Für eine politische Lösung

Seit dem Internationalen Hebammentag, dem 5. Mai, läuft die Petition, mit der die deutschen Hebammen für ihre berufliche Zukunft kämpfen. Die freiberuflich tätige Hebamme Lisa von Reiche engagiert sich bei der Initiative Hebammen für Deutschland.

Wie ist es zur Gründung dieser Initiative gekommen?

Es ist die massive Bedrohung unserer Berufsausübung, die uns hat aktiv werden lassen. Die Initiative besteht einerseits aus Frauen, die sich für ihr Recht, die Wahlfreiheit des Geburtsortes zu schützen, z.B. Hausgeburt, einsetzen. Und zum Zweiten aus Hebammen, die seit vielen Jahren freiberuflich arbeiten, Geburten zuhause, im Geburtshaus und in der Klinik betreuen, 24 Stunden rufbereit sind und dies auch unbedingt weiter tun wollen.
Allerdings steigen die Beiträge der Haftpflichtversicherung trotz leicht sinkender Schadensfälle so extrem an, in den letzten 18 Monaten um 80 Prozent, dass sie diese Mehrbelastungen nicht mehr bezahlen können. Gleichzeitig sind die Gebührenverhandlungen mit den Krankenkassen, um einen Ausgleich für die ansteigenden Kosten zu vereinbaren, gescheitert und an eine Schiedsstelle gegeben worden. Das bedeutet, dass ab 1. Juli 2010, wenn es erneut zu einem Anstieg der Haftpflichtprämien um weitere 50 Prozent auf bis zu 4600 Euro pro Jahr kommt, noch mehr Hebammen als bisher schon, ihre Kerntätigkeit, die Geburtshilfe, aufgeben müssen. Das wollen sie alle zusammen so nicht hinnehmen.

Wofür setzt sich die Initiative ein?

Wir wollen den Berufsstand der Hebammen erhalten. Wir wollen auch weiterhin Hausgeburten in Deutschland ermöglichen. Wir wollen, dass Frauen weiter die Wahl haben, ob sie zu Hause entbinden, ein Geburtshaus aufsuchen, oder in die Klinik gehen möchten. Wir wollen, dass die Politik sich ihrer Verantwortung bewusst wird, auch kleine Gruppen innerhalb des Gesundheitsmarktes in ihrem Fortbestand adäquat zu sichern. Anders gesagt: Wenn es weiterhin freiberuflich tätige Hebammen in Deutschland geben soll, muss dies vom Gesetzgeber auch ermöglicht werden. Denn noch bis 1995 hat die gesamte Gesellschaft das Risiko mit getragen, dass Geburtshilfe von Natur aus mit sich bringt. Erst seit 15 Jahren müssen die in der Geburtshilfe Tätigen es allein schultern. Im Einzelnen gibt es da verschiedene Varianten und Vorschläge, die wir gerade ausarbeiten.
Unabhängig davon gibt es noch mehr, was getan werden müsste. Zurzeit ist zum Beispiel gar nicht klar, wie viele Hebammen in Deutschland konkret gebraucht werden. Wir wissen nur, dass es zu wenige gibt, um alle Frauen gut zu versorgen. Denn gerade in weniger dicht besiedelten Gegenden gibt es das Problem, dass Frauen oft lange Fahrtzeiten zur Klinik in Kauf nehmen müssen, wenn es dort keine freiberuflichen Hebammen vor Ort gibt. Damit sind dann auch unnötig lange Klinikzeiten verbunden, die wiederum die Kosten steigen lassen. Diese Situation kann sich aber gar nicht verbessern, wenn freiberufliche Hebammen sich ihren Job nicht mehr leisten können.

Wer sollte Euch unterstützen?

Wir brauchen die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit. Junge Familien, die selbst direkt dadurch betroffen sein werden, egal wo sie ihr Kind zur Welt bringen wollen. Denn es wird auch zu Engpässen in den dann übervollen Kliniken kommen, wo der Personalschlüssel der angestellten Hebammen schon jetzt erfordert, dass eine Hebamme 3-4 Frauen während der Geburt gleichzeitig betreuen muss. Die Medien können durch ihre Berichterstattung dazu beitragen, dass in allen Gesellschaftsschichten bekannt wird, was Hebammentätigkeit alles umfasst und welche Werte verloren gehen, wenn der Berufsstand nicht weiter existieren kann: Eine kostengünstigere, persönliche und interventionsarme Geburtshilfe, die durch Hebammen geleitet wird, soll einer interventionsreichen, teuren, anonymen Geburtsmedizin in großen Klinikzentren geopfert werden.

Was passiert, wenn ich mich registriere?

Wenn ich mich für die E-Petition registriere, kann ich diese mitzeichnen. Dies ist eine demokratische Möglichkeit, meiner persönlichen Überzeugung Ausdruck zu verleihen. Ich unterstütze damit, dass die Petition des DHV tatsächlich auch vom Bundestag gehört werden muss. Das ist unbedingt erforderlich, denn wir brauchen eine politische Lösung!

Was kann ich noch tun?

Ich kann viele Menschen dafür gewinnen, auch die Petition zu zeichnen. Ich kann mit vielen Menschen darüber sprechen, was Hebammenarbeit alles umfasst. Ich kann die Fragen, die ich habe, an die Hebammenverbände oder die Initiative „Hebammen für Deutschland“ unter www.hebammenfuerdeutschland.de stellen.

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