Ohne Infrastruktur ist kein Staat zu machen

Eine Bewegung entsteht, weil Bewusstsein für mindestens eine Problemlage vorhanden ist – sei es, weil ein „nicht-bemerken“ der Problemlage unmöglich ist (zum Beispiel Hunger oder Armut) oder weil die theoretische Arbeit, das Problem zu sehen, geleistet und vermittelt wird (zum Beispiel foebud).

Betrachte ich also susimaus´ Kommentar „die frauen sind zu satt für die ’straße‘. es besteht für viele gar kein anlass mehr für feminismus“ unter meinem letzten Beitrag unter diesem Blickwinkel, besteht eine wesentliche Aufgabe der dritten Welle des Feminismus in der Vermittlung der Problemlage an die Frauen bzw. Basis.

Antje Schrupp sah als einen der Ansatzpunkte, um das Politische ins Private zu tragen, Folgendes: „Es kommt darauf an, die persönliche Verhandlungsstärke von Frauen zu erhöhen, damit sie dort in Konflikte gehen können, wo sie privat/persönlich werden und ihnen kein Gesetz helfen kann: Stichworte Selbstsicherheit, Rückhalt in konkreten Beziehungen usw.“

Geht es also um die Vermittlung der Problemlage, geht es immer auch darum, mit dieser Problemlage umzugehen bzw. gegen das Problem anzuarbeiten. Dabei ist eine vielschichtige Herangehensweise notwendig: Blogs erhöhen die Aufmerksamkeit auf das Thema, Bücher bieten ein Mehr an Information, die Politik wird über verschiedene Personen und Organisationen sensibilisiert …

Ein wesentlicher Punkt fehlt jedoch in dieser Aufzählung: Das erreichen der Basis vor Ort.

Die Zweite Frauenbewegung hat in diesem Bereich Unglaubliches geleistet: Frauenzentren, -beratungsstellen, -kulturzentren, -büros, -buchhandlungen, – bildungsorte usw. wurden aufgebaut – einige konnten sich bis heute halten. Noch besteht eine weitflächige Infrastruktur, die es für die Dritte Frauenbewegung zu erobern gilt.

Feminismus vor Ort verdeutlicht im konkreten Leben der Einzelnen den Anlass für Feminismus und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, sich feministisch auszubilden und die eigene Stärke zu erhöhen. Dennoch: Erobern wir uns nicht die Frauenorganisationen, haben wir auch keinen Einfluss auf das Programm.

Um aus der dritten Welle des Feminismus eine Dritte Frauenbewegung zu zaubern und damit die Gesellschaft bzw. den Staat zu schaffen, den wir haben wollen, braucht es die Infrastruktur des World Wide Web, der Printmedien, der Politik und der Frauenzusammenhänge vor Ort.

Alleine ist Keine: Damit wir nicht als Einzelkämpferinnen in den verschiedenen Handlungsfeldern der dritten Welle des Feminismus dahinvegetieren, fände ich es toll, über die Kommentare zu erfahren, wo zum Beispiel du dich engagierst? Wo braucht es tatkräftige Unterstützung, um einer dritten Frauenbewegung Kraft zu verleihen? Wo hat die dritte Welle des Feminismus bereits „einen Fuß in der Tür“?

6 Kommentare zu „Ohne Infrastruktur ist kein Staat zu machen

  1. ich würde behaupten, der feminismus hat in vielen linken NGO’s nicht nur einen, sondern mindestens anderthalb füße in der tür.
    da wir aber nicht mehr in den 70ern leben, haben diese organisationen an einfluss auf die breite masse verloren. wir sind heute zu sehr einzelkämperinnen um uns mit einer beliebigen gruppierung komplett assoziieren zu wollen.
    ich schreibe ebenfalls einen blog mit u.a. vielen feministischen themen, der auch in meinem offline-leben die ein oder andere diskussion auslöst, d.h. irgendwie wird auch die „basis“ dadurch angesprochen. die meiste auseinandersetzung passiert jedoch nach wie vor im web oder in meinem arbeitskreis kritischer juristInnen, irgendwo auch eine art linkslastige gruppierung, wo meist schon vorher viel sympathie für den feminismus vorgefunden wird.
    aber vor allem hierdurch tritt die thematik auch nach außen – zb durch artikel über feministische rechtswissenschaft in unserem reader.
    doch das eher mäßige fazit bleibt: die meisten frauen hängen an vorurteilen und lassen sich rosen kaufen. vielleicht müssen unterwegs noch mehr errungenschaften voriger feminismus-generationen verlorengehen, damit das thema wieder breitere aufmerksamkeit genießt. aber ich will ja nicht schwarz sehen, sondern weiterschreiben. das netz ist toll.

  2. @stadtpiratin
    Welcher Reader? Ich vermute, Du meinst nicht die „Streit“, oder?
    Ich würde übrigens dein Fazit eher als Beschreibung einer Ist-Situation auffassen – schließlich ist dies die Ausgangssituation gegen die Du und ich anarbeiten, erst danach kommt das Fazit *zwinker*.

    @riot.grrl
    Anlässlich Deines Namens würde ich trotzdem vermuten, dass Du Interesse an gesellschaftlichen Veränderungen hast und damit vielleicht nicht in“Staatveränderungen“ denkst, jedoch in Menschen die aufeinander treffen. Diese Menschen könnten wir z.B. Gesellschaft nennen. Diese Gesellschaft wiederum muss einen Weg haben miteinander auszukommen. Wie das passiert, wird über Auseinandersetzungen geregelt und diese Auseinandersetzungen brauchen wiederum Feminismus und damit Dich. Ob Du nun in Deiner Bezugsgruppe Änderungen diskutierst oder in einer größeren Gruppe ist ja dabei egal.

  3. Kennt ihr campact.de? Das ist eine Online-Community, die auch viel realen Protest auf die Straßen bringt, und sie wächst und wächst.
    http://www.campact.de
    Das wäre doch was, so eine Community für die aktuellen Frauenbewegungen aufzubauen…

  4. Naja, besonders weit gedacht habe ich noch nicht, aber hier meine ersten Gedanken: Eine Plattform, auf der unkompliziert unterschiedliche Aktionen initiiert werden könnten – z.B. eine Mailaktion gegen die Diskriminierung von Mitarbeiterinnen bei Schlecker, Aktionen zum Tag gegen Gewalt an Frauen, gegen übel-sexistische Werbung, gepaart mit guter Öff-Arbeit.
    Eine Plattform, die bundesweit eine öffentliche Stimme nicht nur im Netz einnehmen kann, wie campact halt, nur für Gleichberechtigungsthemen…

Kommentare sind geschlossen.

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