nach auch im persönlichen Vordergrund stehen sollten, ist selbstverständlich :)

    Liebe Grüße,
    Sebie

  11. Sehr lesenswerter Artikel, danke!!
    Ich möchte noch ergänzen, dass Veganismus als wirkungsvolle Praxis der Kapitalismuskritik bzw. ökologische Alternative noch in einer anderen Hinsicht angezweifelt werden kann. Nämlich wenn die Folgen industrieller Landwirtschaft z.B. durch Sojaanbau miteinbezogen werden:
    Die Plantagen haben Regenwald unwiederbringlich zerstört, und damit einen großen Lebensraum, der für viele Tier-und Pflanzenarten Heimat war (ein Lebensraum, der über Jahrmillionen entstanden ist, und in dem auch die Landbevölkerung ihr Auskommen hatte, in dem sie nachhaltig mit den Ressourcen des Waldes umzugehen vermochte ). Die Slums in den Städten sind ja nicht ohne Grund „einfach so“ angewachsen, sondern korrelieren mit dem Landraub der von einigen westlichen Großunternehmen vorgenommen wurde.
    Darüber hinaus erfordern Monokulturen eine riesige Menge an fossilen Brennstoffen, für deren Abbau ebenfalls Lebensraum zerstört werden musste. Die Böden verlieren in der industriellen Landwirtschaft sehr zügig an Bodenfruchtbarkeit, das muss ebenfalls über chemische Düngemittel (sehr engergieintensive Angelegenheit) kompensiert werden. Das liegt daran, dass die Weidewirtschaft ersetzt worden ist durch die billige Massentierhaltung in Ställen, die von VeganerInnen zurecht als Tierfolter abgelehnt wird. Jedenfalls endet eine rein vegane Landwirtschaft ohne den Beitrag tierischer Hinterlassenschaften in einer Wüste, wenn nicht ständig Kunstdünger produziert wird bzw. neue Flächen für die menschliche Ernährung gerodet werden. Es ist ja keine neue Nachricht, dass unsere Erde jedoch endlich ist, und das nicht nachhaltig sein kann.
    Der Boden muss ebenfalls ernährt werden: Stickstoff, Kalium, Phospor für den Boden gäbe es in Mengen, wenn ursprüngliche Biotope wie Prärien, Flusslandschaften und Wälder nicht zerstört würden. Es braucht eine Form der Ernährung, die Menschen und die Pflanzen und Tiere ernähren kann, alle zusammen, und nicht wie in der industrielle Landwirtschaft, die die Äcker noch von den kleinsten Bodenlebewesen „befreit“, denen die Menschheit doch das Leben überhaupt erst verdankt! Die Böden und der Regen sind die einzigen Lebensgrundlage, wieso graben wir unser eigenes Grab mit unserem Konsum von Weizen, Soja und Mais? (siehe auch Lierre Keith: Vegetarian Myth, 2009)

  12. @ Mara

    Ich denke schon, dass Veganismus zweifelsohne die ökologisch sinnvollere Ernährungsweise ist. Schlicht weil Tierhaltung wesentlich mehr Fläche zur Produktion von Pflanzen benötigt. Gerade Mais und Soja werden ja vor allem als Futtermittel in der Massentierhaltung genutzt.

  13. Vielen Dank für diesen tollen Artikel! Du hast viele sehr wichtige Punkte angesprochen. Das, was Du beschreibst, kann man auch besonders gut auf veganen Blogs nachlesen. Der Verzicht auf Tierprodukte ist nicht genug, man soll am besten auch auf Zucker, Weißmehl und Fertigprodukte verzichten und ja, hier steht der eigene Körper immer viel mehr im Zentrum als alles andere. Eine gemüselastige, fettarme Ernährung wird propagiert (Kuchen = Sünde), regelmäßig werden Schuldgefühle thematisiert, weil es mit der zucker- oder salzarmen Ernährung doch nicht so geklappt hat, wie man sich das vorgestellt hat. Dann unterwerfen sich viele pseudowissenschaftlichen Ritualen (detox), um es wieder geradezubiegen. Und kaum jemand hinterfragt das, denn natürlich will man sich hier an das gängige Schönheitsideal anpassen und viele können gar nicht verstehen, was daran problematisch ist. Deine Wendung vom engen Korsett trifft es sehr gut, plötzlich gibt es so viele Verhaltensregeln, dass einem ganz schwindelig werden könnte. Auch der Veganismus ist endlich im Neoliberalismus angekommen und Systemkritik sehe ich nirgends.

    @Mara: Die Monokulturen auf die Du Dich beziehst, sind nicht zum menschlichen Konsum gedacht. Das landet alles in der Tiermast.
    http://land-grabbing.de/triebkraefte/futtermittel/fallbeispiel-sojaproduktion-in-lateinamerika/
    Zu Lierre Keith gibt es sehr viele lesenswerte kritische Artikel, die ihre oft falschen Argumente auseinandernehmen.
    http://www.theveganrd.com/2010/09/review-of-the-vegetarian-myth.html
    http://skepticalvegan.com/2010/03/19/myths-of-the-vegetarian-myth/

  14. Ich möchte mich ClaraRosas Kommentar anschließen.

    Ich selbst lebe seit 9 Jahren vegan (seit 15 vegetarisch, als erste und lange Zeit einzige Person in meinem kompletten Umfeld) und habe in dieser Zeit einen deutlichen Wandel miterlebt. Die ersten Jahre habe ich mich vorwiegend von Nudeln mit Tomatensauce ernährt, das war günstig und das gabs im hiesigen Supermarkt. Mein erstes Kochbuch war „Die vegane Küche“ von PETA (rückblickend betrachtet auch nicht so viel besser als Attila Hildmann, aber immerhin noch sehr auf ethische Aspekte fokussiert). Es hat keine 10€ gekostet und war damals das Einzige, was die lokale Buchhandlung führte. Ausprobiert habe ich daraus nur die Gerichte, bei denen ich die Zutaten bereits kannte, was bei diesem Buch tatsächlich noch verhältnismäßig viele waren. Als Fleischersatz habe ich hin und wieder mal Tofu verwendet, ansonsten bestand meine Ernährung aus Gemüse, Hülsenfrüchten und ganz vorne weg: Kohlenhydraten.

    Mit den Jahren wurde Veganismus populärer (damals noch eher im Zusammenhang mit Krankheiten wie BSE, Schweinegrippe usw.) und irgendwann gab es die ersten veganen Bratlinge im Supermarkt. Wow! Später kamen noch veggie Schnitzel und Bratvürstchen hinzu. Mein Ernährungsspektrum hat sich dadurch erweitert, wenn auch selbst diese Produkte für mich weiterhin Luxusgüter gebliegen sind (ich habe mitunter ziemlich einseitig gegessen und immer sehr viel selbst gemacht).

    Dann kam vor etwa zwei Jahren mit dem „Vegan for Fit“ und Hildmanns gekonnter Selbstvermarktung die nächste Welle. Vegan stand jetzt mehr denn ja im Zusammenhang mit Gesundheit, Fitness und Leistung. Dieses extrem klobige und bunt bebilderte Buch kostet dabei etwa viermal so viel wie mein erstes veganes Kochbuch damals. 30€ für ein Kochbuch muss man erstmal locker machen können. Dann geht es auf den ersten Seiten direkt weiter: kauf dir einen Mixxer für 200€, einen Spiralschneider für mindestens 30€ usw. usf. Ganz zu schweigen von den Gerichten! Mandelmus, Hildmanns Lieblingszutat, kostet pro Glas mehr als 10€. Und es ist nicht so, als würde er davon nur ein paar Teelöffelchen pro Gericht verwenden… Nudeln aus Zuccini sind ja schön und gut (und zugegeben auch wirklich lecker), kosten aber weitaus mehr im Einkauf, machen viel schlechter satt und halten kaum vor. Eine Ernährung nach Attilla Hildmann (andere Kochbücher kenne ich nicht, deshalb kann ich mich nur immer wieder auf dieses beziehen, welches aber auch das bekannteste sein dürfte) muss man sich erst mal leisten können!

    Und hier gibt es einfach unendlich viele Parallelen zu anderen klassistischen Diskursen, in denen es zB heißt: „Wer schlecht isst, hat nur schlecht geplant“ usw. usf. In diesem Zusammenhang sollte es meiner Meinung nach keineswegs nur darum gehen, wer sich warum so ernähren WILL, sondern auch, wer es KANN.

    Wenn mir damals in der Buchhandlung als einzige Alternative das „Vegan For Fit“ vorgelegt worden wäre, wäre ich vermutlich nie richtig vegan geworden. Schlicht und einfach, weil ich es mir nicht hätte leisten können…

  15. Ich glaube, darauf gibt es keine so einfache Antwort, nur kurz, natürlich ist der Verzehr von Fleisch aus Tierfabriken absolut umweltschädlich, aber der Anbau von Getreide ist eben auch nicht ohne. Die Anbauflächen auf der Welt werden geringer, die Desertifikation nimmt dramatisch zu. Die fossilen Wasservorräte werden heute schon für die normale Produktion angezapft, die Versalzung der Böden ist für die Landbevölkerung überall auf den großen Anbaugebieten lebensbedrohlich, und ich sehe es nicht ein, wieso Grundnahrungsmittel teuer importiert werden müssen in Anbauländer, und lokale Subsistenzwirtschaften dafür zugrunde gehen. Klar, es ist politisch en vogue kohlenhydratreich zu essen, aber gleichzeitig gibt es doch westliche Staaten, die ein großes Interesse daran haben, das zu propagieren:
    Die mit der industriellen Landwirtschaft verbundenen Industrien (Chemische Industrie: Dünger,Pestizide, Ölindustrie: Treibstoff, Autoindustrie: Landmaschinen, Pharmaindustrie: Antibiotika für Tiere) sind ein ganzer Komplex, der Wirtschaftswachstum am Laufen hält – was hat das mit einer ökologischen Lebensweise zu tun, Ressourcen auszubeuten, und dem Land nichts wiederzugeben?
    Im Gegensatz zu Gras (das die Erde völlig ohne unser zutun bedeckt, und von Wiederkäuern von unverdaulicher Zellulose in Eiweiß umgewandelt wird und auch alles ohne menschliches zutun )ist Getreide die ideale Handelsware, da transport- und lagerfähig, überall in derselben Qualität egal wo angebaut, als Mehl in tausend verschiedenste „Waren“ zu transformieren (siehe Supermarktregale): kurz das ideal zu vermarktende industrielle Produkt, mit dem gut Geld verdient werden kann. Welche Lebensräume dafür geopfert wurden, wieviele Tier- und Pflanzenarten dafür ausgestorben sind, dafür ist in unserer Kultur kein Platz, ja es gibt noch nicht mal ein Erinnern an das Verlorene.

  16. Das meiste Soja wird doch für die Tiermast angebaut, und die VeganerInnen, die ich kenne, essen auch sehr wenig Soja. Was angezweifelt werden darf, ist zB, ob ich schlimmer bin, wenn ich meiner Bio Schafbäurin einen Schlegel abkaufe, oder wenn ich mir meine Makrobiotik Zutaten aus Japan herfliegen lasse.

  17. @kaethe,

    bei Indyvegan wurde heute ein Artikel veröffentlicht, in dem ein anderes Phänomen beleuchtet wird, nämlich dass die Verbindung von Männlichkeit und Fleisch umgedreht und behauptet wird, Veganismus sei männlich. Attila Hildmann beispielsweise sagt, „Echte Männer essen Tofu“ oder das Deutsche Tierschutzbüro, auf deren aktuelle Kampagne gegen die Jagd sich der Artikel von Indyvegan bezieht, behauptet „Echte Männer“ würden nicht jagen, sondern sich um Tiere kümmern. http://indyvegan.org/echt-oder-unecht-mann/

  18. Stichwort Klassismus: Ich finde es ein bisschen schräg, wie einerseits impliziert wird, dass vegane Ernährung nur/eher was für ökonomisch Bessergestellte mit entsprechendem Habitus ist (oder leichter für die zu haben) und andererseits der Anspruch erhoben wird, dass jedes Nahrungsmittel erschwinglich sein muss, weil die „billigen“ Lebensmittel eher ungesund und global nicht so ganz ökologisch verträglich sind. Ich finde es auch problematisch, hier wieder zwischen unterschiedlichen Lebensmitteln zu werten und unverhohlen in Food-Talk einzusteigen, der ja auch im Artikel bereits kritisiert wird.

    Diejenigen, die in erster Linie betroffen sind vom kapitalistischen Geschäft mit Lebensmitteln, Ernährungsweisen und Lifestyle, sind alle Menschen, deren Arbeitskraft dafür ausgebeutet wird, deren Land geraubt wird, deren Ressourcen enteignet und verschwendet werden. Und sicher nicht wir weißen Kids aus WohlstandsDeutschland, die sich auf Dauer keine Nudeln aus Zucchini leisten können – (auch weil das angeblich nicht so lange satt macht *augenroll*). Mal ganz davon abgesehen, dass auch nicht vegane Lebensmittel zum teil höherpreisig sind. Oder auch für’s Kochen in der nicht-veganen/vegetarischen Küche benutzt werden. Auch noch anzumerken wäre, dass es Ernährung in anderen Ländern gibt, die das Label „vegan“ überhaupt nicht braucht, weil dort aus unterschiedlichen Gründen (zum Großteil) auf tierische Produkte verzichtet wird.

    Ich möchte außerdem zu bedenken geben, dass vegane Ernährung für die meisten hier lebenden (und kommentierenden) eine Entscheidungsfrage des (politisierten) Lebensstil ist. Die Distinktion zwischen weißen privilegierten und nicht ganz so privilegierten weißen, die sich gegenseitig vorrechnen, wer jetzt mehr von globalen Ausbeutungsverhältnissen profitiert, macht jedenfalls nicht so viel Sinn.

  19. Tierische Produkte sind oftmals günstiger, weil sie subventioniert werden – das ist eine politische Entscheidung, keine ökologische.

    Und es sind eben nicht pauschal „Frauen“, die den Großteil der vegan lebenden Menschen ausmachen, sondern formal gebildete und einkommensstarke Frauen. Zur Zielgruppe dieser veganen Diät-/Fitness-Bücher gehört nicht die alleinerziehende Mutter mit dem 40 Stunden-Job als Verkäuferin. (Und nicht nur in ihrem Fall würde es einen Unterschied machen, wie lange ein Gericht satt hält. Ich verstehe wirklich nicht, was du, Nadine, daran so lächerlich findest.)

    Wie ClaraRosa schrieb:

    „Da beginnt die Lücke, die mir fehlt: Ernährung, die damit präsentierte Ethik und Körperbewusstsein sind eng an Klassenverhältnisse geknüpft. Die mittlere und obere Klasse schöpft Selbstwert aus einer moralischen und vermeintlich “besseren” Ernährung und kann sich damit – ganz laid back – und nach außen als nicht an Körpernormen orientiert präsentieren.“

  20. Danke für den tollen Artikel, der mir so aus der Seele spricht!
    Ich habe mich als Neuveganerin ganz begeistert durch die zahlreichen youtube-Kanäle mit vegan-content gesuchtet und musste sehr schnell ernüchtert feststellen, dass systematische Herrschaftskritik und eine kritische Betrachtung von zB Geschlechterpraxen (Schlankheitswahn, Enthaarung weiblicher* Körper, etc) quasi kein Thema war. Mitleid für die Tiere ja und auch ein bisschen Umweltschutz (Stichwort: Verpackungen reduzieren), aber ansonsten ganz viel Konsumismus und Distinktionsgewinn (wie Viruletta schon gesagt hat), ganz zu schweigen von einem simplistischen Gesundheitsbegriff („gutes“ Essen und Bewegung=Gesundheit).
    Was ich auch hochirritierend empfinde ist der im Dunstkreis dieser veganen Szene oft gehörte Begriff des „clean eating“, im Rahmen dessen möglichst „natürliche“, unverarbeitete Lebensmittel zu sich genommen werden. Daneben gibt es noch zahlreiche weitere aufwendige Ernährungsweisen (high carb, low carb…). Diese Ernährungspraxen sind für meine Begriffe Ausdruck eines hohes Maßes an Selbstbezogenheit, aber auch Bedürftigkeit. Als wie verletzlich muss man sich wahrnehmen, um zu solch aufwendigen Maßnahmen zu greifen, um sich als gesund, schön (TM) oder leistungsfähig zu empfinden?

  21. Ich würde den Kampf gegen eine Zweiklassenernährung in Industrieländern und gegen Ausbeutung und für Ernährungssouveränität der Menschen im globalen Süden als verbunden ansehen.

    Es geht gar nicht unbedingt darum, dass alle Hildmann-Zucchini-Nudeln konsumieren wollen. Sondern darum, dass Working und Poverty Class Menschen es sich gar nicht leisten können, ihre Konsumentscheidungen „ethisch korrekt“ zu treffen. In dem Artikel gings ja so ein bischen darum, dass Vegan „früher mal wegen den Tierrechten war“, also um Konsum, der weniger Gewalt und Ausbeutung bedeutet.

    Für mich ist der Punkt, dass Politik nicht per Konsumentscheidung und Abstimmung mit dem Geldbeutel gemacht werden kann, sondern durch sozialen Kampf, und das war bei der „alten“ Tierrechts-Vegan-Ökologie-etc.-Bewegung (oder Teilen davon) einfach viel zu wenig Thema.

  22. Also mir fehlt bei der Betrachtung von Veganismus und Geschlecht eine männliche Dimension.
    Die Optimierung des eigenen Körpers ist Maxime des Natural Bodybuildings und diese Szene wird primär durch Männer geprägt. In diesem Bereich gibt es eine wachsende Veganisierung. Sie ist ebenfalls nicht ethisch motiviert, sondern dem Ziel eines gesunden und muskulösen Körpers untergeordnet. Ein Ernährungsveganismus wird auch hier dazu verwendet sich dem Bild von kräftigen Sixpacks und dicken Bizeps zu nähern. (Ich möchte bewusst nicht von vegan Leben reden, da dieses mehr als nur Ernährung und die Reinheit des eigenen Körpers betrifft.) Dass dadurch die Macht des Mannes reproduziert wird korrespondiert eigentlich auch mit deiner Beschreibung des Schlankheitsideals. Das patriarchistische System findet sich in der „Vegan for fit“ Gesellschaft wieder. Auf der einen Seite wird sich durch das Abnehmen in die Unterwerfung veganisiert und auf der anderen Seite formiert sich die Dominanz der männlichen Stärke.
    Anmerken muss ich natürlich auch hier, dass sowohl das Bodybuilding als auch der Abnehmwahn nicht einem Geschlecht vorbehalten sind, sie werden aber jeweils durch eines dominiert.

  23. @viruletta

    ich weiß, dass tierische produkte subventioniert werden und dass das entscheidungen sind, die nichts mit ökologisch verträglich zu tun haben. so habe ich das aber auch gar nicht behauptet. in dem thread hier wird viel darüber geredet, welche ernährungsweise weniger ökologische „fußabdrücke“ hinterlässt, denn zu gucken (ganz egal, wie ich lebe und was ich mir leisten kann), dass die auswirkungen auf die umwelt mit ebenso verheerenden auswirkungen auf die lebensbedingungen von menschen, die an der produktion von nahrungsmitteln mitwirken, die hier gekauft werden können, verbunden sind.

    grundsätzlich gilt, dass auch andere lebensmittel und auch solche, die zur ausschließlich pflanzlichen ernährung genutzt werden, „subventioniert“ sind. dass die preispolitik von lebensmitteln nicht nur deshalb so funktioniert, damit sich das bürgertum / finanziell gut gestellte, nicht prekär lebende durch konsumentscheidungen von anderen abheben kann / können und ernährung so als fancy identitätspolitik daherkommt. im übrigen sind konsumentscheidungen nicht nur immer eine frage des habitus und geldbeutels, distinktion und annäherungen an die norm durch konsum wird von vielen mitgetragen. zu behaupten, dass die einen die „guten“ lebensmittel zu sich nehmen, während die anderen (welche anderen? hier im thread wird lediglich eindimensional auf klassismus rekurriert, so als wären alle gleich betroffen, die durch klassenverhältnisse diskriminiert werden) auf „schlechte/einseitige/mangelernährung“ oder gar „hungern müssen/nicht ausreichend satt werden können“ zurückgeworfen werden in einem westlichen wohlstandsindustriestaat mit unzähligen wahlmöglichkeiten bei der entscheidung, was ich an lebensmitteln überhaupt angeboten bekomme, halte ich für falsch. zudem wertet das lebensmittel in unsinniger weise und befördert ein denken, wonach „was esse ich“ immer an gesundheit geknüpft ist.

    das alles stellt überhaupt nicht in frage, dass zur vermarktung/verwertbarkeit und akkumulation von produkten häufiger/eher einkommensstarke schichten angerufen werden. worauf ich mit meiner kritik eingangs hinaus wollte, ist: dass die implizite forderung, ernährung muss für alle gleichermaßen billig/erschwinglich sein (weil nur dann ist auch eine „ausgewogene“ ernährung und gleichzeitig satt werden möglich) nicht berücksichtigt, auf wessen kosten dieses erschwinglich geht. und dass „ausgewogene“ ernährung nicht kausal mit dem, was ich (theoretisch) kaufen kann, zusammenhängt. ich finde es problematisch, wenn kritik da aufhört, wo der eigene lebensstil, für den ich mich aus (politischen) gründen entschieden habe (auch das setzt oft formale bildung und zeit zur beschäftigung voraus), finanziell nicht so leicht umsetzbar für mich ist. das ist mir zu individuell gedacht.

    @distelfliege

    „Ich würde den Kampf gegen eine Zweiklassenernährung in Industrieländern und gegen Ausbeutung und für Ernährungssouveränität der Menschen im globalen Süden als verbunden ansehen.“

    Darf ich fragen, woran du das fest machst? Und wie definierst du „Zweiklassenernährung“? Ich meinte mit meiner Kritik im übrigen nicht nur Ernährungssouveränität, sondern genereller: Welche globalen Auswirkungen das globale Geschäft mit Nahrungsmitteln für wen hat. Ich sehe es eben nicht so, dass diese Kämpfe verbunden sind. Bisher nehme ich in der Diskussion wahr, dass es Kritik daran gibt, dass in der BRD nicht alle zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel für alle gleichermaßen erschwinglich sind, nicht aber, was der Preis dieser Erschwinglichkeit wäre. Der Artikel oben verdeutlicht strukturelle Dimensionen der Ernährungsindustrie und da sind eben nicht nur jene Menschen betroffen, die nicht wie Freund Attila in jedes Essen einen Bottich Mandelmus kippen können.

    „Sondern darum, dass Working und Poverty Class Menschen es sich gar nicht leisten können, ihre Konsumentscheidungen “ethisch korrekt” zu treffen.“ Ich verstehe glaube ich nicht, was „ethisch korrekte“ Konsumentscheidungen in Bezug auf Nahrungsmittel sind. Solange wir unsere Nahrungsmittel nicht selbst anbauen/herstellen und dafür keine in der gleichen Zeit der Herstellung erneuerbaren Ressourcen benutzen, Ressourcen nicht umverteilt und kollektiviert werden, ist doch keine Konsumentscheidung „ethisch korrekt“, oder? (ich definierte ethisch korrekt als = niemenschen Schaden durch Konsum zufügen) Und wie ich bereits an Viruletta schrieb, halte ich die Unterscheidung von Arbeiter_innen/Armutsklasse, die keine Wahlmöglichkeiten haben und Bürgertum/Mittel/Oberschicht ein bisschen zu simpel.

    „Für mich ist der Punkt, dass Politik nicht per Konsumentscheidung und Abstimmung mit dem Geldbeutel gemacht werden kann, sondern durch sozialen Kampf“. Volle Zustimmung. Und deshalb finde ich es auch problematisch, wenn die Kritik da aufhört, wo der eigene Geldbeutel (vermeintlich) nicht so leicht die politischen individuellen Konsumentscheidungen finanzieren kann.

  24. @Nadine
    1. Ich mache die Verbundenheit der Kämpfe daran fest, was politische Bewegungen von Bäuer_innen und Landlosen an Forderungen formuliert haben und auch daran, dass diese politischen Bewegungen diese Kämpfe als verbunden ansehen und zusammen führen.

    „Zweiklassenernährung“ definieren. Oje. Ich versuchs mal schnell und dreckig:
    Industriell produzierte Nahrung auf Grundlage von Stärkepflanzen, die arm an Vielfalt und Nährstoffen ist, aber sehr sehr viel Profit bringt, für die finanziell weniger gut gestellten Massen, und Bio, Gemüsevielfalt, „Heirloom Sorten“, Zucchininudeln und Co. für einen kleinen Markt von wohlhabenden Konsument_innen. Das ist damit gemeint.

    „ethisch korrekte Konsumentscheidungen“ – damit meine ich überhaupt den Ansatz, politische, ökologische oder soziale Verbesserungen durch Veränderung des eigenen Konsumverhaltens bewirken zu wollen. Diese Art von politischem Wirken bleibt Leuten, die reicher sind, vorbehalten.
    Wenn Menschen mit weniger Geld genau dies kritisieren, bedeutet das keineswegs, dass diese Menschen das „Politik machen mit dem Geldbeutel“ befürworten oder selbst dabei mitmachen wollen. Kritik ist erstmal nur Kritik.. und Leuten, die kritisieren „das ist ja nur für Bonzen“ zu unterstellen, sie wollten ja auch nur wie die Bonzen sein und genauso konsumieren, nur, weil sie sich erstmal auf diesen Kritikpunkt konzentrieren, find ich voreilig.

    Denn was bleibt eigentlich als Ansatzpunkt, wenn du mit deiner Konsumentscheidung nichts bewirken kannst? Politische und soziale Kämpfe führen. So rum wird für mich ein Schuh draus..

  25. @distefliege

    danke für die erklärungen. ich sehe das mit „kritik ist erst einmal nur kritik“ zwar anders (motivationen von kritik und veränderte handlungen stehen für mich immer im vordergrund, wenn ich etwas kritisiere), denke aber, dass wir gar nicht so weit auseinander liegen. mir ist es wichtig mitzudenken, welche konsequenzen meine kritik oder meine politik hat und das ganze eben etwas weiter zu denken als nur: „wie trifft dieser und jener gesellschaftliche zustand“ meine individuelle lebenssituaton.

    und mir ist es wichtig drauf zu schauen, wer welche wahlmöglichkeiten in den eigenen politiken hat. wenn sich herausstellt, dass ich mit meiner grundhaltung oder meinem (aktivistischen) leben, für das ich mich entscheiden konnte(!), auf hürden stoße, die gesellschaftlich bedingt sind, ist für mich die frage, wo ich mit meiner kritik ansetze. und hier sehe ich eben schon die implizite forderung lebensmittel (und auch solche, die viele für ihren distinktionsgewinn nutzen) für alle zur verfügung stellen. ich hab da prinzipiell auch gar nichts gegen, aber auf wessen kosten findet die verbesserung meiner eigenen lebensqualität statt?

  26. Hier wird vielfach davon ausgegangen, dass vegane Ernährung nur etwas für Besserverdienende sei. Dem ist aber nicht so, trotz des Erfolgs der hochpreisigen Superfood-Küche von Hildmann & Co. Siehe dazu folgenden Basics-Artikel vom PETA:

    Vegan ernähren und dabei noch Geld sparen

    Auch dass „vegan“ zwangsläufig etwas mit ABNEHMEN zu tun habe, halte ich für einen Mythos (siehe Namenslink). 2010 bin ich aus der Fleischwirtschaft ausgestiegen und in der Folgezeit wurde meine Ernährung weitgehend vegan, obwohl ich das zunächst gar nicht vorgehabt hatte. Für ein Buch und dann für ein Blog las ich dann unzählige vegane Blogs und stellte verwundert fest, wie vorherrschend dort die Zubereitung von Süßem aller Art ist – tolle Bilder von super arrangierten Süßspeisen, vegane Kuchen, Eis, Pudding, süße Pfannkuchen…… Selber stehe ich nicht so auf Süßes und dennoch hab ich VEGAN ZUGENOMMEN – mehrere Kilos bis hinein ins Übergewicht.

    Die Politik-Ferne der meisten veganen Blogs (die fast alle reine Foodblogs sind) hat mich ebenfalls gewundert, denn mein Grund war ja ein ethischer, nicht etwa das Verlangen, Hobbyköchin zu werden. Der Artikel hier spricht mir also zu Teilen voll aus der Seele, danke dafür!

    Andrerseits denke ich immer noch: den Tieren nützt es, auch wenns den Leuten nurmehr um die schlanke Linie und die Anpassung ans Schönheitsideal geht. Und dass das „gehobene Bio-Vegan mit Superfoods“ nur von Besserverdienenden geleistet werden kann, ist nicht unbedingt ein Grund zur Traurigkeit oder Wut. Denn es war ja schon oft so, dass die Ernährung der „besseren Stände“ dann Vorbildfunktion bekam und letztlich von den Massen übernommen bzw. für sie produziert wurde. So geschehen beim Weißbrot, das zunächst nur die Adligen hatten, im 20.Jh. zum Beispiel beim Hähnchen/Geflügel, dann beim Lachs… wobei diese „Demokratisierung“ des (vermeintlichen) Besser-Essens immer zu Lasten von Umwelt, Gesundheit und einem humanen / artgerechten Umgang mit Tieren ging. Diesmal könnte das andersrum wirken – und das ist doch immerhin toll!

    Mittlerweile ist meine Ernährung nicht mehr „voll vegan“ (sondern „unverbissen vegetarisch“, wie mein Blog), aber ohne den Langzeit-Selbstversuch hätte ich es nicht geschafft, aus den „eingefleischten“ Routinen auszusteigen und eine pflanzenbasierte Ernährung zu erlernen. Freue mich also, wenn das möglichst viele mal ausprobieren – und so weit entfernt ist das Wissen ja nun nicht, dass das auch durchaus preiswert geht.

  27. Ich finde, die Forderung, dass Lebensmittel für alle zur Verfügung stehen sollen, ist super wichtig und auch berechtigt.

    In den politischen Zusammenhängen, die ich kenne, die zum Thema Agrarpolitik, Ernährung und Globalisierung arbeiten, werden, wie schon gesagt, diese Kämpfe als verbunden betrachtet, und da käme echt niemand auf die Idee, ohne Rücksicht auf Ausbeutung im globalen Süden die Working Class der Industrieländer besser ernähren zu wollen.

    Deswegen verstehe ich deine Ablehnung dieser Forderung auch nicht.

    Wenn alles so bleibt wie es ist, dann findet ja nicht hauptsächlich die Verbesserung der Ernährung in Industrieländern auf Kosten von Menschen im Trikont statt, sondern vor allem die Verschlechterung der Ernährung in Industrieländern (z.B. die Verschiebung der Ernährung aus Landwirtschaftlicher Produktion zu immer mehr Industrienahrung) findet auf Kosten der Menschen im Trikont statt. Wenn wir Konzerne bekämpfen, Ausbeutung bekämpfen, für politische Selbstbestimmung von Kleinbäuer_innen im Süden kämpfen, dann passt das sehr gut zu der Forderung „gutes Essen für Alle“ auch in den Industrieländern. Das sehe ich überhaupt nicht im Widerspruch zueinander.

    Beispiel Hühnermastanlagen.. der Export von Hühnerteilen, die in Europa nicht so beliebt sind, der in vielen afrikanischen Ländern unendlich viel lokale Wirtschaft zerstört. Da spielen auch die Handelsabkommen eine große Rolle, die den betroffenen Ländern nicht erlauben, ihre Wirtschaft vor diesem Dumpingangriff zu schützen. Und genau da würde ich den Kampf gegen Hühnermastanlagen total sinnvoll verbunden sehen: Der Kampf für Tierschutz, mit dem für gutes Essen für alle und mit dem gegen globalisierte Ausbeutung.

    Allerdings würde ich sagen, dass diese politische Bewegung in Deutschland, die die Kämpfe verbindet, ziemlich klein ist.

    Es gibt in Berlin ne Via Campesina Unterstützer_innengruppe, die zusammen mit anderen Gruppen tolle Veranstaltungen organisiert hat, wie FIAN Berlin und das Aktionsnetzwerk globale Landwirtschaft. Da hab ich grad nach gegooglet und hier einen spannenden Reader gefunden, den ich noch nicht kannte:
    http://www.attac-netzwerk.de/fileadmin/user_upload/AGs/Agrarnetz/Material/G8ReaderAktionsnetzwerk.pdf
    Die Gruppe ist nicht identisch mit Attac, und im Moment sind ihre Webseiten offline, ich weiss, dass die noch da sind, aber vielleicht machen sie grade nix, was sie im Netz präsentieren wollen.
    Das sind dann konsequenterweise auch Gruppen, die mit der Refugeebewegung hier vernetzt sind, weil die diese Kämpfe verbunden sehen.

    Das kann sein, dass es alles schon weit weg vom Thema des Artikels ist, und alles schon sehr vom hundertsten ins Tausendste geht. Aber mir ist es wichtig zu sagen, dass es eben nicht so ist, dass Klassismuskritik unsolidarisch gegenüber globalen Ausbeutungsverhältnissen ist.
    Bei allem, aber auch wirklich allem, was ich über globalisierte Ausbeutung und Neoliberalismus gelesen habe, kam immer raus, dass die Kämpfe der armen Klassen in Industrieländern und die der Ausgebeuteten im globalen Süden zusammengehören und den selben Gegnern mit den selben Machtinteressen gegenüberstehen. Gut, soviel hab ich jetzt nicht dazu gelesen, und war in der Richtung nicht so aktiv die letzten 1-2 Jahre. Aber vielleicht kannst du mir ja erklären, inwiefern die Kämpfe der Besitzlosen der reichen Industriestaaten gegen die Interessen und die Kämpfe der Besitzlosen im globalen Süden stehen. Versteh ich nämlich nicht.

  28. ich bin männlich und weiß. dieser umstand alleine disqualifiziert mich hoffentlich nicht für die teilnahme an der diskussion. meine frage ist frei von ironie und kritik. ich möchte wirklich verstehen oder jedenfalls nachvollziehen können, inwiefern veganismus eine form des protests gegen sexistische gewalt- und/oder machtstrukturen ist.

    mit der höflichen bitte um aufklärung

    thomas

  29. @Mihl: ich weiß nicht was für vegane Blogs du liest, aber in den meisten
    die in den ca 9 letzten Jahren gelesen habe, geht es wenn unpolitisch
    von Essen, sprich über Rezepte geschrieben wird (was meiner Meinung nach viel zu häufig ist, da großteile der Veganer*innen das als Lifestyle machen) sind gerade viele Rezepte kalorienmäßig nicht ohne. Mein erster veganer Kuchen den ich gemacht habe bestand fast nur aus Öl und Schokolade :) Jedenfalls wird da erst mal an nix was „vegan“ ist gespart (über Palmöl könnt mensch sich z.B. auch streiten) – jedenfalls bei allem was ich bisher gesehen oder erlebt habe, auch wenn mir da meine Szene natürlich immer am liebsten ist.
    Die Menschen die dann noch versuchen Zucker oder so zu vermeiden, tun das eher
    aus einer Einstellung heraus die für mich fast eher in eine Straight Edge Richtung geht oder tun dies aus anderen Vorstellungen (bsp. Fruktarier*innen etc). Unter der noch immer recht überschaubaren Zahl von Veganen Menschen, gibts es letztlich ziemlich viele individuelle Auslegungsarten (letztlich definiert den Begriff bzw. den Grad der Konsequenz sowieso jede* für sich selbst).

    Jedenfalls muss ich dir rechtgeben, Veganismus als reiner Lifestyle ist in vielerlei hinsicht kritisch zu sehen.Und damit verbunden sind dann natürlich die Einbindung im Kapitalismus inkl. der teuren Luxusartikel (die sicher nett sein können, bei den erwähnten Kochbüchern hege ich da arge Zweifel
    aber die Preisklasse gibts bei anderen Lebensformen ja auch.Wir haben ne zeitlang in meiner alten WG für ca. 1,5 € am Tag gelebt und uns vollwertig, reichlich und gesund ernährt).

  30. @flo: Kannst du ein paar dieser veganen Blogs nennen? Ich bin, wie mihl, der Meinung das die meisten populären veganen Blogs extrem „gesundheitsbewusst“ und abnehm-vernarrt sind. Ich habe bei meinem eigenen Blog teilweise das Problem, dass ich mir immer wieder bewusst werden muss, was ich da schreibe und das selbst kritisch zu hinterfragen, das klappt leider nicht immer.

    Am extremsten ist dafür vielleicht auch die instagram vegane welt zu nennen. Ich würde sagen 99 % der vegan getaggten Fotos sind grüne Smoothies (und ich trinke sie gerne, darum gehts nicht), Salate, Rohkost, dünne Beine und alles was gleichzeitig mit „clean eating“ getaggt wird.

    Ich merke dabei, dass man als ethischer Veganer dann schnell in so eine Ecke der „Spielverderber“ gestellt wird, wenn man sich kritisch über so etwas ausspricht. Denn oft ist es ja nicht das eine Foto, der eine Blog oder eine einzelne Person sondern dieser Gesamtschwall der einem aus der veganen „Szene“ entgegen kommt.

  31. @Flo es gibt Theorien bzw. Verständnisse einer veganen Lebensweise, die in Unterdrückungsstrukturen, sei es der Gewalt gegen Tieren oder der Unterdrückung der ‚Frau‘ im Patriarchat eine Verbindung sehen. Indem die ‚Frau‘ auf Fleisch verzichtet, solidarisiert sie sich mit dem Tier und macht die Diskriminierungs- und Unterdrückungsstruktur so sichtbar. Laut Carol J. Adams kann so der Widerstand gegen das Patriarchat sichtbar gemacht werden. Die Autorin hat das in ihrer feministisch-vegetarischen Theorie festgehalten:
    „The sexual politics of meat“
    http://www.caroljadams.com/spom.html

    sehr lesenswerter Ansatz, wie ich finde

  32. Das Fatshaming in der veganen Community stinkt zum Himmel. Ich lebe seit 2008 vegan, damals war ich noch etwa 90 kg schwer bei 1,73m.
    Mir wurde oft gesagt, dass ich ja gar nicht vegan sein könne, schließlich sei ich ja dick und als Veganer_in würde man doch abnehmen.
    Andere Veganer_innen auf Stammtischen rieten mir, ich solle doch abnehmen, da schließlich die durch die Nahrung aufgenommenen Giftstoffe sich im Bauchfett ablagern würden – aus dem selben Grund hätten sie auch als aller erstes Bauchfleisch von ihrem Speiseplan gestrichen O_o

    Der Veganismus ist keine Diät und kein Allheilmittel!
    Es ist schön, wenn Menschen davon berichten können, dass sie sich seit ihrer Umstellung auf die vegane Lebensweise nicht mehr so sehr mit Neurodermitis oder mit Allergien plagen müssen. Das heißt aber noch lange nicht, dass Veganismus immer gesünder sein muss, als die omnivore Ernährung – zumal viele Fehlinformationen bezüglich B12 immer noch im Umlauf sind (wie die Behauptung, es fände sich in ungewaschenem Gemüse und Sauerkraut -.-*).
    Und kalorienarm muss die vegane Ernährung auch nicht sein, man muss auf Chips, Pudding, Schokolade, Kuchen etc. ja nicht verzichten.

    Attila Hildmann und seine Stories über sein durch Veganismus erworbenes Six-Pack gehen mir schon lange auf den Geist! Er lässt keine Gelegenheit aus, um sich von den „verbissenen“ ethisch motivierten „VegaNazis“ (Zitat Hildmann!) abzugrenzen und veganes Essen einzig als hippen Lifestyle zu deklarieren.

    Auf vegane Stammtische gehe ich schon gar nicht mehr, weil sich dort in der Regel weiße Dreadloc-Träger_innen, Heilfastler_innen etc. selbst beweihräuchern. Diese „Ich lebe gesünder als du und mahle jeden Tag mein Urkorn selbst“ Unterhaltungen, sowie das zugehörige Fatshaming, haben mich wahnsinnig gemacht.

    Zu ClaraRosas Einwurf bezüglich des Klassismus im veganen Umfeld:
    Veganismus _muss_ nicht auf überteuerten Bioladenprodukten und Lifestylemaschen beruhen. Es geht auch anders. Ich selbst bin Studentin und habe auch kein riesiges Budget zur Verfügung. Ich empfehle dazu ein paar tumblr-Seiten =)

    http://nobullnobucksvegan.tumblr.com/
    http://cheapveg.tumblr.com/
    http://fuck-yeah-poor-vegans.tumblr.com/

  33. @distelfliege

    zur Klärung: ich lehne nicht die Forderung ab, dass alle Lebensmittel für alle zur Verfügung stehen sollten, genauso wenig zweifle ich an, dass Kämpfe von Arbeiter_innen im globalen Norden und Süden nicht verbunden sein sollten. ich habe auch nicht behauptet Klassismuskritik hätte nichts mit der Kritik an globaler Ausbeutung zu tun. Ich diskutiere hier konkret an der stattfindenden Diskussion unter Lisas Text.

    ClaraRosa hat den Text bzw. die Perspektive des Textes um wichtige Punkte ergänzt. Nämlich, dass vegan als „politischer“ Lifestyle eher von Menschen glaubhaft performt werden kann, die entsprechende Zeit/Ressourcen/Habitus mitbringen, dass also Klassenverhältnisse mit Ernährungsweisen und Identitätspolitik zusammenhängen. Nichts davon habe ich infrage gestellt. Ich habe infrage gestellt, was danach kam, nämlich ein Rumrechnen und eine lediglich auf individuelles „Geld haben“ abgestellte Perspektive, die meiner Meinung nach völlig verkennt, wer in diesem Land Zugang zu welchen Nahrungsmitteln und Ernährungsweisen (und Versorgung) hat. Ich behaupte, dass es in Deutschland grundsätzlich mehr Menschen möglich ist, nicht (ständig) in eine „Zweiklassenernährung“ hineinzufallen, einerseits weil viele Lebensmittel aufgrund globaler Ausbeutung hier erschwinglich sind (nicht alle und ja, das ist ein Problem) und andererseits, weil eben auch eine westliche Industrienation und Wohlstandsnation wie Deutschland (und eines der führenden/tonangebenden EU-Länder) sicher nicht darauf aus ist, die „eigenen Leuten“ dauerhaft in eine Zweiklassenernährung zu drücken. Dieses Phänomen ist für mich eng mit Kolonialismus verbunden bzw. kann ich nicht davon getrennt sehen. Hier wurde es aber unabhängig davon und sehr individualisiert auf die eigene Lebenssituation diskutiert. Und deshalb sah ich in dieser Diskussion auch nicht unbedingt Perspektiven (auf diese Aspekte bezogen), die sich Gedanken um die Verknüpfung der Kämpfe von Arbeiter_innen gemacht hätten. Ich sehe es außerdem nicht so, dass weiße Arbeiter_innen in den westlichen postkolonialen Industrienationen mit jenen Arbeiter_innen des Trikonts grundsätzlich „den gleichen Feind“ haben. Hier wird schlicht Rassismus unterschlagen und wie eben auch weiße Bürger_innen (egal welche Klasse) dieser Nationen davon profitieren. Allein der Begriff „Besitzlose“ suggeriert eine Gleichheit zwischen diesen Menschen, was Lebenssituation, (Arbeits)Alltag und Ausbeutung durch den Staat/die Wirtschaft angeht und das ist halt schlichtweg Machtverhältnisse entnennend.

    Eine Forderung weißer deutscher Bürger_innen, die sich lediglich auf „in Deutschland müssen alle gleichermaßen alle Lebensmittel erwerben können“ bzw. eine Kritik daran, dass es (für mich) nicht so ist, reproduziert all das und denkt sich nicht in solidarischer (und nicht in gleicher Position) zu den Kämpfen der Arbeiter_innen-/und Armutsklasse nicht nur im globalen Süden, sondern auch hierzulande.

  34. Ich finde, Lisa spricht einige wichtige Punkte an, die ich auch kritisierenswert oder zumindest bedenkenswert finde. Danke für den Artikel!
    Schade finde ich bei den Kommentaren unter dem Artikel zum Teil, mit welcher Unnachgiebigkeit und Härte andere Menschen hier abgekanzelt werden. Zum einen die vielen Veganblogger*innen, die hier wegen angeblichem Konsumerismus und zu wenig politischem Kontent kritisiert werden. Ich folge einigen dieser Blogs tatsächlich sehr gerne und ja, manchmal wünsche ich mir zu dem ein oder anderen Thema auch mal eine klare politische Positionierung oder eine Erläuterung über den Hintergrund, den eine Entscheidung der Person hat. Andererseits muss ich mir dann eingestehen, dass es sich bei den Blogs nun mal um die Blogs von diesen Menschen handelt, die sie in ihrer Freizeit betreiben. Und da haben sie allein das Recht zu entscheiden, über was sie reden möchten. Sie verdienen ja auch nichts/kaum etwas damit (anders als z.B. Attila Hildmann, der sich auch noch als Experte vermarktet). Zudem finde ich in den Videos und Artikeln durchaus immer wieder Anregungen und Hinweise, die mich zum Nachdenken bringen oder mir ein Gefühl von Empowerment geben, wenn z.B. DIY-Anleitungen vorgestellt werden, Inci-Listen erläutert werden oder es ums Downsizen geht.
    Ich lebe seit ca. 2,5 Jahren vegan (davor vegetarisch) und für mich waren und sind diese Blogs immer wieder eine gute Anregungsquelle und Motivationsquelle, die es mir erleichtert, bei der veganen Lebensweise zu bleiben, auch wenn es mir manchmal schwer fällt (ja, ich gebe zu, trotz all den Leckereien fällt es mir manchmal schwer, vor allem wenn ich im Stress bin). Und ja, ich bin aus ethischen Gründen vegan und ich diskutiere gerne mit anderen über die Zusammenhänge unserer Konsumentscheidungen mit den Lebensbedingungen hier und in den produzierenden Ländern, aber das heißt für mich nicht, dass ich den ganzen Tag über mein vermeindlich ethisch-einwandfreies Essen nachdenken oder missionieren muss oder mich nicht auch schlicht und einfach mal für vegane Mascara oder vegane Käsesoße interessieren darf.
    Auch finde ich es verstörend, dass ich einige der Kommentare, die hier den Artikel ergänzen wollen oder die vegane Szene kritisieren oder zu etwas bewegen wollen (zu was eigentlich?), sprachlich kaum verstehen kann. Ich habe Sozialwissenschaften mit Bestnote studiert, befasse mich beruflich mit dem Verfassen von Konzepten und habe an einem konsumkritischen Stadtrundgang mitgearbeitet, aber worauf die Kommentator*innen hinaus wollen, verstehe ich nicht oder nur mit großer Mühe und mehrfach durchlesen.
    Das ist für mich auch eine Form der Abgrenzung und davon Ausschlüsse zu produzieren. Klar, einige Kontexte (auch in den Gendertheorien und Anti-Rassismus-Kontexten) sind manchmal erst verständlich, wenn mensch sich intensiver mit der Materie beschäftigt hat. Vielleicht ist das auch hier der Fall. Aber für mich führt das z.B. dazu, dass ich mir erstmal 3x überlegt habe, ob ich hier wirklich meinen Kommentar hinposten soll oder ob ich dann zerrissen werde, weil meine Antwort vielleicht nicht schlau genug erscheint. Solche Prozesse führen meiner Meinung nach nicht unbedingt dazu, dass Menschen Lust haben, sich mit den tiefergehenden Fragestellungen veganer Ernährung zu beschäftigen. Da bekommen einige der Bloger*innen einen besseren und motivierenderen Spagat hin, finde ich. Und ich kann mir gut vorstellen, dass für manche Menschen der Einstieg über den Versuch einer gesünderen Ernährung noch weiter führen kann hin zu konsumkritischen und gesellschaftskritischen Gedanken und das finde ich gut.
    Die negative und gefährliche Seite der Medaille sehe ich darin, wenn Menschen z.B. an Veganismus als Diät glauben und dann feststellen, dass sie gar nichts abnehmen oder dass es schlicht zu teuer ist (jedenfalls nach A.Hildmanns Vorgehensweise) und sich dann einfach wieder davon abwenden bzw. zur nächsten Diät übergehen. Aber auch da kenne ich einige Blogs, die den Spagat gut hinbekommen und sich redlich darum bemühen, Veganismus auch für „Normalsterbliche“ zugänglich zu machen und klarzustellen, dass es sich eben nicht um die bessere Brigitte-Diät handelt.
    Puh, ganz schön viel geschwafelt – ich hoffe, meine Ausführungen sind verständlich ;-)!

  35. Ich möchte hier gerne eine (zugegeben marginale) Perspektive einbringen: Diese Debatte stößt mir immer auch etwas ableistisch auf. Es ist keineswegs so, dass jeder einfach vegan leben kann, ohne dass es individuelle Konsequenzen für die Gesundheit hat. Ich habe es ein paar Monate versucht, musste aber im Hinblick auf schwere Vorerkrankungen diesen Lebensstil wieder aufgeben. Ich bewege mich aber nun in einem Umfeld, dass geprägt ist von Jugendkultur und „hippen“ Veganern, und ich begrüße diese lebensweise auch sehr. Natürlich ist mir auch bewusst, dass ich mit meinem Lebensstil zum Mainstream gehöre und daher auch wiederum Privilegien genieße. Trotzdem fühle ich mich in so einer Debatte immer etwas „behindert“, weil immer vom an sich „gesunden“ Körper (Menschen?) ausgegangen wird.

  36. @ Jane

    Ich finde das einen sehr, sehr wichtigen Punkt. Danke dafür! Ich konnte auch nicht zu allen Zeiten meines Lebens vegan oder vegetarisch leben, dann hätte ich schlicht zu wenig oder nichts essen können…

  37. Ich wollte hier noch etwas anmerken zu der Bemerkung, dass die veganen Blogger_innen alle unpolitisch seien.

    Tierrechtsaktivismus bewegt sich ja oft am Rande der Legalität und wird kriminalisiert, es gab auch schon Fälle von Spitzeln. Da ist es relativ unwahrscheinlich, dass öffentlich groß darüber geschrieben wird. Ich würde auch nicht mit meinem Namen im Internet groß verkünden: Morgen breche ich bei Wiesenhof ein.

    Das soll nicht unbedingt gegen die These sprechen, dass Veganblogs unpolitisch sind und problematisches Fatshaming propagieren, aber ich denke, es lohnt sich, diesen Aspekt zu bedenken. Wer weiß, vielleicht ist die eine oder andere Bloggerin durchaus offline aktiv und schreibt aus guten Gründen nicht öffentlich darüber?

  38. Nur als kurzer Hinweis – Breeze Harper arbeitet seit Jahren zu Veganismus aus der Perspektive von Rassismus-, Sexismus- und Kapitalismuskritik:

    http://sistahveganplus.com/about/

    „The site’s blog posts delve into how plant-based consumptive lifestyles are affected by factors of race, racism, sexism, heterosexism, classism and other social injustices within the lives of black women.“

  39. @Nadine

    Gut, jetzt verstehe ich besser, was du meinst.
    Tut mir leid, dass ich Begriffe und Sprachbilder benutzt habe, die wiederum Machtverhältnisse reproduziert haben. Mit dem „Besitzlose“ hatte ich auch Bauchschmerzen. Ich finds schwer, zu beschreiben, wie und warum ich die Kämpfe als verbunden ansehe, ohne das Trennende ausser acht zu lassen. Es gibt Gemeinsamkeiten, meiner Meinung nach, aber auch Unterschiede, und Kolonialismus und Rassismus sind nun mal der Unterschied, der hier zählt.

  40. Das absurde daran, dass Fleischkonsum als männlich gesehen wird, ist ja, dass Frauen ja eigentlich Fleisch als (vermeintlicher) Eisenlieferant viel eher „brauchen“ als Männer. Zumindest in Zeiten, als die Menschheit vom Konsum von Tierprodukten noch abhängig war, da das gute Energielieferanten waren.

  41. Ich möchte nochmal bei dem „früher war man abhängig von Tierprodukten, heute nicht mehr“ einhaken. Das ist so eben nicht ganz richtig. Auch heute bestehen Abhängigkeiten von tierischen Produkten verschiedenster Art. Vegane Lebensweise gründet sich für mich zu einem großen Teil aus der Haltung, Fleischkonsum als unethisch zu kennzeichnen. Dass es eine Anerkennung von Tierrechten gibt, steht für mich außer Frage, dass damit aber auch Menschen, die nicht einfach Teil dieser Lebensweise sein können als unethisch gelabelt werden, passt mir gar nicht. Ich finde, da müsste differenziert und drüber diskutiert werden, und das vermisse ich bis jetzt in den Debatten um Veganismus. Dass Männlichkeit mit Fleischkonsum einher geht, hängt meiner Meinung nach nicht zusammen, dass Männer Fleisch angeblich eher „brauchen“, es ist für mich eher die Fortführung des Männerbildes vom Krieger, der ein Tier erlegt und über das Töten einem Männlichkeitsideal entspricht. In der heutigen Gesellschaft wäre das nicht mehr ganz so passend, deshalb scheint mir das mystifizierte männliche Fleischessen eher die abgeschwächte Variante davon zu sein.

  42. Warum wird eigentlich die Selbstoptimierung immer grundsäzlich kritisiert, gerade die moralische? Auf welcher Grundlage basiert denn die Idee der Tierrechte? Wenn eine sich ihren moralischen Vorstellungen so gut es geht annähert, warum soll das kritikwürdig sein?

  43. @?? Du hast mich nicht richtig verstanden: Nicht jeder kann sich einfach so im veganen Sinne selbst optimieren, weil nun mal nicht jeder Gesundheitszustand das erlaubt. In den Diskussionen um Veganismus kommen solche Menschen so gut wie nie vor, zb auch nicht in deinem Kommentar. Das ist eine sehr ableistische Sichtweise. Und da andere Perspektiven in der Diskussion nie mitgedacht werden, fallen solche Menschen, wie zb ich durchs Raster und sehen sich dann mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht ethisch zu handeln, was ja die Logik dahinter wäre, wenn jeder einfach so vegan leben könnte. Deshalb ist mir die Debatte, zumindest so wie sie in den Umfeldern geführt wird, in denen ich mich als junge Großstädterin so bewege, nicht differenziert genug.

  44. @Jane: Ich denke es ist auch ein wenig kurz gedacht, wenn du annimmst, dass man wenn man vegan lebt, keine Krankheit hat, die es erschwert vegan zu leben. Gerade als Speziezistin sehe ich große Anzahl an Tierquälerei im Gegensatz zur eigenen Natürlich kann es in diesem „Leid vs Leid“ abwägen Fälle geben, in denen das Tierleid weniger gewichtet aber um ehrlich zu sein, habe ich so einen Fall noch nie in der Realität gesehen, sondern immer nur in Debatten gehört. Ungefähr so oft wie die Frage danach ob man denn Tiere essen dürfe auf einer einsamen Insel ohne andere Nahrungsmittel.

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