Nach der Geburt: Karriereende

Heute im Zeit Magazin: Das Portrait einer Spitzenmanagerin, die nach der Geburt ihres Kindes aus ihrem Job gemobbt wurde.

Gerade Akademikerinnen, die die Politik immer ermuntert, Kinder zu bekommen, bezahlen genau dafür oft einen hohen Preis. Sie müssen ihre herausgehobenen Positionen aufgeben, weil die Unternehmen fürchten, dass die Mitarbeiterinnen mit Kind zu abgelenkt und unflexibel sind.

(…)

„Bei erfolgreichen Frauen ist die Arbeitsrolle doch die viel bestimmendere als die Mutterrolle“, sagt die Münchner Professorin Barbara Vinken, die den deutschen Muttermythos untersucht hat. Mit ihrer Arbeit hätten sich die Frauen über die Jahre selbst entworfen – sie kommen nicht ohne sie aus. Deshalb ist es heute fatal, wenn eine Mutter aus dem Job gedrängt wird: „Dann führt der Glücksfall, der jede Geburt ist, letztlich zur Zerstörung ihrer Existenz: nicht unbedingt finanziell, aber psychisch.“

Nachtrag:
Zeit Online bringt daneben ein Interview zur Frage „Was sollen Frauen tun, die nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit aus ihrem Job herausgeekelt werden?“ Sich wehren, rät der Berliner Anwalt Friedemann Koch.

19 Kommentare zu „Nach der Geburt: Karriereende

  1. Ohne zum Denken fähig zu sein kann ich nur durch einen roten Schleier der Wut sagen: Ich könnte kotzen. Genau so gut wie die Story einer Bekannten, der von ihrer Chefin(!) gesagt wurde, wenn sie sich noch einmal wegen Menstruationskrämpfen krankschreiben lässt, würde man einen Weg finden, sie zu feuern. Sie solle es so machen, wie die Chefin und „auf ihre Gebärmutter verzichten.“ Die Bekannte ist 22. *seufz*

  2. Es ist auch, wie beim ersten Beitrag so gut beschrieben, unser eigenes Geschlecht – gleichgültig, welche sexuelle Richtung es bevorzugt – das uns feindlich gegenüber steht. Trotz „Emanzipation“ wurden noch keine fundamentelle Seilschaften, wie bei den Männern aller couleur üblich, gegründet. Die Stutenbissigkeit, vor allem unter den jungen Frauen, ist enorm! Dies müsste jeden Tag unter den „Schwestern“ angesprochen werden.

  3. Und genau deshalb muss es doch die Aufgabe der Unternehmen sein, sich auf die Anforderungen, die Kinder stellen, einzulassen. Genauso wie es eine Herausforderung für Elternpaare ist, die unvorhersehbaren Zwischenfälle auf Mama UND Papa zu verteilen, so gut es eben geht. Denn nur so kommt möglicherweise in hundert Jahren in den Köpfen an, dass Kinder nicht nur Frauensache, sondern auch Männersache und überhaupt: Sache aller Erwachsenen sind. Und vielleicht wird es dann solche Unverschämtheiten irgendwann nicht mehr geben.

    Das Buch von Barbara Vinken ist übrigens nur zu empfehlen.

  4. Oha, da fehlt etwas in meinem Posting. Nämlich folgendes:

    Es stimmt: Frauen werden durch Kinder abgelenkt und unflexibler. Kinder werden krank, sie verletzten sich ohne Vorankündigung, Kinder durchkreizen Planungen. Sie sind eigenwillig und reaktionär. Wenn es nach Kindern ginge, würden die Mamas den ganzen Tag zuhause sein und am Herd immer nur Spaghetti kochen. Vielleicht auch mal Pizza. Aber bitte nix anderes. Und es ist das gute Recht der Kinder, so zu sein. Damit fertig zu werden ist Sache der Gesellschaft, in der diese Kinder leben. (weiter s. oben)

  5. Alles schon erlebt: die gut ausgebildete Teamassistentin, die nach dem Erziehungsurlaub an den Empfang gesetzt wird. Und meine Cousine, die in ihrer Elternzeit gekündigt wurde … geht eigentlich nicht, aber der Betrieb hat es trotzdem gemacht. Vor Gericht einigte man sich nur noch auf eine Abfindung.

  6. Das macht wirklich Mut…
    Darf man bei einem Bewerbungsgespräch eigentlich verschweigen, dass man ein Kind hat? Was antwortet man, wenn man danach gefragt wird?

  7. Miriam:
    Ich glaube, man darf nur bei „sind sie schwanger“ und „wollen sie mal Kinder haben“ lügen/die Antwort verweigern (was ja auch eine Antwort wäre wahrscheinlich).
    Schon vorhandene Kinder zu verschweigen würde ich aber falsch finden und für einen Schritt in die falsche Richtung halten.

  8. Natürlich wäre es kontraproduktiv, wenn man auf die Frage: „Haben Sie Kinder“ mit „Nein“ antwortet, wenn das gelogen ist.

    Nichtsdestotrotz betrifft eine solche Frage mein Privatleben und sollte bei der Beurteilung meiner beruflichen Qualifikation keine Rolle spielen. Und wie das obige Beispiel ja zeigt, werden Väter und Mütter ja scheinbar anders beurteilt, was ihre Leistungsfähigkeit angeht.

    Wenn nicht direkt gefragt wird, bin ich dann trotzdem verpflichtet, ein Kind/die Kinder anzugeben? Früher war sowas ja im Lebenslauf enthalten, aber ich glaube, heutzutage ist das, genauso wie der Familienstand, nicht mehr zeitgemäß, oder?

  9. @Mimi_Palermo:

    Also, ob das jetzt unbedingt die Mütter sein müssen, bezweifel ich aber. Kann auch Oma, Papa oder Kindermädchen sein, hauptsache man hat jemanden, der sich um jedes Wehwechen und Bedürfnis kümmert. Außerdem war zumindest ich sehr froh, als meine Mutter irgendwann wieder arbeiten gegangen ist und nicht mehr nur zu Haus rum hing. Hausfrau sein hat sie definitiv nicht ausgefüllt und auch als Kind merkt man das.

  10. @ SoE: Ja klar, statt „Mutter“ kann man natürlich auch „Betreuungsperson Nr. 1“ einfügen – und ich meine damit natürlich vor allem kleine Kinder, die auf prompte Erfüllung der Bedürfnisse besonders angewiesen sind (ob das pädagogisch und psychologisch wertvoll ist, wenn auf Dauer immer alle Bedürfnisse sofort erfüllt werden, ist eine andere Debatte). Und da vor allem meine eigenen zwei, die ihr Kreuzchen sicher zunächst nicht bei „ich will in den Kindergarten gehen“ statt bei „immer nur bei Mama zu bleiben“ gemacht hätten, wenn sie gefragt worden wären. Wurden sie aber nicht. Und alle sind dennoch mittlerweile sehr zufrieden und, ja, ich glaube: sogar glücklich.

  11. Der beschriebene Mobbing-Fall ist furchtbar. Was mich etwas verwirrt, ist dass ich in dem Artikel keine Hinweise finde, was die Firma für einen Vorteil davon gehabt hat, die Frau zu mobben. Insbesondere da das Arbeitsverhältnis vor der Geburt gut war und der Chef sogar noch schrieb, dass er sich auf ihre Rückkehr freue. Konnte die Firma so Kosten sparen oder wie? Hassen sie einfach Mütter? Oder war das eine private Intrige, die im Artikel nicht ans Licht kommt? Ich finde den Fall aufgrund dieser offenen Fragen schwierig zu beurteilen.

    Was mich aber enorm beunruhigt ist, dass Herunterstufungen von Frauen, die Mütter geworden sind, im Kanzleramt passiert sein sollen. Was da wohl der „Wahrnehmungsunterschied“ war? Und dass das auch sonst öfters vorkommen soll, bei Banken z.B…. Oh, es ist einfach traurig.
    Ich kann mir gut vorstellen, dass Mütter in Betrieben oft auf Probleme stossen. Gibt es hier Leute, die über positive/negative Erfahrungen berichten können?

  12. Auch negatives; Meine Mutter war sehr erfolgreich in ihrem Job, bis zu meiner Geburt. Ihre Chefin hatte ebenfalls ein Kind bekommen und ist nach kürzester Zeit wieder Arbeiten gewesen. Und da meine Mutter so gut war, wurde ihr nach dem regulären Mutterschaftsurlaub eine leitende Position angeboten, die meine Mutter aber – dazu hatte sie sich selbst entschieden – ablehnte, weil sie lieber Teilzeit arbeiten wollte. Eben wegen mir und meiner großen Schwester. Danach wurde sie fix degradiert, bekam sie nurnoch „Aktenarbeit“ und kündigte schon bald darauf, gezwungenermaßen.
    Das ist auch ein beispiel für Frauen/Mütter gegen Frauen/Mütter (oder vielleicht Mütterlichkeit gegen Mütterlichkeit?). Schade.

  13. @ Cassandra

    Aber kann die Degradierung nicht auch daran gelegen haben, dass sich die anderen Jobs nicht mit Teilzeit vereinbaren ließen?

    Bei uns gibt es auch keine Teilzeit-Büroleiter. Auch keine Männer!

    Und ich hab auch schon gesehen, dass ein Kollege versetzt wurde, weil er in Teilzeit gehen wollte und der aktuelle Job das nicht zugelassen hätte.

    Ist nur eine Vermutung, kenn die Geschichte ja nicht wirklich

  14. Ich bin es eigentlich leid, darüber zu sprechen aber ja, mir ist auch so etwas passiert und ich teile die Ansicht, dass die schlimmste Erfahrung dabei die psychische Verletzung ist. – Dass da jemand in Deiner Lebensplanung und letztlich in Deiner Identitätskonstruktion rumpfuscht – aus kleingeistigen, mickrigen und miesen Motiven. Dass Dir jemand eine Selbstverständlichkeit verweigert. Dass Du nicht mehr möchtest, als Dir zusteht und damit vor eine Wand läufst. Ehrlich, es fühlt sich schrecklich an. Wie ein Verrat.

  15. Ich weiß nicht, ich halte das ein stückweit für ein Vorurteil, dass sich dieser oder jener Job nicht mit Teilzeit vereinbar sei. Genauso, wie ja in dem oben geschilderten Fall Frau Haramustek gar nicht die Chance gegeben wurde, ihren anspruchsvollen Job und ein Kleinkind zu vereinbaren, glaube ich, dass viele Chefs davor zurückschrecken, best. Jobs mit Teilzeitkräften zu besetzen, einfach weil es schon immer so war, dass man 120% anwesend sein musste. Arbeitnehmer sollen immer flexibel sein, warum kann man das gleiche nicht auch vom Arbeitgeber erwarten? Wenn sich herausstellt, dass es nicht funktioniert, den speziellen Job in Teilzeit zu machen, dann ist vielleicht auch der Arbeitnehmer viel eher bereit, einen anderen Job zu machen. Aber von vornherein davon auszugehen, dass es nicht klappt, ist extrem demotivierend für den Mitarbeiter. Ich glaube nicht, dass da wirklich rationale Gründe am Werk sind, sondern schlicht und einfach viele Vorurteile.

  16. @Roboter2000 Nein, leider nicht in dem Kontext.

    Vor kurzem habe ich erst einen Text gelesen „Keine Zeit“ von Arlie Russell Hochschild. (Das eigentliche Thema des Textes ist ein anderes, aber viele interessante Dinge nebenbei).

    In einem Abschnitt des Textes geht es auch um die Meinung und Urteile von Frauen/Mütter übereinander im Kontext mit Arbeit – hierbei wird beispielhaft erzählt, wie eine „Nicht-arbeitende-Mutter“ über eine „arbeitende Mutter“ urteilt und sich ärgert, und in einem weiteren Abschnitt auch um die Ablehnung vom mittleren Managment eines Unternehmens gegenüber Teilzeitarbeit, obwohl das Unternehmen sich es leisten könnte. Zudem; Familienfreundlichkeit zahlt sich laut dem Text aus – die Menschen sind zufriedener, arbeiten lieber, somit auch besser und haben eine intensivere Bindung an das Unternehmen. Auch sagt Hochschild in dem Text, dass Kündigen in den untersuchten Fällen mit der Neu-Akquise mehr als nach der Mutterschaft wieder einstellen.

  17. Es soll natürlich jeder Frau erlaubt sein, zu Hause zu bleiben, wenn sie es will – oder eben auch das Gegenteil.
    Bei Spitzenmanagerinnen ist es natürlich eine besondere Situation, weil die Frau sich Kinderbetreuung leisten kann – in der Regel aber auch einen gutverdienenden Mann hat (reich heiratet reich, ist nun einmal die Regel) und es sich auch leisten kann, zu Hause zu bleiben und Hausfrau zu werden. Dank ihrer Kontakte wird sie wohl kaum vereinsamen.

    Etwas anderes ist der Job von normalsterblich, wo man sich keine privat finanzierte Kinderbetreuung leisten kann – andererseits gerade mit einem Kind auf das Geld angewiesen ist, das man verdient.

    Und es sind nicht nur Mütter, die benachteiligt werden. Habe das in meinem Studentenjob auch gesehen. Frauen mit Kindern konnten eher damit rechnen, das Wohlwollen der Chefin zu bekommen. Kind hat Fieber, was dann? Die liebe kinderlose Ariane bekommt einen Anruf am Dienstag morgen, ob sie jetzt doch nicht für die Kollegin am Dienstag einspringen kann, statt am Freitag zu arbeiten. Die ist ja flexibel.
    Wird man dafür belohnt? Nein. Habe das hautnah zu spüren bekommen, als ich schwanger war. Sollte Freitags arbeiten, bekam aber für einen Freitag einen Termin für den Schwangerschaftsabbruch. Keine einzige Kollegin war gewillt, für mich einzuspringen. Meine vermeintlich beste Freundin auf der Arbeit die ich darum gebeten habe sagte mir, ich soll es doch ein anderes mal machen….
    Will nicht gegen Frauen mit Kindern hetzen. Aber man soll sich bewusst sein, dass man auch ohne Kind gehörig benachteiligt wird.

  18. „Sollte Freitags arbeiten, bekam aber für einen Freitag einen Termin für den Schwangerschaftsabbruch. Keine einzige Kollegin war gewillt, für mich einzuspringen. Meine vermeintlich beste Freundin auf der Arbeit die ich darum gebeten habe sagte mir, ich soll es doch ein anderes mal machen….“

    Abtreibung ist für viele halt noch etwas schlimmes. Da hilft nur Aufklärung. (Na gut, das ist eh immer das Rezept :D)
    Die gesellschaftlichen Debatten gehen ja langsam, sehr langsam in die richtige Richtung. Mehr Kinderbetreuung, auch Ganztags, ist ein wichtiger Schritt, In Frankreich funktioniert das zum grossen Teil recht gut, ebenso in Dänemark.
    Ein weiterer wichtiger Punkt wäre meines Erachtens eine grundlegende Änderung in der Sozialgesetzgebung: z.B. Aufhebung des Kündigungsschutzes und zwar für beide Seiten. Dazu aber unbedingt ein Arbeitslosengeld von neunzig Prozent über vier Jahre ohne die Bedingung und egal, wer gekündigt hat, der Arbeitgeber oder der Arbeitgeber, eine schlechtere Arbeit annehmen zu müssen. Auf diese Weise würde ermöglicht, dass sich die Leute ohne Angst vor dem sozialen Absturz einem Job entziehen, in dem sie nicht zufrieden sind, Also die Duckmäusermentalität quasi zurückzudrängen. DIe Firmen würden auch endlich gezwungen, die Facharbeiter durch bessere Löhne und Bedingungen im Betrieb zu halten. Wenn ich noch in meinem erlernten Beruf anfangen würde, würde ich ca. 7 Euro die Stunde bekommen, für 10 Stunden Arbeit (im Handwerk alltag).

    (Übrigens, einspringen kann niemand von Dir so kurzfristig verlangen, sondern das muss eine bestimmte Frist vorher angekündigt werden, glaube zwar nur einen Tag, aber könnten auch zwei sein)

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