Schlecker, die Frauen und die FDP: Eure Freiheit ist unsere Armut

Als heute Abend klar wurde, dass es für die Beschäftigten von Schlecker keine Transfergesellschaft geben wird, sondern nur die Arbeitsagenturen, die dann Tausende von schlecht ausgebildeten Frauen zu irgendwelchen staatlich subventionierten Maßnahmen verdonnern dürfen, als klar wurde, dass sich eine winzige Partei (hallo FDP, vier Prozent bundesweit) durchsetzen konnte gegen alles, was gerecht oder wenigstens menschlich wäre, eine Partei, die sich ehrlich gesagt sonst kaum noch durchsetzen kann, ist eines klar geworden: Frauen sind in diesem Land immer noch weniger wert, und je ärmer sie sind, je sozial prekärer ihre Lage, desto egaler sind sie der regierenden Koalition. Und Frauenleben müssen in diesem Land offenbar dafür herhalten, dass Politiker ihre Prinzipientreue demonstrieren dürfen. Billig genug sind sie.

Wir haben es bei der Diskussion um die Rente gesehen, in der deutlich wurde, dass Tausenden von Frauen die Altersarmut droht und diese Bundesregierung keinerlei Interesse daran hat, das zu ändern. Und jetzt Schlecker: Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen. Die FDP hat in diesem Land nur noch etwas zu melden, weil niemand Lust auf Neuwahlen hat. Die FDP hat sich weder in der Eurofrage durchsetzen können, noch in sonst irgendwelchen kostenspieligen Rettungsmaßnahmen, die in den letzten drei Jahren von der Bundesregierung ausgegangen sind. Wenn aber ein paar tausend Frauen gerettet werden sollen, die ohnehin von ihrem Arbeitgeber systematisch ausgebeutet wurden, dann darf sich diese kleine Scheißegalpartei auf einmal durchsetzen.

Die Frage, ob Deutschland eine Parteienlandschaft ohne Liberalismus verträgt, wird ja zur Zeit oft diskutiert. Mich interessiert gerade, wieviel Menschenfeindlichkeit in einer Parteienlandschaft ungestört zu Hause sein darf. Aber solange es nur Frauenfeindlichkeit ist, bleibt die Demokratie ja offenbar entspannt.

35 Kommentare zu „Schlecker, die Frauen und die FDP: Eure Freiheit ist unsere Armut

  1. Danke.
    der liberalismus ist eine ideologie die jegliche ungleichheiten legitimiert. glücklicherweise haben wir jetzt einen buprä, der genau den selben mist predigt.

  2. @TheGurkenkaiser:
    Nö. Im übrigen gibt es so wenig „den Liberalismus“ wie es „den Feminismus“ gibt. Informier dich über Mises und Hayek, beides selbstbezeichnete liberale, aber inhaltlich völlig anders. Außerdem ist die FDP schon lange keine liberale Partei mehr, allenfalls noch wirtschaftsliberal. Parteien echter liberaler Ausrichtung lassen sich im offeneren, holländischen Parteisystem finden.

  3. Danke für den Artikel! Als es um andere Gruppen mit vornehmlich Männern ging wurde monatelang öffentlich von der Politik Stimmung gemacht und um Lösungen gerungen. Jetzt ging alles ratzfatz, oder irre ich mich da?
    Was ich nicht verstehe ist, wie die SPD jetzt davon reden kann, dass die betroffenen Frauen ins Unglück gestürzt werden, obwohl sie selbst dieses Unglück hergestellt hat. Nämlich die Hartzgesetze.

  4. Eine Transfergesellschaft für ein paar Hundert oder Tausend an einem Ort lebenden MitarbeiterInnen – ok, akzeptabel.
    Eine Transfergesellschaft mit teils nur 2 – 5 MitarbeiterInnen pro Dorf – kaum zu organisieren. Da ist das Geld in dezentralen Schulungsmaßnahmen vernünftiger investiert.

  5. Aber ist es tatsächlich sinnvoll ein Unternehmen zu retten, dass in der Vergangenheit durch Ausbeutung und schlechte Arbeitsbedingungen aufgefallen ist? Durch den Wegfall der Schleckerfilialen besteht die Chance dass Rossmann und dm, die meines Wissens wesentlich bessere Arbeitgeber sind, die Marktlücke füllen.

    Keine Frage, dass dabei dennoch Beschäftigte (wahrscheinlich vor allem die Älteren) auf der Strecke bleiben werden und das ist in jedem einzelnen Fall tragisch. Für die Zukunft sollte es meiner Meinung nach dennoch Priorität werden, solche prekären Beschäftigungsituationen wie bei Schlecker von vorneherein zu verhindern und den Niedriglohnsektor und Minijobs nicht zu Ausbeutungsmechanismen verkommen zu lassen, sondern durch eine gescheite Familienpolitik (die wir unter Schröder leider nicht erleben werden) eine gute Ausbildung, Berufstätigkeit und Erziehung in Einklang zu bringen.

  6. Prekäre Arbeitsbedingungen werden nicht durch Politik beseitigt, schon gar nicht durch „Familienpolitik“, sondern durch Revolution!
    Als Antwort auf diese Schlecker-Sache und die in den Dreck gestoßenen Arbeiter_innen gibts bloß zweierlei: 1. Solidariät & 2. Lohnarbeit abschaffen. Punkt.

  7. mmmh schwierig. aber ich würde sagen, dass man von gewählten Politikern erwarten sollte, dass sie rational entscheiden. und zwar im sinne der gesamtheit der bevölkerung. und dabei sollte ein längerfristiger ansatz gewählt werden, was dieses Unternehmen Schlecker angeht. oder nicht? eine populistische entscheidung wär da eher nicht der richtige weg. finde ich…
    der umgang mit den mitarbeiterinnen seitens schlecker war wohl auch nicht gerade großzügig.

  8. Einfach mal Danke für den Artikel!!
    In mir kocht es schon seit der Mitteilung, dass es die Auffanggesellschaft nicht geben wird. Und Thomas_Düsseldorf hat es ja schon angesprochen: Die Tatsache, dass in männerdominierten Bereichen wie Opel wochenlang rumdiskutiert wird und jetzt im frauendominierten Bereich bei Schlecker alles ratzfatz geht. Und wenn ich mir die Artikel in den Mainstream-Medien durchlese, wird auf diesen Umstand nur marginal eingegangen. Das ganze wird schnell wieder aus den Medien raus sein. Allerdings frage ich mich wirklich, wo eigentlich ver.di die ganze Zeit ist. Zumindest in den Medien tauchen sie zu wenig auf. Und auch der DGB könnte jetzt endlich mal ein Zeichen setzen und sich massiv-offensiv für die Rechte und Gleichbehandlung erwerbstätiger Frauen – für die die Schlecker-Frauen aktuell stellvertretend stehen – positionieren.

  9. leicht OT, aber dennoch: trifft das „schlecht ausgebildet“ tatsächlich zu? immerhin sind die frauen de facto doch häufig filialleiterinnen gewesen, das zumindest ist bekannt. (auch wenn sie wohl nicht so behandelt und bezahlt wurden.)

    sorry, aber als eine, die erst nach der lehre im einzelhandel studiert hat, würge ich schwer an solchen „akademikerInnensprüchen“.

  10. Wenn die SteuerzahlerInnen nicht eben gerade erst die Banken mit unsäglichen Milliardenbeträgen gerettet hätten, wären die Schlecker-Kündigungen lediglich eine typische Folge von Mißmanagement im Kapitalismus. Genau deshalb ist die Empörung der Autorin auch nachvollziehbar und zu unterstützen.

    Wenn es darum geht die besten Lösungen für diese und alle anderen Frauen zu finden, dann wäre doch das bedingungslose Grundeinkommen eine gute Alternative. Das gilt übrigens auch für die ganzen vielen Frauen, denen die Altersarmut droht, weil ihre Rente nur ein wirklich schlechter Witz sein wird. Das ein Grundeinkommen auch Kindern und sogar Männern nützen würde, rundet den freundlichen Traum von der Zukunft ab.

  11. Im Kontext der Bankenrettung ist sicherlich auf Ungerechtigkeit und absolute Unverhältnismäßigkeit zu plädieren. Dass die Bankenrettung und „too big to fail“ Masche von vornherein nur schwer wenn überhaupt zu rechtfertigen ist, ist eine andere Sache. (Generell bin ich jedoch davon überzeugt, dass man wenn man einen Fehler gemacht hat -wie die Bankenrettung-, dass nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass man diesen Fehler in der Zukunft wiederholen muss…a la wenn wir den Fehler bei den einen begangen haben, müssen wir den Fehler auch bei den anderen begehen. Das die Bankenrettung von der Politik nicht als Fehler diskutiert wird, steht auf einem anderen Blatt)

    Aber erneut möchte ich fragen ob man tatsächlich ein Unternehmen am Leben erhalten will, dass seine Arbeiternehmer*innen ausbeutet? Ich persönlich kann gut auf Schlecker verzichten. Seit bekannt geworden ist welch miserablen Arbeitsbedingungen bei Schlecker herrschen, hat das Unternehmen mit Sicherheit viel Kundschaft verloren -dem marktwirtschaftlichen Denken nach wurde es damit abgestraft. Warum also sollte man also ein Konzept retten, von dem sich Kundschaft aus !ethischen! Gründen abgewendet hat?

    Außer Frage steht, dass die FDP nicht mit diesen Hintergedanken agiert hat sondern aus machtpolitischem Kalkül. Dafür darf und muss man die FDP verurteilen. Allerdings kann es doch trotzdem sein, dass die FDP zwar aus den falschen Beweggründen gehandelt hat, das Resultat jedoch gleichwohl positiv ist: Schlecker verschwindet von der Bildfläche. Und in diesem Sinne hoffe ich, dass der Fall von Schlecker für die Mehrheit seiner Arbeiter*innen eine Chance darstellt, zukünftig in Drogerien wie dm und Rossmann zu arbeiten, die scheinbar kein Lohndumping betreiben und auch weitaus verantwortungsvollere Arbeitgeber zu sein scheinen.

  12. @Anna:
    Habe mich nicht wirklich damit auseinandergesetzt, aber soweit ich es verstanden habe, ging es bei dieser „Transfergesellschaft“ explizit NICHT um eine Unterstützung der Firma Schlecker, diese hätte davon also gar nicht profitiert. Bitte korrigiert mich, falls ich mich irre.

  13. Soweit ich das in den Zeitungen verfolgt habe, haben die Frauen gerne bei Sclecker gearbeitet, da andere Discounter überwiegend nur noch 400€-Jobs anbieten, Schlecker aber Vollzeitstellen. Drum wollen so viele auch bei Sclecker bleiben.

    Was die Männer-Frauen-Konfrontation in dem Artikel angeht:

    Was ist wohl der Unterschied, wenn eine schmuddelige Billig-Drogeriekette pleite geht oder ein Technologieträger wie Opel oder Heidelberger-Druck mit jeweils ein paar tausend technischen Patenten und Know-How, das unwiderruflich verschwunden wäre (bzw. in China landet)?

    Da gehts doch nicht ums Geschlecht der Angestellten, da zählen harte betriebswirtschaftliche und technische Fakten.

  14. Sie wären aber doch gar nicht „gerettet“ worden! Mittels der teuren Transfergesellschaften für nur kurze Zeit hätten sich im wesentlichen andere bereichert: die Banken (70 Mio Kredite), die Organisatoren und Manager.

    Inhaltlich ist es komplett irre, eine über ganz DE verteilte Mitarbeiterinnenschaft in einer Transfergesellschaft „betreuen“ zu wollen. Genau mit denselben Maßnahmen, die auch die Jobcenter anbieten – was soll daran sinnvoll sein?

    Siehe dazu auch Ruhrbarone:

    http://www.ruhrbarone.de/schlecker-transerfgesellschaft-teuer-und-ueberfluessig/

    Gerecht ist es auch nicht, denn wenn, wie es ja täglich geschieht, kleinere Firmen entlassen, rettet auch niemand.

    Dass alles nur als Parteien-Hickhack (hier die „Kaltherzigen“, dort die Retter der Enterbten) zu zelebrieren, nervt mich sowieso.

  15. Ein Nachtrag: Was bitte ist an der Entscheidung, Schlecker nicht zu retten, „menschenfeindlich“? Wo zieht man denn dann die Grenze – müssen dann sämtliche Menschen vom Staat gerettet werden, die arbeitslos werden, weil ihr Arbeitgeber pleite geht? Sowas passiert regelmäßig in Deutschland und keiner regt sich da darüber auf, dass „die FDP“ diesen Menschen nicht helfen will.
    Darüber hinaus hat sich ja in der Vergangenheit gezeigt, dass eine staatliche Einmischung, um Arbeitsplätze zu retten, nie sonderlich erfolgreich war.
    Diese Debatte geht doch in die völlig falsche Richtung: Wieso sollten den Schlecker-Mitarbeiterinnen vom Staat geholfen werden und anderen nicht?

  16. „Soweit ich das in den Zeitungen verfolgt habe, haben die Frauen gerne bei Sclecker gearbeitet, da andere Discounter überwiegend nur noch 400€-Jobs anbieten, Schlecker aber Vollzeitstellen. Drum wollen so viele auch bei Sclecker bleiben.“

    wird schon so sein, dass arbeiterinnen in der not lieber bei schlecker sind. nur: wird daraus jetzt ein lob der arbeitsbedingungen bei schlecker – nur weil die woanders noch schrecklicher sind? ich meine nein. es ist doch so, dass frauen wie männer in einer gesellschaft, in der alles geld kostet (vom wasser bis zum obdach), von ebendiesen verhältnissen dazu gezwungen werden, ihre arbeitskraft zu verkaufen. welche arbeitsplätze und zu welchen konditionen es die gibt, bestimmen dabei die unternehmen – und da lautet das motto: der lohn ist ein abzug vom angestrebten gewinn. da wird also der lohn, durch den verzweifelte lohnabhängige versuchen, ihre existenz zu bestreiten, als zu drückender kostenpunkt aufgelistet. so kommen die arbeitsbedingungen bei schlecker zustande und noch schlimmere. das prinzip ist immer dasselbe, und man sollte es nicht hochhalten, nur weil es an allen ecken und enden noch schlimmere arbeitsbedingungen hervorbringt.

    im übrigen ist glasklar, dass bei einer schleckerrettung die „sanierung“ auf kosten der angestellten abgewickelt werden würde. und bei einer ausbleibenden rettung? – wird auch alles auf deren rücken abgewickelt. das ist eben das prinzip. it’s capitalism!

  17. Bei all der berechtigten Kritik war ehrlich gesagt mein erster Gedanke „Krass, das trauen die sich noch?!“ Die FDP ist doch gerade so unfassbar unbeliebt, dass ich mich wirklich wundere, so ein Ding durchzuziehen, was ja mit Sicherheit nicht die FDP aus dem Sumpf zu ziehen vermag. Wohl eher im Gegenteil. Abar naja, wenigsten sind die ehrlich. *hust*

  18. @ I

    Sicher sollten wir alle einfachen Arbeiter und Angestellten mehr verdienen, das Lohnniveau in D ist angesichts stetig steigender Preise und Abgaben zu niedrig.

    Und jede Frau und jeder Mann, die bei Schlecker, bei Zeitarbeitsfirmen, auf dem Bau oder sonstwo für wenig Geld harte Arbeit leisten haben meinen tiefsten Respekt.

    Aber als mein Betrieb (mittelständisches Industrieunternehmen) letztes Jahr pleite ging, habe ich keine Politiker gesehen und hat niemand über eine Auffanggesellschaft geredet.

    Und das passiert jeden Tag in D.

    Wer sich mit dem Thema Schlecker und Auffanggesellschaft ein wenig beschäftigt stellt fest, das die in diesem konkreten Fall wenig bringt und viel kostet, Geld, das an anderer Stelle fehlt.

    Hier werden die „Schlecker-Frauen“ in meinen Augen von Politikern benutzt, um sich populistisch als Retter aufzuspielen und andere nutzen die Schleckerpleite, um mal wieder ein Mann-Frau-wer wird mehr benachteiligt?-Fass aufmachen zu können.

  19. Was ich nicht verstehe ist, wie die SPD jetzt davon reden kann, dass die betroffenen Frauen ins Unglück gestürzt werden, obwohl sie selbst dieses Unglück hergestellt hat. Nämlich die Hartzgesetze.

    Der Vermittlungsausschuss entschied über die Hartz4-Gesetzgebung. Hergestellt hat dieses „Unglück“ die ganze im damaligen Bundestag/Bundesrat vertretene Parteienlandschaft.

  20. Kurzer Hinweis in die Runde, da bei einigen Kommentaren ein Missverständnis vorzuliegen scheint: Es geht bei der Frage „Transfergesellschaft – ja oder nein?“ und meinem Verständnis nach auch im o.g. Post von Meredith NICHT um die Forderung, dass das Unternehmen Schlecker als solches „gerettet“ werden und weiterhin bestehen muss. Eine Transfergesellschaft, wie immer mensch auch deren Nutzen bewerten mag, und die Subventionierung einer Firma sind zwei paar Schuhe.

  21. Die 70 Millionen für die Schlecker Mitarbeiterinnen wären doch sowieso nur Trostpflaster gewesen um das eigene Gewissen zu beruhigen. Die ganze Geschichte stinkt nach politischer Taktiererei von beiden Seiten. Also ernsthaft? SPD? Grüne? Erst die unmenschlichen, eckelhaften Bedingungen in den Arbeitsämtern schaffen? (Hartz IV, Rente mit 67, …) Und jetzt die FDP dafür bashen, dass sie die Menschen dahin schickt?

    Meinem Vater gings genau gleich wie Stepe. Mittelständischer Betrieb ging pleite und die Gewerkschaften und Politiker haben sich einen Scheiß um Ihn gekümmert. War einfach nicht genug in den Medien.

    (Bezüglich der unterschiedlichen Wahrnehmung von „Männer-“ und „Frauen-Arbeitsplätze“ und der Doofheit der FDP stimme ich Meredith natürlich zu. Aber obiger Text scheint doch zu sehr nach grün-bürgerlichem Pamphlet. Wieso sollte nicht allen (unter den gleichen Bedingungen) Arbeitslosen wie den Schlecker Mitarbeiter_innen die gleiche Unterstützung zustehen?)

  22. @Maya

    Die Hartz4-Gesetze (die ich nicht pauschal verurteilen will) sind ganz wesentlich auf Betreiben der SPD-geführten Regierung unter SPD-Kanzler Schröder entstanden.
    Das muss sich die SPD schon anrechnen lassen.

    Wobei, wie gesagt, ich die Hartz-Regelungen nicht nur negativ sehe und es mir Respekt abnötigt, wie Schröder damals das in seinen Augen Notwendige durchgesetzt hat, gegen massivsten Widerstand.

  23. @Anna-Sarah

    Ja, das sind zwei paar Schuhe, aber beide kosten Geld und es stellt sich die Frage: Was bringts? Insofern ähnelt sich das.

    Dieser Vergleich von Männer- und Frauenarbeitsplätzen im Fall der Schlecker-Frauen hat ja auch die Autorin des Artikels ins Spiel gebracht.
    Welche Männerarbeitsplätze sind denn da gemeint? Vermutlich doch Opel und Co.

  24. M.E. sollte die Frage nicht sein, ob eine „Transfergesellschaft“ eingerichtet wird, sondern warum man diese überhaupt bräuchte. Wenn ich mir anhöre, was eine solche Organisation leisten sollte, frage ich mich, warum das nicht die Agentur für Arbeit macht.

    Lustig finde ich, dass die FDP genau dann, wenn sie ausnahmsweise mal im Recht ist, dafür einen auf die Mütze kriegt. Im Übrigen glaube ich kaum, dass sie sich tatsächlich durchgesetzt hat, sondern dass die „Partner“ der FDP einfach diese ganz offensichtlich unpopuläre Entscheidung gelassen haben.

  25. Die FDP hat hier ausnahmsweise mal ein Lob für eine konsequente und richtige Entscheidung verdient. Die Entscheidung für eine Transfergesellschaft ist weder gerecht noch menschlich richtig. Erstens kümmert es niemanden, wenn kleinere Unternehmen in die Insolvenz rutschen. Da wird keine Transfergesellschaft finanziert. Warum? Weil es primäre Aufgabe der Arbeitsagenturen ist, sich um die Jobvermittlung zu kümmern. Dafür ist die Institution da. Wer der Ansicht ist, die Arbeitsagenturen würden ihre Arbeit nicht gut genug machen, muss dort den Hebel ansetzen. Transfergesellschaften in ausgewählten Einzelfällen sind dann sicher nicht die richtige Lösung. Die Sicherstellung des Existenzminimums dagegen muss über Sozialleistungen erfolgen. Nicht über irgendwelche vom Staat finanzierten Transfergesellschaften.
    Zweitens ist es auch kein Argument, dass in anderen Fällen staatliche Eingriffe erfolgten. Schon die Opelrettung war falsch. Und bei der Philipp Holzmann AG ist es damals auch gehörig schief gegangen. Es hat schon seinen Grund, wenn Banken nicht mehr bereit sind, solche Unternehmen weiter zu finanzieren. Wenn der Staat Unternehmen stützt, dann höchstens solche, die systemrelevant sind; und selbst mit dieser Bewertung sollte der Staat vorsichtig sein.
    Drittens sind die Auswirkungen der Entlassungswelle doch sehr stark begrenzt. 11.000 Arbeitslose mag auf den ersten Blick viel erscheinen; diese verteilen sich aber auf ganz Deutschland. Das ist eine komplett andere Situation, als wenn in einer bestimmten Region plötzlich der wichtigste Arbeitgeber wegbricht und 10.000 Menschen in einer einzelnen Stadt auf der Straße stehen.
    Viertens sehe ich auch ehrlich gesagt nicht, wo sich die Diskussion um die Auffanggesellschaft als Beleg für fehlende Wertschätzung von Frauen eignet. Eine solche Gesellschaft wäre auch dann falsch, wenn mehrheitlich Männer bei Schlecker arbeiten würden. Das hat mit Frauenfeindlichkeit meiner Meinung nach wenig zu tun.

    Man kann der FDP viel vorwerfen. Allem voran, dass sie in den letzten Jahren eine miserable Politik machte, kein Gespür für die Befindlichkeiten in der Bevölkerung hatte, ihre Prioritäten falsch setzte und mit der Subventionierung von Hotels einen vollkommen unverständlichen Kurs fuhr; aber die Entscheidung gegen die Auffanggesellschaft für Schlecker-Angestellte ist eine Entscheidung, bei der sich zeigt, dass die FDP gelegentlich doch zu irgendwas gut ist.

  26. Zunächst bitte ich um Entschuldigung für mein Parteienbashing weiter oben. Das war etwas off-topic, da es mich echt sauer macht.
    Ob eine Transfergesellschaft oder sonstwas die Arbeitsplätze der Frauen rettet ist gar nicht der Punkt, glaube ich. Warum ein Vergleich mit Opel etc. jedoch angebracht ist, ist schon die Tatsache, dass es sich hier eben um Arbeitsplätze von Frauen handelt. Ja, es geht nicht um Technologie und Patente. Dann nämlich, so zynisch das klingt, wären dass leider kaum Arbeitsplätze von Frauen.
    Nach ein wenig rumhören bei Kollegen, die in Arbeitsmarktmaßnahmen für diese Leute arbeiten musste ich folgende Beobachtung machen: Für den frauendominierten Teil des Billiglohnsektors ist eine Rettung in den Augen der Bundesagenturen für Arbeit vor Ort nicht so notwendig, da es hier jede Menge freie Stellen gibt. Ein bisschen Aktivierungshilfe hier und dort, paar Einheiten Bewerbungstraining und schon seien die Frauen aus der Statistik getilgt… Zwar eventuell in Arbeitsverhältnissen, die unter aller Sau sind, aber vom Markt.
    Die politische Auffassung, dass es sich eh nur um diejenigen Arbeitsplätze handele, die zur Finanzierung von Zweitwagen und Urlaub in Anspruch genommen würden ist leider allzu verbreitet.
    Vielleicht eine böse Frage: Sind die Schleckermitarbeiterinnen eigentlich die Zielgruppe der Personalabteilungen von Rossmann und co? Ein schlichter Wechsel würde nicht klappen, denke ich. Die Verkäuferinnen bei H&M sind ja auch ganz andere Typen als die bei Kaufhof oder Peek & Kloppenburg. Aber um das beantworten zu können bin ich zu wenig Kaufmann.

  27. Die Frage Transfergesellschaft vs. Arbeitsagentur bzw. „Kriegt die eine nicht die Aufgaben aufgebrummt, die eigentlich die andere übernehmen sollte, und geht es da nicht eh nur um Problemaufschub statt -lösung?“ ist natürlich berechtigt, allerdings gilt es zu bedenken, dass für viele im Einzelhandel (und anderswo) Beschäftigte die Maßnahmen und „Angebote“ einer Arbeitsagentur überhaupt nicht relevant sind. Es gibt nicht für alle ALG1 und dementsprechend „Unterstützung“ durch die Arbeitsagenturen – wenn z.B. ein sogenannter 400-Euro-Job endet, ist direkt „Hartz IV“ angesagt. Für viele Haushalte ist es daher ganz und gar nicht egal, ob sie noch ein paar Monate von einer Transfergesellschaft begleitet werden oder direkt ALG2 beim nächsten Jobcenter beantragen müssen.

  28. @Anne-Sarah: Das ist zwar richtig, halte ich persönlich eher für eine Kritik an der derzeitigen Organisation von Arbeitslosengeld (sowohl I als auch II). Das müsste besser (sozialer) geregelt werden. Eine Transfergesellschaft müsste man sonst bei jeder (größeren, warum eigentlich?) Firmenpleite erneut fordern.

  29. @GodsBoss: Sicher lassen sich hier allerhand Grundsatzfragen erörtern, ich finde es nur nicht sehr konstruktiv und produktiv, wenn in der Diskussion alle möglichen Aspekte durcheinander gewürfelt und unsauber verargumentiert werden. Festhalten lässt sich in jedem Fall: Einer großen Anzahl Menschen, darunter viele viele Frauen (und deren Familien), stehen jetzt verdammt mies da. Und das lässt sich auch nicht mit vermeintlich betriebs- und volkswirtschaftlicher „Logik“ wegargumentieren.

  30. @Anna-Sarah: Ich finde es gerade konstruktiv und produktiv, wenn nicht an Symptomen herumgedoktert wird oder Einzelfälle anders behandelt werden, sondern Ursachen erkannt und bekämpft werden.

    Dass die nun erwerblos gewordenen jetzt mies dastehen, ist mir völlig klar.

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