Du willst nicht dieser Typ sein

Prävention zum Thema Vergewaltigung wird meistens als Frauensache behandelt. Die Botschaft geht dabei in die Richtung: „Pass auf dich auf“, „Geh nicht mit einem Fremden mit“, „Lass dir nichts in den Drink kippen.“ Sexuelle und andere Gewalt gegen Frauen wird meistens aus der Perspektive der Opfer oder der potentiellen Opfer besprochen. Sei wachsam und musstrauisch, lerne dich zu wehren und begib dich nicht in dumme Situationen ist die Botschaft. Sie ist wichtig und richtig, schreibt aber aber eben auch die Hauptverantwortung den potentiellen Opfern zu.

Seltsam eigentlich, denn für die überwältigende Mehrzahl der Vergewaltigungen sind weltweit Männer verantwortlich. Wenn man also möchte, dass weniger Männer auf die Idee kommen, eine Frau sexuell zu belästigen oder auszunutzen, muss man an deren Hemmschwelle arbeiten.

Genau das versucht eine neue Kampagne im kanadischen Edmonton. „Don’t be that guy“ heißt der Slogan – „Sei doch nicht dieser Typ“. Auf den Plakaten, die in der Stadt hängen, sieht man Frauen in verschiedenen Situationen, in denen sie hilflos oder zumindest auf ihre Begleitung angewiesen sind. So steht unter dem Bild einer offenbar völlig betrunkenen Frau, die halbnackt auf dem Sofa liegt: „Nur weil sie nicht nein sagt, sagt sie noch lange nicht ja.“ Die Kampagne ist deswegen so gelungen, weil sie die Betrachter_innen einlädt, sich in die Situation hinein zu denken, und die einfachen Rechterfertigungen, die so oft im Zusammenhang mit Vergewaltigungen auftauchen, mit einfachen Worten auseinander nimmt.

Alles in allem eine gute Idee – und eine willkommene Abwechslung. Denn hier wird ganz plakativ darauf aufmerksam gemacht, bei wem die Verantwortung in der Vergewaltigungstat liegt. Nämlich bei demjenigen, der antut. Das ist auch insofern relevant, wie auch leonie im mädchenblog schreibt, weil immer noch viel zu häufig Vergewaltigungen nicht angezeigt werden oder es nicht zu Verurteilungen kommt, weil das Opfer sich angeblich leichtfertig oder unangemessen verhalten habe.

Dass vor allem Männer damit zu tun haben, wenn sexuelle Gewalt an Frauen verübt wird: Vielleicht wäre dieser Ansatz auch ein guter Programmpunkt für all die neuen Männerforen und Jungenreferate, die in diesem Jahr aus dem Boden geschossen sind.

Via Jezebel

34 Kommentare zu „Du willst nicht dieser Typ sein

  1. …und was ist mit den Männer, die vergewaltigt werden?

    Wäre so eine typische Entgegnung. Ich habe etwas ähnliches ja auch schon mal verbloggt, und die erste Antwort war damals, dass man Männern schließlich nicht extra sagen muss, dass sie nicht vergewaltigen müssen. Das wüssten die schon.

    Ist natürlich Bullshit, bzw. wissen die meisten Männer wahrscheinlich, dass sie niemandem auflauern sollen – aber Schwäche ausnutzen? Passiert doch ständig.

  2. das passt ja hervorragend zum internationalen tag gegen gewalt gegen frauen! weiß irgendjemand einen link unter dem man sich mehr der motive dieser kampagne anschauen kann?

  3. Anscheinend kann man ab dem 22.11. die PDFs der Poster hier herunterladen. Da der 22. gestern war, ist diese Information jedoch mit Vorsicht zu genießen. Bei mir ging es damals um die Men can stop rape-Kampagne, die ja in eine ähnliche Richtung geht.

  4. @Patrick: ich weiß nicht ob das so eine sinnvolle Entgegnung wäre, ehrlich gesagt. Natürlich werden auch Männer Opfer von sexueller Gewalt und auch das sollte thematisiert werden. Das ändert ja aber nichts an der Bedeutung dieser Kampagne und auch nicht an der Tatsache, dass überwiegend Frauen Opfer von Vergewaltigung werden.
    Ich weiß darüber nicht genug, aber vermute mal, dass sexuelle Gewalt an (erwachsenen) Männern eher in strukturell gewalttätigen und stark hierarchischen Milieus stattfindet (z.B. Gefängnissen, Militär)? Oder bin ich da einem Klischee aufgesessen?
    Danke für den Download-Hinweis.

  5. So gut solche Kampagnen gemeint sind, so sehr gehen sie doch am Ziel vorbei, denn der allergrößte Teil von Vergewaltigungen von Frauen wird von einem sehr kleinen Anteil von Männern vollzogen, die Situationen wie die dargestellten auch bewußt herbeiführen – und den Frauen im Regelfall schon vorher bekannt sind. Eine solche Kampagne dürfte bei diesen Personen kaum Einfluß haben, genauso wenig wie Kampagnen, die Frauen bestimmtes Verhalten nahe legen. Sowas wie „Gelegenheit führt zu Vergewaltigung“ wie in den Motiven dargestellt, ist wohl extrem selten.

    Auch wenn ich bezweifle, daß es überhaupt Kampagnen geben kann, die die tatsächlichen Täter erreichen, gibt es natürlich sinnvollen öffentlichen Druck, sich dem Problem anzunehmen, und gerade im ländlichen Kanada scheinen Roofies ein echtes Problem zu sein – eine kanadische Freundin war mal total irritiert, als hier keine Frau Angst hatte, ihren Drink einfach auf der Bar stehen zu lassen, während sie auf der Toilette war.

    Aber generell würde ich lieber eine Kampagne sehen, die auch positive männliche Sexualität abbildet als nur mit implizierter sexueller Gewalt zu schocken. Warum nicht z.B. ein geteiltes Poster mit Couchmotiv mit der ohnmächtigen Frau auf der einen Seite – Claim: „Don’t be THAT guy!“, und einem glücklichen Pärchen beim erregenden Vorspiel auf der anderen Seite – Claim „Be THIS one!“

  6. jj: Ich denke, solche Kampagnen richten sich vor allem gegen das gesellschaftliche Verständnis solcher Situationen: Betrunkene Frauen abzuschleppen wird eben nicht weiter hinterfragt – und die Vergewaltiger, die diese Situationen bewusst herbeiführen, werden so eher mit „High Five“ verabschiedet als skeptisch betrachtet.

  7. Patrick,

    ich glaube kaum, daß die Kampagne etwas am gesellschaftlichen Umgang mit Alkohol ändern wird. Und die wenigsten Situationen, die sich mit dem Beriff „vollkommen einvernehmlich gegenseitig abgeschleppt“ fassen lassen, dürften ohne Alkohol zustande gekommen sein. Wenn das Abschleppen von Frauen in einem bestimmten sozialen Umfeld also generell als high-five-würdig angesehen wird, dann kann es natürlich sein, daß diese Anerkennung mitunter die Falschen trifft. Aber auch da geht die Kampagne aus meiner Sicht am Ziel vorbei, weil sie an der Grundproblematik, nämlich der gesellschaftlichen Annahme, daß es für einen Mann immer eine Leistung ist, eine Frau zum Sex zu bewegen, nichts ändern kann und wird.

  8. Mich stört der pauschalisierende Zug des Ganzen: Wieviel Prozent aller Männer sind denn Vergewaltiger bzw. werden dies voraussichtlich in ihrem Leben sein? Nur mal angenommen, dieser Anteil wäre vergleichbar mit dem Prozentsatz von Islamisten an den Muslimen. Aber könnte man sich Plakate in U-Bahnhöfen und Flughäfen mit zerfetzten Leibern von Opfern und Tätern eines Selbstmordattentats vorstellen, mit einer arabischen Überschrift à la “Don’t be THAT guy!” ? Da würden aber islamische Verbände und wer noch alles *zu Recht* protestieren.

    „Volksaufklärerische“ Maßnahmen haben was Befremdliches, finde ich.

  9. Warum überhaupt jungen Männern beigebracht werden muss, eine Frau nicht zu vergewaltigen ist befremdlich. Selbst in Kanada sollte bekannt sein, dass Sex einvernehmlich sein sollte und was eine Vergewaltigung ist.

    Diejenigen Männer, die vergewaltigen, erreicht die Kampagne nicht und die betrunken sind, mal „eine durchvögeln“ wollen, auch nicht.
    Ich bin sicher, ein Mann der gerade pinkeln geht, liest keine solchen Plakate im Waschraum. Und in Printmedien interessiert das doch auch niemand, als Anzeige wird das überlesen.

    Bezüglich der Wirkung von Werbung auf der Toilette oder im Waschraum. Mir geht es um die Wirkung der Werbung an bestimmten Orten. Ich stelle mir ketzerisch gerade vor wie es ist, wenn ich im FZ oder sonstwo aufs Klo will und mich ein Plakat mit §218 anspringt, mir erzählt, dass ich nicht diejenige sein sollte, die illegal abtreibt. Oder ein Plakat, das Gewalt in Lesbenbeziehungen anprangert. Das lese ich nicht. Ach so, sowas klebt ja nirgendwo.

    Wer bitte liest was im Klo oder Waschraum irgendwo an der Wand pappt?
    Lesen Männer solche Plakate wirklich? Müssen wohl die Männer beantworten.

    Bei mir wecken die Bilder der Kampagne mit dem Titel eher Irritation hervor. Don’t be that guy erinnert mich da eher an ein hilfloses: Bitte sei doch nicht dieser Typ!

    Das größere Problem ist wohl eher die Einstellung von männlichen Gruppen, wann eine vergewaltigt werden darf/sollte. Aber die soziale Kontrolle ist da ja mangelhaft, welcher Freund würde seinen Kumpel denn von männlichem Verhalten abhalten wollen?

    Ich könnte mir vorstellen:
    Bild einer Betrunkenen auf dem Sofa, neben ihr der potentielle Vergewaltiger, der sich über sie beugt, mit Freund (oder Freundesgruppe) etwas abseits stehend.
    Do you want to be the pal of this guy?

    Wie bitte wird denn evaluiert, ob solche Kampagnen wirken?

  10. @Meredith, Patrick :

    Hier habe ich eine Quelle dazu, und im Amnesty-Journal wurde 2009 darüber auch berichtet.

    http://www.zeit.de/online/2009/35/kongo-maenner-vergewaltigung

    Der Grund für das Schweigen ist : Welcher Mann würde das zugeben?

    „…viele von denen, die in serbischen Gefängnissen waren“. Aber niemand, absolut niemand könne darüber reden. Schon gar nicht die Betroffenen selbst.“

    Auch in Gefängnissen und anderen hierarchischen Strukturen ist dies erkennbar, und der Grund liegt m.E. – wieder einmal – hier :

    „Auch Ziwa weiß, dass ihn seine Familie und Nachbarn nun ächten. In ihren Augen ist er zum „Buschweib“ geworden. Bei der Vergewaltigung von Frauen besteht die soziale Erniedrigung darin, sie – und damit die Ehre der Gemeinschaft – zu „beschmutzen“ und zu „schänden“. Bei vergewaltigten Männern besteht sie darin, dass sie zu Frauen „degradiert“ werden.“ (s.o.)

    Ursache ist also wiederum eine vorhandene Geschlechterhierarchie und die Wertungen von „weiblich“ bzw. „männlich“.

    Ich weise meine Tochter auch immer wieder auf das Thema hin „Pass auf das Getränk auf wenn Du später mal in der Disco bist“ u.a. Schade, dass dies überhaupt erforderlich ist.

    Eine Aufklärungskampagne ist daher sinnvoll, denn gerade der alkoholisierte Zustand gibt Raum für „Mißverständnisse“.

    In „Heldendämmerung“ las ich auch von Initiativen in Discotheken in Ruanda gegen „Rape“.

    Ich habe nicht den Eindruck, dass „die Männer“ mit o.g. Aufklärungskampagnen alle in einen Topf geworfen werden. Vor allem : Wenn Männer untereinander dieses Thema ebenfalls ansprechen und behandeln, sehe ich dies auch als wirkungsvolle Maßnahme, hier „Mißverständnissen“ aufgrund von mangelndem Verständnis vorzubeugen.

    Wie es bei einem Mann funktioniert, wo eine Frau nicht will und sich wehrt, kann ich nicht nachvollziehen. Dies geht in den Bereich der pathologischen Störungen, wo Macht und Dominanzen ausgelebt werden.

    Ich erinnere mich noch an ein Selbstverteidigungstraining für Frauen, wo die erste Maßnahme lautete kein „Opferprofil“ stellen.

  11. Thomas: mit den 10% meinte ich allerdings Täter.

    Alas, A Blog:

    Mary Koss’ much-discussed 1987 study of rape prevalence is famous mostly for its fidning that 1 in 8 college women have been victims of rape at some point in their lives. What’s not as well known is that the same study also surveyed thousands of college men, asking them about if they had ever forced a woman to have sex against her will. About 4.5% reported that they had.

    4.5% of the men in the United States is an incredibly high number – that translates into over six million men.

    If you take every doctor and nurse in the United States; and you added them to every librarian, every cashier, every cop, every postal clerk, and every bank teller in the whole country; you still wouldn’t have as many people as the number of rapists in the United States.

    (Think of that a second – think of how often, in your daily life, you’ve seen cops and cashiers and all those other folks. Odds are, you’ve run into rapists more often than that).

    Und wie The Hathor Legacy kommentiert:

    And that 4.5% is only including the guys who admitted they’d forced sex on a woman, or who were aware they forced it.

  12. Ich weise meine Tochter auch immer wieder auf das Thema hin “Pass auf das Getränk auf wenn Du später mal in der Disco bist” u.a. Schade, dass dies überhaupt erforderlich ist.

    Wie, später mal? Geht sie noch gar nicht in Discos, und Du erklärst ihr schon, dass man ihr in zwei Jahren was ins Getränk kippen wird?

    Falls sie tatsächlich in Discos geht, ist es auch nicht erforderlich. Es sagt mehr über die Art der eigenen Sorgen aus als über sachliche Notwendigkeiten.

    Es gibt so vieles, was auch gefährlich sein könnte. Sagst Du Deiner Tochter auch, dass sie für die Autofahrer mitdenken muss, wenn sie auf dem Radweg fährt und eine Straße kreuzt? Ich würde das wahrscheinlich tun. Oder dass man nicht den Radweg auf der falschen Seite benutzen darf, weil… und so weiter.

    Wenn man sowas aber übertreibt, belastet man Kinder eher mit seinen Sorgen als dass man sie schützen würde.

  13. @jj

    Schön, dass mit „Be That Guy“ vorschreiben willst, wie Sex zu sein hat.

    @GwenDragon

    Schön, dass du Vergewaltigung als „Männliches Verhalten“ bezeichnest. Sind Frauen, die „ungewollte, nicht einvernehmliche sexuelle Gewalt“ praktizieren also „männlich“ und üben „männliche Verhaltensmuster“ aus?

    Die, die diese Plakate lesen, sind generell keine Vergewaltiger, denn die, die soviel Macht über eine Person ausüben wollen, sie zu etwas ungewollten zwingen und deren Willen unbedeutend ist, werden sich bestimmt nicht von einem Fetzen an irgendeiner Wand soetwas ausreden lassen.

    Oder wie stellen sich das einige Diskutierende vor.
    „Hmm, ich möchte heute jemand – am besten eine Frau – vergewaltigen. Oh, nein, da hinten in der Ecke hängt ein Stück Papier an der Wand. Nein, jetzt möchte ich heute Abend doch niemand mehr vergewaltigen, denn ich möchte nicht so sein, wie dieses Fotomodell auf diesem Plakat.“

  14. Einige Kommentare hier sind ja haarsträubend. Bei dieser Kampagne geht es doch nicht darum Männer pauschal zu Tätern zu erklären.

    Ja, dass Männer sich an Frauen vergehen ist nicht die einzige Form von sexueller Gewalt. Aber dieses Gejammer von wegen „…und was ist mit den Männer, die vergewaltigt werden?“ und „Frauen sind auch Täter!“ ist doch Derailling for Dummies vom Feinsten. (Ich denke mal, darauf wollte Patrick im ersten Post auch hinaus. Diese Reflexantworten sieht man doch ständig in solchen Themen.) Es ist nun einmal Fakt, dass die überwiegende Mehrheit der Täter männlich ist und daher ist Vergewaltigung zunächst einmal Gewalt, die von Männern ausgeht. Eine Kampagne, die sich in erster Linie an Männer richtet, ist daher meiner Meinung nach durchaus legitim.

    Ich persönlich sehe auch nicht ein, dass wir als Frauen/Mädels ständig mit Kampagnen zugeschüttet werden, die uns die Schuld zuschieben, wenn wir zu Opfern werden („Zieh dich ordentlich an!“ „Pass auf dein Getränk auf!“ „Trink ja nicht zu viel!“ „Geh nachts nicht allein durch die Straßen!“ etc.), aber gleichzeitig gejammert wird, dass eine Kampagne, die sich an potenzielle männliche Täter richtet, nicht perfekt sei, weil sie… Nicht effektiv genug? Nicht alle Arten von Vergewaltigung abdeckt? Ja was ist eigentlich das Problem?

    Die Kampagne richtet sich hier eindeutig gegen die Vergewaltigungskultur (die zumindest in den USA ein großes Thema ist). Dabei geht es natürlich nicht nur darum, die eigentlichen Täter anzusprechen. Alle Männer – potenzielle Täter sowie Freunde von potenziellen Tätern – sollen gleichermaßen auf das Problem aufmerksam gemacht werden. Wenn also jemand sieht, dass sein Kumpel ein betrunkenes Mädel abschleppt, soll er natürlich dazu ermutigt werden zu sagen „Hey, don’t be that kind of guy. Leave her alone!“ Statistisch gesehen ist es nämlich durchaus wahrscheinlich, dass – wenn man selbst kein (potenzieller) Vergewaltiger ist – man dennoch einen kennt.

    Diese ganzen Reflexantworten mit ihren vielen Wenns und Abers sind jedoch genau das, was Vergewaltigungskultur als solche erst möglich macht. Bei einigen Kommentaren hier kommt es mir auch so vor, als ob manche meinen, Vergewaltigung würde immer als solche geplant und durchgeführt werden. Die Kampagne macht hier jedoch darauf aufmerksam, dass das unter Umständen eben nicht der Fall ist. Viele Männer nehmen ihre Taten nicht einmal als Vergewaltigung wahr, weil es eben „gesellschaftlich vertretbar“ ist, besoffene Frauen abzuschleppen, oder weil sie ein Nein nicht als Nein wahrnehmen („Die hat sich nur ein wenig geziert und wollte dann aber doch!“), oder oder oder.
    Es ist doch genau richtig, dass Anti-Rape Kampagnen endlich mal dieses Thema angehen!

    Und nochmal: Es geht nicht darum Männer pauschal zu Tätern zu erklären. Das ist ein logischer Fehlschluss. Elefanten sind graue Tiere – aber nicht alle grauen Tiere sind Elefanten. Vergewaltiger sind in der Regel Männer – aber nicht alle Männer sind Vergewaltiger.

  15. „…und was ist mit den Männer, die vergewaltigt werden?” und “Frauen sind auch Täter!”

    Ich glaube nicht, dass Patrick darauf hinauswollte.

    Aber was diese Derailings angehen, die Du beschreibst, da habe ich im Moment auch die Nase etwas voll.

    Eine sachliche Debatte darüber anzugehen ist derzeit insgesamt etwas belastet und affektiert, da man als Frau wie Mann von den immergleichen Leuten aus den immergleichen Herkünften mit den immergleichen Kommentaren betroffen ist. Das nervt nicht nur Dich.

    „Vergewaltiger sind in der Regel Männer – aber nicht alle Männer sind Vergewaltiger.“

    Genauso sehe ich das auch, und soweit ich das hier auf diesem Blog kenne, die Betreiber_innen auch. Wie gesagt, mein Wissensstand ist der, dass hier Geschlechterhierarchien mit den Wertungen männlich-weiblich mitwirken. Auch hier sind die Hebel anzusetzen.

    Hier ist dasselbe Phänomen :

    http://maedchenmannschaft.net/zum-schutz-gefoltert-brustbugeln-in-kamerun/

    Das kann es ja wohl nicht sein, die Opfer auch noch zu bestrafen.

  16. „Ich glaube nicht, dass Patrick darauf hinauswollte.“

    Nur dass wir uns nicht missverstehen: Ich wollte nicht sagen, dass Patrick selbst hinter diesen Scheinargumenten steht, sondern dass er lediglich auch auf eben dieses unsägliche Derailing hinweisen wollte. =)

    Wie zum Beweis ging’s auf dem verlinkten Mädchenblog auch direkt im ersten Beitrag darum, dass Frauen ja auch Täter seien und Kinder missbrauchen und Vergewaltigung deswegen kein männliches Problem sei. Es ist doch immer wieder derselbe Mist! :|

  17. Sabrina,

    „oder weil sie ein Nein nicht als Nein wahrnehmen“

    der subjektive Horizont des Täters ist absolut entscheidend. Wenn er ein Nein nicht wahrgenommen hat kann er nicht den Vorsatz gehabt haben, das Nein zu ignorieren, und damit zu vergewaltigen – wobei Bewußtlosigkeit ein ziemlich eindeutiges Nein ist. Vergewaltigung ist ein Vorsatzdelikt. Man kann nicht aus versehen vergewaltigen – alles, was darüber hinaus immer wieder von Feministinnen gefordert wird – enthusiastic consent, etc – ist toll und sicher wichtig, was den generellen gesellschaftlichen Diskurs über Sexualität betrifft, hat aber mit Vergewaltigung nicht wirklich viel zu tun. Im dummen Extremfall hat er wirklich den Eindruck, sie wolle und sie wollte wirklich nicht. Ohne den Vorsatz, gegen ihren Willen zu verstoßen, war das für ihn keine Vergewaltigung, auch wenn es sich für sie so angefühlt hat. Und da *sein* Vorsatz entscheidend für die Strafbarkeit ist, war es dann auch rechtlich keine Vergewaltigung.

  18. jj, 2 Dinge: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. D.h. der subjektive Horizont des Täters ist total egal, eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung.

    Leider gibt es immer noch zuviele Menschen, die bei bestimmten Verbrechen, etwa Vergewaltigungen, genau das als Ausrede nutzen wollen, bzw. Richter_innen die das als Ausrede durchgehen lassen. Aber GENAU DAS versucht die Kampagne zu ändern. Die „Unwissenheit“ (in diesem Fall meiner Meinung nach einfach arrogante Anspruchshaltung) aus der Welt zu schaffen und bei allen anderen das Bewußtsein zu wecken, sowas zu verhindern, bevor es weitere Opfer gibt.

    PS: Damit ist es des „die aaaaaaarmen Männer, die das gar nicht wissen“ auch genug. Männlich zu sein rechtfertigt nicht, seinen Schwanz in bewußtlose Frauen stecken zu dürfen. Punkt.

  19. Helga,

    „jj, 2 Dinge: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. D.h. der subjektive Horizont des Täters ist total egal, eine Vergewaltigung ist eine Vergewaltigung.“

    Vorsicht – Du wirfst zwei Dinge durcheinander. Ja, es ist völlig egal, ob der Täter wußte, daß man Frauen nicht vergewaltigen darf oder nicht, wenn er den Tatbestand subjetiv bewußt verwirklicht – und sein Vorsatz, gegen ihren Willen sexuell mit ihr zu verkehren, ist eben das entscheidende Tatbestandsmerkmal. Wenn man ihm den Vorsatz, gegen ihren Willen zu verstoßen, nicht nachweisen kann, war das keine Vergewaltigung.

  20. Helga,

    „Männlich zu sein rechtfertigt nicht, seinen Schwanz in bewußtlose Frauen stecken zu dürfen. Punkt.“

    Ich denke, seinen Schwanz nicht in bewußtlose Frauen zu stecken ist irgendwie eine Voraussetzung von „männlich zu sein“. Wie oben auch schon gesagt – Bewußtlosigkeit ist logisch „nein“. Wenn Person x davon ausgehen mußte, daß sie bewußtlos ist, ist die Frage des Vorsatzes doch schon geklärt.

  21. Vergewaltigung ist es auch dann, wenn eine schutzlose Lage ausgenutzt wird. Aber selbst wenn es „nur“ auf sexuelle Nötigung herausläuft – das ist doch in keiner Weise besser, das ist genauso daneben, das geht einfach gar nicht.

    Um es von einer anderen Seite zu sehen: Alle Appelle an Frauen keine kurzen Röcke zu tragen laufen ins Leere, weil keine_r genau sagen kann, was kurz ist. „Im Zweifelsfall behälst du den Schwanz in der Hose“ triff es dagegen sehr gut. Und wenn Zweifel herrscht, obs ein Zweifelsfall ist, dann ist nichts machen auch die bessere Lösung. Und wenn Dein Kumpel dumme Witze macht und die betrunkene Frau anmacht oder die nur so gezwungen glücklich dabei aussieht, dann gehts auch nicht.

  22. Helga,

    „Vergewaltigung ist es auch dann, wenn eine schutzlose Lage ausgenutzt wird.“

    habe ich doch gerade geschrieben…?

    „„Im Zweifelsfall behälst du den Schwanz in der Hose“ triff es dagegen sehr gut.“

    da (subjektive) Zweifel an der Zustimmung/Zustimmungsfähigkeit quasi automatisch einen Vorsatz begründen, ja klar.

    „Und wenn Dein Kumpel dumme Witze macht und die betrunkene Frau anmacht oder die nur so gezwungen glücklich dabei aussieht, dann gehts auch nicht.“

    Das ist jetzt schon wieder eine völlig andere Ebene. „Anmachen“ ist wohl kaum gleich sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung.

  23. Janna –

    http://de.wikipedia.org/wiki/Vorsatz_%28Deutschland%29

    „Im Strafrecht ist der Vorsatz zwingendes Tatbestandsmerkmal (§ 15 StGB) der Verwirklichung einer Straftat. Sofern nichts anderes bestimmt ist, bedarf es daher immer des Vorsatzes (außer bei den explizit genannten Fahrlässigkeitsdelikten, beispielsweise § 222, § 229, § 306d StGB). Ist kein bestimmter Grad des Vorsatzes gefordert (z. B. „absichtlich“) genügt immer die schwächste Vorsatzform des dolus eventualis (bedingter Vorsatz).

    Dolus eventualis („Eventual- oder bedingter Vorsatz“): Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der bedingte Vorsatz gegeben, wenn der Täter „den Taterfolg für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat“. Der Eventualvorsatz ist grundsätzlich ausreichend, um Vorsatz für eine Tat zu begründen. …

    Nicht unproblematisch ist die Abgrenzung des Eventualvorsatzes von der bewussten Fahrlässigkeit. Sowohl ein mit Eventualvorsatz als auch bewusst fahrlässig handelnder Täter rechnet nämlich regelmäßig mit der Möglichkeit, die im Gesetz benannten Umstände erfüllen und durch sein Verhalten den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs bewirken zu können.

    Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung handelt ein Täter nicht vorsätzlich, sondern lediglich bewusst fahrlässig, wenn dieser ernsthaft auf den Nichteintritt eines tatbestandlichen Erfolgs vertraut (BGH, Az. 3 StR 226/07 Rz. 11[2]). Dazu gehören nach neuerer Ansicht auch psychische Prozesse der Gefahrverdrängung[3]. In derartigen Fallkonstellationen unterdrückt der Täter mental seine Vorstellung von der Möglichkeit eines Erfolgseintritts.

    Bei der Prüfung von soeben erläuterten Sonderfällen sind sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Eine bloß vage Vermutung des Täters getreu dem Motto „Na, wenn schon …“ reicht für eine Bejahung lediglich fahrlässigen Verhaltens nicht aus. Vielmehr wird in jenen Fällen ein Erfolgseintritt als möglich, nicht ganz fernliegend erachtet und zumindest billigend in Kauf genommen (Billigungstheorie zum Eventualvorsatz).

    Aus Sicht des BGH ist Eventualvorsatz selbst dann anzunehmen, wenn dem Täter ein Erfolgseintritt an sich zwar unerwünscht sein mag, die Kriterien der Billigungstheorie jedoch erfüllt sind.“

  24. @jj

    ist es möglich, dass du am Thema diskutierst? Hier geht es nicht um normativ-rechtliche Paragraphenreiterei sondern Sensibilisierung für rape culture. Weitere Derailing-Versuche der Diskussion werden gelöscht.

  25. @jj

    Dir ist schon klar, dass wenn das Opfer „nein“ sagt und der Täter es ignoriert, der Bestandteil des Vorsatzes erfüllt ist, oder? Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Wenn jemand ein „nein“ ignoriert (aus welchen Gründen auch immer) nimmt er damit willentlich in Kauf den Tatbestand einer Vergewaltigung/sexuellen Nötigung zu erfüllen.

    Alles, was du hier anführst ist doch nur das selbe „Aber die armen Männer!“ Gejammer. Wo zur Hölle ist das Problem, wenn sie „nein“ sagt mal kurz inne zu halten und zu fragen ob alles ok ist?

    Und (um auf das Thema zurückzukommen) genau um diesen Missstand geht es ja in der Kampagne. Einfach mal nachfragen und drauf achten, dass es dem/der Partner/in vor bzw. beim Sex gut geht. Ein wenig Rücksicht kann ja wohl nicht zu viel verlangt sein, oder?

    Ich versteh immer nicht, wo das große Problem ist. Kommunikation ist ziemlich einfach mit ein wenig gesundem Menschenverstand. Aber diese Derailing Versuche klingen immer, als ob es eine ganz ganz schreckliche Bürde sei, einfach mal kein Arsch zu sein, frei nach dem Motto: „Omg, diese pöhsen Feministinnen wollen, dass wir anständige Menschen sind – wie schrecklich! D:“

  26. @Sabrina :

    „kein männliches Problem sei. Es ist doch immer wieder derselbe Mist! :|“

    Ich kenne die Konsorten und deren geistige Herkuft.

    @jj : Ich sehe die Situation so :

    Wenn eine Frau „es“ möchte und sexuell erregt ist, dann merkt man(n) es ja wohl ziemlich eindeutig. Eine passiv und alkoholisiert daliegende Frau, die nicht mehr nein sagen kann : Finger weg!

    Schlimmer noch, WENN sie auch noch nein sagt, auch wenns nur ganz leise ist !

    Und außerdem kenne ich das so, Alkohol schlägt normalerweise auch auf das erotische Begehren.

    Man(n) sollte sich also auch als erwachsener Mensch vorher die Frage stellen, was will ich mit meiner Freundin bzw. alleine heute abend machen. Will ich trinken, oder will ich…

    Limo oder alkoholfreies Bier tuns auch. Man muß ja nicht immer das Bewußtsein verlieren oder später das Klo anbeten müssen.

    Außerdem hörte ich, dass es bei manchen Frauen auch gar nicht schlecht ankommt, einfach mal alkoholfrei zu bleiben. Vielleicht mal Limo und normales Gespräch über den Energieverbrauch eines Maikäfers beim Rückenflug statt mit Fahne dahergelallte Sprüche – das kommt vielleicht viel besser.

  27. Ich finde die Kampagne sehr gut! Was hier angedeutet wird, ist Verhalten Frauen gegenüber, dass zwar einerseits als Vergewaltigung gedeutet werden muss, andererseits mit großer Wahrscheinlichkeit von Seiten der Täter nicht so empfunden wird. In dem zweiten angesprochenem Plaket z.B. auch eine gewisse Erwartungshaltung: Er begleitet sie nach hause, erwartet dafür eine Gegenleistung. Vielleicht geht er sogar fest davon aus, dass es nunmal so läuft, dass eine Frau, die sich zum Essen einladen lässt, sich nachhause bringen lässt mit diesen Handlungen eben einen Vertrag mit ihm eingeht, der im Geschlechtsverkehr endet – warum lässt sie sich sonst einladen und sogar nach hause bringen? Er hat was für sie getan, sie soll dann verdammt nochmal auch was für ihn tun.

    Das ist eine Logik, die ich nicht teile, die aber durchaus verbreitet ist. Es wird Männern ja immernoch nahe gelegt, etwas zu investieren, um an Geschlechtsverkehr zu kommen. Also eine Frau einzuladen, beispielsweise.

    Diese Kampagne richtet sich somit in meinen Augen nicht nur explizit gegen Vergewaltigung, sondern auch gegen diese Erwartungshaltung, die sich bei einigen Männern aufbaut, wenn ein Date nach einem bestimmten Schema verläuft.

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