Künstlerinnen des neuen Jahrtausends

Dieser Text ist Teil 84 von 140 der Serie Die Feministische Bibliothek

The-Reckoning-Cover-JPG_335WMit The Reckoning – der Abrechnung – ist ein Sammelband überschrieben, der einen Blick in das Schaffen zeitgenössischer Künstlerinnen wirft. Und nicht nur der Titel gibt sich kämpferisch: Als Illustration des Covers wurde ein Standbild aus Pipilotti Rists Video-Installation Ever Is Over All aus dem Jahr 1997 gewählt. In dieser schlägt Rist mit einer blumenförmigen Metal-Stange auf Autos ein. Die Zerstörung des männlich konnotierten Statussymbols durch die Frau mit der Blume in der Hand im blauen Sommerkleid, rote Schuhe.

Im Jahr 2007 hatten die Autorinnen Eleanor Heartney, Helaine Posner, Nancy Princenthal und Sue Scott bereits den Band After the Revolution: Women Who Transformed Contemporary Art veröffentlicht. In diesem betrachteten sie (us-amerikanische) Künstlerinnen, die seit den 1960igern aktiv waren und als wegweisend mit ihren Arbeiten gelten können. Fünf Jahre später nun wollten die vier Antworten auf die Frage der Kunsthistorikerin Linda Nochlin suchen: „Nach der Revolution kommt die Abrechnung. […] Was genau wurde erreicht, was hat sich verändert?“

Insgesamt präsentieren sie dafür 25 Künstlerinnen, die sie in vier Kategorien eingeordnet haben: Bad Girls („Schlechte Mädchen“, thematisiert werden hier vor allem Sexualität, Begehren, Objektifizierung), Spellbound („Verzaubert“, das subversive Unterlaufen von weiblich (negativ) konnotiertem Verträumtsein, „Passiv“sein), Domestic Disturbances („Häusliche Aufruhr/ Störungen“, Blicke in die häusliche Pshäre ) und History Lessons („Geschichtsstunden“).

Dabei merken die Autorinnen auch bereits in der Einleitung an, dass ihnen bewusst ist, dass sich die einzelnen Künstlerinnen nicht immer ganz fein säuberlich so katalogisieren lassen, viel mehr ginge es ihnen darum (thematische) Eckpunkte aktueller feministischer Kunst aufzuzeigen. So wird jede dieser vier Sektionen mit einem Einleitungstext eingeführt, der wichtige Themen diskutiert und Verbindungen zu den künstlerischen Vorgänger_innen aufbaut. Anschließend werden die einzelnen Künstlerinnen jeweils reich bebildert vorgestellt. Die Texte sind gut verständlich geschrieben, geben Kontext, erklären Herangehensweisen und erlauben auch Kunst-Neulingen einen spannenden Einstieg in das jeweilige künstlerische Schaffen.  Sicher wäre bei einigen Porträts eine etwas kritischere Auseinandersetung wünschenswert gewesen, aber definitv ist das Buch ein super Ausgangspunkt für die Auseinandersetzungen mit aktueller feministischer Kunst, werden doch Künstlerinnen verschiedener Herkünfte, Positionierungen und künstlerischen Verortungen mit ihren unterschiedlichen Medien präsentiert und in Bezug zueinander gesetzt.

Und wenn das Buch zugeklappt wird, weiß eine auf jeden Fall mehr über: Ghada Amer. Cecily Brown. Tracey Emin. Katarzyna Kozyra. Wangechi Mutu. Mika Rottenberg. Janine Antoni. Cao Fei. Nathalie Djurberg. Pipilotti Rist. Jane und Louise Wilson. Lisa Yuskavage. Kate Gilmore. Justine Kurland. Klara Liden. Liza Lou. Catherine Opie. Andrea Zittel. Yael Bartana. Tania Bruguera. Sharon Hayes. Teresa Margolles. Julie Mehretu. Kara Walker. Und zu mindestens was diese Künstlerinnen bisher erreicht haben und wie sie weiterhin Kunst ver_ändern.

Eleanor Heartney, Helaine Posner, Nancy Princenthal, Sue Scott. 2013. The Reckoning. Women Artists of the New Millennium. Prestel. 256 Seiten.

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