Umfrage zum Opferentschädigungsgesetz

Unterstützung für Therapien oder eine kleine Rente – Opfer von Gewalttaten können in Deutschland finanzielle Entschädigungen bekommen. Das regelt das Opfer­entschädigungsgesetz. „Können Entschädigung bekommen“ wohlgemerkt, denn nur 10% der Betroffenen mit Anspruch auf eine Entschädigung stellen schließlich einen Antrag. Davon werden wiederrum über 40% abgelehnt. Für Opfer sexu­ali­sier­ter Gewalt liegen dabei nicht einmal genaue Zahlen vor.

Jahrelange Bearbeitungszeiten gehören ebenso zu den Problemen, wie Angaben, die die Betroffenen erneut traumatisieren. Oft werden abgelehnte Anträge nach einem Widerspruch doch noch bewilligt – für die Opfer bedeutet das noch längere Wartezeiten und mehr Stress. Die Opferschutzvereine Trotz Allem und Gegen Missbrauch wollen dies nun ändern. In einem ersten Schritt haben sie einen Fragebogen (PDF) entwickelt, um die Erfahrungen von Hilfesuchenden und Betroffenen mit dem Opferentschädigungsgesetz zu dokumentieren.

Bis zum 31. Oktober (die angegebene Frist wurde verlängert) kann der ausgefüllte Fragebogen an einen der beiden Vereine geschickt werden. Adresse und Faxnummer stehen auf dem Fragebogen. Außerdem ist es möglich, einen Scan an fragebogen(at)gegen-missbrauch(punkt)de zu senden.

12 Kommentare zu „Umfrage zum Opferentschädigungsgesetz

  1. Wenn jemand eines Verbrechens falsch beschuldigt wird, dann ist er auch Opfer.

    Und wenn dann jemand eine Therapie nötig hat, soll er sie etwa nicht bekommen?

  2. @Helga

    Wenn jemand durch Falschaussage in den Knast muss ist das durchaus ein Gewaltverbrechen, nämlich Freiheitsberaubung. Eins der schlimmsten Verbrechen, einem unschuldigen Menschen die Freiheit zu nehmen.

    Freiheit…ist das Einzige was zählt. Laut MMW

  3. @ Sebastian
    Abgesehen davon, dass Herr MW für mich persönlich keine moralische und schon gar keine juristische Autorität darstellt: Bitte bring hier nicht absichtlich Dinge durcheinander. Ein Gerichtsirrtum kann unbestritten schwerwiegende und dramatische Folgen haben, ist aber nicht Gegenstand des hier thematisierten Gesetzes. Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal auf die Beachtung der Netiquette hinweisen. Danke.

  4. „Ist aber nicht Gegenstand des hier thematisierten Gesetzes.“

    Vielleicht ist das auch ein Problem, dass angesprochen werden MUSS.
    Wenn jemand unschuldig im Gefängnis sitzt, dann wird er mit einem lächerlichem Tagessatz abgespeist.

    Wenn man das in Relation setzt zu dem was ein Mensch im Jahr verdient, ist es ein Witz. Hinzukommen Probleme in der Eingewöhnung, Arbeits- und Wohnungssuche.

    Der Leitgedanke ist laut Wikipedia nun mal folgender: Der Leitgedanke (die ratio legis) des Gesetzes ist die Verantwortung des Staates, seine Bürger vor Gewalttaten und Schädigungen durch kriminelle Handlungen zu schützen, da er der Träger des Gewaltmonopols und der Verbrechensverhütung und -bekämpfung sei.“

    Es ist verständlich, dass ein tätlicher Angriff sehr schwerwiegend ist.
    Jedoch zählen auch Extremformen des Stalking zu Gewalttaten, die in dem Gesetz behandelt werden. Dabei MUSS es noch nicht zu einem körperlichem Angriff gekommen sein. Somit gibt es bereits erste Ansatzpunkte, damit auch nicht körperliche Gewalttaten vom Gesetz eingeschlossen werden.

    Bedenkt man zudem dass ein zu Unrecht Verurteilter „Im Namen des Volkes“ verurteilt wurde, so stellt sich mir die Frage ob das Volk nicht auch die Verantwortung tragen muss, wenn Irrtümer passieren.

    Und im Moment geschieht dies viel zu unzureichend.

  5. @Sebastian

    Wenn jemand durch Falschaussage in den Knast muss ist das durchaus ein Gewaltverbrechen, nämlich Freiheitsberaubung.

    Unbestritten werden Opfer solcher fehlgeleiteter Verfahren zu ungenügend entschädigt. Aber das ist ein allgemeines Problem bei Opfern von Verbrechen und staatlichen Fehlentscheidungen, das weder Staat noch Schädiger_innen groß zahlen müssen.

    Warum allerdings nur die Freiheitsberaubung eines Mannes durch Gefängnisaufenthalt ein strafbares und entschädigungsfähiges Verbrechen sein soll und andere angeordnete/verursachte Freiheitsberaubungen nicht, erschließt sich mir nicht.

    Solange kein wirklicher Schaden entstanden ist, gibt es auch keine Entschädigung. Was ein Schaden ist, bestimmt nicht das Opfer sondern ein Verwaltungsapparat.

    @sonstwer

    Wenn jemand unschuldig im Gefängnis sitzt, dann wird er mit einem lächerlichem Tagessatz abgespeist.

    Der Staat zahlt da viel zu wenig und auf Schadensersatz verklagen kann man den nicht.
    Davon mal abgesehen, dass die Unterbringung auch noch druch das Opfer bezahlt werden muss. Behörden und Juristen sind da ziemlich zynisch.

    Wenn man das in Relation setzt zu dem was ein Mensch im Jahr verdient, ist es ein Witz. Hinzukommen Probleme in der Eingewöhnung, Arbeits- und Wohnungssuche.

    Das gilt auch für andere traumatisierte Gewaltopfer.
    Bei Arbeitsunfähigkeit und Krankheit kommt da auch eine Riesensumme an Ausfall zustande.

    Ansonsten ist der Begriff Gewaltopfer ein rein juristischer, im Zweifelsfall sogar renten-/verwaltungsrechtlicher Begriff. Und Verwaltung ist unerbittlich bis grausam. Wer welche Schaden erleidet und welche Entschädihgung erhält, entscheiden Tabellen; den Schaden setzt der Staat fest.

    Dass es das Opferentschädigungsgesetz überhaupt gibt, ist allerdings nur dem dauerhaften Druck der Opferorganisationen auf die Politik zu verdanken.

    Es ist völlig wurscht, ob es sich bei dem Opfer um den unschuldig eingesperrten „Vergewaltiger“ handelt, um die vergewaltigte 11-Jährige, den zusammengeschlagenen 40-jährigen asiatisch Aussehenden, den Überlebenden eines serbischen KZs, der krankenhausreif niedergeschlagenen Sintezza, dem ohne Diagnose zwangseingewiesenen homosexuellen Jugendlichen – der Staat regelt, wer und warum entschädigt werden darf.
    Und der Staat hat kein Interesse auf wirksamen Schadensausgleich.

    Das Opferentschädigungsgesetz ist ein Witz.

    Bedenkt man zudem dass ein zu Unrecht Verurteilter “Im Namen des Volkes” verurteilt wurde, so stellt sich mir die Frage ob das Volk nicht auch die Verantwortung tragen muss, wenn Irrtümer passieren.

    Die Allgemeinheit trägt doch sowieso schon die Last bei Opfern. Deren Krankenhausaufenthalte, Kuren, dauerhafte Arbeitsunfähigkeit, Mini-Renten, ALG II, Verschuldung werden doch wohl kaum durch den Staat finanziert.

    Es ist wohl ein vertretbares Risiko durch den Staat oder ein Verbrechen geschädigt zu werden.
    Leider.

  6. Ich finds einfach krass, dass wenn ein Mensch, egal wegen was verurteilt wird, dass dieser mit einem Gnadenbrot abgespeist wird.

    Und eben dieses „Im Namen des Volkes“ finde ich hart, es ist schließlich kein Verbrecher der da handelt, sondern ein Gericht. Und wenn dann solche Fälle mit einem Tagessatz abgespeist werden, werde ich wütend. Daher hat dieser Bereich auch so eine Wirkung auf mich, eben weil dort kein Verbrecher am Werk ist, der dich letztendlich einsperrt und dein Leben kaputt macht.

    Und wenn es dann auch noch von jemanden vorsätzlich eingeleitet wird, dann kenn ich nichts mehr. Solche Menschen sollten noch viel mehr wie gewöhnliche Verbrecher behandelt werden.

    Ich wäre sowieso dafür, dass alle Verbrecher im Knast arbeiten müssten damit das Geld den Opfern zugute kommt und damit sie.

    „Das gilt auch für andere traumatisierte Gewaltopfer.
    Bei Arbeitsunfähigkeit und Krankheit kommt da auch eine Riesensumme an Ausfall zustande.“

    Leider hast du Recht.

    Es gibt aber noch eins was zuwenig Beachtung findet und zwar bei allen Verbrechen: Wenn ein Mensch körperlich „gut“ wegkommt, seelisch aber zerbricht. Dann hat dieser es doppelt und dreifach schwer.

  7. @ sonstwer, Sebastian:

    㤠1 Anspruch auf Versorgung

    (1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes (…) infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. (…)

    (2) Einem tätlichen Angriff im Sinne des Absatzes 1 stehen gleich

    1. die vorsätzliche Beibringung von Gift,
    2. die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen.

    (…)“

    So. Und wo geht es jetzt nochmal gleich um falsch Beschuldigte, die unschuldig im Knast sitzen? Und wieso muss man darüber HIER jetzt unbedingt diskutieren?!
    Achja stimmt, vielleicht deswegen: http://www.derailingfordummies.com

    Vielleicht hat man aber ja auch von jemandem, der in einem Kommentar an anderer Stelle gerade noch betont hat, „dem Feminismus nicht grad wohlgesonnen“ zu sein auch nicht viel anderes zu erwarten….

  8. Was Betti sagt. Die Diskussion des Problemfeldes Falschbeschuldigung/unrechtmäßige Verurteilung ist damit geschlossen. Bei Bedarf bitte an thematisch geeigneter Stelle fortführen. Danke.

  9. Viel interessanter ist unter http://bundesrecht.juris.de/oeg/__2.html folgendes:

    § 2 Versagungsgründe
    (…)
    (2) Leistungen können versagt werden, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, das ihm Mögliche zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Verfolgung des Täters beizutragen, insbesondere unverzüglich Anzeige bei einer für die Strafverfolgung zuständigen Behörde zu erstatten.

    Früher war es oft so: ohne Anzeige, Strafverfolgung und gewonnenem Prozess kein Geld.

    Bei einem körperlichen Schaden gibt es ja Tabellen, bei psychischen und seelischen Schäden kommen noch psychiatrische Gutachter ins Spiel, die sind meist so widerwärtig wie die Täter selbst. Und solange die Ämter Geschädigte zu ganz anderen Tätigkeiten als dem alten Beruf zwingen können, besteht auch kein Grund auf Schadensersatz bei Verlust des bisherigen Berufs.

Kommentare sind geschlossen.

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