Wer diskriminiert wen auf Lesbenpartys?

Wer schon mal auf einer Lesbenparty war, weiß: Rein kommt nicht jede_r. Auf den Flyern oder den Hinweisen auf entsprechenden Websites steht meistens dazu, für wen diese Partys gedacht sind: Frauen, Lesben, Queer. Ab und zu noch ein weitere Anmerkung: Männer in weiblicher Begleitung erwünscht (Ob Männer nicht auch Queer sein können, sei mal dahingestellt).

Beim Besuch dieser Partys habe ich des öfteren erlebt, dass kleine Gruppen von Männern beim Vorbeigehen am Club stehen blieben und sich wunderten, woher denn die vielen Frauen kämen und was das wohl für eine Party sei, bei der sich überproportional viele Frauen vor den Türen versammeln. Nachdem man sie am Einlass auf die Veranstaltung hinwies, gingen die meisten wieder. Ein paar ließen es sich jedoch nicht nehmen und wollten unbedingt in den Club. Dieselbe Situation ereignete sich vergangene Woche, als ich gerade mit Freundinnen die Party verließ. Zwei offensichtlich stark angetrunkene junge Männer wurden abgewiesen mit dem Argument, diese Party sei ausschließlich für diese und jene Gruppe und heterosexuelle Männer seien unerwünscht. Während der eine seinen Unmut darüber mit „Ich fühle mich diskriminiert“ zum Ausdruck brachte, wurde der andere deutlich: „Scheiß Lesben“. Es dauerte keine fünf Sekunden und die Frau, die u.a. für den Einlass zuständig war, packte ihn an der Gurgel. Sogleich gesellten sich andere Verantwortliche dazu und es kam zu Tumulten. Zwei Männer, die offenbar zu den Veranstalter_innen gehörten, gingen auf die beiden Abgewiesenen los und beschimpften sie. Die Situation löste sich zum Glück relativ glimpflich auf und die beiden Betrunkenen zogen überrumpelt und fassungslos weiter.

Auf dem Weg nach Hause ließ ich noch einmal Revue passieren, was gerade vor sich gegangen war und kam zu dem Entschluss, dass ich das Verhalten der Veranstalter_innen absolut unangemessen und unprofessionell fand. Selbstredend, dass es den beiden offenbar nicht darum ging, auf diese Party zu kommen, sondern um zu provozieren. Selbstredend, dass niemand eine Lesbenparty besuchen wird, der/die am Eingang schon mit diskriminierenden Sprüchen um sich wirft. Sich allerdings provozieren zu lassen und eine Schlägerei anzufangen, wird der ganzen Sache noch weniger gerecht.

Die wesentlich spannendere Frage für mich ist allerdings: Ist die berechtigte Angst vor (Hetero)Sexismus und Homophobie ein Argument, männlichen Heterosexuellen den Zutritt zu verwehren? Wie werden männliche Heterosexuelle überhaupt als solche erkannt?

Rechtlich gesehen, bietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz keine eindeutige Antwort auf diese Fragen. Zwar darf niemand u.a. aufgrund seines Geschlechts und/oder seiner sexuellen Identität der Tür verwiesen werden, allerdings sind Veranstaltungen, die marginalisierten Gruppen geschützte Räume bieten von dieser Regelung zum Teil ausgeschlossen. Grundlage hierfür sind sogenannte „Positive Maßnahmen“ oder „Affirmative Action„. Diese sollen in der Vergangenheit stattgefundene (und noch immer stattfindende) Ausschlüsse und Diskriminierung gegen beispielsweise Homosexuelle ausgleichen. Affirmative Action dient damit auch dem Empowerment von diskriminierten Gruppen.

So sehr ich Affirmative Action unterstützenswert finde, nicht immer werden diese Maßnahmen der individuell erlebten Realität gerecht. Oft musste ich eine Party wieder verlassen, weil unsere heterosexuellen männlichen Freunde nicht erwünscht waren. Doch viel bemerkenswerter als rechtliche und rechtsethische Argumente für und wider die Vereinbarkeit von Freiheit und Gleichheit, ist die Diskussion darüber, was eigentlich männlich und heterosexuell sein soll und warum gerade diese konstruierte Gruppe allein verantwortlich zeichnen soll für (Hetero)sexismus und Homophobie.

Vor ein paar Jahren besuchte ich Lesbenpartys noch genau aus diesem Grund: Keine Heteromänner, die dich angaffen, anzügliche Bemerkungen machen, ungefragt anfassen oder fragen, ob ich bereit wäre für ein Schäferstündchen mit ihm/ihnen und meiner weiblichen Begleitung, keine homophoben Beleidigungen. Später stellte ich fest, dass diese Freiheit auch Schattenseiten hat. Der schwul-lesbischen Community sind Dominanz und Ausschluss nämlich auch nicht fremd, was sich in der Diskriminierung von Bisexuellen, Trans* und Queer oder sogar Lesben selbst offenbart (von Rassismus einmal abgesehen). Noch mehr bin ich als lesbische Frau auf einer solchen Party auch nicht vor sexualisierten Übergriffen und (Hetero)Sexismen geschützt, die der Gästemix aus Lesben, Hetero-Frauen und schwulen Männern meint, ungeniert ausleben zu können.

Eindeutigkeiten und einseitige Täterzuweisungen greifen also nicht, um ein Umfeld zu schaffen, in dem sich jede_r Besucher_in wohlfühlt. Mittlerweile ziehe ich queere Umfelder solchen Partys vor, gehe lieber auf „gender-mixed“ Veranstaltungen oder bin gern Teil eines Publikums, welches die Vielfalt von und innerhalb eines Menschen abbildet.

Was sind eure Erfahrungen mit geschützten/offenen Räumen? Welche Strategien bevorzugt ihr, um euch vor Diskriminierung zu schützen? Sollte Türpolitik in geschützten Sphären weiterhin restriktiv sein oder ist eine Öffnung wünschenswert?

55 Kommentare zu „Wer diskriminiert wen auf Lesbenpartys?

  1. Hi Nadine,
    ehrlich gesagt gehe ich (als Heteromann) und meine Freundin gerne auf „Randgruppen“-Partys (ich hasse den Begriff). Unseren Erfahrungen nach sind das meist die entspannteren, lustigeren Partys. Irgendwie nehmen die Leute meinem Gefühl nach etwas mehr Rücksicht aufeinander, außerdem sind die Anmachen nicht meist nicht so plum und unangenehm. Es macht interessanterweise weniger ein Unterschied ob es eine Lesben, Schwulen, Goth, whatever Party ist.

    Deswegen finde ich es auch immer etwas schade wenn man wegen seiner sexuellen PrÄferenz ausgeschlossen wird – denn letztendlich gehe ich wegen der ungezwungen Stimmung, Freunden usw. dorthin. Ich kann es als Schutzreflex vor Arschlochmenschen aber auch irgendwo verstehen.

  2. Pöbelnde Männer, die da und dort nicht reindurften, und genervt haben, sind ja nix Neues. Aber dass Veranstalterinnen diese körperlich angegegangen sind, hatte ich noch nicht erlebt. Ich finde es nicht nur unprofessionell (sowas hätte eine vor 20 Jahren vielleicht noch machen können) sondern sogar riskant. Eine weiß nie, wieviele Leute die Geprügelten in Zeiten der Mobiltelefone nachholen könnten. Es wäre doch einfacher gewesen, eine Streife zu rufen, damit diese die einen Platzverweis erteilt und um den Herren eine zu bezahlende Schlafmöglichkeit in der Ausnüchterungszelle zu verschaffen.

    Vor Jahren gab es noch Frauendiscos oder -orte, in denen die Türsteherin den berühmten „lesbischen Blick“ hatte, um einschätzen zu können, wer lesbisch ist und wer rein darf. Und wehe der Dresscode oder die Frisur stimmte nicht. Aber gewaltfrei (handgreifliche Beziehungsstreits, betrunkene Frauen) und respektvoll war es dann auch ohne ärgernde Männer nicht immer. In solchen feministischen, auch autonomen Zusammenhängen schon öfters als „Krüppel. Was willste hier“ angemault zu werden oder einfach an der Bar nix zu bekommen sind so die kleinen Erlebnisse einer Frau, die nicht ins heile feministisch-politische Klischee passt.
    In gemixten Zusammenhängen ist mir das ziemlich selten passiert. Ich bin mit meiner Liebsten einmal des Lokals verweisen worde, aber das Spießrutenlaufen in feministischen Orten ist manchmal ekelig und frauenunwürdig gewesen.

    Zum Abweisen mit heterosexuellen Freunden kann ich nix mehr sagen, da sich diese Herren nach einigen Jahren selbst abgeschafft haben, weil der Freund plötzlich intolerant wurde, nicht die Tatsache Lesbe an mir akzeptieren konnte. Ich wäre mit denen auch nicht zu feministischen Orten gegangen. Käme mir nicht in den Sinn. Ich bin auch ziemlich frauenzentriert. ;)

    Ich muss sagen, dass es einfacher ist auf gemixte Zusammenhänge zu gehen, da dort keine Vorschriften herrschen wie ich mich zu Benehmen habe, nur weil ich lesbisch und/oder feministisch bin. Und ich habe früher festgestellt, dass von Schwulen veranstaltete Queer-Parties mehr Akzeptanz und Toleranz gegen über Frauen jeder Art und Lebensweise hatten wie vorrangig feministisch-orientierte.

    Welche Strategie ich habe, um mich vor Diskriminierung zu schützen?
    Ich unterlasse es, Veranstaltungen zu besuchen, bei denen es zu normativ wird, was Aussehen, Handeln und Leben anbelangt. Als Krüppellesbe habe ich keinen Bedarf mehr, mir vorschreiben zu lassen wie ich zu leben habe. Wenn sich Frauen feministischer Zusammenhänge wie restriktiver Elternersatz oder die „herrschende Meinung“ benehmen, ergreife ich lieber die Flucht. Ich will nicht jedesmal durch diskutieren müssen, dass und wo ich diskriminiert werde. Mir hat Feminismus mit seinen Aktivitäten nicht immer gut getan, manches an Diskriminierung war einfach psychische Gewalt.
    Mag sein, dass ich mich immer noch gegen solche Diskriminierung wehren sollte. Aber irgendwann ist eine ausgebrannt, dann glüht das feministische Feuer nur noch, das bewegte Lodern alter Zeiten ist dahin.
    Vom italienischen Affidamento ist die deutsche Frauenbewegung immer noch zu weit entfernt. Solange Frauen irgendwie genormt sein müssen, Körper, Kleidung, Aussehen, Gesundheit eine Rolle spielt und dass als Maßstab in feministischen Zusammenhängen gilt, ist das kein Ort für mich. Das gewünschte Gemeinsam kann schnell ein „gemein sein“ werden.

    Türpolitik? Ich finde, dass Frauen selbstbestimmt, -bewusst und -identifiziert Frauräume geschützt besuchen können sollten. Nur nicht mit der Prämisse, dass eine Türsteherin bestimmt, welche Frau rein darf und welche nicht.
    Gemischte Veranstaltungen könnte es ja öfters geben, selbst manches FZ öffnet sich auch schon mal für eine bestimmte Veranstaltung (meist Vorträge) für Frau und Mann.

    Von einer radikalen Feministin, zur Krüppellesbe und drachigen Gynozentrikerin.

  3. … gut beobachtet, danke.

    Ich kann mich noch erinnern, als sich „Radikal-Lesben“ im Frauenprojektehaus in München weigerten, mit mir zu sprechen, weil sie mich als „Hetero-Frau“ wahrnahmen – wohlgemerkt, es war ihre Wahrnehmung und ich arbeitete im Haus dort jahrelang ebenfalls als „Ehrenamtliche/Freiwillige“.

    Und wenn ich mich selbst als Bisexuell „oute“, dann meiden mich Heteros und Lesben hier in Süddld., auweija. Das ist mir alles viel zu unfroh und unkuhl und auch ausgrenzend.

    Meine Stimmung entspricht der von Gwendragon, danke.

  4. Ich frage mich in wie weit das Verhalten auf einer Party ein Problem von Gruppenkultur und Habitus ist. Ich kann dabei nicht von schwul-,lesbische Partys sprechen, da meine einzige Erfahrung bisher eine queere Party ist.
    Ich bin relativ viel auf unterschiedlichen Gothic-/Elektro-Partys unterwegs. Dabei gibt es unterschiedliche Gruppen, die immer wieder aufeinander treffen. Was mir dabei aufgefallen ist, dass es bei den unterschiedlichen Subkulturen unterschiedlich stark ausgeprägte männliche Habitus gibt. So herrschen in der Mittelalter- und der EBM(/Military)-Fraktion relativ starre, enge Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit vor. Die lassen sich glaube ich ganz gut über den jeweiligen Kontext herleiten. Beim Mittelalter über die als mittelalterlich wahrgenommenen Geschlechterzuweisungen und beim EBM über die Herkunft der Musik, aus der (Stahl-)Arbeiterkultur. Und es sind diese beiden Gruppen, bei denen ich am häufigsten sexistische Kommentare oder sexistisches Verhalten mitbekommen habe. Dabei meiner Erfahrung nach vor allem in der EBM-Ecke der Umgang generell miteinander recht „ruppig“ und heterosexuelle Männlichkeit wird sehr stark inszeniert. Dazu passt dann eben auch der Kommentar „Die hat ja richtig große Titten die würd‘ ich gern mal ficken.“ eines EBM’ers in einer Gruppe gerade kennen gelernter Leute. Ähnliche Erfahrungen habe ich mit Leuten aus dem Metal Bereich, um so stärke eine heterosexuelle Männlichkeit inszeniert wird, desto eher kommt es zu sexistischem Verhalten.

    Was den Zusammenhang mit geschützten Räumen angeht kann ich sagen, dass es bei uns eine dezidierte Szene Party gibt, bei denen Leute aus der schwarzen Szene über unter anderem Dresscode identifiziert werden. Dabei ist der Anteil von Leuten aus der Metal Szene relativ gering (gegen Null), was den Umgang der Leute insgesamt miteinander deutlich verbessert. Und soweit ich mich erinnern kann gab es da noch keine „Vorfälle“. Im Gegensatz zu einer „normalen“ Rockparty die neulich in der gleichen Location war…

  5. Ich bin grds. gegen positive und negative Diskriminierung, aber für Hausrecht. Ich verstehe nicht, was irgendjemand auf einer Party wollen würde, auf der er nicht willkommen ist – außer um zu provozieren.

    „‚Scheiß Lesben‘. Es dauerte keine fünf Sekunden und die Frau, die u.a. für den Einlass zuständig war, packte ihn an der Gurgel.“

    Es ist allerdings auch mehr als unverhältnismäßig, dafür dem Typ an die Gurgel zu gehen. Der Veranstalter sollte sich um Türpersonal kümmern, das besser mit solchen Provikationen umgehen kann.

  6. @A.
    Ja, Bi ist uncool. Liegt vielleicht an den sexuellen Enttäuschungen so mancher lesbischen Frau mit einer Bise. ;) Oder nur an verblendeten Polit-Hirnies, die glauben, Bi-Frauen unterwandern Lesbenräume und unterstützen das Patriarchat. Oder an dem Gefühl, wenn es darauf ankommt, das Lesbische zu verteidigen, steht die eher bei den Männern weil das Leben mit Männern angesehener ist. Alles nachvollziehbar. Aber wenn Ängste und Verwundungen zur anzuwendenden Politik und zum XYZismus erklärt werden, wird es problematisch.
    Aber denke daran, Lesben haben einfach keine Wahl anders zu leben, jedenfalls was Beziehung anbelangt.
    Krass verkürzt gesagt (ich mache mir sowieso Feindinnen, wenn ich Pech habe): Es gibt leider auch solche, für die ist nicht die Anerkennung der Anderen als Frau wichtig (Affidamento, ich nenne es allgemein Frauenliebe) sondern nur die sexuelle Präferenz (Lesbensex), das sexuelle-politsche Objekt Frau.
    Mich gruseln Frauen, welche nur die Politik und reine Lehre des Lesbianismus/Feminismus als Wesentliches der Frauenbewegung ansehen.

    @endalus
    Solange Männlichkeit und Weiblichkeit als Zeichen von Identifikation zwangsweise dargestellt werden müssen (als Zeichen von Genitalkompatibilität zwecks Fortpflanzung, als Gruppenzugehörigkeit?), solange wird es überspitzte Darstellung derselben geben inklusive Abwertungen und Unterdrückung bei Nichtkonformität.
    Geschlecht und dessen körperliche bzw. textile Darstellung desselben dienst auch als Darstellung eines Machtgefälles. Wobei dem Geschlecht Frau oder der Darstellungen eines als weiblich angesehenen Anteils bei beiden Geschlechtern das Niederwertige zugeordnet wird.

    Darstellung von Geschlecht als Uniform zum Verstecken der eigenen unsicheren Person ist nur so öde und ätzend.

  7. eine Schlägerei anzufangen, wird der ganzen Sache noch weniger gerecht

    was is denn das für ne abstruse position? was soll man denn sonst mit solchen gestalten anfangen?

  8. … danke @GwenDragon, sehe ich für mich unterdessen genauso von wg. Affidamento.
    Und wenn ich irgenwann in meinem Leben mit einer Frau zusammenlebe, muss ich mich dann als „Lesbe“ betiteln lassen ? (frage ich mich nur nebenbei) Dann bin ich hoffentlich alt genug, dass es mir schnurzegal ist.

    Schubladisierungen und Ausgrenzungen aufgrund einer fluiden sexuellen Orientierung gerade i.d. Frauenbewegung/Frauen unter einander, finde ich komplett kontraproduktiv und intolerant.
    Ich weiss, off-topic.

  9. Ich verstehe nicht, was irgendjemand auf einer Party wollen würde, auf der er nicht willkommen ist – außer um zu provozieren.

    sollte nicht jeder selbst bestimmen, welche party er oder sie besuchen will? wenns ihm nicht gefällt, kann ja wieder gehen. stellen wir uns das mal anders herum vor: da will ein schwarzer, ein schwuler, einer im rollstuhl zur party und kommt nicht rein, wegen schwarz, schwul, rollstuhl ….

  10. Ja. schwieriges Thema. Ich finde das ist auch weit über die Partys hinaus ein großes Problem. Und nicht nur wenn es um (Hetero-)Sexismus geht, sondern auch innerhalb der scheinbar geschützten Räume.

    Im geschilderten Fall finde ich es vollkommen richtig und selbstverständlich, wenn diese Menschen natürlich nicht reingelassen und am besten des Platzes verwiesen werden. Gewalt ist da auf jeden Fall eine völlig falsche Reaktion.
    Da stimme ich jj zu, da muss ein Türpersonal anwesend sein, welches mit solchen Dingen professionell und möglichst ruhig umgeht (und sich nicht persönlich angegriffen fühlt. Was verständlich ist, aber dann sollte mensch nicht an der Tür stehen)

    Ich finde es auch richtig, Schutzräume zu schaffen und bestehen zu lassen. Wobei es da zu einem Punkt kommt, der kaum lösbar ist. Wie soll eben an der Tür in der Schnelle entschieden werden wer-wie orientiert ist?
    Und da geht es über zum nächsten, wie ich finde wichtigen und zu wenig beachteten Problem:

    „Schubladisierungen und Ausgrenzungen aufgrund einer fluiden sexuellen Orientierung gerade i.d. Frauenbewegung/Frauen unter einander, finde ich komplett kontraproduktiv und intolerant.
    Ich weiss, off-topic.“

    Ich finde nicht dass das off-topic ist, sondern dass das Teil eines großen Problems ist, dessen Lösung mir ziemlich in weiter Ferne erscheint
    Die Diskriminierung innerhalb der geschützten Räume gegenüber Personen, die dort eigentlich reingehören sollten. Geht es – gerade auch in queer/feministischen Kontexten nicht darum, Freiräume für jene zu schaffen, die sich nicht in (hetero-)normativen Kontexten wiederfinden wollen und/oder können?

    Ich kann nicht verstehen und auch nicht akzeptieren, dass in vielen feministischen, queeren u.a. Räumen beispielsweise oftmals eine unglaublich große Ablehnung von Femininität zu finden ist.
    Dass auf queeren oder lesbischen Partys/Veranstaltungen feminin auftretende Personen sehr schnell als nicht zugehörig gesehen werden.

    Wie also macht man das fest? Wie soll eine äußere Erscheinung eine innere Einstellung wiedergeben können? Wieso ist eine feminin auftretende Frau weniger unangepasst, kritischen Bewusstseins und nicht Heteronormativ /-sexistisch, als eine eher maskulin auftretende Frau die sich einen Bart anklebt?

    Ich finde das zeigt doch in gewisser Weise dass die männlich/patriachal geprägte Gesellschaft hier genauso mitschwingt wie sonst auch überall. Das maskuline über das feminine (ausgenommen klar zu lesenden „gender trouble“, also bspw. ein Mann der sich feminin kleidet/verhält)

    Ist es vielleicht nicht auch möglich an bestimmten Verhaltensweisen die Menschen, sagen wir mal also vor der Tür einer Party oder Veranstaltung, von sich geben, an Blicken/Aussprüchen usw. eher zu erkennen ob die Person zum politischen Hintergrund der Party/veranstaltung passt, als die äußere Erscheinung, ein Kleidungsstil oder eine Frisur?

    Natürlich ist das schwer einzuschätzen. Und natürlich kann es da genauso die geben, die dann reinkommen und sich doch schlecht verhalten. Die können dann aber immer noch rausgeworfen werden und wäre das nicht ein gerechterer Ansatz, als beispielsweise eine Person die rein aus einem Kleidungsstil heraus nicht zum scheinbaren, schon wieder genormten Stil eines politischen Hintergrunds passt?
    Ich weiß nicht. Schwer zu lösen, aber ich spreche da auch aus eigener Erfahrung und der Erfahrungen von Freund_innen und wenn du irgendwann da stehst und irgendwie nirgendwo mehr reinpasst, weil du aufgrund reiner Oberflächlichkeiten verurteilst wird und dass, was in deinem Kopf, deinen Handlungen und deinem Leben passiert nicht zählt…ich weiß nicht…ist es da nicht vielleicht gerechter und sinnvoller mal ein Risiko einzugehen wenn es nicht an Äußerlichkeiten festgemacht werden kann?

  11. „Ist die berechtigte Angst vor (Hetero)Sexismus und Homophobie ein Argument, männlichen Heterosexuellen den Zutritt zu verwehren? Wie werden männliche Heterosexuelle überhaupt als solche erkannt?“

    Gar nicht. Genauso wenig wie heterosexuelle Frauen, bisexuelle Frauen oder Männer, lesbische Frauen, schwule Männer, transsexuelle oder intersexuelle Menschen nicht allein aufgrund ihres Äußeren erkannt werden können.

    Vielleicht haben wir es bei dem nach seinem Äußeren beurteilten Menschen mit einem Menschen zu tun, der sich selbst als lesbisch orientiert definiert und zwar jenseits von Geschlechtergrenzen. Vielleicht haben wir es aber auch einfach nur mit einem sich selbst als heterosexuell orientierten biologischen Mann zu tun, der sich in den Räumen wohlfühlt und eine Party genießen möchte. Vielleicht würde die neben ihm an der Theke stehende lesbisch orienierte biologische Frau der neben sich stehenden Frau mit den Worten ‚Ey Süße, geiler Arsch‘ auf den Hintern hauen und diese sich von ihr allein wegen ihrer Geschlechtszugehörigkeit diskriminiert fühlen. Wer weiß? Und wer vermag das von außen betrachtet zu beurteilen?

    Angst vor etwas (was einem fremd ist) kann doch nie ein Argument dafür sein, um andere Menschen auzugrenzen. Hier könnte doch die Neugier abhelfen. Warum diese nicht unterstützen indem man Räume erst einmal öffnet und nicht Zutritte generell verwehrt?

  12. Erst einmal vielen vielen Dank für eure tollen Kommentare und Schilderungen eurer Erfahrungen. Sehr interessant zu lesen, wie unterschiedlich Ausschlüsse wahrgenommen werden und passieren.

    Ich bin nach wie vor der Meinung, dass geschützte Räume wichtig sind (egal welche Kontexte und egal ob sie politischem Background haben) und es sollte auch weiterhin Partys geben, zu denen privilegierte bzw. Mitglieder_innen der Dominanzgesellschaft keinen Zutritt haben. Nicht jede_r kann es sich leisten, offene Räume zu betreten, ohne Ausschlüssen und Diskriminierung ausgesetzt zu sein bzw. diese traumatischen Erlebnisse zu ertragen. Respekt vor dem Wunsch auf einen geschützten Raum sollte da sein, denke ich und das haben die Männer in meinem Beispiel ganz klar missachtet.

    Es wird allerdings immer schwieriger werden zu definieren, wer der Dominanzgesellschaft angehört und wer marginalisiert ist, wie ich an euren Beispielen gesehen habe und auch selbst immer wieder mitbekomme, liegt es nun an eigenem Dominanzverhalten oder an Gender/sex roles, die immer differenzierter werden. Offenbar gibt es den Wunsch nach Öffnung, gibt es Dominanz innerhalb marginalisierter Gruppen, so wäre es doch erstrebenswert mehr alternative Räume zu schaffen, in denen diesem Wunsch Rechnung getragen wird und etwas mehr Selbstreflektion innerhalb der Gruppe sollte auch passieren, sonst bleiben irgendwann die Gäste weg. Ich meide bspw. mittlerweile viele Lesbenpartys und finde das schade.
    Ich fühle mich einfach immer weniger vom Publikum repräsentiert, teilweise empfinde ich einige Leute dort sogar als abstoßend, weil sie keinen Hehl daraus machen, welch‘ tolle und andersartige Community darstellen. Nur weil wir mit Frauen ins Bett gehen, sind wir alle gleich und besonders „gesegnet“? Nö, sorry! Zum Glück bieten sich in Berlin viele Möglichkeiten und ich bin nicht gezwungen eine dezidierte Heteroparty mit Motto „Sexismus galore!“ zu besuchen, in denen ich ganz offensichtlich als lesbische Frau auch fehl am Platz bin. Meine Alternative waren bisher Electro/Technoclubs, wo das Publikum sehr vielfältig ist und jede_r sich so geben kann, wie er/sie möchte.

    Spannend finde ich den Aspekt, den @mindingprocess in die Diskussion gegeben hat:

    Angst vor etwas (was einem fremd ist) kann doch nie ein Argument dafür sein, um andere Menschen auzugrenzen. Hier könnte doch die Neugier abhelfen. Warum diese nicht unterstützen indem man Räume erst einmal öffnet und nicht Zutritte generell verwehrt?

    Ich kann mich erinnern, dass eine kleine neue Queer-/Lesbenparty in einem Berliner Kiez irgendwann die Location gewechselt hat und in die City gezogen ist. Ab da veränderte sich das Publikum, junge Tourist_innen, mehr Männer. Die Veranstaltung boomte, aber ich vernahm auch Stimmen, die das Familiäre und vor allen Dingen das Lesbische an der Veranstaltung irgendwann vermissten und diesen Zustand bemängelten. Vor allen Dingen, weil durch das „männlichere“ Publikum wieder Heterosexismus an der Tagesordnung war.

    Ich glaube eher weniger, dass es an der Angst vor Fremdem liegt, jede_r von uns dürfte Männer kennen und jede_r von uns ist sicher schon mindestens einmal in ihrem Leben mit Heteronormativität und Sexismus in Berührung gekommen. Interessant wäre es trotzdem, solch eine Party zu öffnen, somit den Gästen selbst wieder das Recht zu sprechen in die Hand zu geben. Und wer drinnen pöbelt, muss dann eben zusehen, dass er schnell den Laden verlässt ;-) Mehr Mut, mehr Selbstbewusstsein, sich gegen Diskriminierung zu behaupten oder ggf. sich selbst dadurch zu reflektieren und „Neues“ zuzulassen wäre ein Anfang, aber wie ich bereits oben schrieb – das braucht Kraft und Willen und die hat aus Gründen nicht jede_r.

  13. @Leah

    Ich kann nicht verstehen und auch nicht akzeptieren, dass in vielen feministischen, queeren u.a. Räumen beispielsweise oftmals eine unglaublich große Ablehnung von Femininität zu finden ist.
    Dass auf queeren oder lesbischen Partys/Veranstaltungen feminin auftretende Personen sehr schnell als nicht zugehörig gesehen werden.

    Was ich erstmal nachvollziehen kann, weil Feminität oft der heteronormativen Dominanzgesellschaft angedichtet wird, mit der mensch nichts zu tun haben will. Da sind Ausschlüsse von dieser Gesellschaft so internalisiert, dass mensch sie gegen sich selbst und diesem Beispiel gegen die eigenen Gäste richtet. Ich finde, eine Party kann diese politische Arbeit nicht vollumfänglich leisten, Partys aber sollten sich vermehrt und offen gegen Ausschlüsse aussprechen, diese Räume sind keine luftleeren, die mit der Gesellschaft nichts zu tun haben. Das Private ist politisch, war es nicht so? ;)

    Ist es vielleicht nicht auch möglich an bestimmten Verhaltensweisen die Menschen, sagen wir mal also vor der Tür einer Party oder Veranstaltung, von sich geben, an Blicken/Aussprüchen usw. eher zu erkennen ob die Person zum politischen Hintergrund der Party/veranstaltung passt, als die äußere Erscheinung, ein Kleidungsstil oder eine Frisur?

    Welche bestimmten Verhaltensweisen können das sein? Machohabitus muss nicht zwangsweise problematisch werden. Außerdem finde ich es schwierig Habitus und Aussehen getrennt voneinander betrachten zu können. Gehört nicht beides zur Gender role? Würde nicht allein die Betrachtung von Habitus auf Gender rekurrieren und damit wieder Ausschlüsse produzieren?

  14. Nun Nadine, da stellt sich wieder einmal die Frage nach dem überstrapazierten Toleranzbegriff. Was ich für mich selbst erwarte oder gar verlange, sollte ich ich auch bieten. Bedauerlicherweise treten diese Defizite in „Queer-Nation“ ebenso deutlich zu Tage wie beim heterogenen Rest der Bevölkerung.
    Dies hat in Erleiden und Erfahrung meine Arbeit mit Politik und Medien maßgeblich verändert und beeinflußt, ich beginne endlich mit nur einem Maß zu messen. Es ist einfacher geworden, ich muss keine falschen Rücksichten mehr nehmen und löse mich mehr und mehr von der Intoleranz eigener Klientel.

    Marie

  15. Wenn es für mich um die Frage, wer diskriminiert wen auf Lesbenpartys geht, ist genau das:

    Ich fühle mich einfach immer weniger vom Publikum repräsentiert, teilweise empfinde ich einige Leute dort sogar als abstoßend, weil sie keinen Hehl daraus machen, welch’ tolle und andersartige Community darstellen.

    der Ausgangspunkt meiner Überlegungen. Denn mir geht es genauso. Ich bringe damit eine Zugehörigkeit zur lesbischen Gemeinschaft, die sehr häufig auf Äußerlichkeiten beruht und sich oft gegen den Mainstream in Form von Abgrenzung gegenüber der heterosexuellen Masse als solcher wendet in Verbindung. Ich las kürzlich einen Beitrag über „Mode gegen den Mainstream“ und der Frage, ob die sexuelle Orientierung am Kleidungsstil abgelesen werden sollte. Die Perspektiven, die dort zu lesen waren, verstärken meiner Ansicht nach Abgrenzungsmechanismen und stellen eine Anderartigkeit heraus, die Gefahr läuft innerhalb der ‚Community‘ ihrerseits wieder zu Ausgrenzungen vor allem bei Ansammlungen wie zum Beispiel Partys zu führen.

    Ich wende mich nicht gegen Menschen, die gern als Lesbe äußerlich erkannt werden möchten. Ganz im Gegenteil empfinde ich Menschen, die ihr Inneres sichtbar nach Außen tragen als mutig und über alle Maßen respektierungswürdig! Aber ich wende mich gegen Verselbständigung von Äußerlichkeiten zur Schaffung von lesbischen Gemeinschaften, die sich gegen die heterosexuelle Masse als solche wenden und zum bloßen Mittel für Differenzierung gemacht werden. Schließlich leben wir alle auf einem Planeten und es wäre doch schön einfach miteinander auszukommen. Jenseits von Vorurteilen, Ängsten und Schutzbedürfnissen. Und die Frage wie wir einen solchen Zustand erreichen können, werde ich solange nicht loslassen wie dieser nicht erreicht ist.

    Da Ängste und Bedürfnisse nach Schutzräumen aufgrund unterschiedlichster Motivationen insbesondere durch negativ Erlebtes aber existieren, ist es wichtig diese Ernst zu nehmen und darauf zu reagieren indem Räume geschaffen werden, in denen mensch sich wohlfühlt. So auch Lesbenpartys oder die von mir persönlich so sehr favorisierten Queerpartys.

  16. Jaja, die Femimini… was bitte? Ist damit Weiblichkeit gemeint? Im soziologischen Denkkontext oder im echten Leben? Also wirklich. Jetzt muss ich mich doch aufregen und einen drachigen Flammstoß werfen. Frauen sind kein Konstrukt, kein Denkmodell. Missverstehe ich das gerade!?
    *Ich* will die Wahl haben wie *ich* aussehe.
    *Ich* will die Wahl haben, tragen zu dürfen was *ich* will.
    Ich brauche keine politischen Lesben-Elternersatze, die als Tugendwächter agieren und aus Dummheit und Ignoranz lange Haare oder Röcke als unlesbisch sprich hetera einordnen. Schön, dass nicht auch noch kontrolliert wird, was ich als Unterwäsche trage.
    Es ist schlichtweg unterdrückend seitens Politlesben zu bestimmen, was für eine lesbische Frau zu viel/wenig weiblich oder zu viel/wenig männlich ist.

    Aber mir es ist schon lange egal, welche soziologischen Ideen und politische Irrwege hinter lesbischer Unterdrückung stecken. Und ganz ehrlich, „Ausgrenzung … internalisiert“ wie Nadine schreibt, ist nicht der richtige Ausdruck, wenn schon: „Identfikation mit dem Aggressor.“

    Es ist Mist, wenn es beispielsweise große Lesbentreffen gab/gibt, auf denen eine keinen Rock/Kleid tragen sollte, weil sie deswegen als Hete angepöbelt, aus Workshops ausgeschlossen wird.
    Kleidungszwänge und Unterdrückung auf Grund der Kleidung gab es zu wilhelminischen Zeiten und in den 50ern. Das hat ja schon was von Fundamentalismus. Wenn die Lesbenbewegung solchen Zwängen noch hinterher läuft gehört sie renoviert.

    Was das Argument angelangt, frau könne ja auch noch woanders hingehen, sollte mal in Kleinstädten oder lesbisch unterentwickelten Großstädten wie im Raum Mittelfranken erleben. Da hat eine keine Wahl, entweder Nervereien in manchen Projekten oder Zuhause bleiben.

    Schlechtes Klima in Lesbenorten verhindert Vernetzung, Akzeptanz, zermürbt auf lange Zeit. Engagement zerinnt zu Sand, brennt aus. Übrig bleiben meist nur noch die Frauen der fundamentalistischen Stahlbetonfraktion. Ich weiß, das ist meine Erfahrung. Andere mögen sich in Lesbenreservaten mit Mauern und politfundamentalistischer Zugangskontrolle wohl fühlen.

    Genau, mehr Mut zum Wehren! Das bleibt doch an der Frau hängen, die durch solche Zwänge eingeschränkt wird. Solange Vielfalt von Lesben für viele Lesben eine Bedrohung darstellt, ändert sich nix. Denn dort gilt die Macht der Mehrheit. Stundenlange Grundsatzdiskussionen in Lesbenprojekten zermürben nur noch. Sektenhaft, mit allen möglichen Strafmöglichkeiten, wird da agiert, nicht offen jeder neuen Frau gegenüber. Misstrauen und Dominanz.
    Dass so manche Lesbe die Polit-Szene nicht mehr ausstehen kann oder Junglesben sich nicht für lesbische Politik interessieren, wundert mich nicht. Vieles ist dort verknöchert, Ideen versteinert zu Fossilien, spießig-konservativ. Lesbianismus ist was abschreckendes. Was für ein Glück, dass lesbisches Leben, auch ohne Lesbenpolitik stattfinden kann. Anerkennung, Respekt, Offenheit, Kultur – sowas geht auch ohne Lesbianismus.

    Wenn Bewegungspolitik das Leben von Frauen vorschreibt, ist das Unterdrückung. Als Krüppel und Lesbe den normativen Quatsch der Eltern und Heteronormen in Bezug auf Wert und Schönheit, Frausein losgeworden, will eine nicht auch Lebensvorschriften von Lesben bekommen. So ein Dominanzgebaren finde ich zum Würgen, es schnürt einer einfach das Leben ab.

    Backlash bedeutet für mich, wenn Frauen-/Lesbenbewegung sich an uralten Klischees orientiert und nicht mehr die Freiheit der Frau in Bezug auf Selbstausdruck im Blick hat. Backlash, wenn Lesben normativ auf andere einwirken und das hinter Feminismustheorie verstecken. Backlash, wenn Frauenorte zu geschlossenen Clubs mit Personenscan werden. Backlash, wenn Abneigungen dazu führen, dass Hausrecht gegen einzelne friedliche, unangepasste Frauen ausgeübt wird. Backlash, wenn Gewalt jeder Art von Lesben gegen Lesben ignoriert wird.

    Aber ich bin ja zum Glück eingewurzelt, jahrzehnte lang out, schon lange im Frauenuniversum unterwegs.
    Macht immer noch Spaß, lesbisch und gynozentrisch zu sein.

    Das Persönliche ist Lesbenkultur, nicht die Ideen. :)

  17. Ja genau, ich bin auch für geschützte Räume. unbedingt. aber wenn geschützte Räume Personen ausschließen, die da eigentlich reingehören, dann sind es meiner Meinung nach auch keine Schutzräume mehr.
    Und ich finde das gilt auch für Partys. Oder sollen diese Menschen einfach nicht mehr vor die Tür gehen? Oder sich verkleiden und sich dann trotzdem unwohl fühlen, weil sie sich verkleidet und unecht fühlen?

  18. ganz genau @Leah und @ GwenDragon … ich habe mich von dem ganzen androzentrischen und heteronormativen Ballast losgelöst und stehe jetzt vor „verschlossenen Türen“ bei queer/feministischen/lesbischen Wasauchimmer – weil ich mich z.b. so leben und anziehen wie ICH mich FÜHLE – nicht wie andere, auch Frauen, es von mir „erwarten“ – egal ob Minirock oder Schnallenstiefel.

    Da geht für mich ganz viel Lebensfreude, Individualitätund Menschlichkeit verloren – auch Frau braucht Mut, sie selbst zu sein und es im Alltag dann für sich umzusetzen.

    Und ja, solch eine Party/Freiräume ist dann für mich nix anderes als eine geschlossene Veranstaltung und natürlich braucht es die weiterhin.

    Genauso wie Frauenbuchläden und Frauenerotikshops.
    Ich bin froh, dass dies in Dld. möglich ist – in Frankreich durfte (immer noch ?) es z.B. keine Frauenbuchläden geben.

    Und nur Vernetzung und Solidarität macht gemeinsam stark. Und das beginnt, wie immer bei Veränderungen, erstmal „im Kopf“.

  19. @Leah

    Ich stimme absolut mit dir überein! Ich wollte dir gar nicht widersprechen. Ich finde es nur schwierig, die „Eigenschaften“ für eine Türpolitik festzulegen. Egal, wo. Theoretisch müsste mensch jeden reinlassen, weil letztlich alles auf Habitus und Äußerlichkeiten rekurriert und damit auch die Merkmale, die in Deutschland vor Diskriminierung geschützt sind. Und wer wo reingehört…naja, wenn du schon mal der Tür verwiesen wurdest (wurdest du? wo?), denn ist das definitiv nicht der Ort, wo DU reingehörst, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn die Türpolitik auf Lesbenpartys Frauen ausschließt, dann ist das wie @GwenDragon und @A. sagen, ein beschissener Verein.

    In Berlin gibt es zum Glück genügend Alternativen (deswegen ist das hier auch eher ein Luxusproblem, denke ich), in anderen Städten gibt es die nicht.

  20. @ A. ganz genau! da gibt es nichts hinzuzufügen

    @nadine nein, nein ich hab das genauso verstanden wie du es geschrieben hattest! das ist ja das problem. eine türpolitik die geschützte räume schützen soll, ist natürlich unglaublich schwierig vollkommen gerecht auszuführen und ich glaube da muss noch sehr viel gedacht und überlegt werden bis da mal eine halbwegs gute lösung gefunden werden kann.
    nein mir selbst ist es nicht passiert dass ich nicht reingelassen wurde. zum glück. aber ich wurde schon sehr oft abschätzig angeschaut oder eben auch vollkommen falsch gelesen und zb auf bestimmten veranstaltungen mehr oder weniger ignoriert und habe mich dann einfach unerwünscht gefühlt.
    und eine gute freundin wurde mal gefragt was sie denn „hier zu suchen habe“ (auf einer homo-party), als sie kurzzeitig ohne ihre, sie ansonsten legitimierende, freundin stand. da geht es weniger um türpolitik, sondern um eine allgemein vorherrschende skeptik und um ausschlüsse, die dann eben auf rein äußerlichen merkmalen basieren.
    zu empfehlen ist dazu beispielweise das Femme!Buch:

    http://www.das-femme-buch.de/

    oder auch die letzte Hugs&kisses ausgabe:

    http://www.hugsandkissesonline.de/

  21. … ja so sehe ich das auch @Nadine … und was macht frau, die eben nicht in Berlin lebt, neu in einer süddt. Kleinstadt, wenn frau überhaupt mal neue Frauen treffen will, aber eben nicht „spiessige Heteros“ ?

    Hier gibt’s sicher auch 2x im Jahr „so eine Veranstaltung“. Da will ich mich garnicht anstellen müssen, um „reinzukommen“ – ich müsste mich intensiv mit „Dresscodes“ beschäftigen, die ich als Prinzip (einer anti-feministischen Mainstream-Gesellschaft) für mich schon mal ganz lange sowohl beruflich als auch privat abgelegt habe ?! Das kann’s ja wohl nicht sein.

    SO ist eben keine Vernetzung möglich.
    Mal abgesehen davon, dass „Party“ für mich ein Fest ist und ein gemeinsam erlebtes Vergnügen/gelebte Lebensfreude. Das geht nicht alleine vorm Spiegel.

  22. Minderheiten sind vor Intoleranz nicht gefeit. Leider. Für manche Individuen wird die Mitgliedschaft zu einer Minderheit sogar zur dominierenden Selbstdefinition und sie verteidigen deren „Werte“, Erscheinungsbild, Verhaltenskodex gegen Mischformen und Verwässerungen. Solche Menschen gibt es, aber sie sind innerhalb ihrer Minderheit – so glaube ich, habe keine Zahlen – die Minderheit. Also bitte sehen wir sie doch auch so. Als Extreme der Szene, die nicht als Prototyp für die gesamte Minderheit heranzuziehen sind.

    Wenn ich an Lesben denke, denke ich nicht an intolerante Kampflesben, wenn ich an Schwule denke, denke ich nicht an intolerante Kreischtunten, obwohl es beides gibt. Ich denke anders, nicht weil ich keine Vorurteile habe, sondern weil ich (bi) einfach viel mehr Lesben und Schwule kenne, als der Durchschnittsbürger.

    Gemischte Partys sind gut für uns „Queers“, da wir die Heterogenität der Szene wahrnehmen und nicht nur im Saft der eigenen Minderheit schmoren. Heteros/Heteras sehen auf gemischten Partys, dass nicht alle Schwule Tunten sind und nicht alle Lesben Kurzhaarschnitte und Holzfällerhemden tragen. Win-Win on the Dancefloor.

    Nichtsdestotrotz ist es absolut berechtigt, dass es Partys nur für bestimmte Genders oder Sexualorientierungen gibt. Ich sehe das allerdings weniger als Schutzraum, sondern als Ort, wo „die mal unter sich sein können“. Ohne Zuschauer. Und mit dem Wissen, alle Anwesenden teilen mit mir eine gewisse Eigenschaft. Sich das zu wünschen, ist keine Besonderheit von Lesben oder Schwulen. Der Frauentag in der Stadtbadsauna oder der Paartauschtag im Heteroswingerclub sind nichts anderes.

  23. @deef
    was aber wenn du keine lust mehr auf gemische partys/veranstaltungen hast, weil du nicht dauernd angemacht, gegrabscht oder angestarrt werden willst? du deswegen „spezial“partys besuchen möchtest um eben den schutzraum, der dir und deiner lebenswelt zugedacht ist zu nutzen und dir dieser aufgrund äußerer merkmale verwehrt wird oder du dort auch mit blicken/etc gemieden wirst, egal wie du bist, lebst, denkst, sondern nur aufgrund deines Äußeren?
    „die mal unter sich“ – was wenn du dich zu „denen“ zugehörig fühlst, aber nicht so gelesen wirst und deswegen ausgeschlossen wirst?
    wo gehst du dann hin?

  24. @Leah: Hilf mir, damit ich es richtig verstehe: meinst du damit, dass es Lesben-only-Partys gibt, auf denen Hetera-looking Frauen diskriminiert werden?

    Ok. Wenn das so gemeint ist, würde ich – wäre ich eine Hetera-looking Lesbe oder Bi-Frau – eine eigene Party für Frauen wie mich starten, anstatt mir von intoleranten Szenelesben den Look diktieren zu lassen.

    Entweder man integriert sich oder man differenziert sich. Bleiben und leiden ist dagegen keine konstruktive Option.

  25. @A.

    Oh mann, das ist in der Tat schwierig – umziehen?! ;-) Ich weiß da keinen Rat und reden mit „denen“ bringt wahrscheinlich auch nichts, oder?

    @Leah
    ich finde Deef hat recht. Es gibt in Großstädten etliche Alternativen, auch Lesbenpartys, die eben nicht „so“ sind. Und, was ich auch gemerkt habe, die Ausschlüsse, die mir selbst passiert sind, projiziere ich manchmal auch auf andere. Will heißen: wenn ich mich auf einer Lesbenparty unwohl fühle, dann einfach weil ich denke: Ich gehöre hier nicht her. Aber sehen das die anderen auch so?
    Wie gesagt, in Großstädten ist das wirklich ein Luxusproblem. Hier gibt es so viele Alternativen und die müssen nicht mal politisch und/oder queer sein, um sich wohl zu fühlen. Und auch gemischte Partys (wie du sie bezeichnest) sind nicht immer Grapsch-und-Gaff-Veranstaltungen. Vielleicht muss mensch auch einfach akzeptieren, dass es Räume gibt, in denen mensch sich unwohl fühlt, egal, ob er es eigentlich anders möchte. Wir können ja nicht mit jedem Partygast sprechen. Ich versuche mittlerweile offensiv damit umzugehen und mich zu wehren. Wenn ich es nicht schaffe und mich trotzdem scheiße dabei fühle, gehe ich nicht mehr an diese Orte.

    Allerdings beschreibt @A. ein wesentlicheres Problem: Was ist, wenn ich keine Alternativen habe? Und aus diversen Gründe nicht zur Partymakerin werden kann?

  26. Ich finde die zwei Möglichkeiten Integrieren vs. Differenzieren nicht ausreichend. Es muss einfach auch die Möglichkeit geben Probleme anzusprechen und an einer Lösung zu arbeiten. Ansonsten ist es eben das ultimative Argument der (wie auch immer aussehenden) Mehrheit zu sagen: „Du kannst ja immer noch weg gehen und was selbst machen“. Die Mehrheit muss sich Problemen stellen (Probleme von Einzelnen als Probleme für alle anerkennen), sie diskutieren und eine Lösung finden.
    Die Frage der Differenzierung stellt für mich die Frage nach der Möglichkeit sich zu differenzieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass es in Berlin relativ einfach ist eine Alternative selbst anzubieten, wenn mensch die Zeit, das Talent und das Geld für sowas hat. Aber das Problem stellt sich doch nicht nur in Berlin, sondern auch in Nicht-Großstädten. Und da ist es eben nicht so einfach, wenn nicht sogar unmöglich einfach mal eben eine eigenen Party auf die Beine zu stellen. Sicher soll das nicht davon abhalten eine eigene Party auf die Beine zu stellen, aber es gibt einfach viel größere Widerstände. Und dann sind die Alternativen Integrieren oder Differenzieren noch viel unzureichender.

  27. @gendalus vollkommen richtig. Ich finde dass da z.b die Ansätze der Queer-Theory eigentlich eine sehr gute Möglichkeit der Selbstreflexion bieten und es deswegen auch sehr schade, dass bestimmte Ausschlüsse gerade in diesen Räumen trotzdem hartnäckig bestehen bleiben.
    Natürlich. Theorie vs. Praxis, ganz klar.
    Aber für mich bedeutet zb eine Auseinandersetzung mit queeren Ansätzen auch immer wieder eine Auseinandersetzung mit meinen eigenen Einstellungen, meinen eigenen Vorurteilen und bewussten oder unbewussten Ausschlüssen, Privilegien usw.
    Und ja, das gilt auch für Partys, die finde ich, nicht von politischen Aussagen/Hintergründen befreit sind, gerade wenn sie bewusst Schutzräume bieten wollen.

    @Nadine Natürlich sind nicht ALLE Partys, u.a. so und so. Und nicht alle bergen Ausschlüsse, Diskriminierung u.a., obwohl ich da auch nur von mir ausgehen kann. Ich kann mich sehr wohl – aber will es eben auch nicht immer – in vielen Räumen bewegen ohne gleich angegangen zu werden, sehr wohl aber nicht ohne sehr oft falsch verstanden/gelesen zu werden.
    Andere können das nicht.
    Und da stimme ich Gendalus zu. Geh doch einfach woanders hin, ist nicht unbedingt eine Lösung.
    Diskussion, Ausstausch und kritisches Bewusstsein. Das muss her um diese Probleme zu lösen oder einer Lösung entgegen zu kommen.

  28. danke @Nadine ;-)

    Ich habe hier in meiner neuen Lebensumgebung bereits alles ausprobiert und „abgegrast“ was für mich logistisch und zeitlich möglich ist. Es gibt m.E. keine „Lösungen“, auch nicht umziehen (habe ich u.a. auch gerade hinter mir).

    Und ich kann mir vorstellen, dass es vielen Frauen so geht – es bleibt für mich „ungelebtes Leben“ – traurig aber wahr.

    Und ich will mich auch nicht mehr/wieder durch begriffliche (sexualisierte) „Korsetts“ (wie queer, bi etc.) weder mental noch tatsächlich einengen lassen; Frauenbewegung, Emanzipation und Feminismus stehen für mich für ein „selbstbestimmtes Leben“, das dann wieder/nicht möglich ist.

    So nebenbei, ich möchte keine „neue Diskussion“ anzetteln – beim querlesen habe ich eben diesen Artikel entdeckt – wer „weiterdenken“ will einfach mal lesen :-)

    http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2010/fruehling-2010/schafft-die-lesbe-ab/

    Und das von @Deef angesprochene

    > Entweder man integriert sich oder man differenziert sich. <

    ist ja brandheiss als gesamtgesellschaftliches Thema; klingt für mich nach "friss oder stirb". Bitte keine "zarazinistische" Pandorabüchse aufmachen.

  29. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Problematik richtig verstehe, aber ich versuche es mal wiederzugeben:
    In der Provinz gibt es keine Lesbenpartys und wenn, dann sind da intolerante Szenelesben, die Bi-Frauen und Hetera-looking Lesben ablehnen? Geht’s darum?

    Die Wurzel des Problems liegt aus meiner Sicht im Outing. In einem Umfelt, das nicht tolerant, offen, großstädtisch ist, outen sich tendenziell eher die Extremvertreter einer Minderheit und zeigen ihre Gruppenzugehörigkeit auch optisch. Sie werden deswegen gemieden, es wird getuschelt, sich in der Fußgängerzone umgedreht – kurz sie werden irgendwie diskriminiert. Die Folge ist, dass diese Extremszene, die alleine im schwierigen Umfeld operiert, stärker zusammengeschweißt wird. Und sich abschottet. Und eine Arroganz gegenüber den „Verräterinnen“ oder „Klemmschwestern“ entwickelt, die nicht offen zeigen, worauf sie stehen und deswegen nicht diskriminiert werden. Da ist nicht gut, aber verständlich.

    Das sähe ganz anders aus, wenn sich Bi-Frauen und Hetera-looking Lesben auf sanfte, aber stolze Weise outen würden. Ihre Botschaft wäre „liebe Hard-Core-Butches, ich steh auch auf Frauen und ich lasse mir von Euch nicht vorschreiben, wie eine Lesbe oder Bi-Frau auszusehen oder sich zu verhalten hat“. Und in andere Richtung wäre die Aussage, „Liebe Heteros/Heteras, ich seh so aus wie Ihr, aber steh auf Frauen, auch wenn man mir das nicht ansieht. Denn es gibt keinen universellen Dresscode für Sexualorientierungen.“

    Nur wer geoutet ist, findet andere, die die gleichen Vorlieben haben wie man selbst und ist für die auch erkennbar. Wer sich nicht outet, bleibt ein Leben lang Gast auf einer Party, deren Regeln andere definieren. Manche(r) möchte sich vielleicht nicht outen, weil es für sie/ihn befürchtete Nachteile hätte. Ok. Dann muss er/sie aber wohl leider auch mit den Nachteilen leben, die sich ergeben, wenn man auf Partys einer geouteten Extremszene geht.

  30. @Deef

    gehe ich d’accord – bis zu einem Punkt. Auch geoutete queers, Bi’s – you name it – werden vom vermeintlich Eigenen ausgegrenzt. Das ist ja gerade das Problem. Und ich glaube auch nicht, dass es am Label und dessen offene Kennzeichnung liegt. Sondern an identitärer Politik, die jede Gruppe mit sich führt und die logischerweise deshalb nie voll inklusiv sein kann.

    Hier hilft nur, wie du es und andere hier auch schon gesagt haben: Gespräch suchen. Meistens wissen viele doch gar nicht, dass hinter der Frau, die ich am Einlass oder auf der Party als Hetera konstruiere, die Einstellung steckt: „Fuck gender! I am what I am. Und ich bin mir dessen bewusst.“

    Um zu „Fuck gender“ zu kommen, muss ich mich selbst reflektieren und was um mich herum ständig für Normalisierungsprozesse vor sich gehen. Womit wir bei einem möglichen Lösungsansatz wären >> mehr Politik im Privaten. Aufruf zu Selbstreflektion der eigenen Gender role und Bewusstmachung, dass diese mich immer in ein Korsett steckt, dass ich mich selbst konstruiere und spiele und von anderen konstruiert werde. Und damit offen umzugehen und sich immer wieder dagegen auszusprechen.

  31. @A.: Du schreibst: „Und das von @Deef angesprochene

    > Entweder man integriert sich oder man differenziert sich. <

    ist ja brandheiss als gesamtgesellschaftliches Thema; klingt für mich nach "friss oder stirb". Bitte keine "zarazinistische" Pandorabüchse aufmachen."

    Bitte nichts reinprojezieren, was ich nicht gesagt habe. Es ist schlicht und einfach so, dass man sich entweder fremden Regeln unterwerfen muss oder eigene aufstellt (gibt natürlich Ausnahmen wie Vereine, demokratische Organe usw).

    Beispiel: Wer hier kommentiert, muss ich an die Netiquette der Mädchenmannschaft halten. Wer das nicht möchte, kann seine Meinung z.B. in ein anderes Blog schreiben. Ich kann der Mädchenmannschaft natürlich Mails schicken oder sie in eigenen Blogartikeln auffordern, ihre Netiquette zu ändern, aber ob sie das tun, liegt alleine bei ihnen, denn das hier ist ihre Party, sie haben hier das Hausrecht.

    Gleiches gilt für die Partys vom harten Kern einer Minderheit. Aber da muss man ja nicht hingehen, wenn man sich dort nicht wohl fühlt.

  32. @deef Nein also ich glaube nicht dass es hier um outing Fragen geht. Sondern um den Umgang miteinander innerhalb von Schutzräumen, die eigentlich dafür da sind, sich außerhalb des heteronormativen Mainstreams frei bewegen zu können.

    Ich glaube auch dass wir hier gerade an einen Punkt gelangt sind, der sehr viele gesellschaftliche Bereiche berührt. Sei es die gemischte heterosexuelle „normalo“-party oder die speziell geschaffene Party/Veranstaltung/Sonstiges, die eigentlich die Menschen beherbergen will, die in ersterem diskriminiert werden und/oder sich dort nicht wohlfühlen und/oder eben dazu Alternativen brauchen und wollen.

    Da geht es darum, dass mehr kritisches Bewusstsein für das eigene Handeln innerhalb solcher Räume gebraucht wird, dass eigene Ausschlüsse und Vorurteile hinterfragt werden müssen und zwar durch Einzelpersonen und durch scheinbar homogene Gruppen, die eben nur eigentlich homogen erscheinen, es aber nicht sind. Bzw. die sich homogen machen und dadurch Menschen ausschließen, die durch ihre Lebensrealität und ihr Denken eigentlich dort hineingehören sollten.
    Und es geht eben darum, dass auch die geschaffenen Subräume nicht vor ausschließendem Verhalten und Diskriminierungen geschützt sind, sondern diese in einer anderen Art wieder reproduzieren.
    Mit Outing hat das meiner Meinung nach erstmal überhaupt nichts zu tun.

    „Manche(r) möchte sich vielleicht nicht outen, weil es für sie/ihn befürchtete Nachteile hätte. Ok. Dann muss er/sie aber wohl leider auch mit den Nachteilen leben, die sich ergeben, wenn man auf Partys einer geouteten Extremszene geht.“

    Das verstehe ich irgendwie nicht.Bedeutet ein Outing für dich auch gleichzeitig eine Veränderung deines Äußeren, deines Habitus o.ä.? Wenn nicht, verstehe ich deinen Satz wirklich rein gar nicht :)
    heißt: Wenn eine (was auch immer du damit ganz genau meinst) geoutete Person auf eine „Party einer geouteten Extremszene geht“ und dort aufgrund von äußerlichen Merkmalen nicht akzeptiert wird (denn darum geht es hier), ist das meiner Meinung nach nicht das Problem der Person, sondern das Problem des Umfeldes, welches über die Person aufgrund von Äußerlichkeiten urteilt.

  33. Hmm, ich sehe, dass hier angefangen wird, normativ und regelkonservativ zu argumentieren. Ich verstehe dein Argument, Deef. Allerdings heißt das nicht, dass Regeln nicht auch hinterfragbar sein dürfen und sind, weil sie von Menschen aufgestellt wurden und zwar etwas Abstraktes darstellen, aber nicht aus einer abstrakten Umgebung heraus geschaffen wurden. Normative Argumentation führt letztlich zu kleinen Inseln, unter denen kein Austausch stattfindet. Jedem/r seine/ihre eigene Szene, quasi, wenn ich dich richtig verstehe?. Das ist aber nicht das, was ich mir als Problemlösung vorstelle, weil ich finde, dass genau das Aushandlungs- und Interaktionsprozesse sind. Regeln verunmöglichen genau das, wenn sie das nicht sind. Klar sind Normen wichtig, weil sie unser eigenes Handeln steuern und uns durch die Welt weisen, das Licht anmachen, um es mal metaphorisch auszudrücken.

    Allerdings braucht es, bis es zu einer Regel-/Normaufstellung kommt immer einen Aushandelungsprozess, den ich eben bei vielen Kontexten nicht sehe, dass dieser geschehen ist und daher erst einmal aufgenommen werden sollte. Und darum geht es hier. Ist zumindest mein Eindruck.

  34. hallo nadine,
    mich interessiert: von welcher szene sprichst du? ich kenne
    – die linken parties mit queerfeministischen ansprüchen, wo ich voraussetze dass alle menschen reflektiert genug sind, um miteinander gut umzugehen und aufeinander zu achten (z.b. ladyfestparties), also die nicht nur nach außen, sondern auch nach innen ein schutzraum sind;
    – die großen lgbt-massenevents kommerzieller veranstalter, wo sowohl dienstleister_innen als auch publikum dermaßen sexistisch, lookistisch, rassistisch, unreflektiert und unaware sind, dass solche parties für mich der gegenbegriff zum schutzraum sind;
    – und queere parties in kleinen lgbt- oder semikommerziellen locations, die irgendwo dazwischen liegen, also wo ich damit rechnen muss dass die menschen weniger auf sich und die anderen achten und 1-2 dumme leute immer da sind, aber immer noch ein mindestmaß an respekt von den anderen da ist. beispiel, angemacht und angefasst zu werden ist da nicht selten und für mich ok, solange ich noch das gefühl habe, ein mensch mit wünschen und grenzen zu sein und kein fickding, das zu spuren hat. letzteres ist mir zum glück auf parties unter queerer flagge bisher nicht passiert.

    ich selbst habe ein paar queerfeministische parties mitorganisiert und wir haben uns im orgateam besonders bei gemischtgeschlechtlichen parties große mühe gegeben, präventive türpolitik zu machen. das heißt nicht, das männer nicht reindurften, aber wir haben allen einlass suchenden an der kasse klar angesagt, welches verhalten unerwünscht ist und männern angeboten einen changing room zu nutzen, was auch von vielen getan wurde. wir wollten halt wenn männer, dann bitte möglichst queer. trotzdem kam der zeitpunkt, da die stimmung kippte, weil im laufe des abends ein männerüberschuss entstand und offenbar so viele hetenpärchen rumknutschten, dass sich manche frauen daran störten, eingeschüchtert fühlten, die party verließen oder uns sagten, sie hätten nicht den freiraum empfunden, den sie sich von der party erhofften. bei einer frauenlesbentrans*party erinnere ich mich an die situation, dass ein transmann durch bloße anwesenheit minutenlange irritation und angespanntheit bei den gästinnen verursachte, vielleicht weil sie einfach keinen mann erwarteten oder sich verprellt und bedroht fühlten, als doch einer da war.
    offenbar spielen hier erwartungen eine rolle, die die anwesenden haben, ob sie erfüllt werden oder nicht, ob eine hetero- oder homo-norm da ist oder nicht, und wann wer wie und wo gegen diese verstößt. für das orgateam ist es schwer zu planen, wie die party wird, denn natürlich haben raumgestaltung, musikauswahl, türpolitik usw. einen einfluss auf das publikum, aber nix kann garantieren, dass das ideal eines schutzraums auch verwirklicht werden kann. das ist, glaube ich, auch eine frage der kommunikation zwischen orgateam und potenziellem publikum, die vor, während _und_ nach der party geleistet werden kann_sollte? ich habe den eindruck, bei vielen parties gibt es hier nachholbedarf.

    ich bewege mich glücklicherweise in einem sozialen umfeld, in dem einige männer antisexistisch drauf sind und meine sex_gender_desire-identitäten respektieren. solange das so ist, ist es mir egal mit welchen geschlechtern ich party mache. der alltägliche heterosexismus führt wohl bei (nicht nur frauen liebenden) frauen zu der annahme, mann sei automatisch mehr oder weniger mackrig, homo_transphob drauf und in seiner gegenwart entspanntes abfeiern nicht möglich. traurig, dass frauen das männern unterstellen und sie von parties ausschließen, anstatt sie einfach als nette menschen zu betrachten bis zum beweis des gegenteils. aber misstrauen und ausschlüsse sind ja (für mich nachvollziehbare und, wenn der wunsch danach besteht, auch nötige) maßnahmen gegen einen heterosexistischen normalzustand, um freiräume und antisexistische, antirassistische, antilookistische usw. schutzräume zu schaffen.
    traurig auch, dass der lgbt-mainstream dermaßen entpolitisiert ist, dass es dort faktisch keine schutzräume mehr gibt. von sexismus und gewalt auf lesbischen mainstreamparties könnte ich stundenlang erzählen und auch davon, dass die meisten frauen das nicht die bohne interessiert, wenn ich ihr verhalten mal kritisiere.

    interessanter artikel, den du da verlinkt hast, A. ich habe vor einige zeit beschlossen: wenn mich jemand fragt, ob ich lesbisch bin, sage ich ja.
    wenn mich jemand fragt, ob ich lesbe bin, sage ich nein. ich habe keinen bock, dem in sich höchst normativen, diskriminierenden l-mainstream anzugehören.

  35. @Deef – no prob, habe und werde da nix unnötig „projizieren“ – ich wollte es verstehen ;-)

    @Leah – danke von wg. „Selbstreflektion“ und „Alternativen“, bin ich voll d’accord

    @Nadine von wg. > Fuck gender – I am who I am <

    Grins, wann bitte kann frau/mann diesen Button (bitte nicht-lila) bei euch im Shop kaufen ??!!

  36. @Nadine: klar wird innerhalb der Gruppen ausgegrenzt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten damit umzugehen. Ich halte es für am Besten, Menschen zu meiden, die einem nicht wohl gesonnen sind. Natürlich kann man auch mit denen Rumdiskutieren und das mag auch funktionieren. Kommt auf die Beteiligten und die Machtverhältnisse an.

    @Leah: Also eine Lesbenparty soll ein Schutzraum sein und – so ein Mist – Frau wird auch dort diskriminiert. Zeigt das nicht, dass das Konzept „Schutzraum“ für alle Lesben nicht funktioniert, weil Intoleranz eben kein Merkmal von Männern oder Hetera-Frauen ist, sondern alle betreffen kann? Zeigt das nicht, dass es eben nicht nur eine Form von Lesbenparty geben kann, sondern soviele, wie es Frauen gibt, die welche nach ihren Wünschen veranstalten wollen?

    Ich finde schon. Es steht jedem offen mit Leuten, die einen doof finden darüber zu diskutieren, dass man nicht doof ist. Ich persönlich halte das für müßig.

    Zur Beantwortung deiner Frage, Leah: ich meinte damit, dass Outing (auch und gerade solches, welches nicht optisch erkennbar ist) Sinn macht und wer sich nicht outet mit den Nachteilen des „Klemmschwestern“-Daseins leben muss. Zumindest in der realexistierenden Welt. Fuck Gender oder Post Gender ist noch weit weg. Erst recht in der Provinz.

  37. @arrr!

    Danke für deinen Kommentar und deine Reflexionen zum Thema. Wow.

    Ich spreche für mich von Beispiel 2 und 3, die du angeführt hast. Wovon die anderen sprechen, betrifft noch andere Bereiche, außerhalb von Party. Ich wurde noch nie in queer/-feministischen Kontexten ausgeschlossen, deswegen halte ich mich da gern auf. Habe noch immer ab und an das Gefühl, nicht dazu zu gehören, weil ich mich lesbisch und als Lesbe definiere und als Frau. Mein gender ist mir beispielsweise nicht egal, auch wenn ich damit spiele. Aber dass ich mich gerade in politischen Kontexten nicht zugehörig fühle, liegt vor allen daran: „Ich denke, dass die denken, dass…“, was bullshit ist, aber ich arbeite dran ;-)

  38. @deef es könnte sein, dass wir ähnliches meinen, aber etwas aneinander vorbeireden :) Ich spreche nicht nur von lesbenpartys, sondern von Veranstaltungen jeglicher Art und speziell von denen, die den Anspruch haben Schutzraum für bestimmte Menschen zu sein.
    Ich meine auf gar keinen Fall (!!) dass Intoleranz (das wort gefällt mir nicht, aber ich greife es jetzt mal auf) ein Merkmal bestimmter Geschlechter/Identitäten ist. Sondern eben im Gegenteil: Es gibt sie überall.
    Da will ich ja drauf hinaus. Ich kann weder erkennen, welche sexuelle/politische/gender.Identität eine Person hat, wenn ich sie einfach nur anschaue und ich kann nicht erkennen, welche (gender-)politischen Ansichten diese Person vertritt.
    Genau das wird aber oftmals getan und produziert so (ungewollte) Ausschlüsse.
    Das gilt es zu diskutieren und zu kritisieren.

    @arrr! ich spreche eigentlich von all den „szenen“ die du skizzierst, auch von den linken, queer-feministischen, von denen ich leider fast am meisten enttäuscht bin, weil ich da auch – zugegebenermaßen- die größte Erwartungshaltung hatte/habe.
    In Räumen mit queer-feministischem Anspruch, erwarte ich eine gewisse Selbstreflexion (wie schon angesprochen und wie du sie ja auch als Orga beschreibst), die aber in der Praxis häufig nicht da ist. Passt mensch nicht in die (Achtung! überspitzte Skizzierung) meist maskulin-schwarz-und-unauffällig-gekleidete Mehrheit, wirst du gleich falsch verstanden, als eine, die da nicht hingehört. Als was-weiß-ich zu kapitalistisch, zu feminin, zu heteronormativ aussehend? Da ist nämlich meine Frage: wie kann jemand eigentlich hetero-/homo-/bi-sonstwiesexuell AUSSEHEN?
    sind da nicht die gleichen Fallen, die eigentlich doch kritisiert werden, in die immer wieder reingetreten wird?

    also:
    „Allerdings braucht es, bis es zu einer Regel-/Normaufstellung kommt immer einen Aushandelungsprozess, den ich eben bei vielen Kontexten nicht sehe, dass dieser geschehen ist und daher erst einmal aufgenommen werden sollte. Und darum geht es hier. Ist zumindest mein Eindruck.“

    –> ganz genau!

  39. @A.

    So nebenbei, ich möchte keine “neue Diskussion” anzetteln – beim querlesen habe ich eben diesen Artikel entdeckt – wer “weiterdenken” will einfach mal lesen :-)

    http://www.emma.de/hefte/ausgaben-2010/fruehling-2010/schafft-die-lesbe-ab/

    Netter Artikel. Nur finden sich jüngere Frauen darin nicht wohl wieder. Ich gehöre zu der Generation, die in den 80ern erwachsen wurde, da sah es in der Frauenbewegung schon etwas anders aus.
    Ich würde nicht den Begriff Lesbe abschaffen wie Frau Rieger vorschlägt, weil sie sich oder andere stigmatisiert fühlt(e)n. Ich würde eher, wenn ich Energie und Zeit (derzeit beides wenig) investieren wollte, die abstrusen Vorstellungen, die zu politischen Le(s)ben(s)zusammenhängen gehören, abschaffen.
    Ich bin stolz auf mein Leben, auf mich als Frau, als Krüppelfrau, als Lesbe. Wozu sollte ich mich im Einheitsbrei verstecken wie Frau Rieger es sieht. Klar, Lesben sind Frauen. Es sollte frau überlassen werden, wie sie sich nennen will.
    Ich habe keinen Bock, mich zu nennen als Frau mit angehängter Eigenschaft wie Frau mit Behinderung, Frau mit Partnerin. Das ist so verdammt mir zu weich gespült, pc und so seltsam anhörend wie Frau mit Migrationshintergrund oder Frau in Verpartnerung oder was weiß ich für sprachliche Anhängselkonstrukte.

    Wozu noch Lesbisch oder Schwul, so wäre es doch wie der Artikel der EMMA mein, wir sind doch alle Frauen und Männer, sogleich berechtigt oder so gleichberechtigt (bin Wortspielfanatikerin!). Und alle doch homo(sexuell), wozu ein extra Wort.
    Sowas kenn‘ ich aus Krüppelzusammenhängen, da gibt es auch dann die Leute, die Angst haben, sichtbar zu sein, mitsamt von Leuten, die meinen, jeder ist doch irgendwie behindert. Aber ich will nicht abschweifen. Nicht jedeR hier ist mit Behinderung (oder doch?). ;)

    Niemand soll sich Zwangsouten als lebisch oder schwul, aber niemand soll Sichtbarkeit genommen werden. Deswegen bin ich für lesbisch.

    Na, wenn Lesbe abgeschafft wird, brauchen wir dann noch Lesben- bzw. Frauenbewegung? Ist doch auch benachteiligend und mit schlechtem Image.

    Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe darf und kann nicht bedeuten, für ein Ideal, eine Polit-Idee, ein Angstgefühl als Vertreterin der Gruppe sichtbar zu sein, uniform in derselbigen Gruppe Lesbe zu verschwinden oder einfach von der übergeordneten (dominanten) Gruppe Frau sublimiert zu werden. Das würde mich beunruhigen und ich würde mich fragen, wo bleibt eine da als eine von Vielen?

    Ich weiß nicht, ob eine das verstehen kann. Haben die Herren (wenn schwul oder hetero) auch so ein Verschwindibus-Problem?

  40. off-topic ?
    danke @GwenDragon für Deine Gedanken dazu … und klaro u.a. 1. Sprache/sprachliche Genauigkeit finde ich immer wichtig und 2. „Das Sein mit/bestimmt das Bewusstsein“.

    Ich bin einfach dieser sprachlichen/ „Labels“ überdrüssig und empfinde sie als „Korsett“ – vielleicht habe ich einen nicht zu bändigenden „Freiheitsdrang“, so what ;-)

    Aus der angewandten Psychologie weiss ich u.a. „Labeling is disabeling“ – i.S.v. ich begrenze damit auch erstmal meine eigene Selbstreflektion und Weiterentwicklung (weil ich dann weiterhin schon mal mental in einem „normativen“ System“ bleibe) – also wie dt. „Etiketten gehören auf Dosen“/Labels belong on cans not on people.

    Wenn ich also z.B. auf einer Party mit einem Mann tanze und eine Frau küsse o.u., kriege ich dann ’nen Label „Bi“ („igittigitt, wie pfui“) verpasst, obwohl/weil ich einfach in dem Moment lediglich fröhlich, unbeschwert oder mutig „ich selbst“ bin ?

    Aktuell durch diesen Beitrag von Nadine bleibe ich einfach weiterhin „hellhörig“ bei Begriffen wie LGBT, queer, Krüppel usw.

    JedeR darf/soll sich m.M.n. so nennen, „outen“ und leben, wie es ihr/ihm beliebt.
    Das ist/wäre mir jedoch nicht möglich, wenn ich z.B. wg. „Dresscode“/TürsteherIn nicht eingelassen werden würde, hm.

    Als Anregung verstehe ich i.d. Artikel

    > Aber der Begriff „Lesbe“ wirkt negativ, weil wir uns damit von vornherein als Außenseiterinnen definieren.

    In der Genderforschung haben wir gelernt, dass binäre Begriffe unheilvoll sein können, weil sie Gegensätze zugleich festigen, anstatt sie abzuschaffen – selbst wenn wir sie kritisch gebrauchen. Wenn wir uns als Ausnahmen von der Norm definieren, bestätigen wir zugleich unsere Außenseiterposition. Liebe ist aber nicht auf Sexualität beschränkt, sie ist grenzenlos und geschlechtslos. Sie sollte nicht in eine Schachtel gesteckt und mit einem Aufkleber versehen werden.

    Es gilt weiterhin, für die Gleichberechtigung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu kämpfen. Der Begriff „Lesbe“ aber stigmatisiert nur noch, auch wenn wir in den 1970er Jahren glaubten, durch provokante Selbstbezichtigungen aufklärend zu wirken. 130 Jahre sind genug:

    Begraben wir das Etikett, und leben wir einfach das, was zu uns passt. <

    Hm ich denke nicht, dass dadurch "die Frauenbewegung" infrage gestellt würde – wünsche mir lediglich mehr Toleranz/Unaufgeregtheit/Offenheit im Umgang von Frauen/Emanzen/Lesben miteinander.

  41. Würden wir in einer post-heteronormativen Gesellschaft leben, in der es bekannt und akzeptiert wäre, dass Menschen unterschiedlichste Sexualorientierungen haben und dass all das normal ist, bräuchten wir wohl auch keine Labels mehr.

    Wir leben aber – von wenigen großstädtischen Inseln abgesehen – in einer heteronormativen Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die – speziell dort wo man konservativer und provinzieller ist – noch nicht mal weiß oder nicht wissen will, dass es viele Menschen, viele Kollegen, Nachbarn, Sportvereinskameraden usw. gibt, die nicht puristisch heterosexuell und glücklich sind.

    Um das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Gesellschaft real diversifizierter ist als angenommen und dass das normal ist, braucht man Labels und Menschen, die sie sich anheften. In Schulklassen, in Fußballvereinen, bei den Hells Angels, den Kick Boxern, im Gesangsverein, in Lehrerzimmern, den Landfrauen, den Kirchen, der Bundeswehr, der Polizei…

    Die Labels verlieren dann idealerweise auf Dauer ihre negative Bedeutung, werden entstigmatisiert und verschwinden in der Folge von alleine.

    Mal ein Beispiel: Ab Mitte der 60er bis Anfang der 90er Jahre gab es das Label „Langhaariger“, welches eine ganze Reihe von negativen Konnotationen hatte. Dann gab es immer mehr Langhaarige, bei denen unterstellte politische Haltung und Verhalten nicht mit dem Klischee übereinstimmten. Das Stigma und das Label lösten sich auf.

    Würde man aber heute darauf dringen, die Labels schwul, lesbisch usw. abzuschaffen, würden Queers wieder unsichtbarer in der Gesellschaft werden. Hetero wäre Norm, denn für alles andere gäbs nicht mal mehr Bezeichnungen. Wir brauchen aber genau die gegenteilige Entwicklung. Wir brauchen viel mehr Wörter und Labels. Wir brauchen viel mehr Leute, die sich als poly, bi, schwul, lesbisch, trans, inter, whatever outen, damit klar wird, nicht 95 Prozent der Bevölkerung sind puristisch hetero, nicht 90, vielleicht sogar nur 80 oder 75. Erst wenn die Mehrheit weiß und akzeptiert, dass es viele Nicht-Heterosexuelle gibt, brauchen wir nicht mehr drauf hinzuweisen.

  42. @Deef – oki und wie meinst du, das kann dann etwas im Bewusstsein dieses „Mainstream“ ändern ?

    Meine Erfahrung der letzten 20+ Jahre ist, dass dies nur bei Menschen ankommt, wenn sie z.B. überhaupt mal nachdenken/selbst reflektieren wollen – ansonsten wurde z.B. meine Offenheit und Unbeschwertheit nämlich lediglich zur Ausgrenzung GEGEN mich persönlich angewendet (in Form von Mobbing, Ausgrenzung usw.) – selbst bei „Frauen untereinander“ UND selbst in feministischen Projekten …

    Ich suche z.B. gezielt für meine Weiter-Denk-Anregungen im www – und finde sie bisher z.B. was sog. sex-positive-Einstellungen betrifft nur im englischsprachigen Bereich/Blogs.

    Wer hat da was auf Deutsch ?

    Und was ist mit so ’nem Button – eure Meinung ?

    Es gab hier bei MM einen Post von wg. „rotem Lippenstift“.
    Ich wünschte mir den Button also in einem schönen Signal-Klassik-Rot ;-)

  43. @A. du schriebst

    @Deef – oki und wie meinst du, das kann dann etwas im Bewusstsein dieses “Mainstream” ändern ?

    Wenn die Mehrheit die erstarkende Minderheit(en) erkennt, die nicht nur fern, sondern auch im Nahbereich, im Kollegen- und Freundeskreis VertreterInnen hat, wenn sie sieht, dass die Vorurteile nicht haltbar sind, dann ändert sich – so glaube ich – das Bewusstsein von vielen (nicht allen). Siehe mein obiges Beispiel mit „Langhaarige“. Mir ist natürlich bewusst, dass dieser Vergleich nicht ganz passt. Es ist nur EIN Beispiel damit klar wird, was ich meine.

  44. @Leah :
    > Ich kann nicht verstehen und auch nicht akzeptieren, dass in vielen feministischen, queeren u.a. Räumen beispielsweise oftmals eine unglaublich große Ablehnung von Femininität zu finden ist.
    Dass auf queeren oder lesbischen Partys/Veranstaltungen feminin auftretende Personen sehr schnell als nicht zugehörig gesehen werden. <

    Das ist mir u.a. auch immer wieder aufgefallen – ich kann es auch nicht "verstehen".

    Ideen/Gedanken ?

  45. Jede Frage der sexuellen Orientierung außer acht lassend würde ich ‚aufgeheizte‘ besoffene Gruppen die sich dominant aufführen nicht reinlassen. (Hab ich bis jetzt nur in male gesehen, könnte man sich aber prinzipiell auch in female vorstellen).
    Natürlich möchte ich nicht gerne aufgrund meines Genders oder meiner sexuellen Orientierung irgendwo ausgesperrt werden. Andererseits weisen Türsteher/innen einen ja auch wegen der falschen Schuhe, der falschen Fresse o.ä. ab.

    So wie es Raucherclubs für Raucher und SM-Clubs für SM-affine gibt: Wenns denn ohne hetero-Männer sein soll – jedem Tierchen sein Pläsierchen. Ich würde glaub ich in so einen „geschützten“ Club auch als Frau eher nicht so oft gehen…

  46. @A.: also ich kann mir nicht ganz vorstellen das auf einer queeren party feminin auftretende personen diskriminiert werden…das würde den ganzen sinn aufn kopf stellen…ich kann mir in europa eine queere party überhaupt noch nicht so ganz vorstellen, ich glaub da wirds noch ein, zwei generationen brauchen bis wir das konzept verstanden haben. vielleicht wirds mit queer gelabelt, weil menschen glauben das sei ein überbegriff für alles unter schwulesbitrans.

  47. Mann sollte klarer Unterscheiden zwischen Dresscodes a´la Türpolitik, die bewusst eingesetzt werden, und „Dresscodes“, die sich einfach durch Normalität etablieren… Wo es „Mehrheiten“ und „Minderheiten“ gibt, kann ich diese auf den ersten Blick einschätzen… Ich muss es sogar erkennen, dieses „Wissen“ drängt sich bei jedeR Unbekannten auf. Das selbe gilt für verschiedene Szenen.
    Hier tritt niemand auf, der alle Leute daran erinnert, sich doch bitte gleichförmig anzuziehen und sich passend zu verhalten. Das machen die Leute einfach von selbst. (ausführlicher bei Foucault ;o)
    Worauf ich hinauswill: Es gibt da rhetorische Strategien nach dem Motto „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ oder „Man muss als X doch wohl nicht die Frisur Y tragen!“ oder „Darf man sich als Feministin modebewusst kleiden?“
    Hier wird eine Normalität mit einer (Gesetzartigen)Norm verwechselt. Dem eigenen Ausgeschlossenheitsgefühl gegenüber einer vermeintlichen Ingroup wird rebellisch begegnet, die (oft fiktive) Ingroup wird häufig beschimpft. Man kämpft heroisch für eine Freiheit, die man längst hat, die aber außerhalb der Normalität liegt. Oft bekämpft man nurnoch die „Normalen“, manchmal sogar eine Personifizierung abstrakter Mächte, die dahinter stehen. Hin und wieder sieht man sich sogar als einzig normalen Menschen in einer Welt voller Verrückter. Man verteidigt die eigene Normalität/ Zugehörigkeit in jedem Fall…

    Dabei könnte man ja einfach mal was unnormales machen… Macht aber keiner… Und wenn, dann fällt es kaum auf… Seltsam…

  48. schwulesbitrans

    find ich wirklich schade, du, dass die asexuellen wieder mal außen vor sind.
    scheiß diskriminierung.

  49. @ekelbaron:
    „Man kämpft heroisch für eine Freiheit, die man längst hat, die aber außerhalb der Normalität liegt.“
    was genau meinst du damit?
    meine lesart: lesbischwule menschen (und auch asexuelle, aber die haben afaik keine corporate identity, bzw. ich nehme sie nicht wahr – aber vielleicht irre ich mich und die klingonische oper will mich aufklären, würde mich freuen :) ) würden in der breiten gesellschaft keine diskriminierung mehr erfahren. da würde ich dir vehement widersprechen. meine erfahrung: umso mehr ein mensch sichtbar von der heteronorm abweicht, umso mehr ärger hat er im alltag.

    nadine, dein text ist ja jetzt nicht mehr so schrecklich aktuell, aber mich freut es trotzdem weiterhin dass du das thema ansprichst. leider scheint sich unter frauen liebenden frauen die annahme breit gemacht zu haben, wenn frau keinen sexismus auf parties erleben will, müsse sie nur alle männer ausladen und fertig ist die lauge. was ich auf lesbischen mainstreamparties an sexismus und ignoranz gegenüber menschen in problematischen situationen erlebt habe, stellt locker jede dorfdisko in den schatten. da wünsche ich mir dringend mehr input zum thema – wie wär’s?

  50. @arrr!: Erklär mal einem SPD-Politiker was Zwangsheterosexualität bedeutet… Er wird bestreiten, dass es da noch einen Zwang gibt, weil heute ja schließlich auch Leute legal Homosexuell sein dürfen. Trotzdem gibt es … äh… strukturelle Normativitäten… Dispositive… unhinterfragte Normalitäten die und zu bestimmten Identitätsmustern drängen… So stranges Zeug halt…

    Ich wollte zwischen zwei Mustern der Ausgrenzung unterscheiden. Das Erste ist beabsichtigt und dient normalerweise dem Schutz einer Gruppe vor „Anderen“. Das Zweite ist eher unbewusst und ergibt sich irgendwie aus der Beschwörung des „Wir“. Letztere Diskriminierungen sind „eigentlich“ nur eingebildet… Eigentlich… Denn sie funktionieren ja schließlich gesamtgesellschaftlich recht eindrucksvoll…

    Wer im Tussi-Outfit zum Ladyfest geht, wird sich wahrscheinlich ausgeschlossen fühlen. Auch wenn niemand irgendwie negativ reagiert, einfach nur weil sie neben dem Dresscode liegt. An dieser Stelle kann sie
    1. Versuchen selbstbewusst zu ihrem Outfit stehen, sich aber langfristig schon irgendwie anpassen, sofern sie weiter auf Ladyfeste geht.
    2. Den Dresscode bewusst übernehmen.
    3. Den beleidigten Sarrazin geben: „Man wird sich ja wohl noch schick machen dürfen!“

    Ich wollte natürlich nix leugnen… aber die Regel: „Je queerer desto diskriminierter“ ist jetzt mal ziemlich platt… Intersektionalität und so… Kommt auch immer drauf an, wer wo gegen welche Regel verstößt…

  51. … Zwangsheterosexualität …

    beim lesen dieser diskussion fällt auf, dass sexualität nahezu das einzige identitätsstiftende kriterium zu sein scheint.

    aber ist das nicht auch privatsache?

  52. @all

    es freut mich, dass ihr dieses thema noch immer für diskussionswürdig erachtet, doch bevor wir uns hier in oppression olympics und falschen lesarten von queer und heteronormativität üben, würde ich doch eher anraten auf den nächsten ähnlich gelagerten artikel zu warten. sonst franst die diskussion am ende doch sehr aus und das wäre doch
    schade um das bisher fruchtbare, was hier bereits vor einiger zeit diskutiert wurde.

    schönen abend und gute nacht!

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