Gute Nachrichten aus Frankreich – mit kleinen Abstrichen

Der folgende Text ist ein Gastbeitrag von Henrike Dessaules, die sonst (unter anderem) auf  Discipline and Anarchy bloggt. Vielen Dank dafür!

Aus Frankreich gibt es in letzter Zeit viel Erfreuliches zu berichten. Nicht nur, dass letzte Woche das Gesetz zur Legalisierung „gleichgeschlechtlicher“ Ehen und Adoption im Senat durchgewunken wurde, auch die Regelung zur hundertprozentigen Erstattung von Schwangerschaftsabbrüchen und Verhütungsmitteln tritt nun in Kraft.

Was heißt das genau? Seit dem 31. März bekommen alle Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, sämtliche dadurch anfallende Kosten zurückerstattet. Dies war bislang nur bei Minderjährigen der Fall; alle anderen mussten mit Kosten zwischen 80 bis 200 Euro rechnen. In Zeiten, in denen Familienplanungszentren aus Geldmangel schließen müssen und Abtreibungsgegner_innen durch die Pariser Straßen marschieren, ist das auch im liberalen Frankreich keine Selbstverständlichkeit.

Des Weiteren werden für junge Frauen zwischen 15 und 18 Jahren die Kosten für die Verhütung ebenfalls zu 100% übernommen. Hier muss man allerdings betonen, dass es bei dieser Regelung nicht nur eine (etwas willkürlich anmutende) Altersbeschränkung gibt: Erstattet werden nur hormonelle Verhütungsmethoden – die Pille und das Implantat. Sollte es sich aber bei dieser Maßnahme laut Gesundheitsministerin Marisol Touraine tatsächlich um eine „Entscheidung zugunsten der allgemeinen Gesundheit“ handeln, sollten dann nicht auch gerade Verhütungsmittel, die gegen Geschlechtskrankheiten schützen, kostenlos zur Verfügung gestellt werden?

Mir geht das Gesetz daher nicht weit genug. Davon abgesehen, dass junge Frauen auch unter 15 Jahren sexuell aktiv sind, werden alle, die von diesen Vorzügen Gebrauch machen wollen, automatisch zu einer Methode gedrängt, die von Frauenärzt_innen ohnehin schon oft als alternativlos angeboten wird. Auch ist unklar, inwieweit minderjährigen Frauen bei der Beschaffung die Anonymität ermöglicht werden kann. Planning Familial, das französische Pendant zu Pro Familia, kritisierte die Gesetzgebung daher ebenfalls als unzulänglich.

Immerhin, ein Wahlversprechen hat der derzeitig eher unbeliebte französische Präsident Francois Hollande damit eingelöst. Und eins steht außer Frage: Im Vergleich zu Deutschland und vor allem auch Irland ist Frankreich in Bezug auf reproduktive Rechte deutlich um Einiges voraus. Während wir in Deutschland immer noch auf ein Rezept für die „Pille danach“ angewiesen sind und in Irland das Abtreibungsverbot nach dem Tode von Savita Halappanavar nur schleichend abgemildert wird, trifft sich die französische Frauenrechtsministerin Najat Vallaud-Belkacem mit Planning Familial Filialen, um darüber zu diskutieren, wie Jugendlichen der Zugang zu Verhütung und Schwangerschaftsabbrüchen weiterhin erleichtert werden kann.

3 Kommentare zu „Gute Nachrichten aus Frankreich – mit kleinen Abstrichen

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  2. Hallo,
    wie ist die genaue Situation in Deutschland?
    Ich habe von 15 bis ca. 25 Jahre alt Pille, Condome und selbsverständlich regelmäßigen Frauenartz-Besuche in Frankreich in Planing Familliale kostenlos und vor allem – was ich sehr gut fand – ohne Formalien bekommen…Ich musste lediglich dahin und müsste nichts nachweisen. Als ich nach Deutschland gezogen bin, war es ein ziemlicher Schock, dass ich für die Pille bezahlen müsste. Meine Frauenartzin erzählte mir sogar, dass manche Frauen die Verhütung aus finanziellen Gründen absetzen.
    Das Planing Familliale war mich bekannt, weil wir einen Information-Tag inkl. getrennte Gruppenarbeit (Mädchen/Jungs) bekommen hatten. Rückblickend bin ich sogar darüber positiv erstaunt, da ich in einer landlichen katholischen Schule war.
    Werden die Jugendlichen in Deutschland auf dieser Art informiert?
    Merci für die Infos.

  3. An meiner Uni in Paris gab es neben der obligatorischen Krankenschwester auch einen Gynäkologen (oder eine Gynäkologin, ich weiß es nicht) auf dem Unigelände. Dort konnte man einfach so hin und hat auch Kondome bekommen, soweit ich weiß. Fand ich auch eine gute Idee.

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