Sprache als Versicherung des eigenen Selbst

Dieser Text ist Teil 13 von 115 der Serie WWW Girls

In jeder Folge der WWW Girls stellen wir euch eine Bloggerin und ihr Weblog vor. Heute:

ALEATORIK.eu

Wie heißt du?
Aléa Torik.

Seit wann bloggst du?
Ich bin noch dabei, mich zu akklimatisieren: seit Mai 2009.

(c) Frl. Zucker, fraeuleinzucker.blogspot.com

Warum hast du damit angefangen?
Ich komme aus Rumänien, bin bilingual aufgewachsen und im Sommer 2006 von Bukarest nach Berlin umgezogen. Ich habe Literaturwissenschaften und Linguistik studiert, meinen Abschluss an der Humboldt Universität gemacht und promoviere seit letztem Jahr zum interdisziplinären Thema „Identität, Authentizität und Illusion“. Ich habe immer schon viel gelesen, irgendwann ist das Schreiben dazugekommen. Wobei Lesen und Schreiben für mich, deren Existenz von zwei Sprachen und Kulturen in die Mangel genommen wird, kein Hobby und keine Freizeitgestaltung ist. Vielmehr geschieht das aus der Not heraus: ich versichere mich im sprachlichen Ausdruck meiner Selbst. Ich habe mich einige Jahre an verschiedenen Formen versucht, und dann länger an einem Roman gearbeitet. In diesem Frühjahr hatte ich Lust auf Neues. Mit dem bloggen habe ich eine angemessene Form dafür gefunden.

Worüber schreibst du?
Das Blog führe ich als ein persönliches Journal. Ich schreibe über alles, was mir unter die Finger gerät (das kann sehr vielfältig und heterogen sein, auch wenn es, von außen betrachtet, aussieht, als wäre das unter meinen Fingern lediglich eine genormte Tastatur), natürlich auch über Liebe und Sexualität. Nicht, weil ich davon so viel habe oder mir, weil ich so wenig habe, mehr wünsche, sondern weil ich nicht daran vorbei und auch nicht drum herum komme. Ich habe einen deutlichen Schwerpunkt in der Literatur. Ich bespreche Bücher, schreibe Geschichten – oder Ansätze zu Geschichten, die ich nicht schreiben werde – ich zitiere und kommentiere Textauszüge der klassischen Literatur; außerdem gibt’s bisweilen Auszüge aus meinem Roman. Ich würde gerne über Künstler schreiben. Wenn bildende Künstler, um ihre eigenen Arbeiten zu beschreiben, das Wort ergreifen, ergreift der Sinn meistens die Flucht. Dabei könnten viele Künstler es gut gebrauchen, wenn ihnen zur Sprache verholfen würde. Ich habe, bevor ich nach Berlin gekommen bin, mit Modefotos Geld verdient. Wie viele ehemalige Raucher den Geruch nicht ausstehen können, so kann ich inzwischen Mode und Geld nicht ausstehen. Mein Auftritt im Web ist dementsprechend eher zurückhaltend. Mir geht’s allein um Worte. Ein bisschen neidisch bin ich aber doch, wenn ich die Auftritte und die schönen Fotos anderer sehe.

Was dir ohne Internet nicht passiert wäre:
Bisher noch nichts. Aber ich bin ja erst sechsundzwanzig und im Netz eine Novizin. Da kann ja noch einiges passieren. Da passiert doch noch was, oder? Das muss einfach noch was passieren! Ich habe extra einen Vertrag mit Flatrate gemacht. Also bitte: Ich warte!

Wovon braucht das Internet mehr?
Haptik (Nein! Eigentlich bin ich froh, dass das Netz die Haptik nicht bietet und dass wir für das Glück der Berührung mehr tun müssen als bloß mal eine Mail schreiben oder eine Seite öffnen.)

Frauen im Web haben…
nicht alle Tassen im Schrank. Und da stehen sie den Männern in nichts nach. Also: Quote erfüllt, Gleichberechtigung erreicht, Herrschaft der Männer beendet. Glückseligkeit aber lässt weiter auf sich warten.

Deine tägliche Web-Lektüre:
Ich konsultiere die Adressen, die ich verlinkt habe, zum Beispiel Das hermetische Café, The Diary of Kitty Koma oder Reisenotizen aus der Realität. Aber auch nicht täglich. Ich bin eine Lustleserin. Deswegen habe keine feeds abonniert – ich will die Seiten vor mir haben, wenn ich Lust drauf habe – und ich biete es bei mir auch nicht an. Außerdem schaue ich regelmäßig beim Perlentaucher vorbei, weil ich da Magazine zu fassen bekomme, die ich sonst nicht bekäme. Ich lese eine rumänische Zeitung und am liebsten lese ich, altbacken und gestrig: Bücher.

Tipps und Bewerbungen für die WWW Girls an mannschaftspost(at)web.de.

3 Kommentare zu „Sprache als Versicherung des eigenen Selbst

  1. na etwas ist ja schon passiert was ohne das internet nicht geschehen wäre – nämlich, dass aléa von euch befragt wurde + wir interessantes über sie lesen können *;D

Kommentare sind geschlossen.

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