Geteert und gefedert

So ausdrücklich ist es nicht gefordert, aber viele Frauen (gerade aus kleinen Dörfern) werden sich in Oklahoma demnächst so fühlen – wenn sie eine Abtreibung hatten oder planen. Ein neues Gesetz verlangt, dass sie ab März 2010 auf einer Webseite folgende Daten preisgeben:

1. Date of abortion
2. County in which abortion performed
3. Age of mother
4. Marital status of mother
(married, divorced, separated, widowed, or never married)
5. Race of mother
6. Years of education of mother
(specify highest year completed)
7. State or foreign country of residence of mother
8. Total number of previous pregnancies of the mother
Live Births
Miscarriages
Induced Abortions

Das beschlossene (!) Gesetz soll angeblich Daten liefern, die helfen, die Anzahl von Abtreibungen zu senken. Besucht eine Frau mehr als einen Arzt in Zusammenhang mit ihrer Abtreibung werden die Daten auch mehrfach erhoben. Für die wissenschaftliche Forschung sind die Daten somit unbrauchbar. Ferner kostet es eine Million Dollar in den ersten 4 Jahren. Geld, das nicht in Kindergärten oder Aufklärungsunterricht gesteckt wird. Da keine privaten Daten veröffentlicht werden, sei die Anonymität der Betroffenen übrigens gesichert.

Schließlich enthält es die erste Ausnahme, um Abtreibungen zu verbieten: geschlechtsspezifische Abtreibungen. Ein heheres Ziel, das in der Realität allerdings schwer zu beweisen ist. Welche angehenden Eltern sagen schon dem Arzt ins Gesicht, ein Mädchen oder Jungen könne gleich abgetrieben werden? Das Damoklesschwert langwieriger Ermittlungsverfahren wird viel eher Ärzte davon abhalten, überhaupt Abtreibungen anzubieten. Der bürokratische Aufwand der Datenerbung für die Webseite wiegt ebenfalls schwer. Der inzwischen ermordete Doktor Tiller wehrte sich Zeit seines Lebens gegen eine Reihe unbegründeter Anzeigen und Gerichtsverfahren.

Gekippt werde könnte das Gesetz allerdings noch, denn entgegen der Verfassung von Oklahoma regelt es mehrere Tatbestände auf einmal, so Feminists For Choice.

Ob die Seite tatsächlich ShameOnYouWhore.com genannt wird, wie broadsheet spekuliert, bleibt abzuwarten.

Für alle die es nicht glauben können: Das Gesetz steht unter http://webserver1.lsb.state.ok.us/2009-10bills/SB/SB1120_ENGR.RTF zum Herunterladen bereit.

9 Kommentare zu „Geteert und gefedert

  1. Na ja, Frauen in den USA haben es eh superschwer, abtreiben zu können, da macht das auch nicht mehr viel aus… (ja, Sarkasmus)

    Das ist aber übliche USA-Denke, die hoffentlich nicht zu uns schwappt. Die haben ja auch diese Sex-Offender-Datei, auf der man öffentlich steht, wenn man ein Sexualverbrechen mit Minderjährigen in der Vergangenheit hatte, und dann darf man nicht mehr in der Nähe von Orten wohnen, wo Jugendliche sich versammeln könnten (Schulen, Sporthallen, Bushaltestellen…) Als wäre das nicht schon schlimm genug, stehen da alle Offender ohne Erklärung drauf, also auch Teens, die anderen Teens Nacktbilder auf dem Handy schicken, oder 18-jährige mit 17-jährigen Freundinnen, oder…

    Ich kann mir also schon vorstellen, dass gewisse Kreise in den Staaten eine Abtreiber-Liste erstellen. Dann muss man nicht mehr nur die Betreiber von Kliniken verfolgen, deren Nachbarn aufhetzen, die Eheleute im Beruf anschwärzen, Drohungen ausstoßen usw., sondern kann das auch mit den Abtreiberinnen selbst machen, und ihren Eltern. Hurra.

  2. Das Gesetz ist ziemlich daneben. Und die Begründung, man erfasse die Daten, um die Zahl der Abtreibungen zu senken, ist so bescheuert, dass das doch wohl niemand glauben kann.
    Aber bei den USA überrascht mich eigentlich gar nichts mehr…

  3. Das darf nicht wahr sein. Ich glaube, ich bin im falschen Film. Gott bewahre uns vor Verhältnissen wie in Massachusetts.

  4. öffentlich einsehbar sind auch die daten des statistischen bundesamtes, das fast die gleiche verpflichtende erhebung durchführt. der name muss bei der us-umfrage ja nicht angegeben werden, schon aufgefallen?

    1) Die Erhebung wird auf das Kalendervierteljahr bezogen durchgeführt und umfaßt folgende Erhebungsmerkmale:

    1.
    Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen im Berichtszeitraum (auch Fehlanzeige),
    2.
    rechtliche Voraussetzungen des Schwangerschaftsabbruchs (Beratungsregelung oder nach Indikationsstellung),
    3.
    Familienstand und Alter der Schwangeren sowie die Zahl ihrer Kinder,
    4.
    Dauer der abgebrochenen Schwangerschaft,
    5.
    Art des Eingriffs und beobachtete Komplikationen,
    6.
    Bundesland, in dem der Schwangerschaftsabbruch vorgenommen wird, und Bundesland oder Staat im Ausland, in dem die Schwangere wohnt,
    7.
    Vornahme in Arztpraxis oder Krankenhaus und im Falle der Vornahme des Eingriffs im Krankenhaus die Dauer des Krankenhausaufenthaltes.

    Der Name der Schwangeren darf dabei nicht angegeben werden.

    Das ist aber übliche USA-Denke, die hoffentlich nicht zu uns schwappt.

    das ist staatliche bevölkerungspolitik – und die haben wir selber, die muss nicht „rüberschwappen“.

Kommentare sind geschlossen.

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