Neue Formel für Selbstverantwortung und Solidarität

(Der Kommentar von Franziska Brantner und mir erschien in der Taz, dies hier ist die etwas ausführlichere Version.)

Vor einem Jahr, am 1. Januar 2008, fand fast unbemerkt eine gesellschaftliche Revolution in Deutschland statt. Einem bis dahin gesellschaftlich und gesetzlich breit abgesicherten Modell wurde der Boden unter den Füßen weggezogen: Das neue Unterhaltsgesetz trat in Kraft. Die klassische Ehe ist ihrer juristisch-materiellen Grundlage teilweise beraubt. Die Botschaft dieses Gesetzes an die Frauen ist: „Bleib unabhängig, Du bist selbst für Dich verantwortlich.“ Diese Botschaft ist gut. Dennoch birgt das neue Gesetz auch enorme Nachteile – vor allem für Frauen – da neue Lebensmodelle nur bedingt ermöglicht werden.

In der „klassischen“ Ehe arbeitete der Mann, die Frau betreute die Kinder und gab ihre eigene berufliche Karriere auf. Dafür erhielt die Frau die gesetzliche Garantie, auch nach einer Scheidung den in der Ehe erwirtschafteten Lebensstandard unbefristet von ihrem Mann gesichert zu bekommen. Seit Januar 2008 ist das anders. Lässt sich eine Frau heute scheiden, muss sie eigenverantwortlich für sich selbst sorgen, und dies bereits ab einem Alter der ehelichen Kinder von drei Jahren.
Doch die deutsche Lebensrealität erlaubt nur bedingt ein alternatives Modell zur klassischen Ehe. Arbeitsbedingungen, Steueranreize und (Weiter-) Bildungsmöglichkeiten, die eine Unabhängigkeit überhaupt erst ermöglichen können, gibt es nur wenige. Und das alles ohne eine neue Definition von „Solidarität“.
Anlass für die Gesetzesänderung war nicht etwa eine feministische Bewegung, die endlich die Eigenständigkeit der Frau sichern wollte. Nein, Anlass war vielmehr eine Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes, dass die unterschiedlichen Rechte auf Betreuung ehelicher und nicht-ehelicher Kinder dem Gleichheitsgrundsatz widersprachen. Kinder sollten danach generell das gleiche Recht auf Betreuung durch ihre Mütter haben. Man hätte deshalb den Betreuungsunterhalt für nichteheliche Mütter, der auf drei Jahre befristet war, dem Betreuungsunterhalt der ehelichen Mütter, der 15 Jahre galt, angleichen müssen. In logischer Konsequenz dieser berechtigten Gesetzesrüge des Bundesverfassungsgerichts sah deshalb der Gesetzesvorschlag Nummer eins vor, dass nicht verheiratete Mütter ebenso Betreuungsunterhalt bis zum 15. Lebensjahr des Kindes bekommen sollten. Dagegen lief man aber in der CSU Sturm. Die Ehe als solche sei dann gar nicht mehr attraktiv. So scheiterte das Gesetz im Bundesrat.

Wegen des großen Zeitdrucks eine Lösung finden zu müssen, wurde mit heißer Nadel stattdessen ein Gesetz geschaffen, das zwar der Auflage des Verfassungsgerichts auf Gleichstellung der Kinder in der Betreuung Rechnung trug, aber nur noch generell drei Jahre Betreuung durch die Mutter für alle Kinder vorsieht. Bei diesem „Aufräumen“ entledigten sich die Männer auch noch gleich der „lästigen Pflicht“, Ehefrauen, die ihr Leben nach dem gemeinsamen Plan der Kindererziehung gewidmet hatten, lebenslang unterhalten zu müssen. Hat eine Frau ihrem Ehemann zum Beispiel dreißig Jahre den Rücken frei gehalten und die Kinder großgezogen, während er Karriere machte, kann es ihr jetzt passieren,  an der Scannerkasse zu sitzen oder den Staat um Solidarität zu bitten. Denn ihre Ausbildung entspricht nun nicht mehr den aktuellen Anforderungen und Berufserfahrung fehlt ihr auch. Für diese Frau hat die Sache einige Haken:

Die Kehrseiten des neuen Unterhaltsgesetzes

Erstens hält der Staat weiter steuerliche Anreize für das alte Modell aufrecht, indem er mit dem Ehegattensplitting finanziell unterstützend dafür wirkt.

Zweitens gibt es keine flächendeckende,gute , kostenlose Fremdbetreuung für Kinder nach der Stillzeit. Die Frauen (oder die Männer) können gar nicht auf gleichem Niveau weiterarbeiten– es sei denn, sie können sich private Rundumversorgung leisten. Eine flächendeckende, flexible, qualitative und kostenlose Kinderbetreuung ab null Jahren ist dringend nötig.

Drittens geht das neue Gesetz davon aus, dass Frauen und Männer gleichviel verdienen. Das ist aber nicht der Fall: Eine deutsche Durchschnittsfrau verdient immer noch 23 Prozent weniger als der Durchschnittsmann für gleichwertige Arbeit und sie fühlt sich stärker zu schlecht bezahlten Tätigkeiten berufen, als er. Diese Ungleichbezahlung muss der Gesetzgeber endlich beenden. Die Verantwortung in den Händen einer Erzieherin, die harte, teilweise psychisch belastende Arbeit eines Altenpflegers, sie finden wenig finanzielle Anerkennung. Arbeit mit Alten, Kranken und Kindern – üblicherweise von Frauen ausgeführt – wird sozial weniger anerkannt und deswegen schlechter bezahlt.

Viertens reden Politiker jeder Couleur viel vom Lebenslangen Lernen, doch in der Realität findet dieses kaum statt. Der Staat muss sich dafür einsetzen, dass alle Frauen, jeden Alters und jeder Herkunft, eine reelle Chance auf Bildung und Weiterbildung bekommen, damit sie die verlangte Unabhängigkeit von Staat und Mann umsetzen können: Jeder Frau muss der Weg in eine Auffrischung ihrer Ausbildung, eine komplett neue Ausbildung und auch zu einer akademischen Laufbahn geebnet werden. Alleinerziehende haben dabei immense Probleme, deswegen sind Finanzierungen über das aktuelle BaföG hinaus notwendig. Eine Frau – und auch ein Mann, der Kinder betreut hat- muss ein ganzes Leben lang die Möglichkeit haben, noch einmal richtig mit der eigenen Karriere durchstarten zu können.

Fünftens wurden keine Übergangsregeln geschaffen für diejenigen Frauen, die sich vor dreißig Jahren für das damalige Mehrheitsmodell entschieden haben, aber heute nach neuem Recht geschieden werden. Und eine Frau, die heute heiratet, weiß vielleicht noch nichts von ihrer neuen Situation nach einer späteren Scheidung. Für sie sollte es zum Beispiel im Standesamt eine gründliche Aufklärung darüber geben, damit sie gar nicht erst auf die Idee kommt, der „Gatte werde schon auf immer und ewig alles für sie richten“.

Für ein neues Miteinander von Selbstverantwortung und Solidarität.

Traditionell blieben viele Frauen, egal ob geschieden oder nicht, nach dem Ende der Kinderbetreuung weiterhin arbeitslos zu Hause und managten den Haushalt. Selbst wenn man sich für eine gewisse Zeit für die Kinderbetreuung und damit gegen ein berufliches Fortkommen entscheiden sollte:  Jeder erwachsene Mensch ist in der Regel in der Lage, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen. Spätestens, wenn aus dem letzten Kind ein Jugendlicher geworden ist, braucht man wieder Zugang zu Bildung und zur Arbeitswelt. Nur so ist Selbstverantwortung möglich.

Gleichzeitig muss man sich auch fragen, welche Solidarität wir in unserer Gesellschaft leben wollen? Sollte unser gesellschaftliches Ziel nicht sein, dass Menschen füreinander einstehen? Dass sie füreinander Verantwortung übernehmen? Nicht patriarchalisch geprägt, sondern modern: Frauen gegenüber Frauen. Männer gegenüber Männern. Frauen gegenüber Männern. Männer gegenüber Frauen. Solidaritätsverträge für nicht Verheiratete und nicht verheiratete gleichgeschlechtliche Paare ohne steuerliche Benachteiligung für diese Partnerschaftsformen.
In Frankreich gibt es mit dem pacte civil de solidarité (PACS) seit 1999 eine gesetzliche Institution, in der sich Menschen egal welchen Geschlechts zu gegenseitiger Hilfe und Solidarität verpflichten. Der PACS ermöglicht fernab der Ehe eine Gütergemeinschaft, gemeinsame steuerliche Veranlagung und steuerlich günstige Erbbestimmungen. Ein ziviler Solidaritätspakt wäre auch für Deutschland sinnvoll. Zwei Menschen könnten dann Rechte und Pflichten individuell vereinbaren – ein modernes, an heutige Bedürfnisse angepasstes Rechtsinstitut. Da nur in den seltensten Fällen ein „Bund fürs Leben“ geschlossen wird, soll der Zivilpakt leichter zu schließen aber auch leichter zu beenden sein, als die Ehe. Darin kann auch vereinbart werden, wie man nach einer Trennung miteinander umgeht und vor allem: Wie wird der- oder diejenige ausgehen, der oder die sich der Kinderbetreuung widmet.
Mehr Hilfe für Alleinerziehende

Menschen, die ihre Kinder alleine groß ziehen, tragen ein enormes Armutsrisiko: Wollen sie genauso viel Zeit für ihre Kinder aufbringen, wie es Eltern in einer Partnerschaft können, so müssen sie zwangläufig weniger arbeiten. Die Angebotslage auf dem Teilzeitsektor ist aber oft miserabel. Und alleinerziehende Frauen bekommen zu allem Überdruss auch noch durchschnittlich 23 Prozent weniger Lohn für ihre Arbeit.
Der Modebegriff „Work-Life-Balance“ bekommt für Alleinerziehende eine ganz andere, substanziellere Bedeutung. Arbeitswelt und Lebenswelt sind oft gar nicht mehr unter einen Hut zu bekommen. Ohne Betreuung für ihre Kinder , gehen einer Frau oder einem Mann darüber hinaus ein eigenes Einkommen, Berufserfahrung und Weiterbildung abhanden. Hartz IV wird zum einzigen Einkommen für sie und ihre Kinder. Hartz IV ist aber alles andere als „armutsresistent“.

Für diese Frauen (und auch Männer) müssen schnellstmöglich Auswege gefunden werden. Als Sofortmaßnahme brauchen wir einen Rechtsanspruch für Alleinerziehende auf Betreuung ihrer Kinder nach finnischem Vorbild: Kommt eine Kommune diesem Anspruch nicht institutionell nach, so muss sie ihm finanziell nachkommen und private Fremdbetreuung finanzieren. Diese Sofortmaßnahme entschärft die Situation bis eine flächendeckende kostenlose Kinderbetreuung tatsächlich Realität geworden ist.
Darüber hinaus braucht es eine Kombilohnregelung für Alleinerziehende. Modell-Projekte zum Kombilohn zeigen, dass vor allem diese Gebrauch davon machten. Damit würde auch ihnen eine „Work-Life-Balance“ ermöglicht.

Die neue Formel für Selbstverantwortung plus Solidarität lautet also: flächendeckend kostenfreie Kinderbetreuung, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und gerechteren Lohn für soziale Berufe. Dazu braucht es Informationen über die rechtliche Situation und die Möglichkeit von privaten Solidaritätsverträgen, ohne dass einer von beiden nach einer Trennung das wirtschaftliche Nachsehen hat. Es muss einem Paar möglich sein, ihr Kind nach sechs Wochen in  Fremdbetreuung zu geben, oder aber auch, dass einer der beiden Partner unter Hintanstellung beruflicher Ambitionen sich der Kinderbetreuung widmet, ohne, dass dies für immer die wirtschaftliche Sackgasse bedeutet. Dies alles: für Verheiratete, Nicht-Verheiratete und gleichgeschlechtliche Paare.

2 Kommentare zu „Neue Formel für Selbstverantwortung und Solidarität

  1. Ich stimme dir/euch in weiten Teilen zu, was mich nur stört ist die nicht konsequent durchgezogene Betonung, dass diese Problematik nicht nur Frauen treffen kann. Mir ist vollkommen klar, dass es traditionell so war, und leider nach wie vor überwiegend Realität ist, dass die Frau mehr Zeit für Kinderbetreuung aufwendet als der Mann. Gerade deshalb würde ich mir wünschen, dass man konsequent vom betreuenden Elternteil spricht, um endlich diesen Automatismus „Mutter=Betreuungsperson“ in den Köpfen vieler Menschen aufzubrechen. Teilweise weist ihr darauf hin, dass es für die Väter, wenn sie einen höheren Anteil an der Kinderbetreuung übernehmen, ähnlich problematisch ist, aber es gibt auch Absätze, da wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass ausschließlich Mütter die Kinder betreuen. Z.B.:

    Kinder sollten danach generell das gleiche Recht auf Betreuung durch ihre Mütter haben. Man hätte deshalb den Betreuungsunterhalt für nichteheliche Mütter, der auf drei Jahre befristet war, dem Betreuungsunterhalt der ehelichen Mütter, der 15 Jahre galt, angleichen müssen.

    Mit Kombilohn meint ihr, dass der Staat das Gehalt in schlecht bezahlten Berufen aufstocken soll, oder? Das halte ich für eine vollkommen falsche Strategie. Mindestlöhne sind sinnvoll, aber diese sollten nicht vom Staat finanziert werden. Aber das ist eine andere Baustelle und hat in einem femininstischen Blog nichts zu suchen… ;-)

  2. >Vor einem Jahr, am 1. Januar 2008, fand fast
    >unbemerkt eine gesellschaftliche Revolution
    >in Deutschland statt.

    Unbemerkt? Die Zeitungen waren voll davon, man mußte es nur lesen wollen

    >Seit Januar 2008 ist das anders. Lässt sich eine Frau
    >heute scheiden, muss sie eigenverantwortlich für sich
    >selbst sorgen, und dies bereits ab einem Alter der
    >ehelichen Kinder von drei Jahren.

    Das ist juristisch falsch.
    Die drei Jahre, die in § 1570 BGB genannt sind stellen lediglich den Mindestzeitraum dar, innerhalb dessen von demjenigen, der ein Kind betreut, keine eigene Erwerbstätigkeit erwartet werden kann.

    Danach soll eine Prüfung erfolgen, inwieweit Arbeit zumutbar ist. Die Gerichte tendieren gegenwärtig dazu, dass bisherige Altersphasenmodell mit Modifikationen weiterleben zu lassen. Dies zeigt sich zB in den Hammer Leitlinien, die ab drei Jahren eine geringfügige Beschäftigung vorsehen, ab dem 2. Schuljahr eine Halbtagstätigkeit und ab dem ersten Schuljahr auf einer weiterführenden Schule, also etwa mit 10 Jahren eine vollzeittätigkeit. Der BGH hat mit Urteil vom 16.Juni 2008 ebenfalls angezeigt, dass er am Altersphasenmodell festhalten will, vergleiche zB diese Besprechung des Urteils
    http://www.rechtsanwalt-news.de/familienrecht/betreuungsunterhalt-bedarf-und-erwerbsobliegenheit-nach-neuem-unterhaltsrecht/

    Eine Pflicht eine Arbeitstätigkeit aufzunehmen bedeutet im übrigen nicht, dass danach kein Unterhalt mehr gezahlt wird. Vielmehr ist der Halbteilungsgrundsatz nach wie vor Bestandteil des Unterhaltsrecht und es ist Aufstockungsunterhalt zu zahlen, der die Differenz des niedrigeren Lohns ausgleicht. Der Aufstockungsunterhalt berechnet sich nach § 1573 BGB.

    >Wegen des großen Zeitdrucks eine Lösung finden zu
    >müssen, wurde mit heißer Nadel stattdessen ein
    >Gesetz geschaffen, das zwar der Auflage des
    >Verfassungsgerichts auf Gleichstellung der Kinder
    >in der Betreuung Rechnung trug, aber nur noch
    >generell drei Jahre Betreuung durch die Mutter für
    >alle Kinder vorsieht.

    Nein, siehe oben.

    >Bei diesem „Aufräumen“ entledigten sich die Männer
    >auch noch gleich der „lästigen Pflicht“, Ehefrauen, die
    >ihr Leben nach dem gemeinsamen Plan der Kinder-
    >erziehung gewidmet hatten, lebenslang unterhalten
    >zu müssen.

    Ebenfalls nein, diese Pflicht besteht nach wie vor, lediglich ihre Pflicht selbst Arbeit zu suchen ist höher geworden und sie muß früher Drittbetreuung in Anspruch nehmen. Gerade bei langer Ehedauer und langer Kinderbetreuung wird eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht erfolgen.

    >Denn ihre Ausbildung entspricht nun nicht mehr den
    >aktuellen Anforderungen und Berufserfahrung fehlt
    >ihr auch. Für diese Frau hat die Sache einige Haken:

    Wenn sie darlegen kann, dass sie trotz entsprechender Bemühungen keine Arbeitsstelle findet (durch Ablehnungsschreiben etc) dann trifft ihn nach wie vor die volle Unterhaltspflicht. Zudem stehen Ehefrauen mit langer Ehedauer auf der gleichen Rangstufe des § 1609 BGB wie Eltern die kleine Kinder betreuen, so dass ein Schutz vorhanden ist.

    >Zweitens gibt es keine flächendeckende,gute , kostenlose >Fremdbetreuung für Kinder nach der Stillzeit. Die Frauen (oder die >Männer) können gar nicht auf gleichem Niveau weiterarbeiten– es sei >denn, sie können sich private Rundumversorgung leisten.

    Wer keine Kinderbetreuung bekommt, der muss auch nicht arbeiten. Im Unterhaltsrecht werden Zusagen für Kinderbetreuungsplätze hart umkämpft sein. Kann zB der unterhaltsberechtigte Vater für die Kinder ein Drittbetreuung sicherstellen, indem er sich um einen Platz kümmert, dann kann er seine Exfrau darauf verweisen, dass diese nunmehr versuchen muss eine Arbeit zu finden. Kann sie Absagen vorlegen, dann kann sie die Kinder weiterbetreuen. Männer haben daher ein deutlicheres Interesse an dem Ausbau von Kindergartenplätzen als vorher.

    >Eine flächendeckende, flexible, qualitative und kostenlose >Kinderbetreuung ab null Jahren ist dringend nötig.

    Zustimmung

    >Drittens geht das neue Gesetz davon aus, dass Frauen
    >und Männer gleichviel verdienen. Das ist aber nicht der Fall:

    Hier wird wieder der Aufstockungsunterhalt nicht beachtet.

    >Eine deutsche Durchschnittsfrau verdient immer noch 23 Prozent
    >weniger als der Durchschnittsmann für gleichwertige Arbeit

    Das ist bisher so nicht belegt. Sie verdient weniger, aber nicht für gleichwertige Arbeit. Vielmehr machen Männer mehr berstunden, arbeiten in lukrativeren Berufen, fordern auch mehr Geld (in der Privatwirtschaft kann der Staat den Lohn nicht einfach festsetzen). Männer werden wegen höherer Berufserfahrung und häufigerer Vollzeittätigkeit eher befördert, aber dann machen sie auch keine gleichwertige Arbeit im Verhältnis zu den Nichtbeförderten.

    >Viertens reden Politiker jeder Couleur viel vom Lebenslangen
    >Lernen, doch in der Realität findet dieses kaum statt. Der Staat
    >muss sich dafür einsetzen, dass alle Frauen, jeden Alters und
    >jeder Herkunft, eine reelle Chance auf Bildung und Weiterbildung >bekommen, damit sie die verlangte Unabhängigkeit von Staat
    >und Mann umsetzen können:

    Das tut das Unterhaltsrecht ja, indem es dafür sorgt, dass derjenige so schnell wie möglich in den Beruf zurückkommt oder durch Unterhalt abgesichert ist. Natürlich kann man den Unterhalt auch in Fortbildungen investieren.

    >Fünftens wurden keine Übergangsregeln geschaffen
    >für diejenigen Frauen, die sich vor dreißig Jahren
    >für das damalige Mehrheitsmodell entschieden
    >haben, aber heute nach neuem Recht geschieden werden.

    Doch, bei langer Ehedauer mit Kindererziehung ist ihr Rangplatz gewahrt. Zudem setzt eine Erwerbsobliegenheit auch voraus, dass sie eine Arbeit erhalten kann. Welche Arbeiten sie annehmen muss ist dabei auch eine Frage der Zumutbarkeit. Dabei wird die Frage erbittert diskitiert, ob die Krankenschwester, die den Chefarzt heiratet danach wieder als Krankenschwester arbeiten muss oder nur in „gehobener Stellung“. Das sie nicht jede Tätigkeit annehmen muss ist aber klar.

    >Und eine Frau, die heute heiratet, weiß
    >vielleicht noch nichts von ihrer neuen Situation
    >nach einer späteren Scheidung.

    Mit ein wenig Aufwand kann man sich da schlau machen. Er weiss ja auch nicht, was er alles zahlen muss und wie wenig er seine Kinder sieht, wenn sie wieder geht. Die Risiken sind da recht gleich verteilt.

    >Für sie sollte
    >es zum Beispiel im Standesamt eine gründliche
    >Aufklärung darüber geben, damit sie gar nicht erst auf die Idee >kommt, der „Gatte werde schon auf immer und ewig alles für sie >richten“.

    Das würde ich sogar für sinnvoll halten. Einen Eheführerschein quasi. Würde aber die Standesbeamten überfordern. Das könnten eher Rechtsanwälte oder Richter vernünftig darstellen.

    >Menschen, die ihre Kinder alleine groß ziehen,
    >tragen ein enormes Armutsrisiko: Wollen sie
    >genauso viel Zeit für ihre Kinder aufbringen, wie
    >es Eltern in einer Partnerschaft können, so
    >müssen sie zwangläufig weniger arbeiten.

    Ersetze hier „Eltern“ bei „genausoviel Zeit mit ihrem Kind verbringen, wie Eltern in einer Partnerschaft“ durch Partner, die die Kinderbetreuung übernehmen, der Berufstätige sieht seine Kinder auch nicht so viel.

    >Und alleinerziehende Frauen bekommen zu allem
    >Überdruss auch noch durchschnittlich 23 Prozent
    >weniger Lohn für ihre Arbeit.

    Ich bezweifele, dass es eine Statistik gibt die das belegt. Zumindest wenn gemeint ist für „gleichwertige Arbeit“. Alleinerziehende werden in einer Firma ja nicht plötzlich anders bezahlt.

    >Ohne Betreuung für ihre Kinder , gehen einer
    >Frau oder einem Mann darüber hinaus ein
    >eigenes Einkommen, Berufserfahrung und
    >Weiterbildung abhanden. Hartz IV wird zum
    >einzigen Einkommen für sie und ihre Kinder.
    >Hartz IV ist aber alles andere als „armutsresistent“.

    Neben dem Unterhaltsanspruch. Im übrigen doch das beste Argument für eine hohe und frühe Erwerbsobliegenheit, wie sie das Unterhaltsrecht jetzt vorsieht.

Kommentare sind geschlossen.

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