Ein Buch nach dem anderen: Übersetzte Literatur von Frauen

Dieser Text ist Teil 131 von 140 der Serie Die Feministische Bibliothek

Kurzrezensionen

In einigen Ecken des Internets (und auch außerhalb) wird August als „Women in Translation/ übersetzte Frauen“-Monat begangen. Auf Twitter und Instagram teilen Nutzer_innenunter dem Hashtag #witmonth und #womenintranslation Hinweise zu Büchern von Autorinnen, die übersetzt wurden. Wie die Hashtags schon erahnen lassen, geht es dabei überwiegend um Literatur aus allen möglichen Sprachen, die ins Englische übersetzt wurden. Leser_innen, die viele Bücher auf Deutsch lesen, sind es ziemlich gewohnt aus dem Englischen übersetzte Werke zu lesen, aber bei anderen Sprachen sieht es gleich viel rarer aus. Übrigens nur 30% der Literatur, die ins Englische übersetzt wird ist von Frauen. (Habt ihr ähnliche Statistiken für Übersetzungen ins Deutsche?) Übersetzerinnen in Deutschland verdienen in etwa 15% weniger als ihre Kollegen. Heute teile ich drum zwei Bücher von Autorinnen, die von Übersetzerinnen übersetzt wurden. Teilt doch in den Kommentaren Bücher, die ihr in Übersetzung gelesen habt (ganz gleich was Ausgangs- und Zielsprache sind).

Swallowing Mercury (Portobello Books, 2017) von Wioletta Greg (Übersetzung aus dem Polnischen: Eliza Marciniak) ist eine wundervolle Novelle, die in einem polnischen Dorf in den 1980ern spielt. Das Buch erzählt in kurzen Episoden vom Erwachsenwerden von Wiola, einem Mädchen, die mit ihrem Großvater, ihrem Vater, einem Deserteur und Taxidermist, und ihrer Mutter, die glaubt, dass das Töten von Spinnen einen Sturm heraufbeschwört, aufwächst. Wiola navigiert ihr Leben zwischen Katholizismus und Sozialismus, Malen, Sammeln von Streichholzschachtel-Etiketten, und ersten sexuellen Erfahrungen. Das Buch lebt von der Atmosphäre, gleichzeitig passiert einiges, aber auch wiederum sehr wenig. Greg fängt eine spezfische Zeit der Umbrüche in wundervollen kleinen Geschichten ein. Meines Erachtens wurde leider noch nichts von Greg ins Deutsche übersetzt.

„It comes down to a single maxim: Not one day without a woman“, heißt es in der Einleitung von Anne Garrétas Not One Day (Deep Vellum Publishing, 2017, Übersetzung aus dem Französischen: Emma Ramadan und Anne Garréta). Zu Beginn des Buchs erklärt Garréta ihr Vorhaben, einen Monat lang will sie sich täglich hinsetzen und fünf Stunden über eine Frau schreiben, die sie begehrt hat oder von der sie begehrt wurde. Kein Lektorieren, kein Nachschlagen von Daten oder Kontextinformationen. Einfach nur Schreiben. Die geschrieben Episoden sollen nicht chronologisch, sondern alphabetisch nach dem Anfangsbuchstaben der Frauen sortiert werden. Not One Day ist das Ergebnis dieses Experiements und lässt sich nur schwer zusammenfassen, ohne wichtige Punkte vorwegzunehmen. Es ist ein Sinnieren über Begehren, aber auch Schreiben und Binaritäten wie Fiktion/Nicht-Fiktion oder Erinnerung/ Einbildung. Poetisch, manchmal zart. Ich werde auf jeden Fall zu dem Buch zurückkehren.
Anne Garrétas Roman Sphinx wurde von Alexandra Baisch ins Deutsche (edition fünf, 2016) übersetzt.

Buchnews und -debatten

Ihr könnt ein paar Euro entbehren? Hier könnten sie gut gebraucht werden: Derzeitig stellt Mika Murstein das Buch I’m a queerfeminist cyborg, that’s okay. Gedankensammlung zu Anti/Ableismus fertig, welches bei edition assemblage erscheinen wird. Das Buch soll möglichst barrierearm produziert werden (größere Schrift, E-Book-Version etc.) und sowas kostet leider alles immer Geld. Darum gibt es zur Zeit ein Crowdfunding!

In den nächsten Tagen gibt es eine Reihe spannender Buchveranstaltungen. Hier eine kleine Auswahl: In Berlin wird morgen u.a. das Buch Recht auf Trauer. Bestattungen aus machtkritischer Perspektive vorgestellt und zu queeren_machtkritischen Perspektiven auf Bestattungen diskutiert (FB-Link). Am Samstag wird in Frankfurt a.M. das Buch Alltäglicher Ausnahmezustand. Institutioneller Rassismus in deutschen Strafverfolgungsbehörden präsentiert und in Berlin ist die Schriftstellerin Olumide Popoola zu Gast, wird aus ihren Büchern lesen und mit Elnathan John ins Gespräch kommen (FB-Links). Außerdem wird der AvivA-Verlag im September 20 Jahre alt und feiert dies anständig mit einer Jubiläumstour – vielleicht ja auch in eurer Stadt!

Die Lektorin Judith Jones ist verstorben. Die Wahshington Post erinnert an die Frau, die unter anderem dafür sorgte, dass Anne Franks Tagebuch verlegt wird und an Julia Childs Kochbuch-Vision von Beginn an glaubte und diese untersützte.

AFREADA veröffentlichte Yovanka Paquete Perdigaos kurzen Text „Letter to Margarida“ online.

Magda hat auf der Facebookseite der Literarischen Agentur Simon drei Bücher vorgestellt, die sie zuletzt gelesen hat.

Bei Book Riot gibt eine Übersicht über die diesjährigen Hugo-Award-Gewinner_innen. Dieses Jahr gewannen unter anderem The Obelisk Gate von N. K. Jemisin, Every Heart a Doorway von Seanan McGuire und Monstress, Volume 1: Awakening von Marjorie Liu und Sana Takeda.

Anna Siedel bespricht beim Missy Magazine die aktuelle Ausgabe der Comic-Anthologie „SPRING“.

Ein Thema, was an Aktualität kaum verliert: Sohra schreibt auf ihrem Blog TofuFamily über Rassismus, Sexismus und Stereotype in Kinderliteratur, darüber, was sie ihren Kindern nicht vorliest, aber auch Bücher, die sie empfehlen kann. (Hinweis: In dem Artikel sind Fotos von Kinderbuchtextstellen, in denen das N-Wort ausgeschrieben ist.)

A Native American Poet Excavates the Language of Occupation„. Natalie Diaz bespricht Layli Long Soldiers Gedichteband Whereas bei der New York Times.

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