Politik der Peinlichkeiten – wie uns Kristina Schröder die Wahl lässt

Nach langem Hickhack ist es endlich soweit: Die schwarz-gelbe Koalition hat sich in einigen Punkten einigen können und macht endlich wieder Politik. Eine bei den Bürger_innen unbeliebte Mini-Steuerentlastung, ein „peinliches Pflege-Reförmchen“ und Druck auf die bisher ausgebliebenen Fachkräfte, in Deutschland bloß nie ins soziale Netz zu geraten. Nicht zu vergessen: Endlich wieder Familienpolitik! Dass hier für Feminist_innen kein Blumentopf zu gewinnen war, zeigte sich bereits im Oktober. Da beschwerte sich auf Twitter @mlle_krawall, dass sich Heiraten, Ehegattensplitting sei dank, steuerlich mehr lohne als Kinder zu kriegen. Darauf erklärte die Bundesfamilienministerin mal wieder vollmundig:

Tweet von @schroeder_k (Dr Kristina Schröder): "Und zwar, weil den Staat die private Rollenverteilung in einer Partnerschaft nichts angeht. Was soll daran falsch sein, @mlle_krawall?" 25 Oct via Twitter for BlackBerry®

Wie wenig sich der Staat da einmischt, machen die Ergebnisse wieder einmal deutlich. Die Herdprämie kommt, das Ehegattensplitting bleibt, gleichzeitig wird der angestrebte Ausbau der Kinderbetreuung im Westen grandios verpasst. Trotz drohendem Rechtsanspruch von Eltern auf einen Krippenplatz werden auch 2013 die Krippenplätze nicht ausreichen. Nicht nur dass die selbst-gesteckte Betreuungsquote von 35 Prozent verfehlt wird – laut Expert_innen könnte der Bedarf noch höher liegen.

Nun fragt sich Ministerin Schröder öffentlich, woran es denn liegen könnte, dass die Länder die Bundesgelder für den Krippenausbau nicht abrufen. Ja Frau Schröder, das wissen wir auch nicht. Vielleicht haben die Länder auf den Ausstieg aus der Kinderbetreuung gehofft? Wenn frau sich ihre Familienpolitik so anguckt, scheint der Gedanke nicht weit hergeholt.

14 Kommentare zu „Politik der Peinlichkeiten – wie uns Kristina Schröder die Wahl lässt

  1. Was ich an der aktuellen Bundesregierung so ärgerlich finde, ist der Eindruck, man könne sich selten über Sachthemen streiten, weil irgend jemand dort jede sinnvolle Meinung schon einmal vertreten hat und jede aktuelle Planung zum nächsten Vollmond Makulatur ist… Diskussion erstickt durch Entzug des brennbaren Materials, oder so ähnlich.

    Die an sich sehr schöne Situation, mit Frau Schröder und Frau von der Leyen gelegentlich frische Ideen und auch ein gewisses Maß an Streitbereitschaft in den beiden hier relevanten Ministerien zu haben, wird ja gleich wieder vermiest, wenn die keine klare gemeinsame Linie hinbekommen. Kind zu Hause behalten – fördern. Kind zur Betreuung bringen – fördern. Heiraten – fördern. Aber bloss nicht die Förderung an „Haushalt mit Kindern, Lebensentwurf egal“ festmachen? Warum kann man nicht die Wahl den Eltern überlassen und das generelle Kindergeld aufstocken?

    Was ist eigentlich mit (z.B. nicht berufstätigen oder verrenteten) Großeltern, die zu Hause die Kinder hüten: Herdprämie gibt es wohl nicht, oder?

  2. Wer immer noch glaubt, Fr. v. d. Leyen und / oder Fr. Schröder würden Politik machen wollen, die für die Mehrheit in dieser Gesellschaft positiv ist und zu mehr Gleichberechtigung abseits der Frauenquote führt, sollte sich besser noch einmal mit dem familiären Hintergrund und politischen Werdegang auseinander setzen.

  3. @Helga:
    es tut mir leid, aber ich sehe keinen Grund, wieso ich beide Frauen bzgl ihrer Arbeit nicht zu kritisieren. V. d. Leyen hat während ihrer gesamten Zeit als Ministerin gezeigt, welch Geistes Kind sie ist.

    Die Familienpolitik von Fr. Schröder ist im Grunde nicht der Rede wert. Das Elterngeld so umbauen zu wollen (ich meine, umgesetzt wurde es noch nicht endgültig), das es für Eltern mit höheren Einkommen günstiger ist als für jene mit wenig, wäre nur ein Beispiel.
    Bzgl. der Frauenquote empfehle ich u. a. folgenden Artikel: http://nachdenkseiten.de/?p=8176
    Der zusammenfassende Artikel ist leider immernoch aktuell, wenn es darum geht die Arbeit der beiden Ministerinnen zu begutachten. Wenn man z. b. google etwas bequemt, finden sich weitere Artikel. Wenn das zu viel Aufwand ist, dann halt einfach mal die Namen in die SuFu der NDS.de eingeben. Dann gibts das Wesentliche der letzten Monate/Jahre.

    Sicher, andere Politiker_innen leisten sich auch ein Ding nach dem anderen, aber diese beiden Frauen in die Opferrolle zu stecken und beschützen zu wollen, ist – gelinde gesagt – naiv.

  4. @Helga und @ChP: Kann es sein, dass der letzte Kommentarwechsel auf einem Vertipper beruht? Jedenfalls sieht es für mich ganz so aus, als würde in Helgas letztem Kommentar ein „nicht“ vor dem „immer wieder anzuprangern“ fehlen…?

  5. @Anna-Sarah:
    Wenn da ein „nicht“ fehlt, dann würde das bedeuten, dass Helga meinen Beitrag fehlinterpretiert hätte.

  6. @Ch P: Ich denke, Du hast mich falsch verstanden. Deinen ersten Kommentar verstand ich als „die beiden machen eh nur Spezipolitik, was habt ihr denn erwartet“.

    Mir ist völlig klar, aus welchem familiär/politischen Hintergrund die beiden Frauen kommen (ich blogge hier schon länger). Und gerade WEIL ich weiß, dass es immer nur um bestimmte Bevölkerungsgruppen geht, prangere ich das an.

  7. @Helga:
    da haben wir es doch das Missverständnis. :) Mein erster Kommentar richtete sich in erster Linie an den von Db vor mir.
    Das ihr kritisch über beide bloggt begrüße ich. :) Das du schon länger bloggst weiß ich. ;)
    Grüße

  8. Nun fragt sich Ministerin Schröder öffentlich, woran es denn liegen könnte, dass die Länder die Bundesgelder für den Krippenausbau nicht abrufen.

    In NRW z.B. fallen ein Drittel der Kommunen unter das Nothaushaltsrecht und dürfen nur noch Geld für Dinge ausgeben, auf die die Bürger einen Rechtsanspruch haben. Da der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz aber erst Mitte 2013 kommt, dürfen diese Kommunen im Moment die Krippenplätze gar nicht ausbauen. Selbst wenn das Geld für den Ausbau von Land und Bund kommt, müssen die Kommunen die Krippe unterhalten, wozu ihnen schlicht das Geld fehlt. Ich glaube nicht, dass Christina Schröder das nicht weiß, aber eben wenige Bürger und so schafft sie es, den schwarzen Peter von sich auf die Kommunen abzuschieben…

  9. Ich finde es befremdlich, wenn das Unwort des Jahres 2007 in einem Artikel ohne jede kritische Distanz verwendet wird.

    Der Begriff „Herdprämie“ ist auch nicht nur unangemessen, sondern auch sachlich falsch. Das Betreuungsgeld gibt es nicht für das Zu-Hause-Bleiben eines Elternteils sondern dafür, dass das Kind nicht in den Kindergarten geht. Das steht so bereits im Gesetz.
    http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__16.html

    Wer das Kind pflegt ist egal, es können auch Großeltern, Babysitter oder irgendwer sein. Hart-IV-Empfängern dürfte das Betreuungsgeld als Einkommen angerechnet werden, die werden davon nichts haben. Und berufstätige Mütter werden kaum für 100 EUR/Monat lieber zu Hause bleiben anstatt zu arbeiten.

  10. @Weatherwax Damit könnte das Betreuungsgeld auch Tageseltern gegeben werden, für die es echtes Einkommen wäre (genau wie für Krippenbetreuer_innen). Dieser Begriff suggeriert auch, es ginge Politiker_innen hier um gute Betreuung – tut es aber nicht. Es geht um die „Anerkennung von Müttern“, die nicht Hartz IV beziehen und sich für die Kinderbetreuung entscheiden. Jetzt ist aufgefallen, dass Mütter (Väter sind es ja selten) dafür zu belohnen zu Haus zu bleiben schlecht ankam, also wird es mal fix umformuliert und soll auch z.B. Großeltern gegeben werden. Damit aber werden am Ende nur diejenigen diskriminiert, die keine andere Möglichkeit als öffentliche Betreuungseinrichtungen haben. Mit ordentlicher Kinderbetreuung und Wahlmöglichkeiten hat das also gar nichts zu tun. Deswegen finde ich Herdprämie eine deutlich passendere Bezeichnung.

  11. @Helga
    „Damit könnte das Betreuungsgeld auch Tageseltern gegeben werden“

    Wenn die Eltern das Betreuungsgeld so verwenden, natürlich.

    „Jetzt ist aufgefallen, dass Mütter (Väter sind es ja selten) dafür zu belohnen zu Haus zu bleiben schlecht ankam, also wird es mal fix umformuliert und soll auch z.B. Großeltern gegeben werden.“

    Fix wurde da gar nichts umformuliert, § 16 IV SGB VIII wurde 2008 mit dem Kinderförderungsgesetz beschlossen, noch von der großen Koalition.
    http://www.buzer.de/gesetz/7514/al14857-0.htm

    „Es geht um die ‚Anerkennung von Müttern'“

    Es geht um die Anerkennung der Eltern. So steht es schon in der Bundestagsdrucksache 16/9299, S. 14, zum Entwurf des KiföG
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/092/1609299.pdf
    und es wurde auch jetzt nicht anders bezeichnet als Anerkennung für Familien/Eltern
    http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2011/11/2011-11-07-regpk.html

    Es ist widersprüchlich, einerseits mehr Väterengagement bei der Kindesbetreuung zu fordern, andererseits jede Leistung für die Kindesbetreuung ausschließlich als Leistung an Mütter zu münzen.

    „Damit aber werden am Ende nur diejenigen diskriminiert, die keine andere Möglichkeit als öffentliche Betreuungseinrichtungen haben. Mit ordentlicher Kinderbetreuung und Wahlmöglichkeiten hat das also gar nichts zu tun.“

    Ja, _das_ ist das absurde. Eltern sollen dafür ausbezahlt werden, wenn sie ihr Recht auf einen Kindergartenplatz nicht beanspruchen. Wer dann betreut ist nach den – jetzigen – Gesetzeswortlaut völlig egal. Man kauft sich lediglich frei von seinen Verpflichtungen bzw. versucht das.

    „Deswegen finde ich Herdprämie eine deutlich passendere Bezeichnung.“

    Ich ganz und gar nicht. Schon alleine der Begriff ist m.E. zu Recht zum Unwort gekürt worden.

    Wenn ein Elternteil oder beide eh schon nicht berufstätig waren, das auch nicht vorhatten sondern selbst betreuen wollten, da nehmen die Eltern das Geld mit, keine Frage. Aber das Betreuungsgeldes ist viel zu gering, als dass sich ein Elternteil deshalb für einen längeren Ausstieg aus dem Beruf entscheiden würde.

    Es sollten auch die Kosten der Betreuung zu Hause nicht vergessen werden: Die vom Kindergarten erhobenen Verpflegungskosten sind (zumindest in Berlin) geringer, als würde man für sein Kind selbst kochen. Und dazu die Kosten, wenn man mit seinem Kind genausoviel unternähme wie es ein typischer Kindergarten macht. Im Endeffekt ist das Betreuungsgeld womöglich ein Nullsummenspiel für die Empfänger.

    Das Betreuungsgeld wird meiner Meinung nach so gut wie keine Entscheidung zwischen Berufstätigkeit oder Kindesbetreuung beeinflussen.

    Das Betreuungsgeld könnte vor allem im ländlichen Bereich eine Rolle spielen. Wenn dort kein Kindergarten in der Nähe ist, dafür aber die Großeltern im selben Dorf leben, dann werden halt die das Kind betreuen. Wenn schon ein polemischer Begriff, dann bitte „Großelterngeld“. Oder eben „Bitte-beanspruche-keinen-Kindergartenplatz-Geld“.

  12. der sog. krippengipfel dazu war doch im jahre 2007 (damals mit Frau v.d. Leyen) ?!
    klingt für mich nach „anti-krippen-prämie“.
    und diese sog. politik finde ich ziemlich katastrophal.
    alleine in BY sollen ca. 10.000 betreua fehlen (und woher sollen diese denn bis august 2013 kommen ?)

    dld. liegt seit jahren abgeschlagen/auf den unteren plätzen der OECD-staaten was negativ-politk/ausgaben für sog. bildung, kinderbetreuung, ganztagesschulen usw. usf. betrifft. und das sind, z.t. seit jahrzehnten, bekannte fakten.

    (ceterum censeo : Frau Schröder disqualifiziert sich selbst und ist eine fehl-besetzung auf kosten aller.)

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