Finanzkräftig, konservativ, erfolgreich

Kamen erfolgreiche amerikanische Politikerinnen die letzten zwei Jahrzehnte tendenziell aus dem demokratischen Lager, so fällt in diesem Jahr auf: Konservative Frauen sind auf der Überholspur und konnten bei den Vorwahlen für die im November stattfinden Kongress- und Gouverneurswahlen ordentlich punkten.

Meg Whitman, Photo by Max Morse, flickr (via Creative Commons)

Da ist zum Beispiel die frühere Vorstandschefin von Hewlett-PackardCarly Fiorina, die in Kalifornien für die Republikanische Partei um einen Sitz im US-Senat kämpft und sowohl gegen die Homo-Ehe als auch Abtreibung ist. Die Vorauswahl der Republikanischen Partei um das Amt der kalifornischen Gouverneurin konnte die ehemalige Ebay-Geschäftsführerin und Milliardärin Meg Whitman für sich entscheiden. Die Harvard-Absolventin steckte ca. 70 Mio. Dollar aus eigener Tasche in ihren Wahlkampf und verspricht strenge Handhabe gegenüber undokumentierten Einwander_innen. Die gerade erst gestern für die Republikanische Partei nominierte indisch-amerikanische Nikki Haley könnte die erste Frau und Angehörige einer Minorität sein, die in South Carolina Gouverneurin wird. Hinter der Abtreibungsgegnerin steht ein millionenschweres Familienbusiness und die Unterstützung der rechtskonservativen Tea Party-Bewegung.

Während die Demokratische Partei damit beschäftigt ist, um ihre Mehrheit im Kongress zu zittern, formieren sich die Konservativen und trumpfen mit ihrer neuesten Waffe auf: (finanz-)starke, wirtschaftlich erfolgreiche und in den meisten Fällen sozial-konservative Frauen, die sich in diesen Vorwahlen in traditionell eher männlichen Bereichen wie Steuer-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik profilieren. Progressive Positionen zu Sozialpolitik, Immigration, Bildung oder reproduktive Rechte? Fehlanzeige. Frauen in der Politik heißt eben nicht gleich Politik für Frauen.

Oder wie Kellyanne Conway, republikanische Meinungsforscherin, konstatiert: „Girl talk 2010 is all about fiscal issues.“

Woran der Erfolg dieser Frauen liegen könnte, erklärt Marsha Blackburn (Republikanerin, Tennessee): So fühlen sich viele Menschen konservativen Politikerinnen verbunden, weil diese wüssten, wie es sei „multitasking zu arbeiten, wie man die Hausarbeit abends fertig bekommt, die Schulbrote für den nächsten Tag vorbereitet und das Essen schon mal in den Ofen schiebt, bevor sie zur Arbeit gehen“. Die amerikanischen Wähler_innen interessieren sich für Politiker_innen, die „Resultate produzieren und der Regierung helfen, sich zu organisieren.“ Dies seien nun einmal „grundsätzlich weibliche Begabungen“.

Aha, da ist sie wieder, die konservative Sehnsucht nach der allzeit bereiten Supermama, die schon morgens ans Abendessen denkt. Wenn diese Supermama Ebay dann auch noch zu einem milliardenschweren Unternehmen macht, umso besser. So riefen viele Zeitungen ein erneutes „Jahr der Frauen“ aus. Fragt sich eigentlich nur, welche Frauen da die Korken knallen lassen können. Den politischen Profilen der Kandidatinnen nach zu urteilen, wird es nicht die ungewollt Schwangere, die heiratswillige Lesbe oder die undokumentierte Immigrantin sein.

Nicht alle der genannten Kandidatinnen werden wohl letztendlich auch gewählt, aber ihre Erfolge in den Vorwahlen zeigen, dass das konservative Lager mehr zu bieten hat als die Nominierung einer selbsternannten „Hockey Mom mit unendlicher Angriffsfläche. Diese konservativen Geschäftsfrauen sind wohl ein kaum zu unterschätzender Segen für die Republikanische Partei. Zwar mangelt es an politischer Erfahrung und progressiven Ideen, aber keinesfalls an Geld. Und das ist im amerikanischen Wahlkampf ja immer von Vorteil.

5 Kommentare zu „Finanzkräftig, konservativ, erfolgreich

  1. Denkt man an den natürlichen Weg des geringesten Wiederstandes und der eigenen Gewinnmaximierung, den man für gewöhnlich zu gehen pflegt, so ist das ja nur konsequent. Anscheinend ist der Nutzen von Solidarität und Gerechtigkeit geringer als der Erfolg durch ein Arrangement mit einem System, dass durch Geld und Ungerechtigkeit geprägt ist und wenn man das dann anführen möchte durch männliche Führungsstrukturen.
    Demnach: Schwimm mit dem Strom, pass Dich an, führe, denke und handele wie ein Manager (privat wie beruflich) und Du hast Erfolg!

  2. Konservative Inhalte zu transportieren, indem Frauen den Karren mitziehen, ist ein alter Hut. Sogar Männervereine sind schon auf die glorreiche Idee gekommen.

    Werden Ambitionalitäten angesprochen (z.B. der Zweitfraueneffekt) oder konservative Lebenszufriedenheit in der oberen Ebene, dann wird sich eben entsprechend arrangiert und motiviert agiert. Da braucht man/frau nicht einmal zwangsweise auf die Inhalte eingenordet zu werden. Im allseitigem Einvernehmen wird profitiert. Und die Vorzeigefrauen vermitteln scheinbar dann noch das altkulturelle mythische Bild der moralischen Richtigkeit.

    Das zeigt, Loyalitätsketten können geschlechtsübergreifend genutzt werden.

    Hier sehe ich keine Geschlechterunterschiede : Eine Top-Frau genausowenig ein Garant für eine frauensolidarische Folgewirkung, wie traditionell in der partriarchalen Dominanz die Obermänner die Schicksale der darunterliegenden Hierarchieebenen eher skrupellos ignoriert haben, wenn es den eigenen Interessen oder dem eigenen Ego diente.

    Schon Simone de Beauvoir stellte fest, dass sich im 1900 Jh. keine umfassende solidarische Frauenbewegung herausbilden konnte, da die Frauen des Bürgertums oder der Bougoisie mit Sicherheit nicht auf die Idee kamen, sich mit den Arbeiterinnen zu solidarisieren.

    Ich sehe oben dieselben Effekte.

  3. @Thomas

    Was ist denn ein „Zweitfraueneffekt“?

    Und:

    Ein Aspekt ist bei aller Kritik an den Erfolgen der konservativen Frauen doch noch erwähnenswert: Ja, sie dienen den Interessen ganz bestimmter Menschengruppen, aber auf der symbolischen Ebene rütteln sie immerhin am noch recht starren Bild eines erfolgreichen, männlichen Politikers, der eine Frau und Kinder hinter sich hat. Alle diese Frauen, die ich oben vorgestellt habe, sind z.B. neben ihrem beruflichen Erfolg auch Mütter. Ich mache mir zwar keine Illusion, dass sie politisch auch nur annährend progressive Ideen vertreten werden, aber wenn wir politische Teilhabe von Frauen verlangen, muss man wahrscheinlich in den sauren Apfel beißen und anerkennen, dass es diese konservativen Frauen nun auch gibt.

  4. @Magda : „auf der symbolischen Ebene rütteln sie immerhin am noch recht starren Bild eines erfolgreichen, männlichen Politikers, der eine Frau und Kinder hinter sich hat…“

    Diese Feststellung ist mir genauso sympathisch wie ein Beitrag kürzlich im Fernsehen bei „Schau Dich schlau“, wo eine
    Moderatorin über Heimwerkerei berichtete, als wäre es das natürlichste von der Welt. So fällt endlich ein Klischee nach dem
    anderen.

    Die „Zweitfrauenthematik“ bezog ich auf das derzeitige Erscheinungsbild mancher Männervereine, wo Frauen sich
    angeblich dieser „neuen Bewegung“ anschließen würden. Dieser Vorgang ist alt.

    Es sind meist indirekt vom Familienrecht betroffene „Zweitfrauen“, wo der Mann wg. Unterhaltszahlungen an die Ex mitalimentiert werden
    muss oder aufgrund emotionaler Belastungen wg. Umgangsschwierigkeiten diese Betroffenheit bewirkt, dass die identischen
    Ziele mitbearbeitet werden.

    Ich denke, in der Politik ist es einfach so, dass Menschen mit gleichen politischen Ansichten eben auch eine entsprechende
    Loyalitätskette ausbilden. Diese Vorgänge sind m.E. geschlechtsneutral.

Kommentare sind geschlossen.

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