Gleichstellung im Berufsleben

Zwei Grafiken zeigen, wie unterschiedlich Frauen und Männer die Gleichstellung in ihrem Unternehmen bewerten und wie unterschiedlich auch die Löhne von Frauen und Männern sind

Diese Grafiken zeigen Ergebnisse einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und einer Studie der Strategieberatung Bain & Company. Sie lässt einen innehalten, denn sie verdeutlicht zum einen (rechts) ziemlich gut, wie unterschiedlich die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern wahrgenommen wird. Männer halten Frauen weitestgehend für gleichgestellt, Frauen geben dagegen viel häufiger an, dass dem nicht so ist.

Außerdem wird noch einmal die Lohnungleichheit in harten Zahlen aufgezeigt (linke Grafik). Wenn man heute auf die 23 Prozent Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern hinweist, wird man nicht selten (vor allem von Männern) mit dem „Argument“ abgespeist, das hätten sich die Frauen selbst zuzuschreiben. Tatsächlich ist fast die Hälfte des Einkommensunterschiedes auf Teilzeitstellen und schlechter bezahlte Branchen zurückzuführen. Aber es bleiben erschreckende zwölf Prozent direkter Lohnunterschied.

Der Tagesspiegel schaute sich dann noch mal genauer an, für wie wichtig Frauen und Männer das Thema Gleichstellung der Geschlechter im Unternehmen bewerten und auch da kommt die Studie des IAW zu einem (leider) wenig überraschenden Ergebnis:

(…) während 84 Prozent der Frauen der Meinung sind, dass Gleichstellung ein strategisches Ziel ihres Unternehmens sein sollte, finden das nur 48 Prozent der Männer. Die Studie zeigt auch, dass die Unternehmen selbst mehr tun müssten: 80 Prozent der Befragten finden, dass ihre Firmen nicht genug Mittel zur Erreichung von Gleichstellung zur Verfügung stellen. Das gilt auch für deutsche Firmen.„Die Bereitschaft hierzulande ist nicht hoch. Und wenn, dann geht es mehr um Familienpolitik als um Gleichstellung“, sagt Corinna Kleinert, Soziologin am IAB. „Dass so wenig getan wird, hat aber auch damit zu tun, dass in den Entscheidungsgremien meist Männer sitzen. Und die wollen Status und Macht erhalten“.

Die Zeit hat in ihrer Berichterstattung über die Zahlen das Augenmerk auf Lohnunterschiede zwischen Stadt und Land, in unterschiedlichem Alter und in den verschiedenen Hierarchiebenen gelegt. Demnach hätten es 1. vor allem Frauen auf dem Land schwer, das gleiche Gehalt wie ihr männlicher Kollege durchzusetzen; 2. steige die Lohnungleichheit mit dem Alter und 3. würden vor allem Frauen in höheren Positionen  massiv schlechter bezahlt als die Männer:

Frauen in Führungspositionen verdienen sogar fast 33 Prozent weniger als ein Mann mit Top-Job. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, diese Forderung ist schon 100 Jahre alt und bis heute nicht eingelöst. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen ist in Deutschland mit insgesamt 23 Prozent so groß wie in kaum einem anderen Land der EU. (…) Der EU-weite Schnitt liegt nach IAB-Angaben aber deutlich unter dem deutschen bei 17 Prozent.

(…) Einer Veröffentlichung des Bundesfamilienministeriums zufolge verdienen Frauen bis 24 Jahre rund acht Prozent weniger als gleichaltrige Männer. Die Altersgruppe von 35 bis 55 Jahren liegt schon 22,2 Prozent zurück. „Oft kommen die Unterschiede durch Babypausen zustande“, erklärt Christiane Spies vom IAB. (…) Wer nach der Babypause wieder einsteigt, muss demnach oft zurückstecken und bekommt von vornherein routiniert und notorisch geringer dotierte Gehaltsangebote. Doch auch Single-Frauen ohne familiäre Verpflichtungen verdienen im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen.

(…) Laut IAB-Studie verdienten junge Frauen 2004 in der Großstadt 15 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, in ländlichen Gebieten waren es 25 Prozent.

20 Kommentare zu „Gleichstellung im Berufsleben

  1. Diesen Beitrag speichere ich mir ab. Sehr interessant. Mein erster „Schock“ waren die 12 Prozent, weil ich bei der Gehaltsungleichheit eben auch immer dachte: Wie viel hängt denn von den unterschiedlichen Stellen ab, die Mann und Frau einnehmen?

    Zweiter Punkt dann schön die unterschiedliche Wahrnehmung von Männern und Frauen zu Chancengleichheit. Mich würde nur noch interessieren, ob die Berufseinsteigerinnen da Recht haben oder noch blauäugig sind :)

  2. @ Patrick: In der Studie ist ja auch erwähnt, dass die Gehaltsunterschiede zwischen jungen Frauen und Männer noch nicht so gravierend sind wie dann zehn, zwanzig Jahre später. Deshalb haben Berufseinsteigerinnen vermutlich einfach weniger Anlass, ihre Chancen schlechter als die der männlichen Kollegen zu bewerten. Der Knackpunkt ist dann immer das erste Kind.

    Aber auch die Berufserfahrungen generell. Das „blauäugig“, das du erwähnst, trifft es schon ganz gut, zumindest kann ich das genau so unterschreiben. Bevor man es nicht selbst erlebt hat, macht man sich keine Vorstellungen, wie krass unterschiedlich Frauen und Männer im Berufsleben immer noch behandelt werden.

  3. Ja, ich kriege immer zu viel an der Uni, wenn die ganzen Frauen so reden, als gäbe es keine Benachteiligung mehr und ich mir dann mit dem männlichen Prof erstaunte Blicke austauschen muss. In einem Seminar (mit einer Dozentin) wurde auch über die Gehaltsschere gesprochen, und von den 90% Frauen im Kurs kamen ausschließlich (!) Entschuldigungen: Frauen wollen eben keine Karriere, sondern lieber Kinder war die beliebteste. Da komme ich mir immer komisch vor, wenn ich als Kerl dann dagegen halte.

  4. Ich find’s ok, wenn eine Kassiererinn weniger verdient als ihr Kollege, der die Regale bepacken muss…

  5. Ich erfahre gerade am eigenen Leib, wie Kollegen, die direkt nach dem Studium im selben Betrieb (übrigens öffentlicher Dienst) eingestiegen sind und trotz vergleichbare Berufserfahrung hatten, zum Teil m.E. auch schlechter qualifiziert waren, besser eingruppiert werden.

    Rede ich mit Freunden/Bekannten darüber, wird das Thema „weibliche Ungleichbezahlung“ in den seltensten Fällen für voll genommen, sondern nach anderen Gründen gesucht. Ich bin ehrlichgesagt ziemlich frustriert. Gehaltsverhandlungen sind in Planung.

  6. Elektrosmog: warum? Ich finde einräumen viel angenehmer, da muss ich vielleicht heben, aber an der Kasse stehen die Leute genervt an, rufen, ob das nicht schneller geht, halten dir ihren Geldbeutel hin und du sollst das Passende rausnehmen, zahlen 10 Euro mit Karte – was die Wartenden noch weiter stört –, hast du angeblich zu wenig rausgegeben und du musst alles nachrechnen, musst du an der vollen Kasse den Bon wechseln, versuchen Kids, sich mit Alkohol vorbei zu wuseln, wollen Kunden mal schnell einen Euro für den Wagen oder noch eine Tüte oder noch mal kurz rein oder was umtauschen, … finde ich viel stressiger, noch dazu immer mit der Gefahr, dass du beim Geldrausgeben was verbockst oder betuppt wirst.

  7. Schön zu diesem Thema ist auch das Buch „Herrschaftszeiten“ (http://www.dumont-buchverlag.de/sixcms/detail.php?id=5128), ich erinnere eine Episode, in der Karen Heuer (heute Chefin bei der Agentur Jung von Matt) erzählt, wie sie einmal in der gleichen Agentur wie ihr Mann beschäftigt war. Im Gehaltsgespräch meinte dann ihr Vorgesetzter, ihr Mann hätte ja gerade eine Gehaltserhöhung erhalten und deshalb sei ja klar, dass sie jetzt keine bräuchte.
    Eine ähnliche Situation ist bei einem männlichen Beschäftigten schlicht nicht vorstellbar.

  8. Moment:

    Tagesspiegel

    Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab, dass Frauen in gleichem Alter, Betrieb und gleichem Beruf rund 12 Prozent weniger verdienen als Männer.

    —>„Frauen haben mehr Unterbrechungen im Erwerbsleben als Männer. Und sie treten in Gehaltsverhandlungen anders auf“, sagt IAB-Forscher Hermann Gartner. Zudem machten Männer häufiger als Frauen Überstunden und gelangten leichter in besser bezahlte Führungspositionen.<—-

  9. @Helga:

    Kann es sein, dass Du einfach nur nicht genügend Frauen kennst, die so richtig im Berufsleben stehen?

    Ich kenne ganz viele, sowohl über Beruf als auch über Familie/Freundeskreis und kann nur sagen, die haben alle nicht diese komischen Probleme, von denen Du hier so autoritativ und stellvertretend für die Weiblichkeit insgesamt berichtest … und natürlich haben Frauen keine Chance, soviel herauszuholen, solange sie eben Berufe annehmen, die nicht wesentliche Wertschöpfung betreiben, wenig Überstunden abreissen, sich gerne auf das Einkommen ihres Gatten verlassen etc. …

  10. @Helga:

    Der Markt wertet nun mal leider Dinge ab, die alles andere als knapp sind, und dazu gehören nun leider oft Berufe, die bei der Herstellung von begehrten Produkten wenig Wertschöpfung beizutragen haben … ob so eine Einsicht hier erwünscht ist oder nicht, darauf wird die Allgemeinheit wohl pfeifen, und das ändert sich auch nicht, wenn vor dem Wort Beruf das Wort „Frauen“ vorgeschaltet wird. Oder glaubst Du, das würde die Sachlage ändern?

    Und, nimm’s mir nicht übel, aber bei einem Satz wie „Frauen müssen brav und nett sein, oder sie werden bestraft“ kann ich halt nur anfangen zu brüllen und das würden die meisten berufstätigen Frauen, die ich so kenne, sicher auch so halten; ‚tschuldigung, wenn ich deswegen annahm, dass Du von der wirklichen Arbeitswelt wenig Ahnung hast. Na, ich seh‘ schon, ihr seid hier ein ganz eingeschworener Verein, da will ich auch nicht stören.

    arrivederci !

  11. Männer halten Frauen weitestgehend für gleichgestellt, Frauen geben dagegen viel häufiger an, dass dem nicht so ist.

    Aus meiner Persönlichen Erfahrung mit männlichen Freunden und Bekannten habe ich den Eindruck, dass die sich einfach weniger Gedanken darum machen. Erstens betrifft es sie nicht direkt und zweitens sehen sie ja genug Frauen auf Arbeit.. Auf dem ersten Blick also alles klar.

  12. Ich bin 24, studiere und muss sagen, dass ich mit meinen 6,25€ Stundenlohn genausoviel verdiene wie meine Kollegen. Egal, in welchem Beruf oder Betrieb ich gearbeitet habe, wurde BRUTTO der gleiche STUNDENLOHN gezahlt.

    „und von den 90% Frauen im Kurs kamen ausschließlich (!) Entschuldigungen: Frauen wollen eben keine Karriere, sondern lieber Kinder war die beliebteste.“

    Ich war mal genauso wie du. Und egal, welcher Dame ich mit dieser Meinung kam, dass Karriere doch viel wichtiger sei als solche Blagen, wurde ich immer wieder spöttisch angeschaut und abschätzig gemustert. Und weist du was ich gelernt habe? Ich hörte auf, anderen Menschen vorzuschreiben, was sie zu tun hätten und wie sie ihr Leben zu leben haben.
    Und einige meiner Freundinnen würden dir mit voller Wucht in die Fr**** schlagen (O-Ton einer Bundesligafussballerin!), wenn du ihnen so kämst, dass ihr Wunsch nach Kinder nur Entschuldigungen seien.

    Vielleicht lernst auch du, dass du nicht weisst, was andere Menschen wirklich wollen. Manch einer will Karriere und der andere eben Kinder. Solange sie dafür gerade stehen und anschließend nicht über ihre Entscheidungen jammern, ist es mir egal geworden, was wer macht.

  13. @ Patrick:

    Manch einer will Karriere und der andere eben Kinder.

    Und manche beides, aber das ist heutzutage nach wie vor überwiegend den Männern vorbehalten…

  14. Bei uns arbeiten Laborantinnen und Laboranten. Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern sind schon aus Tarifgründen völlig ausgeschlossen. Ab E12 finden sich aber mehr Männer als Frauen, was daran liegt, dass bei uns irgendwann alle Frauen Kinder bekommen haben und dann nicht mehr voll in den Beruf eingestiegen sind.

    Schaut man sich dagegen die jüngeren Mitarbeiter an, so stellt man fest, dass die Frauen MEHR verdienen als die meisten Männer. Der Grund ist der frühere Berufseinstieg, da Frauen keinen Wehr- oder Zivildienst leisten müssen. Bei gleichem Alter haben Frauen ein Berufsjahr voraus und verdienen entsprechend mehr. Ein Vorteil in der Größenordnung eines ganzen Jahresgehaltes (und zwar des letzten und nicht des ersten Berufsjahres).

  15. Also unter dem Link „Zahlen und Statistiken“ nur Zeitungsartikel und eine Verlautbarung von der Bundesregierung zu finden, finde ich etwas gar dürftig. Vielmehr hätte ich jetzt erwartet, dass hier wirklich mit harten Fakten operiert wird- was definitiv nicht der Fall ist. Und ob Tina Groll wirklich genug Ahnung von dieser äusserst komplizierten Materie hat- nun, darüber darf man ja geteilter Meinung sein. Hier findet man definitiv mehr:

    http://blog.tagesanzeiger.ch/mamablog/index.php/10791/die-mar-von-den-unfairen-frauenlohnen/

    Konklusion: Frauen verdienen v. a. erst nach der Kinderpause weniger- vorher nachweislich nicht.

Kommentare sind geschlossen.

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