„Ich werd gerade wieder nüchtern”

Um Vergewaltigungsentschuldigungen und -erklärungen ging es letzten Monat auf The Sexist und auch hier ging es in der Diskussion heiß her. Eine häufig gehörte Theorie (und auch Angst vieler Männer) sind die vermeintliche Missverständnisse, nach der Männer die Signale der Frau falsch deuten, weil sie zu uneindeutig seien. Auf eine Studie zu diesem Thema wies Thomas MacAulay Millar von Yes Means Yes! hin („If a girl doesn’t say ‘no’: Young men, rape, and insufficient knowledge” [PDF]).

Um das Missverständnismodell zu überprüfen, interviewten Forscher_innen junge Männer über Einstellungen zu Sex und Einverständnis. Zunächst fragten sie, wie die Männer selbst Sex ablehnen würden. Die Antworten reichten von „Ich glaube nicht, dass ich jemals nein sagen würde” bis zu verschiedenen Entschuldigungen wie „Ich werd gerade wieder nüchtern”. Ein klares „Nein” hätte allerdings keiner der Befragten gesagt. Danach ging es um die Frage, wie Männer feststellten, dass eine Frau gerade Sex ablehnt. Ein „Nein” erwähnte keiner, stattdessen würden Frauen Körpersprache und „kleine Hinweise” wie den Blick auf die Uhr nutzen oder feststellen, dass es schon ganz schön spät sei.

Nachdem die Befragten deutlich gemacht hatten, dass sowohl Frauen wie auch Männer subtile Hinweise und Feinheiten verwenden, um Sex abzulehnen, den anderen aber nicht vor den Kopf zu stoßen, ging es um die Frage nach Missverständnissen. Plötzlich waren die subtilen Hinweise, selbst ein einfaches „Nein” nicht mehr genug. Um jedes Missverständnis auszuschließen, sollten die Frauen den Männern in die Augen schauen und fest „Nein” sagen, ansonsten seien sie teilweise schuld oder sogar komplett schuld, an allem was danach passiere. Denn Frauen vergäßen oft, dass Männer „nicht mit Feinheiten umgehen”.

Die gute Nachricht: Die befragten Männer sind höchstwahrscheinlich keine Vergewaltiger. Sie können mit subtilen Hinweisen umgehen, sie verstehen und verwenden sie selbst.
Die schlechte Nachricht: Sobald es um Vergewaltigungen geht, fallen sie in vermeintliche Stereotypen zurück und verneinen Verantwortung.

Als einen Ansatz, mit diesem Problem umzugehen, raten die Forscher_innen, mehr über Studien zum Thema zu reden. Diese seien häufig ein erster Anlass für junge (aber sicher auch ältere) Menschen, sich mit der Frage nach Zustimmung, Missverständnissen und Höflichkeitssgeboten auseinanderzusetzen.

Men Can Stop Rape hat noch 5 Tipps für Männer (die Frauen sich auch durchlesen dürfen):

  1. Heißt Küssen, dass eine Person mit Dir Sex will? Woher weißt Du das? Wenn es unklar ist, ist Nachfragen der beste Weg um für sicheren und gesunden Sex zu sorgen.
  2. Akzeptiere es, wenn die Zustimmung zurückgezogen wird. Selbst wenn eine Person ihre Zustimmung schon gegeben hat, kann sie jederzeit zurückgezogen werden. Wir alle haben das Recht, unsere Meinung zu ändern.
  3. Wenn eine Person zu betrunken oder zugedröhnt ist, um ihre Zustimmung zu geben, zieh Dich zurück und warte, bis ihr beide wieder klar seid.
  4. Normalerweise bestimmt ihr bei Parties einen der fährt – macht das gleiche, um Vergewaltigungen zu verhindern. Bestimmt einen, der ein Auge auf Typen hat, die sich so benehmen, dass es zu sexueller Gewalt führen könnte.
  5. Du wirst wahrscheinlich nie Zeuge einer Vergewaltigung werden, aber Standpunkte und Verhalten sehen, die Frauen erniedrigen und eine Kultur der Gewalt befördern. Wenn Dein Freund einen Witz über Vergewaltigungen macht, lass ihn wissen, dass es nicht lustig ist.

64 Kommentare zu „„Ich werd gerade wieder nüchtern”

  1. Zum Punkt 2:
    Das hatte ich es mal, dass ein Bekannter meinte, dass ja manche Frauen Männer erst heiß machen und sie dann stehen lassen und dass das sehr gemein sei und MÄnner dann ja so frustiert und aufgegeilt sind, dass sie gar nicht ander können, als die Frau dann zu vergewaltigen.
    Daraufhin meinte ich, dass wenn eine Frau einen Mann einfach nur verarschen will, dann soll er von mir aus sein Bier über sie ausleeren oder sonstige kindische Rachesachen machen.
    Das hat ihn sehr entsetzt.
    Anscheinend ist jemand mit Bier vollspritzen und ähnliches schlimmer als eine Vergewaltigung.

  2. Nummer Eins sollte nochmal nachformuliert werden. ‚Sicherer und gesunder Sex‘ hört sich irgendwie nicht nach Spaß an…

  3. @steve; das kenne ich, das Argument mit „zuerst heiss machen…“, genauso wie eine Frau selbst Schuld ist, wenn sie betrunken ist, wenn sie sich zu auffällig oder „schlampig“ kleidet und so weiter… und obwohl ich das alles schon mal gehört habe, entsetzt es mich immer wieder.

  4. lantzschi,
    ich würde da zb an männer denken, die sich sowieso schon machohaft benehmen und so auch mit anwesenden frauen umgehen: ungefragt den arm um die schulter legen, ungefragt harmlose küsschen geben, sich respektlos äußern, betrunken stundenlang auf eine frau einreden, dass sie mit ihm mitkommen soll oder ähnliche avancen. natürlich macht ihn das nicht zu einem täter, aber da ich dieses verhalten auch schon für falsch halte, schadet es nicht, ein auge auf diese typen zu haben.

    ich war schon in situationen, wo sich niemand eingemischt hat, wenn mir jemand wie oben beschrieben zu nahe getreten ist, bis die party für mich unangenehm wurde und ich entweder leute mehrmals auffordern musste, mir zu helfen oder nach hause gegangen bin. lieber einmal zuviel gefragt, ob alles okay ist, als einmal zu wenig. hier können sich meiner meinung nach auch frauen um andere frauen kümmern.

  5. ‚healthy‘ find ich auch nicht besser… Wer will schon ‚healthy sex‘, wenn er/sie gerade spitz ist? Den Gedanken dahinter finde ich natürlich gut und richtig, nur die Formulierung nicht. Aber das ist jetzt auch ein bisschen off-topic.

    Ich habe die Studie dazu gelesen und kann sie nur empfehlen! Besonders die Analyse der Interviews war sehr interessant. Genau die Sorte Wahrnehmung, gegen die man immer wieder angehen muss. Mich würde allerdings mal interessieren, wie deutsche Jungs/Männer so drauf sind.

  6. Punkt 5 geht mir dann doch zu weit. Man kann über alles Witze machen, die lustig sind.

  7. Manche Witze werden überhaupt erst dadurch lustig, dass jemand sie nicht lustig findet. ;)

  8. Etwa so, ja. Die humorlose Kampfemanze wird evtl. kaum Probleme haben, den „oh-kumma“-Typen die ersten vier Regeln klar zu machen. Mit einer Reaktion nach Nr. 5 wird sie sie auf Nimmerwiederhören antagonisieren.

    Kann frau wollen, muss frau aber nicht. Daher würde ich auf 5. verzichten, insbesondere da ein Witz, egal wie schlecht, nun wirklich noch niemanden vergewaltigt hat.

  9. Nein, antagonisieren? Also, das kann man doch wirklich nicht machen! Die armen Männer! Jetzt stell dir das mal vor: da ist eine Frau und die tut so, als hätte sie das Recht, sich unter Freunden sicher zu fühlen und nicht als Objekt behandelt zu werden. Also nein, die Freiheit, Vergewaltigungswitze zu machen, die kann man sich doch nicht nehmen lassen, egal wie schlecht es den Personen um dich rum geht. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir sowas wie Rücksicht nehmen oder Respekt zeigen müssten! Frauen, würdet ihr BITTE an die armen Männer denken!

    @Stimme: DU bist der „oh kumma“-Typ. Frau ist oft schon eine humorlose Kampfemanze, *weil* sie über Vergewaltigungswitze nicht lachen kann.

    Witze schaffen ein Klima. Witze triggern Opfer. Witze sorgen dafür, dass sich Betroffene nicht sicher fühlen. Warum ist dein Recht auf schlechte Witze grösser als das Recht deiner Umgebung auf Sicherheit und körperliche Unversehrtheit (oh ja, so eine 48-Stunden Panikattacke ist schon was feines)

  10. @Stimme aus dem Off und M.S.:

    solche Witze befördern aber eine Kultur, die Vergewaltigung bagatellisiert und damit auch Vergewaltigun fördert. Auch hierzu gibt es Studien. Natürlich können solche Witze lustig sein. Wenn aber der Hinweis kommt: hey es gibt Grenzen und ICH finde das nicht lustig, dann sind diese Grenzen zu respektieren. Alles andere grenzt meiner Meinung nach an Asozialität.

  11. Skreee, ich dachte bis gerade, es geht um Tipps für Männer. Das wäre eine zielgerichtete Kommunikation. Sich durch Humorlosigkeit der Lächerlichkeit preiszugeben untergräbt das Ziel. Manchmal ist das wurscht, manchmal ist es das aber nicht wert.

    Mehr sage ich gar nicht. Kein Grund, gleich so „dezidiert“ zu sein. ;)

  12. Vergewaltigungswitze dürfen von Frauen und von Männern scheiße gefunden werden. Das hat auch nichts mit Humorlosigkeit zu tun. Offenbar ist es nötig, hier dezidiert auszuführen, weil du den Sinn hinter solchen Tipps nicht begreifen möchtest.

  13. [blockquote]Nachdem die Befragten deutlich gemacht hatten, dass sowohl Frauen wie auch Männer subtile Hinweise und Feinheiten verwenden, um Sex abzulehnen, den anderen aber nicht vor den Kopf zu stoßen, ging es um die Frage nach Missverständnissen. Plötzlich waren die subtilen Hinweise, selbst ein einfaches „Nein” nicht mehr genug.[/quoteblocke]
    Erscheint mir nicht so ganz schlüssig. Die „subtilen Hinweise und Feinheiten“ stehen wohl am Anfang eines Dialogs an dessen spätestem Ende ein klares Nein kommen sollte. Ersteres schließt ja letzteres nicht aus.

    Ich kann mir (Mann) also selbst im einen Fall eine subtile Ablehnung zugestehen und dennoch im anderen Fall die subtile Ablehnung einer Frau (zunächst) mißachten. Seh da jetz keinen Widerspruch.

  14. Ich verstehe das Argument „Wir wollen die Leute erreichen“ – heißt: Wenn wir ihnen Punkt 5 vorhalten, dann kommt der (wichtige) Rest nicht mehr an.

    Tatsächlich ist „lustig“ ein ziemlich wichtiges, wenn nicht das Kriterium für Witze. Und lustig ist natürlich subjektiv. Aber: Sehen wir’s mal so: Leute, die Witze über Vergewaltigungen lustig finden, sind blöde (hoffe, das ist keine persönliche Beleidigung). Wer sich länger mit ihnen unterhält, wird vielleicht auch blöde (wg. Ansteckung und so). Also einfach Leuten, die Witze über Vergewaltigung lustig finden, sagen, dass sie blöde sind, und weggehen?
    Gilt auch für viele andere Themen, über die es „totaaaal“ lustige Witze gibt. Ich sage nicht, dass es Sachen gibt, über die „man“ nicht lachen darf. Aber es gibt ein paar Sachen, die ich nicht lustig finde.

  15. Okay:

    Solche Witze befördern aber eine Kultur, die Vergewaltigung bagatellisiert

    Ach ja? Ich stimme nicht zu. Es gibt bestimmte Witze, die Vergewaltigung thematisieren, die dies tun. Aber es kommt immer auf den Witz an. Es gibt eben gute und schlechte. Und da stimme ich der Stimme aus dem Off zu: man darf über alles Witze machen: über KZs, über Vergewaltigung, über Behinderungen usw. Schon allein die Kategorie des Galgenhumors sollte da nicht vergessen werden, und Humor kann auch immer ein Mittel sein, um Missstände und Unterdrückung aufzudecken. Humor ist außerdem ein Mittel, um Tabus anzugreifen und umzustoßen, wenn man über manche Dinge z.B. nicht redet – und im Falle von Galgenhumor eben auch, mit bestimmten Erlebnissen umzugehen und fertig zu werden. Viele jüdische Witze beziehen sich ja auch auf deren Verfolgung.

    Das Problem mit den meisten dieser Witze ist einfach, dass sie Vergewaltigung an sich für komisch halten, und das ist sie eben nicht.

    Sarah Silverman nutzt das, wie ich finde, gekonnt aus (in gewohnt krasser Manier):
    http://www.youtube.com/watch?v=T_L3dhFgark

    Und die Tatsache, dass in einer South-Park-Folge George Lucas und Steven Spielberg wiederholt Indiana Jones vergewaltigen, ist ebenfalls krude und plakativ, aber auch hier ist nicht die Vergewaltigung an sich komisch, sondern dient als Maßstab für den Schindluder, den sie mit dieser Filmfigur getrieben haben und als Suggestion, dass sie dies auch noch gerne taten. Das muss man nicht komisch finden – aber verbieten?

    Ansonsten wollte ich nach steves ersten Kommentar noch darauf hinweisen, dass es bei Vergewaltigung nicht um Sex geht. Wie aufgegeilt jemand ist, ist irrelevant. Es geht um Macht, eventuell auch darum, Schmerzen oder Erniedrigung zuzufügen. Dieses Wegerklären, was steve beschreibt, ist ganz furchtbar.

  16. @Patrick: Danke. Irgendwie so wie Du und Sarah Silverman hätte ich das auch gerne verdeutlichen wollen. Und ich hoffe, es ist klar, dass ich natürlich nur über gute intelligente und am liebsten in gewissem Sinne „positive“ Witze lache, egal bei welchem Thema.

    Aber davon abgesehen sollte man das Ganze vielleicht auch bei schlechten Witzen einfach nicht gleich so hoch aufhängen. Ich glaube nicht, dass Witze automatisch „Opfer triggern“. Es kommt ja immer auch ein bisschen darauf an, ob man sowas auf sich beziehen will oder nicht.

  17. @ Patrick:
    That´s the point!
    Wenn Nazis oder andere Deppen Witze über den Holocaust machen, ist das antisemitisch und unmenschlich – und befördert eine Kultur, die die industrielle Tötung von Millionen von Menschen bagatellisiert!
    Wenn rappende Volldeppen Witze über Schwule machen ist das homophob und unmenschlich – und befördert eine Kultur, die die Gewalt gegen Homosexuelle bagatellisiert!
    Wenn sogenannte „normale“ Menschen Witze über Menschen mit Behinderungen machen, ist das behindertenfeindlich und unmenschlich – und befördert eine Kultur, die Euthanasie möglich macht!
    Wenn Männer Witze über Vergewaltigungen von Frauen machen, ist das frauenfeindlich und unmenschlich – und befördert eine Kultur, die Vergewaltigung bagatellisiert!

    Und hier geht es nicht um das Verbieten von Humor/Witzen, sondern um gesellschaftliche Veränderung durch das Entziehen von Raum für krude Ideologien. Gerade in ihrem Humor offenbart sich unsere Gesellschaft – lasst uns also zusammen über „bessere“ Witze lachen! :)

  18. Nein, Gerda, ich stimme nicht zu. Ein Witz wird nicht dadurch behindertenfeindlich und unmenschlich, weil ihn jemand erzählt, der nicht behindert ist. Sondern weil er das Stigma der Behinderung als „Ersatz“ für den Witz nimmt.

    So können Dünne auch gute Witze über Dicke machen. Die Witze sind dann nur nicht zwangsläufig auf Kosten der Dicken oder beruhen nur darauf, dass „Dick = komisch“ ist.

    Wunderbares Beispiel aus dem völlig unterbewerteten „Get Smart“. Vorgeschichte: der Held wurde vorher gezeigt, wie er einige Pfunde zuviel hatte, weshalb er, bevor er abnahm, nie die Prüfung für den Spionage-Außendienst schaffte. Jetzt ist er endlich „richtiger“ Spion und in der Festung des Bösewichts, wo seine Partnerin mit eben jenem Schurken tanzt. Und er fordert anscheinend drei hübsche Models zum Gegentanz auf…

    http://www.youtube.com/watch?v=wopDh8EMqI4

    In der Kinovorstellung, wo ich den sah, lachten zu Beginn ein paar Idioten, weil sie eben genau das dachten: ohne Kontext, ohne irgendwas war allein dicksein schon lustig für die. Umso mehr habe ich den Rest der Szene genossen.

  19. Stimme schrieb „Ich glaube nicht, dass Witze automatisch “Opfer triggern”.

    Ich glaube auch nicht, dass sie das automatisch tun. Ich bin sicher, dass sie es aber tun können. Es triggert mich aber wenn Menschen in meiner Umgebung meinen, Vergewaltigung verharmlosen zu müssen, nur um einen schlechten Witz zu machen. Wozu denn? Im besten Fall hat man ein paar Sekunden ein paar Lacher auf seiner Seite, was mit anderen Witzen ebenso klappt. Im schlimmsten Fall hast du gerade bei jemandem eine Panikattacke, einen Flashback, oder sonstwas ausgelöst. Im halbschlimmen Fall hast du gerade einen Freund verloren, weil derjenige ähnlich verständnislos auf so einen Witz reagiert wie ich.

    Sind ein paar Sekunden Lacher wirklich wichtiger als das manche Auswirkungen solcher Witze? Muss man unbedingt vor der Synagoge KZ-Witze erzählen? Muss man einer Gruppe von Frauen Vergewaltigungswitze erzählen?
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Männer gar nicht begreifen, wie oft dieses Thema und die Gefahr im täglichen Frauenleben vorkommt. Für viele Frauen ist es jeden Tag ein Thema. Jeden Tag. Und diese Angst nicht zu sehen, nicht zu respektieren und mit schlechten Witzen zu bagatellisieren, *das* triggert mich. Nicht bei Spacken von der Strassen, aber von Menschen, bei denen ich mich eigentlich sicher fühlen sollte.

    Stimme: „Manche Witze werden überhaupt erst dadurch lustig, dass jemand sie nicht lustig findet.“

    Allein diese Bemerkung finde ich in einer Diskussion über Vergewaltigungswitze extrem unangebracht.
    Und nein, es ist keine Humorlosigkeit, wenn man manche Witze nicht lustig findet. Stell dir vor ein liebes Familienmitglied sei letzte Woche an Krebs gestorben, und ein Kumpel reisst jetzt einen Witz über Krebs. Ist es humorlos, jetzt nicht in Lachanfälle auszubrechen? Gibst du dich damit der Lächerlichkeit preis?

    Und um mal ein Argument nur zu zitieren: Wenn du (generisch „du“, nicht Stimme) nicht weisst, wieviele Frauen in deiner Umgebung schon vergewaltigt oder missbraucht wurden, dann vielleicht deshalb, weil du Vergewaltigungswitze lustig findest oder sie erzählst.

  20. @ Patrick:

    „Sondern weil er das Stigma der Behinderung als “Ersatz” für den Witz nimmt.“ nichts anders meinte ich mit „Witze über! Menschen mit Behinderungen machen“ …

  21. m.E. ist die Möglichkeit, jemanden zu triggern – und zwar nicht in Skrees Sinne von „sauer werden“ – ein Grund, eine Warnung vorauszuschicken, nicht aber, alles zu unterlassen, was triggern könnte.

  22. @Patrick: Ich glaube du hast mich falsch verstanden: Mein Bekannter meinte, dass ein aufgegeilter Mann „automatisch“ eine Frau vergewaltigt, nicht ich.

  23. Patrick: ich verwende „triggern“ nicht im Sinne von „sauer werden“. „Panikattacken“ „Flashbacks“ oder „körperliche Unversehrtheit“ sind die Worte, die ich im Zusammenhang mit „triggern“ verwendet habe.

  24. Steve: ja, hatte ich so verstanden. Sorry, wenn das nicht rüberkam.

    Skree: das hatte ich hieraus anders gelesen:

    Es triggert mich aber wenn Menschen in meiner Umgebung meinen, Vergewaltigung verharmlosen zu müssen

    Das klingt eher nach „sauer werden“.

  25. Patrick: nach meiner ersten Verwendung des Worts „triggern“ schrieb ich von Panikattacken. Nach meiner zweiten Verwendung des Wortes schrieb ich von Panikattacken und Flashbacks. Wenn „Panikattacke“ für dich „sauer werden“ heisst, ist das eine Assoziation und Interpretation. Das Wort Trigger und das entsprechende Verb haben in der Psychologie eine feste, durchgängige Bedeutung.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Schlüsselreiz#Trigger

  26. Ich finde, eins sollte hier noch mal deutlich ausgesprochen werden: Witze sind lustig (oder sollten lustig sein), wenn sie unter gleichen oder von unten nach oben gemacht werden. Nicht aber, wenn sie von oben nach unten gemacht werden.

    Konkret: Witze von Juden über Juden sind lustig (aber echt, lest mal Salcia Landmann). Witze von Nichtjuden über Juden sind nicht lustig, sondern ein Angriff. Das ist sowas wie ‚Kleinere verprügeln‘.

    Genauso sind Witze von Männern über Frauen nicht lustig, was ich jedesmal merke, wenn ich die wöchentliche Büro-Witzmail lese. Diese Witze zielen einfach zu oft auf gewisse angenommene Eigenschaften von Frauen ab, die schon zu oft dazu verwendet wurden, um Frauen klein zu halten. Und das ist nicht witzig, wirklich nicht, das ist frustrierend.

    Witze von Frauen über Männer gibt es übrigens verdammt wenige (zumindest konnte ich bei meinen Recherchen kaum welche finden), sonst könnte ich mal mit meiner eigenen Witzmail dagegenhalten.

  27. Skree: Das heißt, wenn jemand nicht Vergewaltigung anspricht, aber verharmlost, wirst du tatsächlich getriggert? Durch die Verharmlosung?

    Katharina: Ja genau und bla. Genauso wie im anderen Thema nicht automatisch jeder Mann ein mitleidloser Frauenhasser ist, ist nicht jeder Witz deshalb oppressiv, weil er aus einer potentiell oppressiven Quelle kommt. Man kann auch auf der Seite der Schwachen sein (oder Witze von dieser Perspektive erzählen), ohne selbst einer dieser Schwachen zu sein.

  28. @Patrick: Wie soll man denn Vergewaltigungen verharmlosen, ohne sie anzusprechen?

    Witze über Vergewaltigungen existieren nicht in einem gesellschaftlichen Vakuum – sie erinnern Frauen an die sehr reale Möglichkeit, vergewaltigt zu werden. Ich empfehle dazu den Post auf Feminism101:

    Rape culture is rape jokes. Rape culture is rape jokes on t-shirts, rape jokes in college newspapers, rape jokes in soldiers’ home videos, rape jokes on the radio, rape jokes on news broadcasts, rape jokes in magazines, rape jokes in viral videos, rape jokes in promotions for children’s movies, rape jokes on Page Six (and again!), rape jokes on the funny pages, rape jokes on TV shows, rape jokes on the campaign trail, rape jokes on Halloween, rape jokes in online content by famous people, rape jokes in online content by non-famous people, rape jokes in headlines, rape jokes onstage at clubs, rape jokes in politics, rape jokes in one-woman shows, rape jokes in print campaigns, rape jokes in movies, rape jokes in cartoons, rape jokes in nightclubs, rape jokes on MTV, rape jokes on late-night chat shows, rape jokes in tattoos, rape jokes in stand-up comedy, rape jokes on websites, rape jokes at awards shows, rape jokes in online contests, rape jokes in movie trailers, rape jokes on the sides of buses, rape jokes on cultural institutions

  29. Helga: wieso die Frage? Wenn ich sage, dass mich aufregt, wenn jemand in Sandalen weiße Socken trägt, aber nicht Socken generell, dann ist ja auch egal, dass man nicht weiße Socken tragen kann, ohne überhaupt Socken zu tragen.

    Mein mögliches Missverständnis mit Skree stammt ja daher, dass Skree speziell darüber sprach, durch Verharmlosung von Vergewaltigung (für einen Witz) getriggert zu werden, in einem Kontext, der für mich so aussah, als verwende sie „triggern“ hier als „sich aufregen“. Eigentlich hätte ich sogar noch spezifischer danach fragen müssen, ob Verharmlosung von Vergewaltigung nicht triggert, solange sie nicht für einen dummen Witz benutzt wird.

    Das ist zugegeben eine spitzfindige Diskussion typisch fürs Internet.

    Gerade habe ich bei Sociological Images gefunden: Who should rape prevention campaigns address?

  30. @Patrick Nachdem Skree klargestellt hat, dass Trigger im wahren Sinne des Wortes gemeint war (Auslösen einer Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis) finde ich die Spitzfindigkeiten sehr sinnlos.

    Wenn Dir klar ist, dass es eine rape culture gibt, dann kannst Du mitmachen und diese Kultur weiter unterstützen oder Dich dagegen aussprechen. Ansprechen, dass solche Witze gemacht und benutzt werden, um Frauen wieder auf ihrem Platz zu weisen. Und schließlich: Der Typ ist nicht lustig. Statt „haha Vergewaltigung“ „iiihhh alte Frau“ zu verwenden ist echt mal unkreativ.

  31. Dabei ist „iih alte Frau“ nur der erste Schritt des Witzes. Denn diejenigen, über die da eigentlich Witze gemacht werden, sind ja nicht die Frauen.

    Mein Problem ist, dass ich das, was du mit „solchen Witzen“ bezeichnest, sehr spezifisch sehe, und das hier einige Aussagen sehr viel pauschaler sind und dann eben leicht zu weit ausgelegt werden – meiner Ansicht nach zu weit.

    Ich kann dir versichern, dass ich, wenn ich schon mal mit Humor konfrontiert bin, den ich als sexistisch, rassistisch o.ä. ansehe, das auch anspreche. Oft reagieren Leute seltsamerweise auf ein nüchternes „tut mir leid, aber ich finde das nicht besonders komisch“ extrem ausfallend.

    Eine Bestätigung von Skree würde mich auch trotzdem noch freuen, weil ich tatsächliches Interesse daran habe, dass jemand so spezifisch getriggert werden kann.

  32. @Patrick: Ja, es kommt auf den Kontext an. Nicht das Thema an sich ist für mich problematisch, sondern wie damit unter Umständen umgegangen wird.
    Aber es geht nicht um mich speziell. Es geht eigentlich um die Tips für Männer. Dazu war einer meiner Sätze: „Warum ist dein Recht auf schlechte Witze grösser als das Recht deiner Umgebung auf Sicherheit und körperliche Unversehrtheit.“

    Und damit stelle ich eigentlich die Arroganz mancher Männer in Frage, die meinen, ob ein Witz angebracht sei oder nicht, ob das Gegenüber darauf mit „Humorlosigkeit“ reagieren „darf“ oder nicht, kurz, nicht nur das eigene Verhalten sondern auch die Reaktion des Gesprächspartners am besten, nämlich objektiv beurteilen zu können.

    Die Tatsache, dass viele Frauen schneller beim Thema Vergewaltigung mit Ablehnung reagieren heisst nicht, dass sie überempfindlich sind oder überreagieren. Es zeigt, dass viele Männer (glücklicherweise) über dieses Thema nicht so viel nachdenken müssen und nicht empfindlich *genug* sind. Warum sollte sich ein Experte von einem Laien vorschreiben lassen, was angebracht ist oder nicht? In welchem Gebiet wird einem Menschen die umfassende Erfahrung in diesem Gebiet zum Nachteil ausgelegt?

    Letzten Endes habe ich bei solchen Diskussionen (nicht unbedingt in diesem Thread) das Problem, dass sich die Einstellung mancher Gesprächsteilnehmer auf ein „Wie? Respekt soll ich zeigen? Nachdenken bevor ich den Mund aufmache? Ich sollte nicht immer alles jedem sagen, weil ich nicht der Nabel der Welt bin? Mein Privileg wird in Frage gestellt! Wuähhh!“ zusammenfassen lässt, und sie dann auch noch meinen, ihre Sicht der Dinge wäre irgendwie objektiver oder gar weniger emotional als die er „überempfindlichen“ Frauen.

  33. @Patrick: Nein, kein Witz über Frauen, nur über die Blödheit eines Vergewaltigers sich nicht eine sexy Teenagerin sondern eine 80jährige auszusuchen, dann wärs ja wenigstens verständlich…

    DAS IST NICHT WITZIG! – und befördert eine Kultur, die Vergewaltigung bagatellisiert!

    … und Deine Nachfrage an Skree finde ich impertinent.

    Für Dich nochmals ne verständlichere Erklärung: Trigger sind immer spezifisch und Lachen über Vergewaltigungen triggert das Erlebte einer Gewalttat.

    Frage an dich, Patrick: Bist du wirklich Pädagoge? (Off-Topic)

  34. @Patrick: da kreuzten sich die Kommentare.
    Der Zusammenhang ist die Respektloskeit und die höhere Priorisierung der eigenen Wünsche über das Wohl des Gegenübers. Da liegt mein persönlicher Trigger, nicht speziell beim Thema Vergewaltigung.
    Meine ganz besonderen Freunde sind ja Leute, die sexistische/rassistische/etc. Witze anfangen mit „ich bin jetzt mal ganz politisch unkorrekt“. Oder enden mit „ach so, das *darf* man ja jetzt nicht mehr sagen“, begleitet von Augenrollen und einem leichten Stöhnen. Ganz schön anstrengend, diese Rücksicht.

    Toll, dass du sowas ansprichst.

  35. @Patrick and all:
    Ich nehme den zweiten Teil bezüglich der Nachfrage an Skree meines vorletzten Kommentars zurück und entschuldige mich dafür – ich hab da wohl was in den falschen Hals bekommen und war etwas aufgewühlt… Tut mir leid – Beim nächsten Mal lese ich vorher genauer.

  36. „Dabei ist “iih alte Frau” nur der erste Schritt des Witzes. Denn diejenigen, über die da eigentlich Witze gemacht werden, sind ja nicht die Frauen.“

    versteh ich nicht. wenn alte frauen im „ersten schritt“ des witzes diskriminiert werden, werden sie diskriminiert, egal was darauf noch folgt. die diskriminierung wird ja nicht dadurch aufgehoben, dass alte frauen nicht das eigentliche objekt des witzes sind.

    ich würde nicht sagen, dass man über einige themen keine witze machen darf, aber es kommt doch sehr auf die witze, den erzähler und die situation an.
    ironie zum beispiel ist ja eigentlich eine gute methode um ein thema kritisch anzugehen ohne dabei bierernst sein zu müssen. das kann es durchaus auch für opfer einfacher machen solche themen anzuschneiden, die ja eher tabuisiert werden. aber das kann man eben nicht verallgemeinern, weswegen immer vorsicht geboten ist.

  37. Ich finde „Rape can be funny“ auch absolut nicht witzig. Neben Sexismus und der Verharmlosung von Vergewaltigung ist auch noch ne ganze Menge übler Rassismus dabei („Eskimofrauen sind frigide, die am Äquator lassen jeden ran“).

    Und ja, älere Frauen werden damit diskriminiert. Und Vergewaltigung auch in die Kategorie „Sex“ eingeordnet.
    Als ob das Vergewaltigen einer „knackigen jungen“ Frau verständlich und entschuldbar wäre. Das schiebt die Verantwortung für die Vergewaltigung wieder Richtung Opfer, à la „hätte sie doch mal nicht so scharf ausgesehen“.
    Das alles finde ich einfach nur widerlich, nicht witzig.

  38. Rassistisch auch noch? Okay.

    Meine Lesart ist die, dass das „iih, die Alte“ vorausgeschickt wird, um die Erklärungsmuster für Vergewaltigung zu dekonstruieren und sich über die Vergewaltiger lustig zu machen: „Die wollte es doch! Die hat mich angemacht!“ wird vor dem Kontext einer unattraktiven Wahl lächerlich gemacht. Dazu muss aber die Wahl unattraktiv sein – eben die Überhöhung, die der Witz braucht. Den zweiten Teil finde ich auch nicht soo gelungen, vor allem, weil der eben Vergewaltigungen als Sex darstellt, aber auch hier finde ich, dass durch das vermeintliche „Mitleid“ mit den Tätern – bei den Temperaturen schrumpelt ihnen alles zusammen – deutlich wird, wie absurd Mitleid hier eigentlich wäre.

    “Warum ist dein Recht auf schlechte Witze grösser als das Recht deiner Umgebung auf Sicherheit und körperliche Unversehrtheit.“

    Öhm, schlechte Witze beeinträchtigen nicht unbedingt die körperliche Unversehrtheit. Ich stimme ja zu, dass vorhersagbare Triggerthemen angekündigt werden sollten. Aber meine Ansicht zur Redefreiheit ist sehr amerikanisch – nahezu alles ist erlaubt (der Klassiker ist ja „Feuer“ in einem überfüllten Theater zu rufen, wenn es nicht brennt). Und wenn es darum geht, beleidigt zu sein oder sich angegriffen zu fühlen – niemand hat das Recht, nicht angegriffen zu werden. Die Lösung ist, sich zu wehren und zu kritisieren und dagegen zu argumentieren.

    So kann Gerda gerne fragen, ob ich wirklich Pädagoge bin. Die Gegenfrage würde lauten: warum ist es problematisch, wenn ich das wäre?

  39. Ach so, Skree:

    Der Zusammenhang ist die Respektloskeit und die höhere Priorisierung der eigenen Wünsche über das Wohl des Gegenübers. Da liegt mein persönlicher Trigger, nicht speziell beim Thema Vergewaltigung.

    Danke für die Erklärung.

  40. „Meine Lesart ist die, dass das “iih, die Alte” vorausgeschickt wird, um die Erklärungsmuster für Vergewaltigung zu dekonstruieren und sich über die Vergewaltiger lustig zu machen: “Die wollte es doch! Die hat mich angemacht!” wird vor dem Kontext einer unattraktiven Wahl lächerlich gemacht. Dazu muss aber die Wahl unattraktiv sein – eben die Überhöhung, die der Witz braucht.“

    sex mit alten menschen als eklig, unattraktiv und lächerlich darzustellen ist in deinen augen also nicht diskriminierend?

  41. @patrick: irgendwie kommt mir deine argumentation doch sehr bemüht vor. wo ist jetzt nochmal dein argument FÜR schlechte witze über vergewaltigungen, wenn du weißt, dass sich unter den zuhörerInnen jede menge triggerpotenzial befindet und solche witze ein klima schaffen, dass u.a. die rape society am leben hält?

    und wo ist dein argument GEGEN einschränkung deiner persönlichen freiheit, wenn du weißt, dass sich unter den zuhörerInnen jede menge triggerpotenzial befindet und solche witze ein klima schaffen, dass u.a. die rape society am leben hält?

    „niemand hat das Recht, nicht angegriffen zu werden“ – du scheinst mir das grundlegendste aller menschenrechte vergessen zu haben: würde. freie meinungsäußerung hat grenzen, sagt sogar das GG.

  42. Red Riding Hood: Nein, das ist für mich nicht diskriminierend. Vielleicht ist es für Ältere beleidigend, aber nicht diskriminierend. Vielleicht hätte er statt einer alten Frau ein Tier nehmen sollen.

    lantzschi: ich schrieb ja bewusst von Redefreiheit amerikanischer Lesart. Und ein Argument wäre für mich, dass Witze nicht der entscheidende Faktor in Oppression sind – historisch gesehen eher im Gegenteil –, sondern Strukturen. Strukturen kann man aufbrechen und bekämpfen, ohne die Redefreiheit einzuschränken. Jeder soll das Recht haben, sich durch seine Äußerungen zum Idioten zu stempeln. Vielleicht tue ich das hier ja auch gerade.

    Allein das Vorhandensein von Triggerpotential bedeutet nicht, dass man etwas unterlassen soll. Höchstens vorwarnen. Und dann gilt das, was Philip Pullman gerade zur Redefreiheit gesagt hat.

  43. @Patrick:

    welche bedingungen müssen denn deiner meinung nach erfüllt werden, damit etwas diskriminierend ist?
    gib mal „frau sexualität alter“ in deiner suchmaschine ein und vielleicht wird dir klar, dass es viele vorurteile gegenüber alten (bzw bereits nicht mehr jugendlichen) frauen gibt, die genau durch solche witze am leben gehalten werden und die du offenbar ebenfalls übersiehst.

    und was sind denn überhaupt strukturen? vll genau das: vorurteile über witze reproduzieren.

  44. @patrick: ich sehe das genauso wie red riding hood. witze, also die individuelle ebene, kann genauso als strukturebene betrachtet werden, aber mal die theorie beiseite.

    in jedem fall unterstützt und reproduziert die individuelle ebene strukturen und repräsentationen (medien, diskurse, normen, werte etc.), weil das individuum von strukturen und repräsentationen beeinflusst ist. ich mag das immer gern lesen, wenn menschen behaupten, sie haben die freiheit für alles, an den strukturen muss man ansetzen. der mensch jedoch ist in strukturen eingebunden, alles beeinflusst sich wechselseitig. du lebst doch nicht völlig abgeschottet im wald?! insofern ist deine behauptung ziemlich zynisch, dass es eben nicht die witze sein können. witze sind vielleicht nicht das hauptding, mit dem die rape society steht und fällt, aber sie tragen für meine begriffe immer zum fortbestehen bei.

    wie oben bereits besprochen, gibt es ja diverse möglichkeiten, eben keine schlechte witze über vergewaltigung zu machen, in denen das opfer als der/die dumme hingestellt wird. ich kenne aber bisher keine witze, die nicht das opfer in irgendeiner art und weise in den dreck ziehen, selbst bei deinem beispiel ist das so. und das ist diskriminierung. die alte frau wird beleidigt, weil sie eine alte frau ist, und nicht weil sie den scheitel anders trägt als andere alte frauen/menschen. warum gibt es keine witze über vermeintliche täterInnen?

    und selbst dann, könntest du nicht ausschließen, dass eine anwesende person getriggert wird. das meine ich: du kannst dich nicht auf deinen individuum-status zurückziehen, denn du bewegst dich sozialen räumen in interaktion mit anderen. auf die bedürfnisse deiner mitmenschen keine rücksicht zu nehmen, ist asozial.

  45. das, was jetzt kommt, mag für einige ohren zu „hart“ sein, aber es hat geholfen.

    in meiner anwesenheit meinten „jungs“ (denn von männern kann ich aufgrund dieser unreife nicht sprechen!) über vergewaltigungen zu witzeln. undzwar mit den worten „wenn eine frau vergewaltigt wird, dann soll sie das beste daraus machen und es genießen.“ ein gewalt akt wider willen mit genussempfinden in einklang bringen ist natürlich nicht annähernd logisch, aber genau hieraus sollte wohl der witz bestehen.

    ich muss sagen, meine reaktion war weder überlegt noch besonnen.
    „will ich sehen, dass du beobachten musst wie deine mutter oder schwester oder freundin vergewaltigt wird und du ihr dabei zurufst „mach das beste draus, genieß es!“..“

    die entsetzte gesichter dieser jungs starrten mich an.
    und zumindest in meiner anwesenheit habe ich von ihnen soetwas nicht nochmal gehört.
    (ich mag diese dinge nicht einmal als witz bezeichnen, weil in der usprünglichen bedeutung des wortes „witz“ klugheit im vordergrund steht, und solche „sprüche“ sind weitab von klugem denken und verhalten)

  46. ah, als ich mich im nachinein darüber nochmal darüber untehalten habe, ist mir folgende mögliche variation der oben beschriebenen reaktion eingefallen.

    statt klassisch frauen aus dem bekanntenkreis zu nennen um so betroffenheit zu erzeugen, einfach bei der person selbst bleiben:
    „tolle idee. das wünsche ich dir auch: wenn du anal vergewaltigt wirst, genieß es einfach.“

  47. Es ist ein wenig spät wie mir scheint, aber ich würde an dieser Stelle gerne noch auf diesen Text verweisen:

    http://oforganon.tumblr.com/post/11150747104/to-all-those-men-who-dont-think-the-rape-jokes-are-a

    Ich persönlich stimme Katharina zu und finde das „Ja genau und bla“ als Reaktion sehr bezeichnend. Es hat etwas mit Respekt zu tun, ein Recht (wenn man dann eben auf die amerikanische Lesart besteht) nicht in Anspruch zu nehmen, wenn man damit ausschließen kann, Verletzungspotential aufzubauen.

  48. immer wieder interessant, wie wichtig manchen menschen ihre eigene meinungsfreiheit im vergleich mit der unversehrtheit anderer ist. ein vergewaltigungswitz muss nicht triggern, kann aber. das wird billigend in kauf genommen von personen, von denen ich annehme, dass sie nicht wissen, wie es sich anfühlt einem flashback/panikattacke o.ä. ausgesetzt zu sein (das könnt ich mir jetzt echt schlecht vorstellen, aber ganz auszuschließen ist es wohl nicht). die dann im schlimmsten fall noch humorlosigkeit unterstellen.
    mal kurz nen guten witz gemacht und ner anderen person den ganzen abend versaut. Fairer deal, doch doch….
    ich fänds ja super, wenn es mehr leute gäbe, die keine lust drauf hätten, anderer menschen verletzungen und retraumatisierungen mehr in kauf zu nehmen und sich mit betroffenen sexualisierter gewalt zu verbünden anstatt sich über deren political correctness oder vermeintliche humorlosigkeit aufzuregen oder lustig zu machen.
    Für mehr antisexistische kampfemanzen-spassbremsen!

  49. Ebenfalls erstaunlich:
    Dass jedes Mal, wenn die Diskussion über Vergewaltigungswitze aufkommt, die Wellen hoch schlagen, als würde gerade ein Gesetz zum Verbot geschmackloser Witze diskutiert. Liebe Leute, niemand kann und wird euch euer Recht nehmen, euch wie unsensible Arschlöcher aufzuführen. Es geht hier nicht um eine Einschränkung eurer Rechte.
    Wenn ihr euch so benehmen möchtet, dass ihr nicht das Risiko eingeht, Vergewaltigungsopfer und Opfer sexueller Übergriffe zu triggern, wenn ihr dazu beitragen möchtet, dass Menschen sich in eurer Umgebung sicher fühlen, wenn ihr vermeiden möchtet, Vergewaltigung zu bagatellisieren und damit potentiellen Tätern das Gefühl zu geben, sich in einer kultur des Einverständnisses mit ihrem Tun zu bewegen, dann erzählt keine Vergewaltigungswitze. Wenn euch das alles völlig egal ist, gesteht euch ein, dass es mit eurer Solidarität mit den Opfern und eurer Ablehnung sexualisierter Gewalt nicht so weit her ist, wie ihr bisher dachtet. Und rechnet damit, dafür zur Rede gestellt zu werden.
    Es geht hier um einen schlichten Hinweis auf anständiges und förderliches Benehmen. Zensur ist was anderes.

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