Liebe, Sex & Zärtlichkeit

Heute müssen wir mal über Aufklärung sprechen. Und wenn ich persönlich über Aufklärung rede, dann komme ich um die Bravo nicht herum.
Ich komme auf dieses Thema, weil vor ein paar Tagen eine Freundin sinngemäß zu mir meinte, die Tatsache, dass die Jungs auch nicht immer Sex haben wollen (oder können) habe sie erst mühsam in ihren Beziehungen lernen müssen. Ich kann für mich sagen: Man kann der Bravo viel vorwerfen, aber das hat sie mir anders beigebracht!

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Aber beginnen wir von vorne:
Aufgeklärt im Sinne von „Woher kommen denn die kleinen Kinder?“ wurde ich von meiner Mutter mit einem Aufklärungsbuch, so im Grundschulalter, wenn ich mich recht entsinne. Irgendwann um meine erste Regel herum versuchte meine Mutter dann das erweiterte Aufklärungsgespräch. Das war mir aber erstens einfach nur peinlich und zweitens erzählte sie mir nichts, was ich nicht schon wusste, denn ich war ja eifrige Bravo-Leserin.

Angefangen hatte es damit, dass mein damaliger Star immer öfter das Cover schmückte. Also durfte ich sie kaufen, wenn ein Bericht über ihn darin war. Irgendwann hatte ich sie dann regelmäßig, der Markt war zu der Zeit auch noch nicht so überfüllt mit diesen Blättchen.

Damals hatten alle meine Freundinnen die Bravo, oft lasen wir sie zusammen, kicherten über Dr. Sommer, die berühmte in der Überschrift zitierte Doppelseite, lästerten über Boybands und fanden den Fotoroman meistens selten dämlich. Und ich kann sagen: Weisheiten wie „Immer Kondom benutzen“, „Rückzieher ist keine Verhütungsmethode“, „nur weil alle Freundinnen Sex haben, ist es trotzdem okay, wenn du noch keinen hast“, „auch während der Tage muss verhütet werden“, „guten Sex muss und kann man lernen“ oder eben „auch Jungs haben mal keine Lust“ hat die Bravo mit vermittelt. Druck hat sie mir trotzdem manchmal gemacht, wenn auch viel subtiler. Wenn Stars mit der Überschrift „Ich war ein echter Spätzünder“ angekündigt wurden und im Text stand, dass derjenige tatsächlich erst mit 13 das erste mal geküsst habe, dann saß ich da, 14 und ungeküsst und ganz wohl war mir nicht dabei. Wenn angeblich 12jährige die Frage stellten, ob sie nun blasen sollten oder nicht, dann fühlte sich das auch irgendwie seltsam an.

Wenn ich heute mal eine Bravo in die Finger bekomme, dann erschrecke ich manchmal ein wenig und fühle mich dann sehr schnell irgendwie alt. Besonders verstörend finde ich eine Reihe namens „That’s me!“, eine Doppelseite, auf der einen Seite ein nackter Junge, auf der anderen ein nacktes Mädchen. Diese Serie gab es in Ansätzen schon, als ich selber noch regelmäßige Leserin war. Allerdings sahen die Teilnehmer da noch ein wenig anders aus: Weder waren Genitalpiercings an der Tagesordnung, noch kompletter „untenrum-Kahlschlag“ (hier fehlt mir leider der Fachterminus, den es bestimmt gibt). Vor allem letzteres scheint heute eine Teilnahmevoraussetzung zu sein. Ohne dass ich eine Schamhaarrasurdiskussion heraufbeschwören will, aber ich persönlich finde es verstörend, wenn (beginnenden) Teenies vermittelt wird, dass all das, was da gerade erst vorsichtig anfängt zu sprießen, sofort wieder weg muss (mal ganz abgesehen davon, dass ich diesem Trend aus anderen Gründen sehr kritisch gegenüber stehe, aber das gehört hier nun wirklich nicht her).

Andererseits: Wie oft mussten wohl meine Mutter oder die Leiterinnen im Ferienlager schlucken, wenn sie eine meiner Bravos in den Händen hielten? Zumal ich die Aufklärungsteile nach wie vor insgesamt für gut und richtig erachte.

Wahrscheinlich ist das also schon alles irgendwie okay so.

Oder?

23 Kommentare zu „Liebe, Sex & Zärtlichkeit

  1. Hmm,

    Anna, ja – wahrscheinlich ist das alles irgendwie ok so. Irgendwie. So.
    Weil halt nichts besseres da ist, das die Aufgabe übernehmen könnte.

    Ich hatte übrigens noch nicht mal die Bravo. In meinem christlich-konservativen Umfeld gab es nur einen, der die Bravo kaufen durfte, und das war nun wirklich kein Vorbild – Mosquito durfte ich mal sehen, in der ARD. Das war auch ganz cool und informativ. Aber die wesentlichen Infos bekam ich aus Anatomielexika und den Frauenzeitschriften meiner Mutter und Schwester. Anfangs dachte ich noch, gut zu erfahren, was die Zielgruppe denkt und fühlte mich clever.

    Aber das Männerbashing fängt ja da schon an. Jedenfalls habe ich das so empfunden. Den Magazinen zufolge waren wir zu aggressiv, oder zu wenig romantisch, oder dies oder das. Nichts war eindeutig, aber alles war falsch. Und ich war ernsthaft überrascht, als mir eine Freundin dann so mit ca. 20 erklärte, auch Frauen wären ab und an einfach nur geil und hätten Lust auf Sex, und würden ihre Sexualität nicht ausschließlich gezielt und strategisch einsetzen – denn das war bei mir durch die Lektüre hängen geblieben. Ein teures Candlelight Dinner war angeblich der Mindestpreis für das eine, das Männer ja angeblich immer wollen… und männliche Sexualität war immer irgendwie anrüchig, tendenziell ausbeuterisch, nicht ehrlich oder sogar gewalttätig. Und das war der nicht-feministische Teil der Lektüre.

    Förderlich war dieser Lesestoff im Rückblick weder für mein Verhältnis zu einzelnen Frauen und zu Frauen im Allgemeinen, noch für das zu meiner eigenen Sexualität – und ja, den Druck habe auch ich gespürt – ungeküsst mit 16. Das war hart – aber vor allem aus Statusgründen. Ansonsten war ich bis dahin mit Händchenhalten vollauf zufrieden, hatte nicht zuletzt wegen der Lektüre der ganzen Infos auch etwas Angst vor mehr (HIV und so weiter) und außerdem wollte ich irgendwie ja auch beweisen, daß ich ein besserer Mann bin als die, die „immer nur das eine wollen,“ auch wenn das letztlich unehrlich war und nur eine bessere Ausrede für meine Angst.

    Aber der Druck wäre mit oder ohne Bravo da gewesen, da sollten wir uns nichts vormachen – gerade in der Pubertät geht es viel mehr um Sozialstatus als um alles andere.

    Hat irgendwer mal „Can’t buy me love“ gesehen?

    Was hätte ich mir damals gewünscht? Eine echte Vertrauensperson, mit der ich meine Unsicherheiten und Wünsche hätte diskutieren können. Sowas wie einen viel älteren Bruder, der den Bullshit schon durchschaut hat…

  2. jj, das erklärt einiges… Ich kann dich beruhigen, auch ich frage mich beim lesen solcher Zeitschriften immer, aus welchem Paralleluniversum da berichtet wird (aber das versuchen „wir“ dir hier ja schon länger zu erklären, genutzt zu haben scheint es bis jetzt wenig)

  3. Miriam,

    „jj, das erklärt einiges… Ich kann dich beruhigen, auch ich frage mich beim lesen solcher Zeitschriften immer, aus welchem Paralleluniversum da berichtet wird (aber das versuchen “wir” dir hier ja schon länger zu erklären, genutzt zu haben scheint es bis jetzt wenig)“

    Ich weiß jetzt zwar nicht genau, was ich Dir mit meiner Geschichte erklärt haben könnte, aber ok. Ich glaube übrigens nicht, daß „Paralleluniversum“ der richtige Begriff ist – zumindest nicht, wenn er implizieren soll, daß derartige Dinge in der „echten“ Wirklichkeit nicht vorkommen. Wenn es aber um die Frage der gedanklichen und emotionalen Emanzipation von problematischen Erwartungen als „Paralleluniversum“ gehen soll, dann stimme ich Dir absolut zu.

    Ich verstehe allerdings nicht so ganz, woran Du denkst, wenn Du sagst, daß „ihr“ mir das schon länger zu erklären versucht, das aber noch nicht bei mir angekommen sei – ich kann nur raten: Daß Menschen vielfältiger sind als die Schnittfiguren aus Zeitschriften? Die Lektion (und ein paar andere) habe ich glücklicherweise in der Zwischenzeit gelernt (und das war gut für mein Verhältnis zu einzelnen Frauen, Frauen als solchen, zu mir selbst und meiner Sexualität!).

    Aber eine gesunde soziale Heterogenität bedeutet nicht, daß man keine Modellbildung vornehmen kann, wenn es um die Frage meschlicher Grundmotivationen und ihrer spezifischen kulturellen Ausprägungen geht – man muß nur die richtigen Variablen identifizieren. Aber das gilt ja immer.

  4. Ich kann Anna größtenteils zustimmen. Was die Bravo mir allerdings auch vermittelt hat: Schritt-für-Schritt-Anleitungen fürs „Verführen“ (so geht’s „richtig“); Menschen mit Brille können nicht sexy sein (zwei Bilder mit ein und derselben schlanken, schönen jungen Frau: einmal mit Brille, Business-Kostüm, zusammengebundenen blonden Haaren und der Bildunterschrift „unscheinbar im Alltag…“; einmal auf dem Bett in Unterwäsche mit offenem Haar, ohne Brille, dafür mit der Bildunterschrift „…äußerst erotisch in der Liebe“; mich als eher stämmige dunkelhaarige Brillenträgerin hat das nachhaltig beeindruckt); das gelungene „erste Mal“ hängt davon ab, dass „er“ zärtlich ist und „sie“ seine Zärtlichkeiten („sanftes Eindringen“, wegwischen der Freudentränen) empfängt; wer nicht flirten kann, bleibt für immer allein…
    Ich habe aus der Bravo auch viel „gelernt“, aber es wäre so viel schöner gewesen, wäre das anders gegangen… mit 11 wollte ich echt nur die Stars aus Beverly Hills 90210 als Starschnitt (und „Mein erstes Mal“ lesen, OK), und eigentlich nicht da schon denken, dass Dinge mit mir und meinem Körper nicht stimmen, über die ich vorher noch nie nachgedacht hatte.

  5. meine frühzeitige informiertheit über verhütung hab ich auch BRAVO & co zu verdanken, was sicher ein guter dienst war.
    trotzdem seh/sah ich das glaub ich kritischer als Anna… ok, männer haben vlt auch mal keine lust – aber wie jj et al schon anmerkten, ging der grundtenor bezügl. weiblicher und männlicher sexualität schon in eine andere richtung. ich erinner mich noch genau, wie ich als pre(?)teen empört war über die „das erste mal“-folge der tina&bennie-reihe (oder welches pärchen da grad dran war).
    in einer seitenleiste standen gesondert für mädchen und jungs 1st-time-tipps: mädchen sollten eben darauf achten, sich zu nichts überreden zu lassen, wofür sie noch gar nicht bereit wären und über mögliche ängste und sorgen reden bliblablub – und was stand bei den jungs? die sollten dafür sorge tragen, mögliche abwehr- oder brems-reaktionen seitens der mädchen nicht zu übersehen bzw übergehen und allgemein ganz sanft und behutsam zur tat schreiten! dass ein junge vlt AUCH ängste und hemmungen vor dem ersten sex haben könnte – na nicht doch!
    oder auch öfter zu lesen, adressiert an die mädchen: „du allein entscheidest, wann euer erstes mal stattfindet!“ – ach ist ja interessant?! der junge scheint da vom mitspracherecht ausgeschlossen zu sein. ach nein, stimmt ja – der will ja sowieso immer und jederzeit und unentwegt! während es um mädchen ist, permanent auf die bremse zu treten. *brodel*
    oder zigfach die sommersche beschwichtigung bezüglich homosexueller *phasen* :ROLL:

    BRAVO Girl! war ja sogar immernoch ne nummer schärfer: tipp, wenn du den geschmack von ejakulat nicht magst – die zunge hat ganz hinten keine geschmacksnerven *LOL* komm immer ein bisschen zu spät zu einem date, mach dich rar und interessant. wenn dir beim aufstehen der mini hochrutscht – bloß nicht hektisch wieder runterzurren, sondern langsam und verführerisch wieder in position bringen. sieh zu, dass du den angebeteten jungen ganz „zufällig“ blicke in deinen ausschnitt gewährst. bloß immer ordentlich die beine rasiert (ist auch hygienischer) und die hornhaut geraspelt – „nichts ist abtörnender, wenn der fuß, der verführerisch am bein des boys entlangstreicht, rauh und kratrzig ist!“
    und allgemein immer ’stilberatung‘ mit dick makeup, haarteilen, push-up, falschen nägeln, falschen wimpern – und dann auf den kummerkasten-seiten die typen in der kluft zerreißen, die die armen mädchen ja gar nicht wirklich geliebt haben und gar nur auf sex aus waren! oh nein!
    denn merke: frauen wollen liebe und das ist der einzig mögliche grund, warum ein mädchen sex zustimmen wollen würde.
    oh. mann.

    so, jetzt hab ich mich ein bisschen in rage geschrieben, sorry^^

  6. @elbu ad Brillenträger: Schon allein bei der Beschreibung wird klar dass der Vergleich ned fair ist. Wenn dann gleiche Person, Kleidung und Haltung mit und ohne Brille. Alles andere ist ja wissenschaftlich keine ordentliche Vergleichsbasis. Das sag ich als einer der seine Brille immer trägt um smarter und mehr sexy auszusehen…
    ABER: Die Brille muss gut aussehen. Und den notwendigen Geschmack für eine schöne Brille hat kaum jemand.

  7. das beruhigt mich^^

    ich hätte aber vlt trotzdem nochmal korrekturlesen sollen, vorm abschicken T_T
    eine edit-funktion wär ne gute sache^^

  8. „aber wie jj et al schon anmerkten, ging der grundtenor bezügl. weiblicher und männlicher sexualität schon in eine andere richtung.“

    nur hat jj eben nicht die Bravo gelesen.

  9. @ illith: Ne Edit-Funktion ist eigentlich eine super Idee. Allerdings müsste sich dann jede_r, die oder der hier mitdiskutieren will, erst mal registrieren.

    Wir werden das mal diskutieren. Alle technischen Neuerungen müssen allerdings bis 2009 warten, weil ich in diesem Jahr nicht mehr dazu kommen werde. Aber alle Wünsche, Anregungen etc. immer gern an mannschaftspost(at)web.de

  10. Lieber Thomas, vielen Dank dafür! Das schaue ich mir nach Weihnachten gleich mal an. Bis dahin müsst ihr bitte einfach langsamer tippen und was ja auch immer eine gute Idee ist: das Geschriebene vor dem Abschicken noch mal lesen.

    Schöne Grüße!

  11. jj, du sprichst da einen wichtigen Punkt an. Mit der Wahrnehmung weiblicher Sexualität gab es schon einige Fortschritte, vor allem Richtung Selbstbestimmung und Spaß dran haben, aber die Wahrnehmung männlicher Sexualität in solchen Heftchen kommt eher nicht aus dem Klischee des dauergeilen Neandertalers raus.
    Dass – als Frau oder als Mann – mit einem Mann zu schlafen noch immer mit Unterwerfung („sich hingeben“) konnotiert ist, hilft dabei auch nicht unbedingt weiter.
    Interessanterweise sind die Männermagazine da nicht viel besser. (Ich habe immer die FHM meines Bruders gelesen.) Und was in den Männermagazinen über weibliche Sexualität steht, ist auch ziemlich grausam. (Stichwort Zicke mit Dauermigräne, die eh nur aufs Geld aus ist …)

    Vermutlich bräuchten wir mal wieder einen summer of love oder einen zweiten Kolle, Oder beides.

  12. das schlimme ist ja auch, dass die grausamen abhandlungen über sex-themen in männermagazinen oft von frauen geschrieben werden (zumindest in der Men’s Health)

  13. „Die frau als strenger Gatekeeper, und der mann als Performer, der sich zu beweisen hat“

    job, sowas nennt sich sexuelle selektion, ist im tier (und menschenreich) sehr weit verbreitet und dient eigentlich dazu nur die „besten“ gene durchzulassen.

    *duckundrenn* ;)

    … nur so als kleine anekdote eines eigentlich stillen mitlesers…. hier hats mich einfach in den fingern gejuckt…

  14. @ keeper

    ja coole Sache. Während also der Besitzer des Lamborghini Gallardo schwer im Beischlafstress ist und Doppelschichten schieben muss, schaut der Fiat Uno Fahrer dumm und mutterseelenalleine aus der Wäsche.

    Der positive Aspekt bei der Geschichte: Man kann ja dem Lamborghini Typen während dieser sich langsam zu Tode vögelt einfach seinen Karren klauen (uups meine natürlich ausleihen) um auch mal einen Stich zu machen *lol* Geniale Idee, die brenn ich gleich mal auf meine Gene bevor ich sie weitergebe… ;-)

    Aber mal im Ernst: Ich denke, das menschliche Paarungsverhalten ist etwas komplexer, als es uns die Männermagazine weismachen wollen, meinst du nicht?

  15. „er positive Aspekt bei der Geschichte: Man kann ja dem Lamborghini Typen während dieser sich langsam zu Tode vögelt einfach seinen Karren klauen (uups meine natürlich ausleihen) um auch mal einen Stich zu machen *lol* Geniale Idee, die brenn ich gleich mal auf meine Gene bevor ich sie weitergebe… ;-)“

    absolut richtig und wird im tierreich sehr oft gemacht. (im übertragenen sinn natürlich, wer hat denn schon einen gorilla mit Lamborghini gesehen ;D)

    das menschliche paarungsverhalten ist gleichzeitig einfacher und schwieriger als man sich vorstellt… es kommt nur drauf an an welchem „ende“ man(n) und frau steht ;)

  16. Neeva,

    jj, du sprichst da einen wichtigen Punkt an. Mit der Wahrnehmung weiblicher Sexualität gab es schon einige Fortschritte, vor allem Richtung Selbstbestimmung und Spaß dran haben, aber die Wahrnehmung männlicher Sexualität in solchen Heftchen kommt eher nicht aus dem Klischee des dauergeilen Neandertalers raus.

    Stimme Dir absolut zu.

    „Dass – als Frau oder als Mann – mit einem Mann zu schlafen noch immer mit Unterwerfung (”sich hingeben”) konnotiert ist, hilft dabei auch nicht unbedingt weiter.“

    Ja, und mit Gewahlt. Seit ich das Zitat gefunden habe, sage ich das immer wieder mit den Worten der Feministin Naomi Wolf –

    „there is an elaborate vocabulary in which to describe sexual harm done by men, but almost no vocabulary in which a woman can celebrate sex with men.“

    Und „almost no vocabulary“ halte ich für eine Untertreibung. Aber das ist dann wieder so ein Moment, an dem man als Mann Charlotte Roche für ihr merkwürdiges Buch danken muß, vielleicht fällt bei ihrer Sprachentwicklung für Frauen ja auch für uns etwas ab.

    Interessanterweise sind die Männermagazine da nicht viel besser. (Ich habe immer die FHM meines Bruders gelesen.) Und was in den Männermagazinen über weibliche Sexualität steht, ist auch ziemlich grausam. (Stichwort Zicke mit Dauermigräne, die eh nur aufs Geld aus ist …)

    Ist das überraschend? Finde ich eigentlich nicht. Aber ich kenne niemanden, der solche Magazine inhaltlich ernst nimmt. Inhalte sind da doch letztlich die Ausrede für die großartigen Naturaufnahmen ;). Ist ja auch schwierig – als Mann ist es ja auch schwierig, eine selbstbewußte Sexualität zu entwickeln, denn sie wird ja immer als potentiell gefährlich angesehen (und ja, das war auch schon vor dem Feminismus so, aber da war das kein individueller Vorwurf, „Männer waren eben so.“) Da ist es sicher einfacher, sich in – auch kollektive – Phantasiewelten zu flüchten.

    „Vermutlich bräuchten wir mal wieder einen summer of love oder einen zweiten Kolle, Oder beides.

    Klingt gut. Aber danach sieht es im Moment eher nicht aus. Der Backlash nach rot-grün ist voll im Gange und – da das hier ja eine feministische Seite ist – der „institutionelle“ Feminismus und das darin und darüber hinaus institutionalisierte Gedankengut der „zweiten Welle“ ist dabei eine zumindest in Teilen durchaus problematische politische Kraft.

    Irgendwer hat mal gesagt oder geschrieben, daß die ganze (wenige) Sexualerziehung unter dem Motto „no means no“ abläuft. Das ist wichtig, aber nur eine notwendige Bedingung. Zu „no means no“ sollte aber eigentlich immer auch die Befähigung gehören, im richtigen Moment auch „yes means yes“ sagen zu können, und das ist halt noch deutlich schwerer zu erlernen.

  17. Peter, Keeper,

    „Aber mal im Ernst: Ich denke, das menschliche Paarungsverhalten ist etwas komplexer, als es uns die Männermagazine weismachen wollen, meinst du nicht?“

    Es kommt immer drauf an, was man unter Paarung versteht. Einer der wesentlichen Unterschiede zu den meisten Tierarten ist „mutual choice“. Wir haben zwar einen gewissen Grad an sequentieller (und partiell auch simultaner) Polygynie, aber gleichzeitig auch „mutual choice“. Der Konkurrenzkampf um den idealen Partner ist nicht auf Männer beschränkt – glücklicherweise. Das ist bei, sagen wir Rebhühern, anders. Da nehmen die Männer wirklich alles, was sie ranläßt. Aber das ist, alles Vorurteilen zum Trotz, bei Menschen definitiv nicht so. Sonst wären Frauen vermutlich nicht so schön wie sie sind, denn ein Großteil ihrer Schönheitsattribute ist nicht wirklich ein reproduktiver Fitnessindikator, sondern eine evolutionäre Ausrichtung am männlichen sexuellen Geschmack (so wie sich der Penis ja auch im wesentlichen so entwickelt haben dürfte, um Frauen sexuell besser befriedigen zu können (und sie so zu binden) denn als möglichst effektiver Spermienüberträger. Letztlich scheint sich die menschliche Sexualbiologie ohne eine Rückgriff auf ein Frauen und Männern gemeinsames Bedürfnis nach Sex und danach, beim und für den Sex dem Partner zu gefallen, kaum sinnvoll erklären. Diese Gegenseitigkeit ist offenbar eher selten im Tierreich zu beobachten.

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