Sex oder Sexismus? DRadio Wissen und ganz viele Fails

Femgeeks, ein deutschsprachiges Gemeinschaftsblog zu feministischen Geekthemen und geekigem Feminismus, ist erst vor wenigen Tagen gestartet, aber hat bereits viele empfehlenswerte Texte auf der Seite stehen. Folgenden öffentlichen Beschwerdebrief an den Radiosender DRadio Wissen, der eine Sendung zu Sexismus und Computerspiele anbot und nicht eine einzige Frau* zu Gast hatte, dürfen wir mit freundlicher Genehmigung auch bei uns veröffentlichen.

Am 7. Juli um 11 Uhr strahlte der Radiosender DRadio Wissen eine Sendung mit dem Titel “Sex, Gewalt und Hochkultur – ein Talk über Computerspiele” aus. Angekündigt wurde die Sendung noch mit anderen Worten: “Sexistisch und gewaltätig – sonst nichts! Oder doch? Die kulturelle Bedeutung von Games”. Tja, Sex oder Sexismus? Für Femgeeks verfolgten Maya und Charlott die Sendung live und starteten spontan einen Twitter-Livestream. Von uns stammt nun auch diese Zusammenfassung:

Unsere Kritk

1. Einladungspolitik

Aufmerksam geworden auf die Sendung waren wir durch Helga von der Mädchenmannschaft, die am Vorabend twitterte, warum denn bei dieser Sendung nur Männer* ein­ge­laden worden seien. Die Moderatorin, Vera Linß, entschuldigte dies und bot an, dass wenn sich noch Frauen* finden, sie sich über eine Gästin freuen würde. Nur war es bei diesem Angebot schon mitten in der Nacht und viele lasen es erst am Morgen.

In der Sendung direkt wurde dann verkündet, sie hätten ja nach einer Frau* gesucht, aber leider hätte keine zugesagt. Auf Nachfragen auf Twitter gab es die Antworten, dass ja eigentlich erst das Thema nur allgemein “Computerspiele und Hochkultur” gewesen sei, dann aber erweitert wurde. Erst mit der Erweiterung um Sexismus wurde dann nach einer Frau* (und hier im speziellen nach einer Professorin) gesucht.

Leider scheint den Macher_innen nicht klar zu sein, dass bereits diese Ein­la­dungs­po­li­tik sexistische Strukturen bedient. Wenn nicht konkret auch nach Dis­ku­tan­tinnen gesucht wird, dann werden immer mehr Männer* eingeladen, da diese doch oftmals auffälliger sind (durch Männer*netzwerke, Verweissysteme). Und dann eine Frau* nur für wichtig zu halten, wenn es um Sexismus geht und sie sollte am besten studiertes Wissen dazu haben? Na danke.

2. Teilnehmer*

Da kommen wir eigentlich auch schon zum zweiten Punkt. Bei @NetzReport, dem Twitter-Account der Sendung, twitterte Markus Heidmeier, dass Frauen natürlich genau so interessant seien wie Männer, aber Kompetenz auch nicht schade. Doch genau welche konkrete Kompetenz hatten denn die anwesenden Männer* vorzuweisen? Ok. Sie kennen Computerspiele. Deef Pirmasens hat mal einen Artikel zu Tomb Raider geschrieben, der aber irgendwie abdriftet zu einer “Das könnten auch Kinder sehen!”-Diskussion. Keiner der Teilnehmer* schien wirklich in der Lage, *istische Strukturen zu erkennen und zu analysieren. Ganz im Gegenteil wurden immer wieder *ismen perpetuiert.

3. Inhalte

Tweet von @femgeeks: @DRadioWissen plant eine Sendung zum Thema Games & Sexismus, lädt keine Frau dazu ein und reproduziert im Live-Stream Sexismus. Noch Fragen?

Sämtliche inhaltliche Kritik hier aufzuschreiben würde so ziemlich jeden Rahmen sprengen, darum erwähnen wir nur einige Punkte. (Mehr Kritik lässt sich aber auf Twitter lesen). Dinge zu sagen wie “So genannte Reizworte wie Feminismus und Gender, das erreicht ja eh nur einen Teil der Gesellschaft …” und dabei nicht zu erkennen, dass dies ja auch ein Ergebnis von Sexismus ist, ist schon gleich ein ziemlich großer Fail. Das Problem sind nicht Menschen, die von Fe­mi­nis­mus und Gender sprechen, sondern jene, die dabei automatisch in Ab­wehr­position gehen.

Davon zu sprechen “was _die_ Frauen*” und “was _die_ Männer*” lieber mögen, weist nicht auf eine sonderliche Kompetenz hinsichtlich Geschlechterfragen hin. Stattdessen wiederholen solche Bemerkungen essentialistische Vorurteile und/oder verstärken diese. Schade, dass solche und andere Aussagen oft von der Moderatorin selbst eingebracht wurden. Dass die Sprecher der (ihrer) “Nerd-Männer*-Kultur” sprachlich “Mädchen” gegenüber stellten und niemandem auffiel, dass dies sexistisch ist (bzw. dass niemand intervenierte), zeigte auf jeden Fall eindrücklich, dass die Sendung niemanden hatte, der_die in der Lage war, sinnvoll über Sexismus zu reden.

Leider wurde das Gespräch auch noch durch Bemerkungen über “andere Hautfarben” mit Rassismus angereichert. Es wurde damit wieder verfestigt, dass weiß der Standard sei (Hautfarben außer weiß somit als “anders” makiert werden müssen) und einer der Diskutanten erkannte “15-jährige taiwanesische Jungs” als sein Problem. Why not?

4. Reaktionen nach der Sendung

Nach der Sendung kam es zu Reaktionen aus unterschiedlichen Reihen. So reagierte der NetzReporter auf kritische Anmerkungen wenig professionell, in dem er beispielsweise Hörer_innen bat, doch auf alternative Sende- und Medienformate auszuweichen, wenn mensch sich an Inhalten und der Gesamtkonzeption störe.

Tweet vom NetzReport: @_accalmie Wenn's so grausam war, empfehle ich Zeitungen o Blogs als Alternative. Wir fandens gut. (mh)
Die eingeladenen Talker* zeigten sich in Twitterdialogen überrascht oder reagierten mit klassischem Abwehrverhalten. Und dann gab es noch diese Einzelpersonen, die von *ismen betroffenen Menschen ihre Diskriminierungserfahrungen absprachen und die Definitionsmacht an sich rissen, um selbst zu bestimmen, was sexistisch und rassistisch ist.

Wenigstens die Moderatorin Vera Linß aber äußerte ein ernst gemeintes Interesse an einer kritischen Stellungnahme unsererseits, wir hoffen in den nächsten Tagen mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Unsere Wünsche

1. An die Sendungsmachenden

Frauen* spielen Computerspiele, sie sind demnach schon dann potentielle Speakerinnen, wenn es eben um solche geht und nicht erst dann, wenn Sexismus ins Spiel kommt. Wir wünschen uns von euch, dass ihr auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis achtet und gerade bei Themen, in denen Frauen* unsichtbar und unterrepräsentiert sind, noch einmal mehr darauf achtet, dass sie einer Sendung anwesend sind.

Sex != Sexismus. Ihr habt eure Sendung mit dem Tag “Sex” markiert. Wenn eine halbnackte Frau in einem Computerspiel objektifiziert wird, dann mögen das einige sexy finden, es hat aber nix mit Sex zu tun. Das ist Sexismus. Wir wünschen uns von euch, dass ihr euch mit den Themen und Terminologien befasst, über die ihr eine Sendung macht.

Wir wünschen uns von euch, dass ihr die angebotene Expertise von Menschen kritisch hinterfragt, im besten Fall, bevor ihr sie einladet.

Von eurem NetzReport wünschen wir uns einen professionellen Umgang mit Kritik.

2. An potentiell eingeladene Männer*

Wir freuen uns über Männer*, die sich gegen Sexismus aussprechen (möchten).

In einer Sendung wie dieser wünschen wir uns aber eine solidarische Reaktion, wenn abzusehen ist, dass keine Frauen* in einer Sendung anwesend sind, in der es um Sexismus geht, Frauen* aber nun mal diejenigen sind, die von Sexismus betroffen sind. Wir wünschen uns, dass ihr Redaktionen auf dieses Missverhältnis aufmerksam macht und im Zweifelsfall die Teilnahme mit einem deutlichen Statement absagt bzw. verweigert.

Wir wünschen uns von euch, dass ihr Themen wie Sexismus nicht flatterhaft in einen Beitrag quetscht, wenn euch nicht ausreichend klar geworden seid, wie *istische Strukturen funktionieren.

Wir erwarten von euch eine kritische Auseinandersetzunge mit verschiedenen Formen von Diskriminierung allen voran Rassismus.

Durch eine Dynamik, wie sie im gestrigen Kontext und im Vorfeld entstanden ist, perpetuiert ihr männliche* und weiße Privilegien und führt die Diskussion zum Thema ad absurdum.

3. Liebe Teilnehmer*

Wenn etwas ziemlich schief gelaufen ist wie gestern, dann erwarten wir von euch, dass ihr euch retrospektiv und introspektiv mit eurem Fail auseinandersetzt. Bemüht nicht Menschen mit Diskriminierungserfahrungen (Sexismus, Rassismus, etc.) euch alles bis ins Detail zu erklären, sondern nehmt die Kritik an und guckt selbst, was da scheiße war.

Lesetipp: Unter dem Titel “Back to Shouting, Then.” schreibt @_accalmie (auf Englisch) über die Sendung und furchtbare Twitter-Diskussionen, die sie danach führte.

33 Kommentare zu „Sex oder Sexismus? DRadio Wissen und ganz viele Fails

  1. Eine kleine Ergänzung: Hier sprechen Frauen über Sex und bemühen sich um Auklärung, das Filmchen ist trotzdem sexistisch. (Stichwort: Sexismus durch sexuelle Befreiung) Die wichtigsten Gründe für mich ist die bildliche Dominanz des weiblichen Körpers ohne Kopf/Gesicht + die pornographischen Bilder sind einseitig, geprägt von männlicher Dominanz.

    http://www.ardmediathek.de/mdr-fernsehen/artour/neues-ueber-die-liebe-im-21-jahrhundert?documentId=11050532

    (Das Buch, um das es geht, kenne ich nicht weiter.)

  2. Ich hatte der DRadio-Redaktion Tage vor der Sendung Antje Schrupp und die Mädchenmannschaft als Talkgäste empfohlen. Laut DRadio klappte das nicht. Teilgenommen habe ich trotzdem, da ich auf dem Standpunkt stehe: etwas Kritik ist besser als keine Kritik.

    Zu der Diskussion in meinem Blog über Tomb Raider (Triggerwarnung – Artikel vom 9.06.2012 auf gefuehlskonserve.de – wer den Artikel liest, beachte bitte auch das dortige Update, es geht nämlich nicht nur um Kinder.) hatte ich vor Wochen bereits über das Mädchenmannschaft-Kontaktformular Euch eingeladen, zu kommentieren.

    Ich bekam keine Antwort und – soweit ich sehen kann – auch keinen Kommentar von Euch, den ich mir sehr gewünscht hätte.

    Auch bei der Sexismus-Debatte im Gaming-Blog Polyneux.de (Artikel dort vom 26.06.2012) habe ich zum Kommentieren eingeladen.

    Auch hier erfolglos.

    Ihr könnt kommentieren, wo Ihr möchtet und es bleiben lassen, wenn Euch Ort, Thema oder Diskussionsteilnehmer nicht gefallen. Aber das Ergebnis ist, dass in Diskussionen Eure Kompetenz und Eure Standpunkt fehlen. Das ist schade, aber Eure Entscheidung, die ich akzeptiere.

    Nur werde ich nicht, weil Ihr nicht kommentieren möchtet, selbst ebenfalls auf einen Kommentar verzichten oder nicht in eine Sendung gehen, in der ich Kritik üben kann.

    Oben im Artikel heißt es:

    Wir freuen uns über Männer*, die sich gegen Sexismus aussprechen (möchten).

    Das ist schön. Schade ist dagegen, wenn man z.B. laut diesem Tweet
    https://twitter.com/Deef/status/221555149812940800
    anscheinend sinnvolle Kritik geäußert hat, diese aber dennoch abgelehnt wird, weil man ein Mann ist.

  3. @Deef:

    Das ist leider schon eher schlecht verhohlene Passiv-Aggresivität hier, trotz Deiner Relativierungen…

    Ich persönlich muss Dir sagen, dass ich die Diskussion des eigentlichen Themas (Sexismus in/und Videospiele, den Umgang damit, die Ignoranz und Arroganz gegenüber feministischer und antirassistischer Kritik, und die Mainstream-Tradition, „Experten“ einzuladen, die dann über die vor den Türen gehaltenen Marginalisierten sinnieren dürfen, etc.) interessanter und wichtiger finde, als dass sich jetzt die Mädchenmannschaft oder Antje Schrupp oder wen auch immer man schon „Tage vorher“ vorgeschlagen haben mag (spontanes m(, by the way) implizit nun doch dafür rechtfertigen sollen, dass sie nicht teilnahmen, und dass sie daher irgendwie schon ein bisschen selbst Schuld sind, wenn sie sich nicht auf das „Huch, man könnte ja doch noch eine Frau* einladen, denn jetzt geht’s ja auch um Sexismus“-Spielchen mitmachen wollen oder können (selbst, wenn Du das, wie Du schreibst, „akzeptierst“ – danke!) .

    Stattdessen würde ich allen Programmmachern (und manchen Programmacherinnen) und den traditionellen Gästen solcher Runden diesen Artikel empfehlen, der eine einfache Lösung und die nahe liegende Verantwortung auf den Punkt bringt: Why White Men Should Refuse To Be On Panels With All White Men.

    Auf Deinen Standpunkt, dass ein progressives Feigenblatt besser sei als nichts, statt sich solchem Theater zu verweigern, kann ich persönlich ganz gut verzichten. Dann wäre auch gleich ein Platz frei gewesen für eine der Frauen‘, über die Ihr so „fachmännisch“ diskutiert habt – und wir müssten jetzt nicht darüber reden, ob es nicht irgendwie gemein ist, dass Feminist_innen auch die Männer* kritisieren, die man grundsätzlich als ihre Vertreter und „professionelle“ Sprachrohre schickt, ohne auch nur einen Funken an Engagement oder Recherchevermögen für die seit Jahrzehnten formulierten Kritiken von Feminist_innen zu zeigen, und dann 101s als bahnbrechende (Selbst-)Erkenntnisse darzustellen.

    Been there, done that. Da muss ich auch nicht freundlich bleiben.

  4. @Accalmie:

    Ich finde die eigentliche Diskussion auch interessanter. Deshalb habe ich sie in meinem Blog und bei Polyneux geführt und habe an dem Talk teilgenommen.

    Ich impliziere nicht, dass sich Antje Schrupp oder die Mädchenmannschaft sich fürs Nichterscheinen rechtfertigen müssen, denn vielleicht hat DRadio sie trotz meines Hinweises nicht angefragt.

    Den von dir verlinkten Artikel schau ich mir an. Du schreibst:

    Das ist leider schon eher schlecht verhohlene Passiv-Aggresivität hier, trotz Deiner Relativierungen…

    …ohne auch nur einen Funken an Engagement oder Recherchevermögen für die seit Jahrzehnten formulierten Kritiken von Feminist_innen zu zeigen, und dann 101s als bahnbrechende (Selbst-)Erkenntnisse darzustellen.

    Beim Kommentarfeld steht „Wir achten in diesem Weblog auf einen vernünftigen Umgangston“. Und in der Netiquette: „Ebenfalls unerwünscht: Beleidigungen, herablassende Kommentare, persön­liche Angriffe“.

    Scheint zumindest bei der Kritik an mir nicht zu gelten. Ich dachte, Ihr wolltet Euch eventuell mit mir austauschen. Wenn mein Engagement als Feindseligkeit verstanden wird, dann war das eine Fehleinschätzung meinerseits.

  5. @Deef: Deine Argumentationsweise passiv-aggressiv zu nennen, ist kein persönlicher Angriff und keine Beleidigung, sondern meine Evaluation Deiner Argumentationsweise und Deiner Statements hier. Das Faktum, dass das Deutschlandradio Wissen (als nur eine der Mehrheit von Organisationen, die ebenso handeln) nicht dazu in der Lage war, auch nur eine Frau* zu finden für ihren Talk (und darauf bezieht sich der Kommenar zu Recherche und Engagement, wie aus dem Paragraphen meines Erachtens auch hervor geht), scheint doch schon deutlich geworden zu sein. Und zuletzt: Huch, jetzt reden wir ja schon wieder über Dich, und nicht über das Thema…

  6. und übrigens: „Das Thema“ sind in diesem Thread nicht nur Sexismus und Videospiele (das scheinst Du ja damit zu implizieren, dass Du deshalb ja schließlich am Talk teilgenomme hättest), sondern ganz konkret der Umgang des Deutschlandradio Wissens und Dein Umgang als Gast mit diesem Thema in dieser Sendung in dieser Konstellation, und das Problem, wie Ihr über Sexismus/Rassismus geredet habt.

  7. Schade ist dagegen, wenn man z.B. laut diesem Tweet
    https://twitter.com/Deef/status/221555149812940800
    anscheinend sinnvolle Kritik geäußert hat, diese aber dennoch abgelehnt wird, weil man ein Mann ist.

    @Deef

    Im Kontext zu bleiben wäre schonmal das erste, was ich dir empfehlen möchte, wenn du schon deine Argumentation auf diesen Tweet stützen möchtest.

    Was erwartest du?

    Dass ich zu Hause Lobeshymnen auf die Männer* singe, die in einer Sendung zum Thema Happen von gehörtem Wissen über *istische Strukturen einwerfen und zeitgleich Sexismus + Rassismus (re)produzieren?

    Soll ich dankbar sein dafür, dass du den Sexismus-Part in die Sendung geschleust hast, um dann live sexistischen und rassistischen Mist mit anzuhören?

    Und davon abgesehen: dass du dich hier jetzt aus der Betroffenheitsperspektive á la „ihr habt mir ja nicht gesagt, ob das ok/nicht ok ist“ positionierst, anstatt die Kritik konstruktiv anzunehmen, finde ich gelinde gesagt eine Unverschämt.

  8. Huch, den Paragraphen hab ich ja ganz übersehen:

    Deef:

    Ich dachte, Ihr wolltet Euch eventuell mit mir austauschen. Wenn mein Engagement als Feindseligkeit verstanden wird, dann war das eine Fehleinschätzung meinerseits.

    *headdesk*

    Hast Du einen der Blogposts, die verschiedene Menschen zu dieser Sendung geschrieben haben, gelesen? Denn in den meisten wird doch recht detailliert dargestellt, wo das Problem lag – zum einen mit der Sendung, zum anderen mit den Reaktionen der Verantwortlichen und der Gäste auf die Kritik an dieser Sendung. Dass Du jetzt defensiv zu werden scheinst, ist natürlich nachvollziehbar angesichts der Kritik, aber ruft bei mir kein Verständnis hervor. Denn Engagement von feminist allies* heißt auch, Kritik von der marginalisierten Gruppe anzunehmen, und nicht als deren Sprachrohr fungieren zu wollen.

    Ich weise noch einmal auf den Artikel hin: Statt anderen implizit vorzuwerfen, Dir feindselig gegenüber zu stehen, weil Du in einer Runde, die mit sexistischen und rassistischen fails gespickt war, meintest, „die Frauen*“ vertreten zu können oder zu müssen und jetzt einen Belohungskeks dafür möchtest, könntest Du vielleicht auch erstmal über die Kritik, die geäußert wurde, nachdenken. Du könntest Dir auch klar machen, dass Deine Art des Engagements, die ja offensichtlich Kritik bei jenen auslöst, die Du vertreten wolltest, nicht zielführend zu sein scheint.

    Statt jetzt beleidigt zu sein, könntest Du auch darüber nachdenken, Dir und anderen männlichen*, weißen Gästen, die in solche Runden eingeladen werden, weil man magischerweise nie Frauen* oder PoC finden kann (oder erst gar nicht daran denkt, dass Themen – schon gar nicht die, die nicht explizit „Sexismus“ oder „Gedöns“ im Titel tragen – auch von nicht als universal erklärten Menschen diskutiert werden könnten), nahezulegen, solche Einladungen mit dem Verweis auf dadurch entstehende Diskriminierung abzulehnen. Du hättest auf die Mädchenmannschaft hinweisen können (und hast das ja auch), und statt Dich zu wundern, dass niemand von der Mädchenmannschaft auftauchte, da noch öfters nachhaken und insistieren können. Du hättest gleich sagen können, dass Du nicht noch der dritte weiße Mann* im Bunde sein möchtest, sondern bei der Mädchenmannschaft und/oder anderen feministischen und PoC und Gamer-Blogs, die Du kennst, nachfragen können, wer für eine solche Runde bereit stünde.

    Selbst, wenn es unvermeidlich und ZOMG APOCALYPSE gewesen wäre, dass Du an diesem Talk teilgenommen hast, hättest Du die Ausschließung marginalisierter Gruppen, über die Ihr geredet habt, stärker thematisieren und die Einladungspolitik auf die Tagesordnung heben können.

    Das alles hast Du nicht gemacht. Und jetzt sollen deine Kritiker_innen mit den gelieferten Halbsätzen über Geschlechterklischees und „was Feminist_innen vielleicht sagen würden…“ zufrieden oder gar dankbar sein? Jetzt geht es darum, dass die Kritik gefälligst nicht so formuliert werden darf, dass Du Dich angegriffen fühlst in Deinem Engagement als Mann*? Wenn das wirklich der Fall sein sollte, dann fehlen Dir offensichtlich einige feministische Grundlagen, um die kritische Person zu sein in solchen Runden. Womit wir wieder am Anfang wären…

  9. @Deef

    ich habe gerade nachgesehen: weder in älteren Kommentaren noch in unserem Postfach finden sich die von dir zitierten Diskussionsangebote und -hinweise.

  10. Deef, vielleicht kann ich dir das Problem mit etwas Ähnlichem erklären:
    Günter Wallraff wird nie verstehen, worin der Fail besteht, dass er sich als Türke verkleidete, ein Buch darüber schrieb, wie schrecklich mies er in dieser Rolle behandelt wurde und dafür gelobt wurde, daß endlich einer den Beweis erbracht hat, dass Türke sein schon reicht, um diskriminiert zu werden – als ob es zuvor nie Türken gegeben hat, die das längst auch schon vorher gesagt haben.

  11. Ansonsten auch so: Selbermach-Sonntag! It’s a thing! Da hättest Du Deinen post verlinken können und öffentlich nach Feedback fragen (…wenn ich das verpasst haben solle, freu ich mich natürlich auf den entsprechenden Link).

    Du hättest auch die Möglichkeit gehabt, direkt hier bei der Mädchenmannschaft und diesen Posts zu ähnlichen Themen kommentieren können. Dialog und Austausch ist aber nicht, wie Du sie zu definieren scheinst: die Erwartungshaltung, dass Feminist_innen in Dein Wohnzimmer kommen, sich kurz umgucken, und dem besten Sessel dann das „Feminism: Approved“-Sigel verleihen. Und jetzt hör ich wirklich auf, auf „what about teh menz“ einzugehen, versprochen…

  12. @Nadine:

    Habe es via Kontaktformular abgeschickt. Daneben habe ich mit Helga mehrere Mails direkt ausgetauscht.

    @Jens: Danke. Dass verdeutlicht mir zumindest die Position, die ich nicht teile.

  13. Ahahaha! :D Un.fass.bar. Man konnte es ja schon erahnen, aber was vier Frauen nicht hinbekommen mit expliziten Kritiken und Verbesserungsvorschlägen, weder in zahlreichen Kommentaren noch Artikeln, macht der Sechszeiler eines anderen Herren* über „Türken“ [sic] wett. Abgesehen davon, dass die Kritik auch am explizitesten von einer Frau* formuliert wurde: Noah Sow. Aber hey, da Du, deef, das ja sowieso nicht nachvollziehen willst, isses sowieso egal. #whydoyoududeshavetobesoobvious
    Kekse, anyone?

  14. Puh, Gott sei Dank ist nochmal ein Mann* vorbeigekommen und hat etwas geklärt! Dachte schon, man muss hier auf die Stimmen von Betroffenen hören.

  15. Jetzt werd mal nicht so uppity, Zweisatz – es ist ja nicht so, als könnte hier irgendeine mit ihrem überemotionalen ladybrain eine kohärente antwort auf „warum seid ihr nicht bei mir vorbeigekommen? warum seid ihr so gemein? warum antwortet niemand auf meinen FEMINISMUS blogpost? warum isses nicht total super, wenn ich in teilen (und teilweise falsch) das wiederhole, was ihr seit 30 jahren sagt, und dafür dann gelobt werden will, weil ich euch vertreten hab?“. FFS…

  16. „Wenn etwas ziemlich schief gelaufen ist wie gestern, dann erwarten wir von euch, dass ihr euch retrospektiv und introspektiv mit eurem Fail auseinandersetzt. Bemüht nicht Menschen mit Diskriminierungserfahrungen (Sexismus, Rassismus, etc.) euch alles bis ins Detail zu erklären, sondern nehmt die Kritik an und guckt selbst, was da scheiße war.“

    Warum haben wir diesen Absatz eigentlich geschrieben?

  17. @deef: Es scheint tatsächlich ein Problem mit dem Kontaktformular zu geben, deswegen habe ich das off genommen. Daneben haben wir eine direkte E-Mailadresse angegeben, einige von uns sind bei Twitter… Davon abgesehen kann ich nur betonen, was ich Dir bereits schrieb und was accalmie eben noch einmal deutlich machte: Wir/ich habe hier einiges zu Seximus in Games geschrieben, mit vielen Links zu weiteren Texten, die noch weiter ausholen oder auf andere Punkte eingehen. Darüberhinaus habe ich keine Zeit, auf anderen Seiten alles noch einmal zu wiederholen.

    @Jens: Da erfüllt sich Deine Voraussage der ungerechten Welt und Du wunderst Dich, dass genau die beschriebene Ungerechtigkeit den Betroffenen aufstösst?

  18. @Jens Cool wäre z.B., wenn du jetzt sagst: Krass, stimmt, auf mich reagiert er ganz anders als auf euch! Da werd ich ma drauf achten in Zukunft, sowas geht ja gar nicht!

  19. Das hab ich durchaus bemerkt und stieß mir auch sofort peinlich auf. Stimmt, das hätte ich sagen können, wußte aber in dem moment selbst keine passende Entgegnung.

  20. All das zuvor gesagte wiederholend, kann ich mir den Sarkasmus nicht verkneifen. Ausschließlich weiße Männer nehmen an einer Podiumsdiskussion über „Sexismus“ teil: auch, wenn sie noch nie von einem Fremden an einer Bushaltestelle […] sexuell belästigt wurden, oder mit 16 stinksauer waren, weil in dem frisch gekauften Computerspiel über die Hälfte der Spielzeit leichtbekleidete großbusige NPC- Frauen den Fußboden schrubben […], sind sie per sozialer Rolle doch die kompetentesten aller Diskussionsteilnehmer und Experten für alle und alles.

    Sexismus beginnt mit der Unfähigkeit oder dem Unwillen, Frauen* zuzuhören. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Überwindung des Sexismus damit beginnen muss, dass Frauen zugehört wird.

  21. Guter Artikel.Vielen Dank dafür,ich fand den Radiobeitrag nämlich auch mehr als misslungen. Und nach den Kommentaren hier habe ich endlich auch kapiert was ein tone-argument ist,und warum sowas der Diskussion selten etwas beiträgt. @accalmie: Du hast das Problem mit der Art der Reaktion auf die Kritik echt gut erklärt (finde ich). Thumbs up für deinen langen Atem.

  22. wow, sie fandens gut? na wenn das reicht….
    jedenfalls toll, dass ihr euch zusammengetan habt und das thema jetz ma bischen breit tretet :D
    allgemein find ich zum thema computerspiele und frauen die berichterstattung um die progamerin scarlett sehr interessant. die meisten streamer_innen (es sind leider wirklich hauptsächlich männer) halten sich zwar mit explizit sexistischen äußerungen einigermaßen zurück, aber die verwunderung das ne frau sowas auch kann ist imho immer zu spüren.

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