Offen über Krankheiten sprechen: Was ist HPV?

Wir freuen uns über diesen Gastbeitrag von Franzi. Franzi ist 1985 in Berlin geboren und aufgewachsen, hat ihren Magister in Islamwissenschaft, Soziologie und Deutsch als Fremdsprache in Jena gemacht und arbeitet zur Verbindung von Queer Studies und Islamwissenschaft. Besonders liegen ihr  (queer)feministische, sexpositive und rassismusbezogene Fragen am Herzen.

Egal mit wem ich, meine Freundinnen*, meine Mutter oder meine Tante in der letzten Zeit geredet haben, fast jede Frau* kann irgendeine Geschichte bezüglich ihres Unterleibes oder ihrer Brüste erzählen – Zysten, Knoten in der Brust, verdrehte oder verklebte Eierstöcke, Scheidenpilz, diverse  Geschlechtskrankheiten, Myome, Ausschabungen – doch werden diese Geschichten lieber verschwiegen, geheim gehalten, nur auf Nachfrage erzählt. Dies ist selbst bei den Menschen der Fall, die sonst eher kein Blatt vor den Mund nehmen. Aber warum eigentlich?

Klar, nicht jeder*m ist es angenehm über Krankheiten zu reden, aber oft genug geht dieser Hang zum Tabu zu Lasten der Aufklärung. Das beste Beispiel sind die Humanen Papillom Viren (HPV), die weltweit am häufigsten sexuell übertragenen Viren, und die Generation der 20 bis 30-Jährigen, in die sie sich bevorzugt eingenistet haben, ohne dass diese einen blassen Schimmer davon hat.

Sommerzeit Traurigkeit

Wie viele andere Frauen* bin ich mal regelmäßig, mal weniger regelmäßig zur*m Frauenärztin*arzt gegangen. Wer nicht mittels Pille oder einer Alternative verhüten will oder braucht, kann sich das sparen, dachte ich mir lange Zeit, womit ich mit Sicherheit nicht die Einzige bin. Die letzten Jahre bin ich etwas gewissenhafter geworden und im Nachhinein ziemlich dankbar dafür.

Ich hab mich mit einem Hoch-Risiko-Typen des HP-Virus infiziert (Typ 16 oder 18, so genau wird das nicht differenziert), der sich an meinem Muttermund, also dem Eingang meines Gebärmutterhalses, angesiedelt und dort munter Zellen umprogrammiert hat. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß, dass sich diese Gewebsveränderung symptomlos zu Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) ausgewachsen hätte, wäre sie unbemerkt geblieben. Der Pap-Test (Abstrichtest zum Nachweis von HPV am Muttermund) war noch im Januar unauffällig gewesen, nur das Gewebe zeigte unter der Lupe eine leichte Veränderung, die meine Ärztin dazu anhielt, mich in einem halben Jahr zu einem Kontrolltermin zu bitten. Dieser war im Juli, als meine Gynäkologin sich dann – der Muttermund schien wiederum nur leicht verändert – eher aus dem Bauch heraus für eine Biopsie entschied.

Eine Woche später dann das Ergebnis: Die Diagnose lautet CIN III, die letzte von insgesamt drei Vorstufen des Zervixkarzinoms. Ein ziemlicher Schock. Einen Tag nach der Diagnose gehts in den OP, der Eingriff (Konisation) verläuft problemlos, alles heilt gut ab. Die Untersuchung des herausgeschnittenen Gewebes ergibt, dass kein invasives Karzinom vorliegt, die Krebszellen also nicht tiefer in die Gebärmutterschleimhaut vorgedrungen sind.

Ich kann froh sein, dass ich so glimpflich aus der Sache ‚rauskomme, und doch ärgere ich mich, aus mehreren Gründen.

Komplette Ahnungslosigkeit

 Ab 2006 wurde mit der HPV-Impfung (Kombi aus Hoch- und Niedrig-Risiko-Typen) an jungen Frauen begonnen, die noch möglichst keinen sexuellen Verkehr hatten. Ich bin 1985 geboren und fiel mit meinen 21 Jahren damals nicht mehr ins Raster. Soweit ich das bisher rekonstruieren kann, habe ich irgendwann mal von dieser Impfung gehört, doch sind weder ich noch eine meiner Freundinnen* in meiner Altersklasse bei ihrer*m F-Ärztin*Arzt ernsthaft darüber informiert worden. Vage erinnere ich mich auch an die Frage nach Risiko und Nutzen dieser Impfung in öffentlichen Debatten. So scheint es eher von der individuellen Einschätzung der*des jeweiligen Frauenärztin*arztes abzuhängen, ob die Impfung überhaupt angesprochen oder zu ihr geraten wurde. Für Frauen*, die nach dem 1. April 1987 geboren sind, sieht die Situation anders aus: Sie werden im Alter von 20 bis 22 einmalig von der*dem Frauenärztin*arzt über die Früherkennung beraten, haben jedoch u. U. die HPV-Impfung zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr hinter sich gebracht. Wer die Beratung versäumt, muss im Fall einer späteren Erkrankung an Gebärmutterhalskrebs eine höhere Eigenleistung erbringen.

In meiner Alterskohorte ist das Thema HPV und die möglichen Folgen letztlich ziemlich unbekannt. Dass uns der medizinische Fortschritt überholt, ist nicht zu ändern. Was ich aber nicht verstehen kann, ist dieses eklatante Nichtwissen um die Verbreitung dieses Virus und des damit verbundenen Risikos – denn unsere Generation ist regelrecht durchseucht. 30 bis 50% der unter 30-jährigen Frauen* sollen infiziert sein.

Da nur etwa 6 der 124 Virustypen mit einem hohen Krebsrisiko verbunden sind, sind diese Zahlen nicht so dramatisch, wie sie zunächst klingen. Zudem wird bei den meisten Frauen* nach erfolgter Infektion das Virus durch körpereigene Antikörper erfolgreich bekämpft. Der sogenannte Pap-Test sowie die Untersuchung mit Lupe (Kolposkopie) erlauben eine Beobachtung von Veränderungen, die sich sehr oft wieder zurückbilden. So schrumpfen CIN I und CIN II zu einem Großteil wieder zurück und es ist keine weitere Behandlung erforderlich. Die Medizinerin Ingrid Mühlhauser kritisiert etwa, dass die Früherkennung auf eine übereilte operative Entfernung der Krebsvorstufen hinauslaufe. In meinem Fall ist die Reaktion jedoch keinesfalls als überhastet zu beurteilen, da eine CIN III zu etwa 90% Wahrscheinlichkeit in ein Zervixkarzinom übergeht.

Einig ist man* sich in jedem Fall über den Nutzen der Vorsorgeuntersuchungen. Hier scheint es jedoch ein Vemittlungsproblem zu geben. Ich bin mir nämlich sicher, dass ich nicht die einzige bin, die sich all die Jahre auf den gynäkologischen Stuhl gesetzt hat, ohne zu erfahren, wozu genau die sich anschließende Untersuchung überhaupt dienlich ist. Hätte man* mir das gesagt, wäre ich sicher bereitwilliger zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen.

Stumme Überträger*

Die Zeit, die meine Ärztin nicht dafür aufbringen kann, mich in Ruhe über meine Erkrankung zu informieren, verbringe ich notgedrungen im Internet. Hier erfahre ich nicht nur, dass HPV eine höhere Übertragungsrate als HIV hat und Kondome einen nur unzureichenden Schutz bieten. Ich erfahre auch, dass es für Männer* in Deutschland keine Impfung und auch keinen Test gibt, im Unterschied zu den anglo-amerikanischen Ländern, wo Mädchen* wie Jungen* geimpft werden. Männer* sind stumme Überträger, das heißt, das Virus bleibt zuallermeist symptomlos, kann lange persistieren (bestehen bleiben) und wird deshalb unbemerkt übertragen. Die Unwissenheit unter den Nicht-Gebärmutter-Träger*innen ist deshalb meist noch ausgeprägter. Die Niedrig-Risiko-Typen des HPV, also die nicht krebserregenden Typen, entwickeln Feigwarzen im Genitalbereich. Diese sind die so ziemlich einzige Indikation für eine Infektion bei Männern*. Wenngleich das Risiko für eine Krebserkrankung bei ihnen ungleich niedriger ist, so ist der Zusammenhang von Penis- und Analkrebs mit kanzerogenen HP-Viren nachgewiesen.

Warum, frage ich mich, werden nur die jungen Frauen* geimpft? Auch als Nicht-Medizinerin finde ich die Frage berechtigt, ob es nicht etwas kurzsichtig ist, die epidemiologische Ausbreitung eines Virus zu verhindern, indem man* nur bis zu einem bestimmten Alter und dann nur ein Geschlecht impft. Warum wird gerade mit dem Schutz vor Gebärmutterhalskrebs, dessen Ursache erforscht ist und für den entsprechend Präventions- und Therapiemöglichkeiten bestehen, so fahrlässig umgegangen? Als Träger*innen einer Gebärmutter tragen überwiegend Frauen* das Hauptrisiko, doch ist dies nicht nur eine biologische Frage. Hätte ich weniger Glück gehabt, hätte ich für ein öffentliches Risiko bezahlen müssen, das alle betrifft, aber nur einige ausbaden müssen. So ist HPV schließlich ein gesellschaftlich gemachtes Risiko.

Sparen am falschen Ende

Mittlerweile belegen Studien die Wirksamkeit der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs auch für Frauen* weit über 18 Jahre. Manche Krankenkassen haben darauf reagiert und die Impfung für Frauen* bis 26 Jahre in ihren Leistungskatalog inkludiert.  Ob die Frauen* im entsprechenden Alter von ihrer*m Gynäkologin*en auf diese Möglichkeit auch aufmerksam gemacht werden, ist fraglich. Von einer Freundin* weiß ich, dass sie* die Impfung mit 23 Jahren nachträglich bekommen hat, nachdem bei ihrem Freund* Feigwarzen aufgetreten waren und sie* negativ auf HPV getestet worden war.

Andere Studien haben die Auswirkungen einer Impfung nach erfolgter Konisation untersucht und empfehlen eine nachträgliche Immunisierung. Auch meine Ärztin* riet mir zu diesem Schritt, ließ mir jedoch keine Hoffnung auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse – obwohl die Wahrscheinlichkeit nicht allzugroß ist, dass mein Körper die durch den Eingriff reduzierten Viren von selbst bekämpfen kann und eine Reaktivierung oder auch eine Reinfektion mehr als möglich ist – vor allem wenn die*der Sexpartner*in noch derselbe ist[1]. Das Risiko liegt auf der Hand, doch wird quasi so getan, als wäre ich Schuld an der folgenreichen Infektion und könne selbst für die Impfung aufkommen – wir reden von rund 450 Euro(!). Allein aus gesundheitsökonomischen Überlegungen heraus müsste einer Krankenkasse doch eine läppische Impfung lieber sein als Behandlungskosten bei Krebsausbruch. Glücklicherweise hat meine Anfrage gezündet und die Impfkosten werden übernommen, obwohl ich „schon“ 28 bin. Doch wie mag das in anderen Einzelfällen aussehen?

Meine Freundin T., mit der ich seit rund drei Jahren zusammen bin, hat sich nach meiner Diagnose auch auf HPV testen lassen. Nachdem sie* über fünf Wochen auf das Ergebnis warten musste – so ist das eben als Kassenpatient*in – stellte sich nun glücklicher- und unverhoffterweise heraus, dass sie* negativ ist (man* kann nur vermuten, wieso: entweder hat ihr Immunsystem den Erreger erfolgreich bekämpft oder sie hat sich nie angesteckt). Nach meiner Immunisierung bin ich kein infektiöses Risiko mehr für sie*, doch ist sie durch andere, zukünftige Sexpartner*innen gefährdet. T. könnte sich also impfen lassen, doch wer hat schon mal eben rund 450 Euro? Wir haben nicht nachgefragt und so ist es Spekulation, doch kommt die Skepsis nicht von ungefähr, dass eine Anfrage der Übernahme der Impfkosten erfolglos sein würde. Erstens stelle ich für T. kein Risiko mehr da, zweitens wird sie* dieses Jahr 30 und außerdem tendiert das Wissen über die Infektionsraten zwischen Frauen* gegen null, wie wir von meiner Ärztin* erfahren. Ein*e Schelm*in, wer Böses dabei denkt.

Dr. Geschlechtsverkehr

Wen wundert’s auch, denken T. und ich in sarkastischer Eintracht, Frauen* haben ja eh keinen Sex. Wie läuft das mit der Ansteckung? Hautkontakt und ungeschützter Sex… mmh – ich sag nur, Fingern, Fisten, Sintflut – NEIN, da fällt mir nicht ein, in welchem Zusammenhang das mit lesbischem Sex stehen könnte! Da ist es doch wirklich seltsam, dass lesbische Frauen* wenig Lust haben zur*m Frauenärztin*arzt zu gehen. Fragt sich, ob wir es noch erleben werden, dass Ärztinnen*Ärzte endlich bezüglich der Varianz sexueller Orientierungen und Genderidentitäten aufgeklärt und sensibilisiert sind.

Und so lache und weine ich auch noch zwei Monate später über eine Szene im Sprechzimmer, in der meine sonst so kompetente Ärztin, meine Freundin und ich die Frage der sexuellen Abstinenz nach erfolgter OP erörtern. Kontraktionen des Unterleibs können Nachblutungen provozieren, sodass ein sich selbst oder durch jemand* anderen* verschaffter Orgasmus in der Zeit der Heilung nicht die beste Idee ist, von Penetration ganz zu schweigen. Doch der Weg zur Erleuchtung war steinig: Als ich frage, welche Art von Geschlechtsverkehr für die kommenden Wochen zu unterlassen wären, ist „na, Geschlechtsverkehr halt“ die Antwort. Meine Freundin* will’s genauer wissen: „Sie meinen Penetration, aber das muss man* ja nich machen, da gibts ja noch mehr“, ich nicke und schließe an: „und was ist mit Masturbation?“ Die Ärztin guckt irritiert, als hätten wir vollkommen sinnlose Fragen gestellt, ich fühl mich schon total promisk, dabei wollte ich doch nur sicher gehen. Schließlich sagt sie hektisch: „Nee! Ich sag doch, wie die Nonnen!

No comment.

 Polyamouröse Verwicklungen

Was meinen Fall noch etwas komplizierter macht: Ich habe eine offene Beziehung mit T. und habe noch eine Beziehung zu einem Mann*. Und richtig: Männer* können sich nicht testen lassen. Zwar bin ich durch die Impfung hoffentlich immunisiert, doch bleibt die Unsicherheit für ihn* bestehen, sowohl für andere, die er* anstecken könnte, als auch für sich selbst. Durch HPV ausgelöster Analkrebs soll vor allem für rezeptive Schwule ein Risiko darstellen. Doch ist diesen Zahlen eigentlich zu trauen? Oder wird hier eine Risikogruppe konstruiert? Als wären rezeptive Männer* immer schwul. So kann anal angewendetes Sexspielzeug genauso ein Risiko bergen, wenn es unvorsichtigerweise nicht desinfiziert wurde, nachdem die Sexpartnerin* damit ihren* Spaß hatte. Mit dem Safer Sex wird schließlich nachlässiger umgegangen, als man* es oft wahrhaben will. Oft fehlt auch einfach das Wissen darüber.

Was aus diesem Dilemma folgt, ist eine Situation ähnlich der einer HIV-infizierten Person. Streng genommen müsste man* jeder*m potenziellen Sexualpartner*in sagen, dass man* mit HPV infiziert ist oder eben sein könnte. Das klingt hypochondrisch und deshalb wird man* es wahrscheinlich eher lassen, dabei wäre es eigentlich nur vorsichtig. Sexuelle Freiheit klang schon mal besser. Mein Freund* wird also ein unsicheres Gefühl haben, sobald er* mit einer*m anderen Frau* oder Mann* schläft – trotz Gummi. Falls meine Freund*in positiv getestet worden wäre, hätte sie die Viruskonzentration beobachten lassen, wäre zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen und hätte in der Hoffnung gelebt, dass ihr Immunsystem den High-Risk-Typen erfolgreich bekämpft, wie es bei immerhin 9 von 10 Frauen der Fall ist. Der nächste Flirt wird bei beiden von der Geschichte nicht unbelastet sein, die Unsicherheit bleibt. Schöne, neue Poly-Welt. Ich tröste mich damit, dass wir zumindest darüber reden können. Man* stelle sich vor, wie der ganze Kladderadatsch in einer konventionellen Beziehung mit verheimlichter Affäre im schlimmsten Fall unter den Teppich gekehrt werden würde.

Eine Bitte

Ich will absolut keine Panik verbreiten. Ich würde mich nur freuen, wenn wir nicht ganz so unwissend durchs Leben gingen. Eine Möglichkeit ist die Impfung. Bei Interesse gilt es hier, sich zu informieren und bei der jeweiligen Krankenkasse nachzufragen. Es finden sich auch kritische Stimmen, die der Impfung nach wie vor skeptisch gegenüber stehen.

Das einfachste Mittel gegen diese überflüssigen Krebszellen sind und bleiben regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen bei der*m F-Ärztin*Arzt, sowohl für ungeimpfte als auch für geimpfte Frauen*. Doch wer nicht verhüten muss, sieht häufig keine Notwendigkeit, sich diesen Untersuchungen zu unterziehen, die insbesondere für FrauenLesbenTrans* durch nachvollziehbare Gründe häufig unangenehm bis unerträglich sind. Letztlich muss das jede* für sich entscheiden. Doch ist hier der erste Schritt die Aufklärung. Nur wer über Risiken Bescheid weiß, kann Entscheidungen treffen. Weitersagen wäre ein Anfang.

Weitere Links zum Nachlesen:

CIN: Was steht hinter diesen Befunden?

TK-Broschüre Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs; HPV-Impfung

Charité Berlin: Neues zur HPV-Impfung

Uniklinik Tübingen: Über HPV

Uniklinik Frankfurt: Dysplasiesprechstunde


[1]Die Virenreduktion durch die Konisation ist ein spezieller Fall, meistens gilt: ist ein*e Partner*in infiziert, ist es meist auch die*der andere, sodass keine gegenseitige Ansteckung mehr möglich ist. So heilen Feigwarzen individuell ab, unabhängig von dem Ausgesetztsein durch die Viren der*s Partners*in. Allerdings sind diese Überlegungen paarnormativ, da bei offenen Beziehungen die Ansteckung eine andere ist.

18 Kommentare zu „Offen über Krankheiten sprechen: Was ist HPV?

  1. Noch zu erwähnen wäre vielleicht der Anstieg der Krebsbildung durch HP-Viren im Halsbereich. Vor allem bei Männern. Ein Impfung für alle wäre echt sinnvoll. Genauso wie eine Beschneidung, außer bei Widerspruch der Eltern. Dann gäbe es auch noch ein deutlich niedriges Übertragungsrisiko.

  2. Vielen Dank für den Artikel zu diesem enorm wichtigen Thema! Anders als meistens im Internet beschrieben, gibt es eine Impfung und einen Test auch für Männer, die auch in D durchgeführt werden; mann muss sich dafür allerdings die richtigen Ärzt_innen suchen. Viele Ärzt_innen behaupten, beides gäbe es nicht, davon darf mann sich nicht abschrecken lassen. Oder, wie du ja schon geschrieben hast, es wird behauptet die Impfung wäre sinnlos nach dem ersten Sex. Test kostet (für Männer) rund 70 Euro die selbst bezahlt werden müssen. Zur Impfung hat meine Krankenkasse gesagt, sie würden sie auch mir als Mann eventuell dann bezahlen, wenn ein_e Ärzt_in bescheinigt, dass das aus medizinischer Sicht relevant sei. Nach so einer_einem Ärzt_in suche ich gerade, weiß also nicht ob das wirklich funktioniert. Bis eingesehen wird, dass es ebenso wichtig ist, die Männer zu impfen, ist das aber wohl der einzige Weg (für die die nicht 450 Euro bezahlen können), um die Ansteckung/Ausbreitung effetkiv zu verhindern.

  3. @David
    also >>Beschneidung als grundsätzliche Maßnahme gg HPV Ansteckung<<….
    bist ja ganz schön locker, was die Körperteile anderer Menschen so angeht.
    Erfreulicherweise wird dieser Ansatz ja in D ganz sicher nicht verfolgt werden.

  4. @david

    Beschneidung „außer bei Widerspruch der Eltern“ finde ich problematisch, sollten die Menschen selbst entscheiden und nicht die Eltern. Da eine potentielle Übertragung erst stattfindet wenn es zu Sex kommt ist das auch absolut möglich den Menschen einzubeziehen, und nicht die Eltern!

  5. Was mich noch interessiert, gibt es noch andere Übertragungswege außer der sexuelle Kontakt? Beispielsweise durch offene Wunden ähnlich wie bei HIV?
    Ich selbst muss sagen, dass meine Frauenärztin mich nie auf das Thema angesprochen hat, obwohl ich eigentlich in dem Alter bin, in dem Alter bin in dem man darüber hätte beraten werden sollen.

  6. Danke für diesen Artikel. Ich habe sehr ähnliche Erfahrungen gemacht und die Konisation gehört zu den schlimmsten Momenten meines Lebens. Nicht weil es schmerzhaft gewesen wäre, sondern wegen der sehr realen Angst, es könnte sich um Krebs handeln und ich könnte evtl. keine Kinder mehr bekommen. Ich habe mich so geschämt für diese „Geschlechtskrankheit“, dass ich nur sehr wenigen Leuten überhaupt davon erzählt habe. Viele enge Freundinnen und Freunde wussten gar nicht, was ich eigentlich gerade durchmachte. Insofern ja: Es muss mehr über HPV gesprochen werden.
    Zu der Erkrankung bei Männern: Als das Virus bei mir festgestellt wurde, habe ich ganz pflichtbewusst alle Männer kontaktiert, mit denen ich in der letzten Zeit sexuellen Kontakt gehabt hatte. Von einem weiß ich, dass er zum Arzt gegangen ist, um sich auf den Virus testen zu lassen. Der Arzt oder die Ärztin (ich weiß es ehrlich gesagt nicht) war amüsiert! So einen Test gäbe es überhaupt nicht und überhaupt könne man da ohnehin nichts machen. Das Ganze wurde klein geredet und mein Exfreund als Hypochonder dargestellt. Es ist gut möglich, dass er das Virus ebenfalls hatte und damit andere Frauen angesteckt hat. Das darf doch eigentlich nicht sein!
    Meine Frauenärztin hat mir übrigens von einer nachträgliche Impfung abgeraten. Aber ich werde diesen Artikel zum Anlass nehmen, bei meinem nächsten Besuch noch einmal nachzufragen.
    In diesem Sinne: Danke für den Artikel! Hoffentlich folgen weitere und eine bereitere Diskussion zum Thema HPV.

  7. Für Frauen*, die nach dem 1. April 1987 geboren sind, sieht die Situation anders aus: Sie werden im Alter von 20 bis 22 einmalig von der*dem Frauenärztin*arzt über die Früherkennung beraten, haben jedoch u. U. die HPV-Impfung zwischen dem 12. und 17. Lebensjahr hinter sich gebracht. Wer die Beratung versäumt, muss im Fall einer späteren Erkrankung an Gebärmutterhalskrebs eine höhere Eigenleistung erbringen.

    Was!? Davon hör ich ja zum ersten Mal! Ich bin nach 1987 geboren. Als die HPV Impfung gerade eingeführt wurde, war ich kurz vor meinem 18. Geburtstag. Da es damals hieß die Kasse würde das nur für Frauen* unter 18 übernehmen, habe ich mich schnell noch impfen lassen, sodass die erste Dosis noch vor meinem 18. Geburtstag lag. Mein Kinderarzt meinte damals noch: „Warten Sie mal ein paar Minuten ich muss mir hier kurz nochmal die Hinweise zur Gabe der Impfung durchlesen, Sie sind die Erste bei der ich das mache.“ Nach den drei Impfungen hab ich nie wieder davon gehört und mich hat auch keine Frauenärztin darüber informiert. Na toll, jetzt bin ich über 22. Weis jemand genaueres zu dieser Regelung? Wann ist die eingeführt worden?

  8. @sonne23

    danke für deine ergänzung. du hast recht, was das krebsrisiko (für männer*) durch eine orale hpv-infektion angeht. dieser meinung ist man aber eher seit kurzem, angeregt durch us-amerikanische studien:

    http://www.health.harvard.edu/blog/hpv-transmission-during-oral-sex-a-growing-cause-of-mouth-and-throat-cancer-201306046346

    http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/48921/Krebs-Orale-HPV-Infektion-bei-Maennern-haeufiger

    http://www.gesundheitsstadt-berlin.de/nachrichten/artikel/immer-mehr-mund-rachen-tumore-durch-hpv-788/

  9. @sophie
    ja, diese diagnose gab mir auch zu denken. schön, dass ich jemand* anderem* mit diesem text ein wenig aus der seele spreche.
    à propos aufklärung früherer sexualpartner*innen über die eigene infektion: ich habs nicht konsequent gemacht (sprich nur bei denen, mit denen ich sowieso in kontakt stehe), auch weil meine f-ärztin mir davon abgeraten hat. schließlich erkranken ja nicht alle infizierten an einer krebsvorstufe oder krebs, sondern nur ein geringer teil. und bei vielen heilt es eben wieder ab. natürlich können sie in der zwischenzeit wieder andere angesteckt haben – schwierige kiste, so alles in allem… letztlich denke ich, dass die entscheidungsträger*innen über kurz oder lang nicht um eine flächendeckende, geschlechterübergreifende impfung drumherumkommen werden.

  10. @jason
    dass es hierzulande also doch einen test und auch die impfung für männer gibt, wenn auch nur von wenigen ärzt*innen ausgeführt, ist mir neu. hast du vielleicht irgendeinen link dazu? erstaunlich auch die aussage deiner kk. viel glück auf jeden fall bei der suche!

  11. In diesem ARtikel werden ja viele verschiedenen Themen angesprochen, und ich kann an vielen Stellen nur beipflichten, an manchen anderen würde ich aber andere Schlüsse ziehen.
    Erstmal: ich arbeite seit vielen Jahren als Frauenärztin und stehe somit quasi auf der anderen Seite.

    Ich möchte kein Koreferat halten, aber ein paar fachliche Details sind mir sehr wichtig: CIN III bedeutet, dass die untersuchten Zellen sehr auffällig aussahen, aber es sind k e i n e Krebszellen! Ich finde das sehr wichtig, weil viel nach einer Konisation denken, sie hätten eine Krebserkrankung gehabt. Das ist nicht so.

    Ebenso ist es sehr schwierig zu sagen wie viele Personen, bei denen eine Probeentnahme einen CIN III ergeben hat, später tatsächlich Krebs entwicklen würden.
    In reichen Ländern mit Screeningprogrammen wie in Deutschland ist es ja schon lange so, dass praktisch alle Frauen bei denen ein CIN III festgestellt behandelt werden, in aller Regel mit einer Konisation. Daher kann man aus deutschen Daten auch nicht wissen bei wie vielen sich die Veränderung wieder zurückentwickelt hätte – abgesehen davon dass es ja kein zentrales Krebsregister gibt.

    Ob eine Impfung für die Gesamtbevölkerung sinnvoll ist, ist auch sehr schwer zu beantworten – wir haben immer noch keine ausreichenden Daten darüber.
    Es ist ja so, dass selbst bei den sogannten „Hochrisikoviren“ Menschen mit einer intakten Immunabwehr in über 90 % der Fälle die Viren bekämpfen können und nicht mal was von der Infektion bemerken.

    Tatsächlich ist es aber so, dass all das natürlich in der Gyn-Praxis besprochen werden sollte. Und zwar am besten vor der jeweilgen Untersuchung, nicht erst wenn ein auffälliges Ergebnis vorliegt.

    Ganz prinzipiell finde ich es sehr spannend was ganz am Anfang steht:

    Egal mit wem ich, meine Freundinnen*, meine Mutter oder meine Tante in der letzten Zeit geredet haben, fast jede Frau* kann irgendeine Geschichte bezüglich ihres Unterleibes oder ihrer Brüste erzählen – Zysten, Knoten in der Brust, verdrehte oder verklebte Eierstöcke, Scheidenpilz, diverse Geschlechtskrankheiten, Myome, Ausschabungen – doch werden diese Geschichten lieber verschwiegen, geheim gehalten, nur auf Nachfrage erzählt. Dies ist selbst bei den Menschen der Fall, die sonst eher kein Blatt vor den Mund nehmen. Aber warum eigentlich?

    Ja warum eigentlich? Während meiner feministischen Sozialisation inden 80ern waren Körperthemen immens politisch – der Kampf um das Recht auf Abtreibung, um den Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln, aber auch der Selbsthilfegedanke, der Wunsch die Macht der damals noch meistens männnlichen Frauenärzten zu brechen, Selbstuntersuchungskurse (mit Spiegel und Plastikspeculum den eigenen Muttermund betrachten), die Gründung von feministischen Frauengesundheitszentren. Reproduktionsmedzin. Pränatnaldiagnostik und Humangenetik galten gar als anschlagsrelevante Themen.
    Letztendlich ging es darum, das Recht auf den eigenen Körper wieder zurückzuerobern – tatsächlich aber natürlich immer aus der Perspektive des „Frauen“ körpers im Gegensatz zum „Männerkörper“- queere Ideen kamen ja erst später auf.
    Vielleicht liegt es daran, dass in den aktuellen queerfeministischen Debatten der als weiblich konnotierte Körper so wenig vorkommt? Und das deswegen auch kaum über den Umgang mit Krankheiten diskuitert wird? Aber vielleicht bekomme ich diese Diskurse auch einfach nur nicht mit.. Fände ich aber spannend!

    P.S. ich hab es nicht hingekriegt das Zitat als solches zu kennzeichnen tut mir Leid

  12. @franziska: ne, quellen kann ich für die Impfung nich liefern. Habe mich immer weiter durchgefragt, mit der Impfung ist das nun die Aussage von einer F-Ärztin, die meinte sie hat ihren Sohn gerade geimpft. na gut, vl. nicht in D (weil nicht zugelassen?), aber so habe ich sie nicht verstanden.

    Für den Test hab ich hier ne Quelle: http://www.labor-enders.de/221.html „bei Männern: ausreichend Epithelzellen aus Abstrich im Bereich von glans penis oder distalen Urethra“ für den Test …

    an die kk glaube ich auch noch nicht, das war ja ne mündliche Zusage … Mal sehn was sie sagen wenn ich wirklich mit nem Zettel da steh.

  13. Zur Imfung von Männern steht in der verlinkten TK-Broschüre auf Seite 45:
    „10. Sollten auch Jungen und Männer geimpft werden?
    Dazu gibt es keine ausreichenden Daten. Der Impfstoff ist auch für Jungs zugelassen. Da aber heterosexuelle Männer sehr selten an Penis oder Darmausgang Krebs entwickeln, profitieren sie dementsprechend nur selten direkt von der Impfung. Von Vorteil wäre, dass geimpfte Männer dann bestimmte HPV-Typen nicht mehr übertragen könnten.“
    Ich vermute mal, dass der Test auch der gleiche für Männer ist.
    Ich verstehe nicht, wozu dieses Beratungsgespräch zeitlich auf das 20. bis 22. Lebensjahr begrenzt wird? Also falls man dieses Gespräch in dem Zeitraum nicht hatte, aber sich dann sagen wir mit 24 noch nachträglich impfen lässt, dennoch an Gebärmutterhalskrebs erkrankt, muss man trotzdem mehr Eigenleistung erbringen? Obwohl mit der Impfung ja nachweisbar ist, dass sich mit dem Thema irgendwie auseinandergesetzt wurde und Präventionsmaßnahmen ergriffen wurden? Und wieso sollte so ein Gespräch mit 23, 24 usw. weniger „nutzbringend“ sein? Irgendwie hat diese Regelung keinen Sinn für mich.

  14. Das Nationale Netzwerk Frauen und Gesundheit stand der Impfung bei der Einführung sehr kritisch gegenüber.
    Fakt ist, dass die Impfung nur gegen zwei von zahlreichen HPV-Typen wirkt. Ob Krebserkrankungen durch die Impfung stärker abnehmen als durch die Krebsfrüherkennung, ist sehr zweifelhaft.
    2012 hat das Nationale Netzwerk in einer Fachtagung Bilanz gezogen: http://www.nationales-netzwerk-frauengesundheit.de/downloads/hpv_impfung_dokumentation_fachtagung_2013-11-18.pdf
    Dort ging es auch um die Impfung für Männer und Jungen. Mir scheint, die Expertinnen stehen der Impfung nicht mehr ganz so ablehnend gegenüber…
    Ich selbst hatte auch mal eine HPV-Erkrankung, die unangenehm weggelasert wurde. Aber statt Impfung halte ich trotzdem die regelmäßige Krebsfrüherkennungsuntersuchung für sinnvoller.

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