Nach der Geburt: Noch mehr Ratschläge

Dieser Text ist Teil 7 von 45 der Serie Muttiblog

Erna und ich werden uns nun mit dieser Kolumne abwechseln, so dass ihr sogar zwei Mal im Monat in den Genuss des Muttiblogs kommen werdet.

Letztes Mal hatte Erna bereits über die Einmischung der Umwelt während der Schwangerschaft berichtet. Und in den Kommentaren klang ja bereits an, dass es nach der Geburt nicht besser wird.
Frau in High Heels und Bluse, Minirock und Leggins, die eine Aktentasche, Pfanne und Staubwedel mit drei Armen hält, sowie ein Baby in einem kleinen Wagen hinter sich herzieht

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Da sind zum einen diese wildfremden Menschen, die plötzlich so kommunikativ werden, sobald man einen Säugling dabei hat. Es fängt an mit unverhohlenem Anstarren (und manchmal sogar antatschen), Babys haben scheinbar keinerlei Recht auf Privatsphäre. Ganz mutige ZeitgenossenInnen zwingen mir dann ein Gespräch auf, meist Belangloses, manchmal aber auch Unverschämtes: Beispielsweise wollte eine Frau mich davon überzeugen, dass ich mein Kind bloß nicht zu früh in die Krippe geben solle. Auch wenn SoziologInnen und PädagogInnen behaupten, dass das den Kindern guttue, das würden die nur auf Grund des politischen Drucks behaupten (äh, lebt diese Frau in einem anderen Deutschland als ich?). Sie sei vom Fach und wisse, dass das unglaublich schädlich für die kindliche Entwicklung sei. Mein Einwurf, dass ich nicht mehrere Jahre in meine akademische Ausbildung investiert habe, um nun als Doctora materna ausschließlich dafür zu sorgen, dass mein Kind irgendwann mal einen Nobelpreis bekommt, wurde quittiert mit „Ach, Karriere machen können Sie ja immer noch, aber die ersten Lebensjahre des Kindes sind doch viel wichtiger!“

Dann gibt es da noch die professionellen RatgeberInnen, z.B. in der Krabbelgruppe, angeleitet von einer Motopädin. Die Kursleiterin schnappt auf, dass eine Mutter ihrem vier Monate alten Sohn schon seit ein paar Wochen Brei zu essen gibt. Das nimmt sie gleich zum Anlass, während der Krabbelstunde den anwesenden Müttern einen Vortrag über richtige Säuglingsernährung zu geben. Dass man ja erst nach sechs Monaten voll stillen beginnen solle, den Kindern Brei zu geben, dass man sie dabei auf keinen Fall in eine Wippe setzen dürfe (was besagte Mutter vorher auch „gebeichtet“ hatte) und das aller Beste: Man solle den Kindern von vornherein einen eigenen Löffel in die Hand geben, damit sie mitessen könnten. Als hätte man nach dem Essen nichts besseres zu tun, als auch noch die Wohnung zu putzen, nachdem man das Kind und sich gewaschen und komplett umgezogen hat. Wenn ich anfällig für Verschwörungstheorien wäre, dann würde ich dahinter einen Masterplan vermuten, wie man Mütter so auf Trab hält, dass sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Ich hab mich während dieses Vortrages irgenwie im falschen Film gewähnt, denn ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt, dass ich in einer Krabbelgruppe, in der es vor allem um die motorische Entwicklung der Kinder geht, vor solcherlei Übergriffen gefeit sei. Und um ganz ehrlich zu sein, gehe ich eigentlich auch nur zu dieser Krabbelgruppe, um wenigstens ab und zu mal aus dieser Isolationshaft namens Mutterschaft herauszukommen. Leider muss diese Beschäftigungstherapie für Mütter ja heutzutage immer irgendwie so verpackt werden, dass es fast unentbehrlich für die Entwicklung des Kindes sei. Aber spätestens seit diesem Erlebnis weiß ich, dass ich als Mutter sowieso immer irgendwas falsch mache, denn mein Einwurf, dass es ja auch noch sowas wie Intuition bei der Kinderpflege gäbe (die der Vater meines Sohnes im Übrigen genauso hat wie ich), löste sofort die nächste Salve an Ratschlägen aus.

Da viele dieser Ratschläge auf „Cargo-Kult-Wissenschaften“* beruhen, wird bei mir als Naturwissenschaftlerin natürlich gleich der Trieb ausgelöst, herauszufinden, was denn da wirklich dran ist. Fakt ist: Muttermilch und auch der Speichel des Säuglings enthalten Amylase, ein Enzym zur Aufspaltung von Stärke, welche aber in der Muttermilch nicht enthalten ist. Ein Säugling ist also vom ersten Lebenstag an in der Lage, etwas anderes als Muttermilch zu verdauen. Aber das nur nebenbei, ich will hier nicht schon wieder diese Diskussion über die richtige Säuglingsernährung führen. Durchaus interessanter ist in diesem Zusammenhang schon, dass auch immer wieder gerne pseudo-wissenschaftlich argumentiert wird, dass ein Kind zur Mutter gehöre und dass Mütter auf Grund eines erhöhten Prolaktinspiegels von Natur aus für die Brutpflege prädestiniert seien. Was gerne verschwiegen wird: Auch bei Männern löst ein erhöhter Prolaktinspiegel Brutpflegeverhalten aus. Interessanterweise ist der Prolaktinspiegel des Vaters bei der Geburt des Kindes erhöht, da der Mensch zu den Spezies gehört, die die Brutpflege gemeinsam übernehmen, aber darüber später mehr.

* vergl. Richard P. Feynman „Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!“

32 Kommentare zu „Nach der Geburt: Noch mehr Ratschläge

  1. Kommt mir wiederum alles bekannt vor… wobei das später (nicht erschrecken: mit den Jahren) besser wird. Bei Vielen in meiner Verwandtschaft, aber auch Fremden hatte ich manchmal fast das Gefühl, daß abgesteckt worden ist, daß man als ganz frischgebackene Mutter halt noch nicht so richtig in der „Mütterhierarchie“ angekommen ist und hier subtil Kompetentclaims abgesteckt werden müssen. Aber das war so meine persönliche Verschwörungetherapie – neben der oben benannten. Aber ehrlich gesagt glaube ich tatsächlich, daß es ein Konkurrenzverhalten auf dem einzigen Gebiet gibt, auf dem Teile unserer Gesellschaft einer Frau, die entbunden hat, noch Kompetenzen zugestehen möchte, und daß viele dieser Geschichten daher kommen.
    Bizarrster Hinweis kam üg, als ich meinem sieben Monate alten Kind in der Eisdiele einen Löffel Eis zum Abschlecken gab und mir die Dame vom Nebentisch daraufhin erklärte, meine Magenbakterien würden eventuell bei meiner kleinen den plötzlichen Kindstod auslösen. Offenbar ist der elterliche Speichel für Kleinkinder so tödlich wie der eines Warans für größere Säugetiere. Tja.

  2. Einmischung in der Schwangerschaft finde ich auch grenzüberschreitend. Ich trank und trinke weiterhin meinen Kaffee und meine Cola, was mir mehr als einmal „Verwarnungen“ einbrachte.

    Auf der anderen Seite finde ich es sehr schön, dass so ein Baby die Kommunikation zwischen Menschen ankurbeln kann – gerade in Deutschland, wo das doch eher schwer ist.

  3. Hallo! Ich hatte mit meiner Zweijährigen sogar letztens die Situation, dass ich im Supermarkt mein trotzendes Kind (weil im Einkaufswagen sitzend, weil sonst kein Einkaufen möglich, weil Kind mit Vorliebe Regale ausräumt) umherschieben musste, das irgendwann zu einem herzzereißenden Wimmern überging, und damit rief sie sämtliche Senioren in der Regalumgebung auf den Plan (wie viele das waren, an einem Wochennachmittag, furchtbar!). Manche sprachen unter sich, das Weinen sei ja nicht auszuhalten und „schrecklich“, einer kam extra ums Eck, um zu sagen: „Och, Du bist doch ein Braver“ und zu mir: „Ja, warum lassen Sie ihn denn dann nicht laufen?“ (sie trug neutral mit ein paar lila Farbklecksern bspw. an Schal und Mütze, also konnte man nicht zwingend davon ausgehend, sie sei ein Junge, aber (nicht nur) alte Herren tun das dennoch gerne, habe ich festgestellt). @Bettina, ganz ehrlich, dann lieber keine Kommunikation :/

  4. Ja, die Leute sind so. Und es macht einen wahnsinnig. Väter, die sich um Kleinkinder kümmern, kriegen das – wenn ich meinem Mann glauben darf, noch schlimmer ab, weil ihnen ja eh keiner was zutraut.

    Bedenklich finde ich aber, dass ich bei mir selbst den gleichen Reflex bemerke und mir nur mit Mühe den Mund verbieten kann, wenn Eltern mit ihren Kindern Dinge tun, die ich für falsch halte.

    Nun habe ich ohnehin gewisse besserwisserische Tendenzen. Und wie die meisten Eltern habe ich mir den einen oder anderen Gedanken über Kindererziehung gemacht, bemühe mich, es so gut zu machen wie möglich und strample mich an meinen eigenen Ambitionen ab.

    Ich beiße mir durchaus auf die Zunge und lasse andere Eltern, speziell mir unvertraute, in Ruhe (bzw. versuche, meine Besserwissereien ganz unaufdringlich zu kommunizieren…).
    Aber als Kennerin des Reflexes würde mich doch interessieren, ob all die mitlesenden Mütter von dem Drang zur Einmischung wirklich so ganz frei sind?

    Die Themen sind doch so schön vielfältig – Stillen, Impfen, zufüttern, Wegwerfwindeln, Hustensaft, Schuhe auftragen oder neukaufen, Kindererziehung in allen Varianten, ungesundes Essen usw. usw. Nie den Drang verspürt, überforderten Eltern hilfreiche Tipps zu geben und aus dem eigenen Erfahrungsschatz abzugeben? Nie sicher gewesen, dass das, was die anderen da gerade tun, aber nun ganz bestimmt falsch ist?

  5. Ich habe noch kein Kind, und plane in nächster Zeit auch keines, aber ich habe auch die Vermutung (oder die Hoffnung ;), dass es sowas wie Intuition beim Umgang mit dem eigenen Kind gibt.
    Dass völlig Fremde sich einmischen, finde ich auch nicht okay. Das mag gut gemeint sein, ist aber unangebracht. Ich würde ich auch nicht ungefragt einmischen.
    Schon allein die Behauptung dass es tatsächlich sowas wie „völlig richtig“ und demzufolge auch „völlig falsch“ gibt, macht mich stutzig. Sicher, es gibt das Kind gefährdendes oder schädigendes Verhalten, aber mal den gesunden Menschenverstand vorausgesetzt, wird sowas wenn überhaupt nur begrenzt auftreten. Kinder können ja auch einiges ab, und sie in Watte packen ist wahrscheinlich auch nicht allzu förderlich.
    Meine Eltern haben mit mir als ihrem ersten Kind sicher auch nicht „alles richtig“ gemacht, und aus mir ist trotzdem was geworden.
    Aber das hängt wohl alles mit dem Hype um den seltener gewordenen Nachwuchs zusammen, der durch tausende Ratgeber (die ganz bestimmt alle allein seligmachend sind) nur verschlimmert wird.

  6. @ Panalotta: Also mir persönlich fällt es schon schwer, Menschen darauf hinzuweisen, dass sie trotz Rauchverbot (z.B. in der Bahn) rauchen. Und da ist die Situation eindeutig: Der/die RaucherIn macht etwas falsch UND beeinträchtigt noch dazu mich.
    Ungefragt jemandem erklären, wie er/sie sein/ihr Kind zu erziehen, ernähen, anzuziehen,… hat, empfinde ich als vollkommen ungebührliche Einmischung meinersteits. Klar gibt es Situationen, in denen ich denke, dass ich es anders machen würde oder das Verhalten falsch finde, aber in der Regel sage ich das nicht laut, es sei denn, ich werde nach meiner Meinung gefragt. Außerdem gehe ich davon aus, dass andere Eltern sich genauso viele (oder vielleicht sogar noch mehr) Gedanken darüber gemacht haben bzw. machen wie ich, wie sie mit ihrem Kind umgehen möchten. Es wird also einen (für sie) plausiblen Grund geben, warum sie dem Kind nun keine Mütze aufsetzen.

  7. @Adele,

    ich stimme dir in allem zu. Und ich selbst (und besonders mein Mann) habe ebenfalls absurd übergriffiges Verhalten Wildfremder auszuhalten gehabt, ohne mich sozial besonders auffällig zu verhalten.

    Ich merke bloß selbstkritisch, dass gerade weil man sich so viele Gedanken macht, ich andere besonders kritisch beäuge. Wie gesagt, ich halte mich zurück. Und eben dieses anderen auch Kompetenz zugestehen, dass du beschreibst, scheint, wenn es um Kinder geht, sehr schwer zu sein.

  8. Wenn man nach seiner Meinung gefragt wird, dann ist das natürlich was anderes… auch haben die jungen Eltern, die quasi nach uns kamen, durchaus mal um Rat gefragt. Aber leider überwiegt ein irgendwie veruteilendes Verhalten bei den fremden ungefragten Ratgebern vor dem Gutgemeinten – entweder feindselige Blicke weil man sich mit Kind im Gepäck die alle-vier-Monate-Pommes gönnt, oder besser noch -nur mit dem Kind reden, Mutter oder Vater dabei garnicht ansehen: „Och Du armes Mäuslein, warum hast Du denn bei dem Wetter nackte Füße…“
    Allen, denen das bekannt vorkommt, ist glaube ich klar, daß ein bißchen Austauch unter Müttern und Vätern hier nicht gemeint ist. Junge Eltern sollten tendenziell Verbündete sein, nicht konkurrenz, da ist dann schon der beweggrund für die Kommunikation ein anderer. Was noch cooler kommt, sind noch kinderlose Freunde -nicht alle, nicht viele, nur ein paar!- die einem ebenfalls leicht vorwurfsvolle Ratschläge geben, weil man es irgendwie nicht schafft, ihnen locker flockig vorzuleben, daß sich mit Kind nur ja nichts ändert und man cool bleibt wie ehedem: Man soll das Baby auf Parties mitnehmen, weil Annes Mama das in den 70ern auch so gemacht hat, man soll keine Verbredungen platzen lassen, um 11 uhr abends spontan für ne Flasche Wein zu Verfügung stehen, man soll alles mal’n bißcchen lockerer nehmen, man soll sich am Telefon vom Kind nicht unterbrechen lassen… Tja, je nach Kind und häuslicher Situation geht das nicht alles, und manchmal garnichts davon. :) Es ist seltsam, wer Ansprüche haben darf, sollte in erster Linie das Kind sein, und wie wir ihnen gerecht werden, sollten wir selber lösen dürfen, so gut wir eben können. Aber plötzlich wollen alle mitreden… Sich davon zu emanzipieren war schon eine recht interessante Erfahrung für uns.

  9. Dann schiebt mal ein fröhlich quietschendes, 2 Monate altes Baby mit Angeln etc. bewaffnet an einen großen See, die dort zu erntenden Vorschläge, Vorhaltungen (ich könnte versehentlich beim auswerfen mein Kind treffen.) und losgelassen Schimpfkanonaden sind mehr als nur amüsant.

    Gegen Verwantschaftliches Geschwätz hilft nur der 5 Min – Filter. Ich hab den in der Schwangerschaft meiner Frau eingebaut, funktioniert tadellos. 5 Min Gerede… automatisches Abschalten des Gehörgangs.

    @Panalotta: Als mitlesender Vater, kann ich nur sagen… ja ich bin sowas von Reflexfrei.*g* Bei etwas unbeholfenen Vätern/Müttern sage ich mir nur… dat schaffen die auch noch. Manchmal kommt auch sowas in meine Gedanken wie „Ist ja nicht mein Kind.“
    Ich denke in dieser Beziehung nicht in „Richtig“ oder „Falsch“, manchmal in „jup, würd ich auch so machen“ oder „nö, wär nicht meins gewesen.“ Aber was geht mich die Erziehung von anderen an, solange sie das Kind nicht gefährden? Richtig. Nix… ich hab meine Fehler gemacht, die machen ihre… wer von meinen Fehlern lernen möchte oder Hilfe braucht, der fragt und bekommt.

    Achja, etwas sag ich immer zu den Neuschwangeren in meiner Firma… schmeisst die Babybücher in den Müll. Den da gehören sie hin.

    Im übrigen war mein UNSatz der ersten 2 Jahre Kinderfahrung: „Ich hab doch kein Kind bekommen, um es dann fremdbetreuen zu lassen!!!“ ^^
    Platz 2 ging in der Tat an: „Ein Kind gehört zur Mutter.“

  10. Panalotta, also, ich halte selbst dann den Mund, wenn ich Leute mit Kindern in ihren Babybjörns nach vorne gerichtet sehe… ;) Ich glaube nicht, dass die alle später mit Hüftschaden im Rollstuhl sitzen oder (bei Jungs) unfruchtbar sein werden, wie’s manchmal heißt – wissen kann ich’s nicht, aber selbst wenn, meine Güte, es sind tatsächlich nicht meine Kinder. Grauzonen wie wenn andere Eltern nicht richtig eingreifen, wenn deren Kinder zusammen mit meinem irgendeinen Unfug anstellen (und ich dann die einzige bin, die dazwischengeht und schimpft), oder auf dem Spielplatz meiner Tochter ihre Sachen folgenfrei wegnehmen / die Schaukel vor der Nase wegschnappen dürfen o.ä., gibt es, aber ich muss zugeben, selbst dann schlucke ich den Ärger lieber runter, oder mache Bemerkungen wie „das war jetzt nicht so nett von dem Kind“, ohne die Eltern anzusehen. Wenn es sich um Leute handelt, die ich kenne und ich etwas loswerden möchte, was ich zu wissen meine, spreche ich am liebsten von etwas, das ich gelesen habe… dann ist man kein Klugscheißer. Aber generell ist es doch wirklich so, wie freundchen schreibt. Wir haben so wenige Kinder, und deshalb müssen die jetzt alle zu 1-A-Erwachsenen werden. Das halte ich für komplett übertrieben.

  11. Mami wirds wohl bestätigen, meinem Empfinden nach kranken viele der Jung-Alt-aber zumindest Neu-Eltern daran dass sie PERFEKT sein wollen.
    Sie negieren (ur?)eigene Instinkte zu Gunsten von, teilweise widersprüchlicher und manchmal dämlicher, pseudowissenschaftlicher Populärliteratur.

    Eltern sein – heisst auch das man Fehler machen darf, und man darf dies auch gegenüber den Kindern zugeben. Mein 4jähriges Kind vergöttert mich, auch wenn ich mal ungerecht bin. ;)

    Was im Übrigen auch schlimm ist, wenn die Kinder überängstlichen Eltern ausgesetzt sind… Da könnte ich ein Buch schreiben, wie sich Eltern mit Kindern an stehenden und fliessenden Gewässern aufführen.

  12. „Das war jetzt nicht so nett von dem Kind“ – sagst du, „Mami“, zu den Eltern anderer Kinder.
    Eben das finde ich eine interessante Fragestellung: Ist es denn nicht okay, mit den Kindern anderer Leute zu reden?

    Ich persönlich habe das Gefühl, dass das gerade aktuell in die Richtung geht, dass nur Eltern ihre Kinder ganz allein „erziehen“ dürfen und bei diesem magischen Vorgang kann sich niemand einmischen (vergleiche (nicht wirklich vergleichbar, nur als Verweis für die, die sich damit auseinandergesetzt haben und Parallelen sehen uns sich freuen wollen): romantische Zweierbeziehung: Er schlägt sie, aber es ist ja DEREN Beziehung, und da mischt sich niemand ein).

    Ich meine zum Beispiel: Kinder, die an unser Fenster rotzen und auf den Hinweis hin, dass sie Scheißkinder seien, drohen „Das sag ich meinem Vater“ – und vermutlich auch noch recht haben: Ihr Vater würde sie gegen die Bösewichte, die es gewagt haben, ihre Kinder in die Schranken zu weisen, sicher verteidigen.

    Wenn ich im Bus sitze und ein Kind schreit, stört mich das nicht. Auch nicht, wenn es Krach macht und nervt. Mich stört eher die Mutter/der Vater, der/die mich zum Objekt der eigenen Erziehung macht („Psst, schrei mal nicht so, das stört die Frau“).

    Wenn mich ein Kind aber enorm nervt und sich nicht angemessen verhält (und ja, natürlich ist es eine Frage des Ermessens, in welchem Alter welches Verhalten drin sein sollte, aber auch daran, dass es dazu unterschiedliche Ansichten gibt, kann ein Kind gewöhnt werden), dann sage ich dem Kind das auch. In der Regel höflich und nett und dem Alter angemessen („Gibst du mir bitte mein Buch wieder, ich bin darin am Lesen; hast du denn kein anderes Spielzeug?“). Und in dem Fall will ich dann auch keine bösen Blicke, gefolgt von Diskussionen, mit Eltern ernten, dass ich mich direkt an ihr Kind gewendet habe, ohne den Besitzkonflikt („Ihr Kind hat mir mein Buch weggenommen“, wie albern) mit den Eltern zu klären.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass es dazu unterschiedliche Ansichten bzw. gerade bei den hier anwesenden Eltern andere Ansichten gibt. Bestimmt sehe ich das auch ganz anders, wenn ich mal Mami bin – gerade deswegen wollte ich das hier mal in den Raum werfen.

  13. Ich, kinderlos, kenne solche Situationen, von denen Zoe geschrieben hat. Gerade bei Kindern von Freunden finde ich es aber total schwierig, mich zu artikulieren, wenn ich finde, dass sich ihre Kinder daneben benehmen (z.B. wenn ein Kind mich absichtlich boxt oder beschimpft). Spricht man das Kind darauf an, muss man damit rechnen, von den Eltern einen vor den Latz zu kriegen („Niemand darf mein Kind zurechtweisen außer mir“), spricht man die Eltern an, fühlen sie sich (sicher auch zu Recht) bloßgestellt. Sicher ist die im Artikel beschriebene Situation (ungefragt Ratschläge aufs Auge gedrückt zu bekommen) eine andere, aber was ist mit Situationen, wo Ratschläge oder auch Kritik möglicherweise angebracht sind?

  14. Ich erlebe eigentlich fast nur Eltern, die bemüht sind, dafür zu sorgen, daß ihre Kinder nicht Dritte nerven. Sorry, aber die Situation, daß ein Kind jemanden absichtlich boxt oder jemandem, sei es anderes Kind oder gar Erwachsener, etwas wegnimmt, ist mir im Gegensatz zu den Elternbeispielen von oben noch nie so in der Realität untergekommen, ehrlich nicht. Darum fällt es mir gesagt auch schwer, sie jetzt einzubauen. Ich kenne durchaus Beispiele, in denen Kinder andere Erwachsene nerven, sich daran aber nicht viel ändern lässt, außer daß man versucht, seine Situation zu erklären und sich für Rücksicht durch Dritte zu bedanken – ein Kleinstkind, daß nunmal den einzigen Brüllterror der Woche im Supermarktstress kriegt, ein Schreibaby in einem Mietshaus mit dünnen Wänden, etc.

  15. @ Zoe, Name (required): Wie ich oben bereits schonmal schrieb: Wenn Dritte direkt beeinträchtigt werden, dann steht es ihnen durchaus zu, sich einzumischen und ich sehe überhaupt kein Problem darin, wenn mein Sohn sich unmittelbar mit der Person auseinandersetzen muss, die er in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt hat. Kinder sind in meinen Augen vollwertige Individuen, die man ernst nehmen sollte (aber nicht zu wichtig ;-)). Nichts habe ich mehr gehasst als Kind als Erwachsene, die sich über meine Bitte, in unserem Wohnzimmer nicht zu rauchen, hinweggesetzt haben. Und genauso habe ich von den Erwachsenen erwartet, dass sie mit mir über mein vermeintliches Fehlverhalten diskutieren und nicht mit meinen Eltern.
    Mir geht es vielmehr darum, dass alle Welt zu wissen scheint, wie ich meinen „Job“ zu machen habe, vollkommen losgelöst von der Frage, ob sie direkt davon betroffen sind oder nicht. Es ist völlig okay, wenn einE KollegIn sagt: „Mach das Labor sauber, dein Dreck beeinflusst meine Messungen.“ Aber es ist nicht okay, wenn er/sie sagt: „So kann das ja mit deinen Messungen nichts werden, mach erstmal das Labor sauber!“
    Was geht es bitte eine wildfremde Frau an, ob und wann ich mein Kind in die Krippe gebe? Das hat nichts damit zu tun, dass ich die exklusiven Erziehungsrechte an meinem Kind beanspruche.

  16. Zoe (“Das war jetzt nicht so nett von dem Kind” – sagst du, “Mami”, zu den Eltern anderer Kinder):

    Nein, das kam dann wohl falsch rüber. Ich sage das zu meinem Kind, aber so, dass es alle hören. Ich vermeide den direkten Kontakt mit den Leuten, weil ich, zugegeben, in der Öffentlichkeit auch relativ scheu bin und immer wieder in die Bredouille komme, meiner Tochter zeigen zu wollen, wie man sich wehrt und dabei an die eigene Schüchternheit stoße. Sollte ein Kind mein Kind schlagen o.ä., dann sage ich natürlich schon auch direkt etwas zu dem betreffenden Kind, denn sowas geht zu weit. Auch beim Wegnehmen reagiere ich normalerweise (wobei ich dann auch schon geerntet habe: „Das hier ist ein Spielplatz! Hier nimmt jeder allen was weg, ist doch ganz normal! Ich würd da gar nichts sagen!“ Ja, auf einem Spielplatz darf es also ruhig zugehen wie in der Steinzeit, oder was?). Genauso reagiere ich, wenn meine jemandem etwas wegnimmt, wobei ich das Glück habe, dass sie das so gut wie nie tut ;) Auch einfach so schlagen, Mütze wegziehen, was auch immer, käme ihr nicht so in den Sinn. Sie hält wie ich lieber Abstand. Deshalb finde ich es umso wichtiger, dass sie lernt, sich zu wehren, wenn ihr jemand anderes Unrecht tut.

    Kantorka: „Ich erlebe eigentlich fast nur Eltern, die bemüht sind, dafür zu sorgen, daß ihre Kinder nicht Dritte nerven.“

    Ja, die Leute sind Kinder in der Umgebung nicht mehr so gewöhnt. Das spürt man einfach, und das ist unangenehm, gerade, wenn man selbst eh nicht so gerne auffällt. Mit einem schreienden Kind in der Öffentlichkeit – das ist eine ganz schöne Nervenprobe, teste das mal, wenn Du die Gelegenheit hast… ;)

    Zitat weiter: „Sorry, aber die Situation, daß ein Kind jemanden absichtlich boxt oder jemandem, sei es anderes Kind oder gar Erwachsener, etwas wegnimmt, ist mir im Gegensatz zu den Elternbeispielen von oben noch nie so in der Realität untergekommen, ehrlich nicht. “

    Also, ich war mal bei einer Frau, ihrem Sohn und ihrem Freund (nicht der Vater des Kindes, der lebte nicht mehr) zu Gast. Der Sohn war ziemlich gestört. Er lief herum und tobte sich aus, unter anderem boxte er mich immer wieder in die Seite. Ich musste ständig seine Hände festhalten, nur, um dem vorzubeugen. Seine völlig überforderte Mutter sagte: „Ja, genau, schimpf ihn nur, dann sieht er, was er davon hat.“ Zu ihm sagte sie kein Wort, und er ließ sich von meinen Reaktionen auch nicht groß beeindrucken. Meinen damaligen Freund (es war eine seiner Bekannten) ließ der Junge in Ruhe, da er sich das nur bei Frauen traute. Ich wollte einfach nur wieder gehen. Ich konnte nichts tun, und es stand mir auch keiner bei. Jahre später habe ich erfahren, dass die Mutter inzwischen auch gestorben ist. Ziemlich trauriges Schicksal, was wohl einiges erklärt…

    Zum Wegnehmen: Auf Spielplätzen passiert das wirklich oft. Ein Kind spielt, ein anderes kommt her und versucht, das, was das eine in der Hand hat, an sich zu reißen. Oder letztens beim Abholen meiner Kleinen in der Krippe: Meine Tochter drückte mir ein Spielzeug in die Hand, weil sie es mir zeigen wollte. Ein anderes Mädchen kam her, weil es ihr gefiel, und sie versuchte, es mir einfach aus der Hand zu reißen. Sie ist erst zweieinhalb. In dem Alter ist sowas nicht so ungewöhnlich, sie weiß noch nicht soviel von mein und Dein. Dennoch halte ich es für wichtig, gleich klarzustellen, wie das eigentlich sein sollte, damit sie es für später sehr wohl irgendwann lernen. So habe ich das Spielzeug festgehalten und deutlich gesagt, dass wir grade damit spielen, sie es aber später haben kann, wenn wir fertig sind.
    Ich wollte Dir nur schildern, dass sowas sehr wohl vorkommt, wenn man viel von Kleinkindern umgeben ist, ständig, und damit stellen sich automatisch konkrete Fragen, mit denen man vorher nie konfrontiert war: Wie verhält man sich? Ist wirklich interessant.

    freundchen: Ja, Du hast recht. Aber ich würde den armen Eltern von heute dafür nicht so sehr die Verantwortung zuweisen als vielmehr den vielen Ratgebern, Broschüren, Artikeln, Hebammen, Kinderärzten, Frauenärzten – kurz, jeder, der frisch gebackene Eltern (und auch schon davor) erstmal so richtig schön verunsichert. Ich weiß noch, wie ich nach der Geburt meiner Tochter hin- und hergerissen war zwischen dem, was ich aus einer Aufklärungssitzung über den plötzlichen Kindstod durch einen Kinderarzt kurz vor der Entlassung aus dem Krankenhaus und dem „Ach, das wird total übertrieben, wenn Sie mich fragen!“ meiner Nachsorgehebamme. Bringe ich jetzt mein Kind mit jedem Kuscheltier im Bett in Lebensgefahr oder nicht? Und das ist nur ein Punkt von tausenden. Pflege, Ernährung, Sicherheit. überall Expertenratschläge, die sich teils haarsträubend widersprechen, und man selbst mittendrin, da gibt es auch nicht mehr so viel Bauchgefühl, ganz ehrlich. Im Gegenteil, selbst das „Hören Sie einfach auf Ihr Bauchgefühl“ hat mich manchmal richtig unter Druck gesetzt, weil ich gar nicht immer so einfach und eindeutig sagen konnte, was mein Bauch so fühlt. Es hat ein gutes Jahr gedauert, bis ich mich langsam freimachen konnte von all dem, aber dazu gehörte auch, mein Kind kennenzulernen, und zu akzeptieren, dass, wenn etwas bei ihr so und so ist, das und das geht und das und das nicht. Aber das kommt nicht mal einfach so und schon gar nicht von Anfang an. Ich weiß nicht, wie viele von Euch mal auf eltern.de lesen… ;) Aber hier ein interessanter Link, der zum Thema passt: http://www.eltern.de/baby/gesundheit-und-ernaehrung/zufuettern.html?cpage=11

  17. Ja ich frag mich allerdings woran es liegt.
    (bin bzw. war ja selber erst 26 damals) Ist es nun eher der, verzeiht mir aber anders kann ich es nicht benennen, mediale Stumpfsinn der aus allen Rohren feuernd werdende Eltern ins Kreuzfeuer der Babyindustrie beamt?
    Oder ist das eher eine Grundeinstellung? Ich persönlich hab die Schwangerschaft als gegeben hingenommen und mir gesagt… „wird schon“. Keine Babykataloge…nix… ziemlich stereotyp wurde mir das dann auch teils als „nicht an der Schwangerschaft teilnehmen“ vorgeworfen. Aber unter uns… es hat mich nicht interessiert.

    Eltern.de lese ich ab und an… und jedesmal grinse ich mir einen. Am allerliebsten sind mir wirklich Still und Zufütter-Threads da entbrennt in jedem Forum ein unerbitterlicher Grabenkampf zwischen Stillmamas und Nichtstillmamas, dass vermischt sich dann auch gern in weitere Schlachten gegen Langstillmamas und so weiter. Diese Milchkriege sind für mich als Vater ein absolutes Kuriosum.

  18. Neben den ganzen Storys würde mich viel mehr interessieren, was ihr gegen diese Bevormundung unternehmt. Verbittet ihr euch das? Und wenn nein, warum nicht? Ein lästiger Besserwisser, der mal konkret in die Schranken gewiesen wurde, überlegt es sich beim nächsten Mal vielleicht 2x, ob er Leute ungefragt anlabert.

  19. In der Familie – die recht weit weg lebt – haben wir einfach Tatsachen geschaffen. Also, Stillen, Tragetuch, etc, einfach gemacht. Und siehe da, wenn’s gut funktioniert hat, verblasst die Erinnerung an alle anderslautenden Ratschläge schnelle, und alle fanden es schon immer so ganz gut oder interessant wie wir das gemacht haben. Bei Fremden… „A-ha…“ und weiter im Takt. Nur wenn’s ganz schlimm wird, also rüde, dann kann man natürlich auch mal was sagen… je nachdem wie die Belastungsgrenzen grade liegen, nach einem halben Jahr ohne Schlaf reagiert man mit Müh und Not noch geduldig auf sein Kind, aber nicht mehr auf irgendwelche Fremden, die elterliches Fehlverhalten nicht unterscheiden können von unvermeidlichen Situationen, in den Kinder einfach keinen Ausknopf haben (und die sind eben nicht alle vermeidbar… testet das nicht jeder irgendwann mal, der Kinder hat?) Grundsätzlich aber bin ich meistens schon beschäftigt genug damit gewesen, den eigenen Nachwuchs zu erziehen, ich muß nicht auch noch Fremde erziehen. Ich versuche öfter als früher, mir die Ansichten von Fremden eher egal sein zu lassen (mir bleibt in der Situation auch nichts anderes übrig, bei solchen besserwisserischen Überraschungangriffen, wenn mit Kleinkind beschäftigt genug, bleibt auch keine Zeit für ausgefeilte Gegenmaßnahmen.)

  20. frage, also ich für meinen Teil hab ja schon angemerkt, dass ich zu schüchtern bin, um auf Konfrontation zu gehen. Zumal man sich ja meistens eh schon in einer Stresssituation befindet, mit seinem Kind. Und dann auch noch mit den Leuten drumherum diskutieren anfangen – nein danke. Und ich glaube, viele lassen sich überhaupt nichts sagen. Die machen das beim nächsten Mal gleich wieder, weil sie sich im Recht fühlen. Ich bin also so eine Mischung zwischen neutral – eher verschlossen – dennoch höflich, wenn mir sowas passiert. Wie wahrscheinlich die meisten. Kantorka schreibt das ja auch (sorry, mir war nicht klar, dass Du das auch schon alles hinter Dir hast ;) Hab Deinen Kommentar davor nicht richtig gelesen gehabt)

    freundchen, mit Sicherheit ist das ein Grund. Aber auch der, dass wir aus einem oft bereits recht langen Leben ohne Kinder in der Umgebung (vielmehr aus Kleinfamilien in Studenten-WGs und dann ins Zusammenleben als Paar) in eine völlig neue Welt katapultiert werden, und zudem von der gesamten Umgebung riesige Erwartungen an Eltern gestellt werden. Ständig hört und liest man in allen möglichen Zusammenhängen (Ernährung, Schulbildung, Gewalt, blabla), die Verantwortung für alles mögliche läge bei den Eltern (nicht nur von den Medien, das sagen doch alle). Das stimmt sicher, aber es setzt uns doch auch ganz schön unter Druck. Was für eine stabile, integre, allzeit gefasste und finanziell am besten auch nicht grade schlecht gestellte Person muss man doch sein, um soviel Verantwortung ständig gerecht zu werden. Ich weiß noch, als ich in einer Beziehung mal leise äußerte, dass ich irgendwann mal Kinder wollte, ein entsetztes „Was? Dazu brauchst Du einen total gefestigten Charakter und jede Menge finanzielle Sicherheit! Also, das wird bei mir noch Jahrzehnte dauern, bis ich soweit bin!“ Klar, dass so sich kaum jemand noch traut, Kinder zu haben, und wenn, dass er dann verunsichert ist, ob er auch ja alles richtig macht. Und so tickt unsere Generation (um die 30), total. Du bist da wirklich eine Ausnahme mit Deiner entspannten Haltung.

  21. @Mami: Genau darum ging es mir ja in meinem Beitrag, dass es mittlerweile sogar professionell ausgenutzt wird, dass junge Eltern so verunsichert sind. Aber im Endeffekt beruhen vieler der professionellen Ratschläge eben auch nur auf Cargo-Kult-Wissenschaften.
    Ich stelle an mir fest, dass ich mich auch immer wieder verunsichern lasse, aber je länger ich Mama bin, desto mehr merke ich auch, dass ich mich nicht mehr verunsichern lassen will.
    @frage: Wie die anderen Mütter schon geschrieben haben, reagiere ich in angespannten Situationen, in denen ich mich vor allem ums Kind kümmern will, gar nicht auf Kommentare. Wenn es etwas ruhiger zugeht, dann gebe ich schon deutlich zu verstehen, was ich von ungebetenen Ratschlägen halte. Nach der Krabbelgruppe habe ich der Kursleiterin z.B. eine Mail geschrieben und ihr erklärt, dass ich ziemlich angenervt nach Hause gegangen bin.

  22. Na mal ganz ehrlich, wenn ihr euch die Bevormundungen gefallen lasst, dann braucht ihr nicht zu klagen. Und ne Entschuldigung, warum man nichts gesagt hat, gibts ja immer. Zum Mündigsein gehört nun mal dazu, den Mund aufzumachen und sich nicht bevormunden zu lassen. Oder meint ihr, diese Leute lassen das von allein bleiben? Wer soll sich gegen diese Einmischungen wehren, die Verhältnisse ändern, wenn nicht ihr selbst?

  23. Hallo frage bzw Antwort, sorry, aber zusammengenommen sind Deine Beiträge nur ein weiteres Beispiel für einen ungefragten Ratschlag/ Elternerziehungsversuch durch einen wildfremden Menschen, der meint, er wüßte besser als ich, wie ich mit typischen Elternsituationen umgehen muss und dessen Erwartungen ich leider, leider nicht erfüllen kann. Sorry.

    Wie bereits zu erklären versucht wurde: Wenn ich mit einem vor Müdigkeit brüllenden Kleinkind nach Hause schiebe -lässt sich nicht immer vermeiden- hoffe, zehn Minuten später zu Hause sein zu können, dann ist es meine primäre Aufgabe, mich um dieses Kind zu kümmern, was nicht immer einhändig nebenher geht oder gehen muß. Nicht, wildfremde Erwachsene zu vernünftigem und nichtinvasivem Umgang mit anderen zu erziehen. Das nennt man schlicht Prioritäten setzen, undzwar sinnvoll, und es ist auch souverän ab und zu mal ne blöde Bemerkung von der Schulter zu schnippen. Ich bin Mama von meinen Kindern, nicht Mama von jeder Person der ich begegne, der es an Takt fehlt. Das heißt ich bin beschäftigt mit der Erziehung eines Menschen nicht zuständig für die Erziehung jedes Dödels. Dafür daß ich dann Prioritäten setze und mir das Gelaber auch mal am Arsch vorbeigehen lasse und nicht jedesmal verbale Stopschilder austeile (manchmal schon), brauch ich keine „Entschuldigung“, die ich bei irgendwelchen Menschen vorbringen müsste. Und ich beraube mich damit auch nicht des Rechts, mich mit Miteltern und anderen Leuten darüber auszutauschen daß dieses Verhalten absurd ist.

  24. PS: Nicht die Zeit und den Nerv zu haben auf jede Bemerkung zu reagieren, heißt nicht, daß man sich Bevormunden lässt. Bevormundet werde ich, wenn ich mich nach diesen Anweisungen richte anstatt weiter das zu tun, was ich selbst für richtig halte. Da das nicht der Fall ist werden wir auch nicht bevormundet, weil wir nicht mit jeder Tante im Park ein gepflegtes Streitgespräch anfangen, während bspw das hungrige Baby zusehen kann, daß es das Gläschen selbst aufgeschraubt kriegt oder sowas. Ich war viel bevormundeter als mich die Meinung wildfremder Leute noch wichtiger war.

  25. @ Frage/Antwort: Dem, was Kantorka schreibt, ist nichts mehr hinzuzufügen.
    [ironie]Leider musste ich mich zuerst um mein hungriges Kind kümmern, bevor ich mich deiner Erziehung widmen konnte, aber trotzdem vielen Dank, dass du mir die Möglichkeit gegeben hast zu üben, fremden Menschen Grenzen zu setzen. [/ironie]

  26. Adele, ich versuche zu erfahren, warum das geschilderte Problem der Bevormundung nicht direkt beim Verursacher gelöst wird. Denn hier können wir natürlich darüber reden, aber nichts ändern.

    Hier gings ja auch drum, dass die Bevormundung bereits in der Schwangerschaft beginnt. Da hat man, so es sich ums erste Kind handelt, ja vermutlich etwas mehr Freiraum. Und das Kind wird auch nicht in jeder Situation gebrüllt haben. Wie habt ihr euch also in diesen Situationen verhalten?

  27. „Adele, ich versuche zu erfahren, warum das geschilderte Problem der Bevormundung nicht direkt beim Verursacher gelöst wird. Denn hier können wir natürlich darüber reden, aber nichts ändern.“

    Und um das zu erfahren/ darüber zu reden unterstellst Du „uns“ daß wir uns „bevormunden“ lassen (siehe meine Antwort), daß wir „klagen“, implizierst daß wir unmündig sind und uns rausreden („Und ne Entschuldigung, warum man nichts gesagt hat, gibts ja immer. Zum Mündigsein gehört nun mal dazu, den Mund aufzumachen…“) und das alles, weil scheinbar aus diesen Beiträgen hervorgeht, daß wir uns nicht nach Deinem Gusto verhalten in diesen Situationen. Diverse Situationen und die unterschiedlichsten Reaktionen inklusive Begründung und Metaebene sind hier ja nun schon erörtert worden (wie, wann, warum, warum nicht anders), also, ich könnte mich jetzt nur wiederholen…

    Nochmal, bevormundet ist, wer sich sein Verhalten vorgeben lässt. Das sind wir nicht. Sorry, aber ich finde mit diesem kleinen Trialog hier das Problem durchaus illustriert: Wieder jemand, der aus seiner persönlichen Ansicht darüber, wie *sie* sich verhalten würde, eine Verhaltenserwartung an *mich* als Elternperson in dieser Situation ableitet und mit einer gepfefferten Beurteilung meines tatsächlichen oder scheinbaren Verhaltens verbindet.

    Mit etwas Zeit – wie hier, aber durchaus auch sonst- versucht man dann zwar mal seinen Standpunkt klarzumachen, aber weder im Internet noch im Treppenhaus mit der Nachbarin führt das immer irgendwohin…

  28. mmh
    mir fällt das ständig auf, dass jeder ratschläge geben muss, sobald da junge eltern mit kind sind…

    ich persönlic hmache mir gar keine sorgen, etwas falsch zu machen
    nciht, dass ich denke, perfekt zu sein, aber ich weiß, dass meine eltern mich und meine schwester auch so groß bekommen haben, mit etwas hilfe ihrer eltern, aber ohne irgendwelche blöden ratgeber

    ich bin jetzt 20 und möchte definitiv mal kinder haben, aber ich glaube schon an eine gewisse intuition und in den meisten fällen ist es mir eh egal, was andere denken, ob es um meine eigene ernährung geht oder was auch immer… man kann es nie allen recht machen

    ich habe schon viele kinder gesehen und viele erziehungsmethoden und auch, wenn ich oft dachte „gott, das würd ich nie machen“ ode ähnliches, sogar wenn ich an meien eltern denke, wie sie mich erzogen haben
    aber ich weiß, sie haben ihr bestes getan und aus mir ist was geworden und wenn ich will, kann ich es bei meinen kidnern ja anders machen

    wie auch immer die eltern sich verhalten, am ende wird das kind doch ein eigenständiger mensch und auch, wenn die eltern viell fehler machten, heißt das nicht, das kind wird verkorkst, es entwickelt sich ja auch selbst

    gut ist sicher, wenn es nicht nur diesen einen erzieherischen einfluss hat… nicht nur zu hause am rockzipfel hängt

    wie auch immer, ich wünsche allen eltern da draußen viel kraft und selbstvertrauen, denn sie brauchen nicht tausend ratschläge, um eine sache zu erledigen, tut, was ihr für richtig haltet, das wird schon hinhauen ;)

    liebe grüße

  29. @“Antwort“, und außerdem, direkt beim Verursacher…. derer gibt es unendlich viele. Das wäre eine echte Sysiphos-Arbeit. Hört der eine vielleicht auf, kommt immer gerne der nächste. Das ist wirklich nicht meine Aufgabe. Dann lieber das Problem mehreren auf einmal ins Bewusstsein bringen, so wie dieser Blogeintrag das tut. Und Kantorka hat Recht – ich hab in meinem Supermarkt-Erlebnis meine Tochter ja dann auch nicht „laufen lassen“, nur weil der Typ das in seiner unendlichen Weisheit vorschlug.

    ff, danke, und Du hast schon recht, nur ist es ja tatsächlich so, dass nicht wenige Menschen doch irgendwie wenn nicht verkorkst sind, so doch ein paar Probleme haben, die sich vielleicht auch auf die Zeit im Elternhaus zurückführen lassen. Dieser Umstand flößt einem als Elternteil schon etwas Respekt ein. Aber es steht auch nicht alles ganz in der Macht einer Person (oder zweien), ganz im Gegenteil. Insofern ist das natürlich so, wie Du schreibst.

  30. Ich dachte ja, mich könnte in Sachen „Mütter als Projektionsfläche“ nichts mehr schocken. Doch mein gestriges Erlebnis ist so absurd, dass möchte ich euch nicht vorenthalten: Ich kam mit dem Kinderwagen auf einem Bahnhof an, der weder Rolltreppe noch Aufzug hatte. Netterweise bot sich ein Mann, der mir entgegen kam, an, mir mit dem Kinderwagen zu helfen. Nachdem wir den Kinderwagen die Treppen heruntergetragen hatten, habe ich mich bedankt und ihm erklärt, dass er mir beim Rauftragen am Ende der Unterführung nicht helfen müsse, da ich abgeholt werde und die Person bestimmt gleich komme. Da hatte ich mich allerdings verschätzt. Da stand ich also vor der Treppe… Es kam dann eine Frau und folgender denkwürdiger Dialog ereignete sich:
    Sie: Wie soll das denn jetzt gehen?!?
    Ich: Meine Mutter kommt gleich, aber wenn Sie mir helfen wollen, wäre das natürlich sehr nett…
    Sie: Da war doch eben noch der junge Mann…
    Ich: Ja, aber der musste ja auf den Zug.
    Sie: Also ich hab was an der Wirbelsäule
    Ich: Ja, dann helfen Sie mir nicht, kein Problem.
    Sie: Warum fragen Sie mich denn dann überhaupt?!?
    Ich: Aber Sie haben mich doch angesprochen…

    Ich finde, das zeigt sehr deutlich, worum es häufig bei diesen ungefragten Ratschlägen geht: Man ist Projektionsfläche für die Probleme, die der/die RatgeberIn hat…

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