Ich will ich sein, anders will ich nicht sein

Im Magazin der Süddeutschen Zeitung hat sich Daniel Craig zu seiner Rolle als James Bond und zu der Rolle von Männern in der Gesellschaft geäußert. Ein tolles Interview, gerade weil Craigs Ansichten so gar nicht zu denen des Martini-trinkenden Supermannes passen. Für mich steht James Bond für so gut wie alles, was ich als Mann nicht ausleben will. Ich mag keine schnellen Autos, ich fahre lieber Bahn. Ich habe ungern Uhren aus denen Pfeile geschossen kommen, ich würd mich wahrscheinlich damit selbst erledigen und wie gut ich im Nahkampf bin, weiß ich nicht, ich hab es noch nie getestet. In seinem Interview beschreibt Craig vieles, was eher dem „modernen Mann“ zugeschrieben wird, ganz im Gegensatz zum „zum alten Mann“ der ja dann eher durch James Bond verkörpert wird.

Quotenmann

(C) Eva Hillreiner, www.evahillreiner.de

Die Vokabeln alt und modern darf hier auch ruhig wertend verstanden werden. Ich finde es gut, wenn auch mal Männer, wie Craig im Interview, zugeben können, das sie Nachts vor Sorgen nicht durchschlafen können, wenn sie sich als Mann nicht automatisch als Familienoberhaupt sehen oder eben androgyne Männer zum Vorbild haben. Ich finde es klasse, dass es eben nicht mehr nur ein klares Rollen(vor)bild gibt und entweder du ensprichst diesem oder du wirst ausgegrenzt. Viele andere Männer – zumindest nehme ich dies derzeit so wahr – bemängeln jedoch gerade dieses Fehlen eines klaren Vorbildes häufig. Auch im Interview wird Craig zu dieser Thematik angesprochen:

SZ: Ist es für junge Männer heute schwerer als in Ihrer Jugend, eine klare Rolle in der Gesellschaft zu finden?
Craig:
Ich glaube schon. Zumindest machen junge Männer heute auf mich oft einen, wie soll ich sagen, ratloseren Eindruck als früher.

Die Frage ist tricky, denn sie suggeriert, dass das Suchen und Finden etwas Schlechtes sei. Denn meiner Meinung nach stimmt es ja, dass es schwerer geworden ist, eine klare Rolle zu finden, aber ich finde das sogar gut! Ich finde es gut, dass ich als Mann heute die Freiheit habe – zumindest mehr als früher – meine Rolle in der Gesellschaft selbst zu finden. Dass ich mich mit mir auseinandersetzen muss und mein Verhalten und mein „Mann-Sein“ so auslebe, wie es zu mir passt. Etwas suchen zu müssen heißt nämlich, dass es eben nicht da bzw. vorgegeben ist. Dass ich eben die Freiheit habe, mich nicht für Autos zu interessieren oder mich nicht mit anderen Männern zum Saufen auf Parkplätzen treffen und bescheuerte Witze über Frauen, Schwule oder Weicheier reißen muss. Aber klar: etwas selber zu finden – gerade sich selbst – ist immer schwerer, als wenn es ein anderer für mich tut.

Natürlich ist Suchen nicht immer einfach. Jeder muss sich mit sich selbst beschäftigen, und das noch in der Pupertät, da ist sowieso schon alles ein bisschen schwerer. Aber klare Rollenvorgaben haben immer nur denen genützt, die gerne so sein wollten. Für alle anderen waren sie ein Ballast. Sie mussten sich anpassen oder wurden zum Außenseiter. Und ein Außenseiter in der Pubertät zu sein, war noch nie schön und wird es auch nie werden. Deshalb verstehe ich es nicht, wenn gesagt wird, dass fehlende Rollenvorbilder zu mehr Gewalt führen. Wenn ich von meiner Elterngeneration höre, wie sie in Bayern auf dem Land mit Andersartigkeit umgegangen sind, dann bin ich sprachlos. Ich will die Gewalt heuzutage nicht verharmlosen oder leugnen. Aber ich glaube nicht, dass diese von einem fehlendem Männerbild herführt. Ich glaube viel eher, dass dieses „alte“ Bild noch zu sehr in unserer Gesellschaft vertreten ist. Denn für mich gehört zu diesem Bild ganz klar, der Stärkere zu sein und wenn nötig auch mal drauf zu schlagen, ganz nach dem Motto: „Jungs dürfen sich ruhig mal prügeln.“

Für mich kann die Zerstörung der Rollenklischees gar nicht weit genug gehen. Und das sage ich nicht als ein komplett femininer Typ. Ich habe einige Eigenschaften, die landäufig wohl eher den Männern zugeschrieben werden: Ich habe keine Angst vor Spinnen, ich repariere gerne Gegenstände, bin handwerklich nicht komplett ungeschickt, kann mich räumlich orientieren und was weiß ich noch so. Aber das ist eben nur ein Teil von mir und ich bin froh, den anderen auch ausleben zu dürfen. Ich bin eben für die Zerstörung der Rollenklischees, da ich von jedem das will, was für mich am besten ist. In meiner Kindheit hatte ich oft das Gefühl, dies nicht machen zu dürfen. Wenn ich lieber mit meiner Freundin mit Barbies (Ich war vier und wusste noch nicht mal, wie Feminismus geschrieben wird!) als mit meinem Freund Fußball gespielt habe, wurde ich dafür gehänselt. Gerade in der Schulzeit war es wichtig, ein richtiger „Mann“ zu sein. Und ich habe nicht im Geringsten das Gefühl, dass sich seitdem so viel verändert hat.

Ich wäre sehr froh gewesen, weniger „männliche“ Erwartungen erfüllen zu müssen. Und ich kann gar nicht sagen wie froh ich bin, dass ich derzeit selbstbewusst und ausgeglichen ein Leben führen darf, in dem ich bin wie ich bin. Und das ich ein Mann bin, kann mein Arzt bestätigen.

25 Kommentare zu „Ich will ich sein, anders will ich nicht sein

  1. Recht so!

    Sicher und einfach ist zwar… na ja, sicher und einfach, aber das bringt uns auf Dauer nicht weiter. Wenn Jungen ihren eigenen Weg suchen müssen, müssen wir ihnen die Mittel an die Hand geben, und wer weiß, was die dann mit diesen Mitteln noch so finden?

    *Achtung, weglesen* Am Ende finden die sogar den Kitzler *ich habs ja gesagt*

    Ich entschuldige mich für den schlechten Witz. Ansonsten aber wie gesagt: Zustimmung!

  2. Das Interview mit Daniel Craig hat mich auch begeistert, auch dass er seine Vorbildfunktion als James Bond kritisch sieht. Aber wie bei Schauspielerinnen auch denke ich, dass Film Film und eine Rolle eine Rolle ist, dass man die Person dahinter ganz klar davon trennen muss.

    Ansonsten: Juchu, mehr Männer die dazu stehen, dass sie einfach sie selbst sind und nicht irgendein Abziehbild.

  3. och daniel craig schlägt doch genau in die richtige kerbe, ich mein, sich prügeln sollte generell indiskutabel sein, und was solls, ich bin doch auch kein matcho, nur weil ich meine technikbegeisterung und eine gewisse faszination für waffen nicht leugnen kann und darauf schiebe, dass ich nunmal männlich bin :-D

  4. Nur kurz wg. Karneval: a) man sollte nicht vergessen, daß die meisten Menschen es nicht schaffen, „sich zu finden“. Rollenbilder erzeugen Sicherheit für die allermeisten. Es ist sicher gut, sie möglichst offen und modular zu machen, als eine Art „Männer-“ und „Frauenbaukasten“, aber für die meisten sind sie eine wertvolle Lebenshilfe, die das Zusammenleben im Regelfall erleichtert und nicht kompliziert. Wenn jeder weiß, daß man im Supermarkt erst an die Kasse geht, bevor man geht, dann ist das einfacher, als wenn wir die Zahlungsmodalitäten jedes Mal neu verhandeln müssen. b) Weil Du die Pubertät ansprichst: Ich sage es immer wieder – das weibliche Paarungsverhalten gerade in dieser Zeit ist aus meiner Sicht das größte Problem für Männer „sich neu zu erfinden“. Denn die meisten Frauen wollen das ja gar nicht, sondern haben eindeutige, das klassische Männerbild im wesentlichen zementierende Präferenzen in Bezug auf Männer. Später ist das alles etwas flexibler, aber auch nicht wirklich anders – das Problem entsteht dann daraus, daß zwar eine im Regelfall eine gegenseitige Rollenpräferenz besteht, aber das Rollenverhalten nicht mehr ausreichend klar ist. Und dann kommt es eben zu „Kommunikationsproblemen“ – wie viele Frauen gibt es denn schon, die die Partnerfindung und sexuelle Eskalation selbst in die Hand nehmen und nicht darauf warten, daß er das macht? Nicht wirklich viele… nicht mal beim Karneval ;)

  5. “Ich will ich sein, anders will ich nicht sein”

    Und was ist mit den Männern, deren Ich-Sein in Nahkampferfahrung, schnellen Autos, Action-Sportarten und dem Pirelli-Kalender besteht? Die einfach nicht anders sein wollen (und können).

  6. „Und was ist mit den Männern, deren Ich-Sein in Nahkampferfahrung, schnellen Autos, Action-Sportarten und dem Pirelli-Kalender besteht? Die einfach nicht anders sein wollen (und können).“

    Die werden für gewöhnlich nicht diskriminiert, weil diese Rolle in vielen Fällen gesellschaftlich akzeptiert ist. Aber natürlich kann es sein, dass irgendwann Männer dafür kämpfen müssen, um als Action- und Auto- und Pinupliebhaber nicht von den anderen diskriminiert zu werden. Ich bezweifle nicht einmal, dass es das in bestimmten sozialen Schichten noch nicht gibt, würde aber behaupten, dass es schlimmer um die bestellt ist, die – wie Werner schreibt – lieber mit Barbies spielen als mit einem Fußball. Du hast schon richtig zitiert: „Ich will ich sein, anders will ich nicht sein“ Der Autor hat für sich gesprochen und nicht für dich oder für irgendjemand anderes. Niemand will dir irgendetwas vorschreiben, lediglich das Vorgeschreibe durch Andere verhindern oder eingrenzen.

  7. Lara: Nun ja, Werner hat „alte“ und „neue“ Männer nach eigener Aussage schon auch wertend gemeint, das ist dann doch schon ein (kleines bisschen) mehr als „nur für sich gesprochen“.

  8. @jj: du hast schon recht, rollenbilder vermitteln sicherheit. aber warum müssen rollen und identitätsfindung denn immer auf das geschlecht begründet sein?

  9. Denn die meisten Frauen wollen das ja gar nicht, sondern haben eindeutige, das klassische Männerbild im wesentlichen zementierende Präferenzen in Bezug auf Männer. Später ist das alles etwas flexibler, aber auch nicht wirklich anders …

    Es ist offensichtlich und wird dennoch permanent negiert. Der „Spiegel“ schrieb in diesem Kontext vor Jahren in geradezu anrührender Realitätsverkennung, Frauen verhielten sich bei der Partnerwahl „irrational“.

    Bei nüchterner Betrachtung spricht inzwischen wohl vieles dafür, dass das menschliche Verhalten – insbesondere in Bezug auf das jeweils andere Geschlecht – nur in begrenztem Maße kulturellen Eingriffen zugänglich ist. Erotisches Begehren etwa lässt sich nun einmal nicht herbeidiskutieren. Es gibt eine bemerkenswerte Erkenntnisresistenz in diesem Punkt, zumindest was die öffentlichen Debatten betrifft.

  10. Nahkampferfahrung, schnellen Autos, Action-Sportarten und dem Pirelli-Kalender

    Sehe ich nicht als „alte Männlichkeit“, sondern als aktuelles Klischeebild des „Prolls“.

  11. Konkreter:

    In der „alten Welt“ hatte der General die wenigste Nahkampferfahrung, hatte eher ein behäbiges Auto, spielte als Sport lieber Schach oder verschob Figuren (Puppen?) auf dem legendären grünen Tisch , und der Kalender war das Gleiche in etwas sublimierterer Form. „Soft skills“ wie z.B. Einfühlungsvermögen (heute nennt man das Empathie) und Kommunikationsfähigkeit hatte der sicherlich in sehr hohem Maße, sonst hätte er seinen Job wohl kaum machen können.

    Wäre man damals auf die Idee gekommen ihn als teilweise „femininen Typ“ zu bezeichnen?

  12. S,

    „Es ist offensichtlich und wird dennoch permanent negiert. Der “Spiegel” schrieb in diesem Kontext vor Jahren in geradezu anrührender Realitätsverkennung, Frauen verhielten sich bei der Partnerwahl “irrational”.“

    Ich weiß nicht, ob sich Frauen wirklich irrational verhalten – was ist schon „rational“ in diesem Zusammenhang. Aber die meisten Frauen verhalten sich individuell in diesem Zusammenhang schlicht so, daß die kollektive frauenpolitische Forderung an Männer, sich „endlich“ zu ändern, für Männer einfach schwer einzuordnen ist und zu Verwirrung bei denen führt, die beide Aussagen gleichzeitig wahrnehmen – und letztlich werden die demonstrierten Präferenzen immer verhaltenswirksamer sein als die publizierten Präferenzen…

  13. Ich weiß nicht, ob sich Frauen wirklich irrational verhalten

    Sehe ich als Spiel bei dem der Mann die Aufgabe hat, um den gemeinsamen Status zu kämpfen. Was davon „fest verdrahtet“ ist – keine Ahnung. Die „Frauenpolitischen Foederungen“ sind jedenfalls nicht zum Kern vorgedrungen..

  14. Ich weiß nicht, ob sich Frauen wirklich irrational verhalten – was ist schon „rational“ in diesem Zusammenhang.

    Das war gemeint. Frauen Irrationalität ausgerechnet in der Partnerwahl vorzuwerfen, verkennt das Wesen intimer zwischenmenschlicher Beziehungen.

    … und letztlich werden die demonstrierten Präferenzen immer verhaltenswirksamer sein als die publizierten Präferenzen…

    Zweifellos, und das gilt natürlich wechselseitig. Einige nennen es „Geschlechterarrangement“ und implizieren meist, dies sei ein kulturelles Produkt und entsprechend mit den Mitteln der Kultur zu verändern (neu auszuhandeln etc.). Nach inzwischen mehreren Jahrzehnten intensiver diesbezüglicher Bemühungen wäre allerdings vielleicht auch einmal mit der gebotenen Nüchternheit zu bilanzieren: Die vorliegende Evidenz spricht dagegen.

  15. S.,

    „Die vorliegende Evidenz spricht dagegen.“

    Das Problem ist halt, daß man alles dekonstruieren kann, wenn man will.

  16. @Marco
    wegen deinen generälen: ist doch heute noch genauso: die männer, die im land das sagen haben, schlagen bei anne will die beine „feminin“ übereinander und die wenigsten davon sind „maskulin“ durchtrainierte rugby-spieler.

    @jj
    und gerade pubertäre mädchen standen in den 80ern auf michael jackson und duran duran, in den 90ern auf take that/backstreetboys und heute auf tokio hotel…
    was tokio hotel mit einem „klassischen männerbild“ zu tun haben, versteh ich nicht. (allerdings verstehe ich tokio hotel sowieso nicht.)

    zehn frauen – zehn konzepte von männlichkeit.

    aber bitte, is ja nicht so wie als wär ich nicht stets bereit, mir von männern erklären zu lassen auf wen ich *in wirklichkeit* stehe.

    vielleicht ist die sache mit den männern und den frauen eben einfach sowieso schon immer ein kleines bisschen komplizierter.
    für die männer die’s überfordert und sich nach dem kasse im supermarkt modell sehnen – die variante gibt’s ja schon immer auch noch alternativ, räusper.

  17. Judith,

    „und gerade pubertäre mädchen standen in den 80ern auf michael jackson und duran duran, in den 90ern auf take that/backstreetboys und heute auf tokio hotel… was tokio hotel mit einem “klassischen männerbild” zu tun haben, versteh ich nicht. (allerdings verstehe ich tokio hotel sowieso nicht.)“

    Stars zählen da irgendwie nicht, sonst müßten zieht das wohl wieder so eine Status-Diskussion nach sich. Und Mode meine ich eigentlich auch nicht. Klar, das führt dann schon wieder zur Frage: Kern von Männlichkeit und Weiblichkeit und das ist, wie wir ja schon mehrmals festgestellt haben, recht schwierig zu beantworten – also versuche ich mich auf meine eigenen und angelesene Erfahrungen zu beschränken…

    Ich weiß ja nicht, wie lange das bei Dir her ist, aber ich wäre schon sehr überrascht, wenn in Deiner Jugend die besonders sensiblen, vielleicht schüchternen Jungs mit niedrigem Sozialstatus und niedrigem Selbstbewußtsein, die, die ihre Unsicherheit nicht überspielen, bei den Mädels in ihrem Umfeld auf besonderes sexuelles Interesse gestossen wären, während die klassischen „Verdächtigen“, also sportliche, im Regelfall selbstbewußte Jungs mit vermutlich hohem Sozialstatus am unteren Ende der sexuellen Rangordnung standen.

    „zehn frauen – zehn konzepte von männlichkeit.“

    Vielleicht reden wir wirklich von unterschiedlichen Dingen – ich sehe durchaus noch Präferenzmuster…

    „aber bitte, is ja nicht so wie als wär ich nicht stets bereit, mir von männern erklären zu lassen auf wen ich *in wirklichkeit* stehe.“

    Du hast die Sakarmusklammern vergessen.

    „vielleicht ist die sache mit den männern und den frauen eben einfach sowieso schon immer ein kleines bisschen komplizierter.
    für die männer die’s überfordert und sich nach dem kasse im supermarkt modell sehnen – die variante gibt’s ja schon immer auch noch alternativ, räusper.“

    Mag sein – aber eine andere Erklärung wäre, daß alles total einfach ist und eigentlich klare individuelle Präferenzen durch dauernde Dekonstruktion verkompliziert werden. Und was vorhandene Alternativmodelle betrifft, das mag schon sein – aber auch hier gilt für mich – eine aggregierte Zunahme an Suchkosten durch zunehmende Heterogenität von „Angebot und Nachfrage“ mag zwar im Einzelfall zu viel besseren „matches“ führen, aber gesamtgesellschaftlich (und lebenszeitbezogen) darf man den Preis der Freiheit (in Form von höheren Suchkosten) einfach nicht ignorieren.

  18. wegen deinen generälen: ist doch heute noch genauso: die männer, die im land das sagen haben, schlagen bei anne will die beine “feminin” übereinander und die wenigsten davon sind “maskulin” durchtrainierte rugby-spieler.

    ..und in den USA sind es ausgerechnet die „Latino-Machos“, die am meisten Zeit im Haushalt und mit ihren Kindern verbringen. Die gängingen „modernen“ Klischees zielen in meinen Augen nur darauf ab, einen Sozialstatus zu markieren und sich irgendwie advantgardistisch zu fühlen. Die Doppelmoral der 50er wurde nur durch eine neue ersetzt.

    Sorry, mich kannst Du nicht davon überzeugen dass Frauen nur auf den „neuen Mann“ warten, ich habe zu oft das Gegenteil gesehen. Ich kenne auch kaum eine Frau, die das bestreitet. (ein selektives Meinungsbild, klar)

  19. Zu den hier verschmähten Rollenvorbildern: Es ist halt so, dass Verallgemeinerungen nicht falsch werden, nur weil es Abweichungen davon gibt. Ein Rollenklischee ist eine Verallgemeinerung.

    Pupertät ist immer schwierig, für alle Teenies – aber sie wird vermutlich für die meisten noch schwieriger, wenn es keine Rollenvorbilder mehr gibt, keine Erwartungen mehr an das geschlechtliche Verhalten.

    Es ist kein Zufall, dass Jungen, die ohne Vater aufwachsen, im Schnitt mehr Probleme machen (und haben) als Jungen, die mit Vater aufwachsen. Rollenvorbild! In der Hauptschulklasse meines Sohnes wachsen die Hälfter aller Schüler ohne Vater auf. Dass es sich um eine Hauptschulklasse handelt, ist kein Zufall. Ich wohne übrigens auf dem Land, nicht in einer Großstadt.

  20. ..keine Erwartungen mehr an das geschlechtliche Verhalten.

    Es sind doch leider nicht einmal keine Erwartungen an das männliche Verhalten, sondern negative Erwartungen.

    Das wird daran deutlich, dass menschliches oder „modernes, angemessenes“ Verhalten als „weibliche Seite“ interpretiert wird. Es werden Eigenschaften als Weiblich markiert, die früher als allgemeine Tugenden galten (Beispiel: „Denn für mich gehört zu diesem Bild ganz klar der Stärkere zu sein und wenn nötig auch mal drauf zu schlagen, ganz nach dem Motto: “Jungs dürfen sich ruhig mal prügeln.” Als ob in den 50er Jahren irgendjemand außer der LehrerIn prügeln durfte)

  21. @jj

    – im Grunde stimme ich dir voll zu, Mädchen, beziehungsweise Frauen, reflektieren ihr vorsexuelles Verhalten zu einem viel späteren Zeitpunkt als Jungs, beziehungsweise Männer.

    Mit Reflektion meine ich, dass man sein Verhalten überdenkt, welche Erwartungen man wie beim anderen Geschlecht weckt und ob man das will.
    Denn klar dürfte sein, dass es bestimmte, immer gleich ablaufende, Verführungsmuster gibt. Je defensiver eine Frau agiert, desto mehr aggressives (positiv aggressiv, also Kinoeinladungen etc. pp.) Verhalten generiert sie bei einem potentiellen Partner. Aber wiederum nur, wenn er, rein animalisch bestimmt, dass Zielobjekt für ‚wertvoll‘ erachtet, also vorwiegend als körperlich attraktiv erkennt, weswegen diese Verhaltensmuster sich vor allem bei sehr hübschen Frauen, von Jugend an, bis in die späten Zwanziger erhalten. Durch den ‚Erfolg‘, dass Männer sich immer wieder intensiv um sie bemühen, führt es zum einen zum Erhalt des weiblichen Verhaltensmusters, wie auch zum Erhalt des männlich dominanten Eroberungsmusters.

    Es gibt aber nicht wenige Mädchen, bzw. Frauen, die nicht von früher Jugend an mit männlich, dominanten Verhalten zugeschüttet worden und dementsprechend defensiv reagieren und daher dieses Verhalten in Wechselseitigkeit reproduzieren (also ich würde das Verhalten, welches du beschreibst, im Ursprung aus der Defensive vor männlichem Dominanzverhalten annehmen), sondern schon recht früh selbst in die Offensive gehen um die Objekte der Begierde zu erobern. Ein Verhalten das Ebenso seine Gegenparts findet.

    Das Hinterfragen der jeweiligen Verhaltensmuster, vor allem die männlich dominanten, fangen bei Jungen/Männern in der Regel deutlich früher an, als bei Mädchen/Frauen.

    Bisher vermute ich den Grund vor allem in der biologischen Natur. Und da belegen Studien zweifelsfrei, dass die sexuelle Höchstaktivität bei Männern in der Pubertät liegt und danach langsam abbaut und Frauen ihre Höchstphase mit Ende Zwanzig haben.

    Und da Rollenverhalten hinterfragt und Reflexion vor allem beim Scheitern betrieben wird, kommt es wohl häufiger dazu, wenn einem der angestrebte Lustabbau regelmäßig versagt wird.

    Aber wie gesagt, ich sehe jj’s Frauenbild zu eingeengt, da gibt es sicher auch noch andere Rollenbilder bei Frauen, zumindest kenne ich die.

    Was mir fehlt ist die Akzeptanz von Männern bei Frauen, die Fußball spielen, Bier trinken, aber keine Dumpfbacken sind und gleichzeitig Interesse für Kunst und Kultur an den Tag legen, die Sensibilität einer Frau aber nie erreichen werden. Faktisch in dem was sie tun Softie und Macho in sich vereinen, aber Frauen weder zu geringes, noch überhöhtes Interesse entgegenbringen, sondern einfach nur respektieren und respektiert werden wollen.

  22. @Werner : Ein Aspekt in der Jungensozialisation fand ich beim Lesen von Männerliteratur bemerkenswert :

    „Paul Whyte vom Men`s Network in Sydney hat sich eine sehr eindringliche Übung ausgedacht, um Frauen eine Vorstellung davon zu geben, was es heißt, sich als Junge in einer Schulhof-Kultur behaupten zu müssen. Er bittet die Damen, sich vorzustellen, daß ihre „Geschlechtszugehörigkeit“ davon abhinge, ob sie in der Lage seien, sich körperlich gegen die Angriffe von Geschlechtsgenossinnen zur Wehr zu setzen. Sie lernen also, sich vor Augen zu führen, ihr weiblicher Status würde sie dazu zwingen, sich mit jeder Frau, die zufällig daherkommt, herumzuprügeln, da sie andernfalls den Ansprüchen der Umwelt nicht genügten. Eine Frau, die das nicht kann oder will, würde folglich vermöbelt und noch dazu bezichtigt, gar keine richtige Frau zu sein.
    So sieht heute das Leben der Jungen in den Schulen aus. Ständig leben sie in der Gefahr, attackiert zu werden, und sie müssen unentwegt ihren Status durch die Bereitschaft verteidigen, sich auf tätliche Auseinandersetzungen einzulassen.“

    (Steve Biddulph, „Männer auf der Suche“, S. 238)

    Es wurde uns beigebracht als Männer gegen Männer zu kämpfen. Wer hat uns diese Rolle damals angedreht und warum?

    Ziemlich beeindruckend und ansprechend fand ich diesen Beitrag hier :

    http://www.vaeter-aktuell.de/studien/Ein_Patriarchat_ohne_Vaeter.htm

    „Wären sie bereit, ANIMA zu erkennen, zu akzeptieren und in ihr Wesen zu integrieren? Zumindest bräuchte es Zeit, um die Elemente des anderen Geschlechts, die historisch gesehen von den Männern beständig unterdrückt und aus ihrem individuellen Leben verdrängt wurden, in ihre Leben wieder einfließen zu lassen.“

    Mein Kommentar : „…beständig unterdrücken mussten..“

    Unentdeckte Möglichkeiten und Potentiale.

  23. „…wären sie bereit, ANIMA zu erkennen, zu akzeptieren und in ihr Wesen zu integrieren?“

    Ich wage den Gedanken noch einen Schritt weiterzugehen : Wenn dies geschieht, dann mögen Männer keine frauenabwertende Werbung und wollen sich auf Augenhöhe bewegen.

    „… und stolz auf unser Geschlecht sind, dann kommen wir zur Frau – voller Faszination und Respekt – aber als Gleicher zur Gleichen. Wir achten und begehren sie, aber wir achten auch uns…“ S. 127.

    „Auch mit sich allein zufrieden, behandelt er Frauen von gleich zu gleich.“ S. 133.

Kommentare sind geschlossen.

Betrieben von WordPress | Theme: Baskerville 2 von Anders Noren.

Nach oben ↑